Filme über Musikerpersönlichkeiten

  • Guten Morgen,

    ich befasse mich ja schon seit längerer Zeit mit den beiden Schumanns und habe nun endlich auch mal einen guten Film dazu gesehen!

    Im Gegensatz zu "Geliete Clara" von Sanders-Brahms(siehe oben im Thread) werden hier keine eindimensionalen Charaktere gezeichnet, sondern die Figuren in ihrer Vielschichtigkeit dargestellt.

    Selbst dem Vater Wieck (herausragend gespielt von Rolf Hoppe) lâsst der Regisseur Gerechtigkeit widerfahren. Dass er seine Tochter nicht einem scheinbar halt- und erfolglosen Romantiker zur Frau geben will, leuchtet angescihts der sehr ausführlich erzählten Vorgeschichte der Ehe der beiden Schumanns beinahe ein.

    Herbert Grönemeyer und Nastassja Kinski als Clara udn Robert finde ich serh gut besetzt. :klatsch:

    Mein grosses Bedauern: dass der Film da abbricht, wo Sanders-Brahms weitermachte.

    Das romantische Bild wird nur wenig am ende angekratzt. schumann und Mendelssohn komponieren gemeinsam in der Schumann'schen Wohnung. Clara darf nciht klavier spielen , um Robert nciht zu stören. sie steht vor der ausgeräumten Musikalienhandlung Wieck und begräbt sozusagen ihre Jugend als Virtuosin.

    Ohne das entsprechende Hintergrundwissen zum Fortgang dieser Ehe bleibt es aber doch eine hochromantische Identifikationsgeschichte, die den Konflikt zweier gemeinsam lebender Künstler nicht hinreichend ausspricht. Finde ich.

    In jedem Fall aber ein wunderschöner Film zum Schwelgen. :angel:

    Ich hätte mir viel mehr Lieder gewünscht, denn die Liedkompositionen beider Schumänner sind ganz eng mit ihrer Liebesgeschichte verbunden. Ganz am Ende hört man, dass Robert Schumann Clara seine Lieder zur Hochzeit schenkt und es gibt kurze Ausschnitte aus "Widmung" und "Am leuchtenden Sommermorgen".

    In der ziemlich unromantischen Version mit DIFIDI.

    Zu wenig! :(

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Dieser Film hat mir auch sehr gut gefallen ("Geliebte Clara" wartet noch vor dem DVD-Spieler). Irritiert hat mich allerdings eine Szene in der Vater Wieck die halbwüchsige Clara im Hotelzimmer gebadet und abgeseift hat...sollte da mit aller Gewalt eine heikle Vater-Tochter Beziehung angedeutet werden?

    Ein Paradies ist immer da, wo einer ist, der wo aufpasst, dass kein Depp reinkommt...

  • Liebe Mina, das war nciht die einzige diesbezügliche Szene.

    Clara Wieck hat seti ihrem 4. Lebensjahr eine symbiotische Vater-Beziehung gehabt, denn sie war ja auch seine Schülerin und hatte keine Mutter zum Ausgleichen.

    Bei den langen Konzertreisen hat sie Tisch und Bett mit dem Vater geteilt, der für ihr gesamtes Leben verantwortlich war, auch die Kleidung,Frisur, Toilette etc etc.

    Dass es da Verdächtigungen wg inzestuöser Anklänge gibt, ist nciht ganz unlogisch.

    Die Geschichte mit der vehement verweigerten Zustimmung zu Claras Heirat könnte da auch leicht als Eifersuchtsdrama eingeordnet werden.

    Vater Wieck muss laut den Biographien, die ich gelesen habe, ein sehr cholerischer , aufbrausender Charakkter gewesen sein und die erste Frau ist ihm durchgebrannt, die zweite Frau hat er dauernd allein gelassen, um mit Clara auf Reisen zu gehen.

    Allerdings würde ich nciht unterstellen wollen, dass er seine Tochter auch sexuell ausgebeutet hat (finanziell hat er das nämlich recihlich getan)

    M.E. spricht doch dagegen, dass Clara allen persönlichen Zeugnissen der Schumanns zufolge (Briefe, Tagebücher) eine liebende und verliebte Ehefrau und Braut war und wohl eher nciht unter eklatanten Traumata litt, die evtl Folge einer solchen Vater-Tochter Inzest Geschichte sein würden.

    Spurlos wäre sowas sicher nciht an der Ehe der Schumanns vorbeigegangen, missbrauchte Frauen sind in der Regel nachhaltig sexuell gestört.

    Schumanns Tagebücher und Haushalsbücher sprechen eine ziemlich deutlcihe Sprache dagegen.

    Aber beweisen kann man natürlich von aussen gar nichts und von daher lässt der Film es wahrschienlich absichtlich im Vagen. ?(

    F.Q.

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  • Hallo Fairy Queen!
    Es ist eine Weile her daß ich den Film gesehen habe, aber diese Szene ist mir im Gedächtnis geblieben.
    Irgendwo habe ich mal gelesen, daß Clara als Kind und junges Mädchen auf Geheiß ihres Vaters ein Tagebuch geführt hat, in das ihr Vater Einsicht genommen und gelegentlich sogar Eintragungen vorgenommen haben soll. Eine größere Grenzüberschreitung (von tatsächlichem Missbrauch mal abgesehen) kann ich mir kaum vorstellen. Allerdings kenne ich mich mit den Gepflogenheiten jener Zeit nicht gut genug aus um zu beurteilen, ob das vielleicht einfach nur ein damals übliches Erziehungsmittel und solche Tagebücher eher eine Stilübung als tatsächliche intime Selbstgespräche waren.
    Was seinen Widerstand gegen die Ehe angeht: soooo unrecht hatte er vom Standpunkt der Vernunft ja gar nicht mal, und wer weiß, vielleicht hat er in manchem klarer gesehen als seine Tochter und ihr Verlobter. Dennoch muß solche Lebensentscheidungen natürlich jeder selber treffen, und die Beziehung soll ja auch trotz aller Probleme glücklich gewesen sein.
    Wir haben die von dir erwähnten Tagebücher in der Bücherei und natürlich habe ich mehr als nur einen Blick hineingeworfen. Robert vermerkt ja getreulich die ehelichen Begegnungen der beiden und man hat in der Tat nicht unbedingt den Eindruck, daß es sich um eine „Schließe die Augen und denke an England“-Beziehung gehandelt hat.

    Grüße von Mina

    Ein Paradies ist immer da, wo einer ist, der wo aufpasst, dass kein Depp reinkommt...

  • Liebe Mozartinaa, liebe Mina und andere Geneigte.

    Amadeus von Miloš Forman?? Genial. Hat nicht viel mit der Wirklichkeit zu tun. So what? Ich kenne kaum einen Film, bei dem es so viel Freude bereitet, sich wissentlich in fiktive, allein der Dramatik des Films dienende Situationen zu begeben. Sind die Schauspieler nicht schon großartig? Milos Forman - einer der ganz Grossen - stand hinter der Kamera. Was will man mehr? Dieser Film hat seit dem ersten Kennelernen an nichts Eindringlichkeit, Intensität und Eleganz eingebüsst. Im Gegenteil: den Film als geschlossenes Kunstwerk in sich kann man nun noch mehr schätzen, wenn man weiss, wie es um die Realität bestellt ist.

    :wink:
    Wulf

    "Gar nichts erlebt. Auch schön." (Mozart, Tagebuch 13. Juli 1770)

  • Robert vermerkt ja getreulich die ehelichen Begegnungen der beiden und man hat in der Tat nicht unbedingt den Eindruck, daß es sich um eine „Schließe die Augen und denke an England“-Beziehung gehandelt hat.

    Liebe Mina,

    Begegnungen - das gefällt mir :thumbup: Gehört eigentlich in den Lieblingswort-Thread! Es gibt jedoch ein noch schöneres Wort für die schmutzigen Vorgänge, die da im Haushaltsbuch der Schumanns eingetragen sind: "Erkennen"! Wie heißt es in der Genesis? "Und Adam erkannte sein Weib Eva, und sie ward schwanger und gebar den Kain. " 1. Mose 4,1 :klatsch: :klatsch: :klatsch: Ich frage mich nur, was es mit den Früchten vom Baum der Erkenntnis auf sich hat ?(

    Den Film fand ich übrigens auch recht gut, und das obwohl ich Grönemeyer absolut nicht ausstehen kann.

    Mein Lieblinsfilm über einen Komponisten (ursprünglich war es eine Fernsehserie) ist "Mit meinen heißen Tränen" von Fritz Lehner, mit Udo Samel als Franz Schubert. Der Grimme-Preis und die zahlreichen anderen Auszeichnungen waren mehr als verdient.

    Cheers,

    Lavine :wink:

    “I think God, in creating man, somewhat overestimated his ability."
    Oscar Wilde

  • Liebe Mina, Du hast dich sehr gut verbal aus der Affäre gezogen ;+) :angel:

    Mir gefällt " einander erkennen" im Übrigen ausserordentlcih gut, denn in dem Wort steckt viel mehr drin als man auf den ersten Blick sieht und die biblische Sprache ist in solchen Dingen einfach genial. "Und sie erkannten einander" ist doch psychologisch umwerfend!

    Rapport conjugal heisst das hier übrigens in offiziellen und formelen Zusammenhängen - da kommt man doch wirklich lieber zu einer Begegnung und einer Erkenntnis als zu einem Rapport! ;(


    Den Schubertfilm, cher General, fand ich erst sehr irritierend im Hinblick auf die Persönlichkeitszeichnung , dann aber schnell hervorragend gemacht.

    Das existentielle Fremdsein Schuberts, das sich so sehr in seiner Musik spiegelt gibt der Film ganz genau wieder. :juhu:


    Und was Amadeus angeht: einfach eine tolle Story! Könnte fast ein Opernstoff von da Ponte sein. Und dazu super vertont von Mozart. :thumbup:

    F.Q.

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Soeben habe ich "Geliebte Clara" gesehen.

    Nun sollte ich wohl anführen, was mir als gut, und was mir als schlecht aufgefallen ist. Nur: Gar nichts an dem Film fand ich gut. Aber auch nichts schlecht. Der Film konnte keinen Eindruck hinterlassen. Als Einziges vermittelte er die Abwesenheit von ... nun ja, Abwesenhrit von was? Es sind dafür einige Wörter erfunden worden - Inspiration, Tiefgang, Musenkuß - die kaum mehr sind als ein Eingeständnis der Unbeschreibbarkeit ... jedenfalls geht das alles dem Film ab.

    Ein kleiner Exkurs: Stellen wir uns eine Person vor, deren vornehmlichste Eigenschaft es ist, unzuverlässig zu sein.
    Stellen wir uns vor, dieser Person nie begegnet zu sein. Wir kennen sie nur aus Erzählungen. In diesen wurde uns immer wieder versichert, dass sie sehr unzuverlässig ist.
    Stellen wir uns als zweites vor, wir sind mit dieser Person gut bekannt. Wir waren oft mit ihr verabredet, haben ihr Geld geliehen und Geheimnisse anvertraut. Dabei haben wir ihre Unzuverlässigkeit mehrmals selbst erfahren.
    Im ersten Fall ist die Unzuverlässigkeit besagter Person eine pure Information, sie wurde uns beschrieben. Im zweiten Fall ist sie ein unmittelbarer Eindruck, wir haben sie erfahren. Im ersten Fall wissen wir von der Unzuverlässigkeit aus der Distanz, im zweiten Fall begreifen wir sie emotional.

    Der Unterschied ist der gleiche, wie den Anblick des Meeres bzw. die Berge beschrieben zu bekommen, oder das Meer bzw. die Berge mit den eigenen Augen zu sehen. Dieser Unterschied zwischen Beschreiben und Erfahren, zwischen Wissen un Begreifen ist für einen Film wie "Geliebte Clara" entscheidend. Es sollen uns nicht Informationen über die handelnden Personen mitgeteilt werden. Personen sollen uns nicht beschrieben werden. Vielmehr sollen wir die Personen kennenlernen so wie wir Personen im wahren Leben kennenlernen. Wir sollten eine emotionale Beziehung zu ihnen aufbauen. Aber genau das verfehlt "Geliebte Clara". Es werden uns über Robert Schumann viele Informationen mitgeteilt: Er trinkt, hat Kopfschmerzen, hat Gehörprobleme, .... aber es bleibt bei solchen Informationen, erfahrbar werden sie nicht. Wir lernen die Person Robert Schumann nicht kennen. Wir können keine Beziehung zu ihm aufbauen. Es gibt keine emotionale Nähe. Wenn er in den Rhein springt ist das so beiläufig wie eine versprengte Zeitungsnachrit von dem Selbstmordversuch einer uns unbekannten Person: tragisch aber für uns ohne Bedeutung. Es erschüttert uns nicht. Ähnlich ist es mit Brahms: Er bleibt schablonenhaft. Die Darsteller von Brahms und Robert Schumann kenne ich nicht. Ich will kurz Dieter Bohlen spielen: Ein Bürostuhl, den man in eine Hüpfburg wirft, hat eine ausdrucksstärkere Mimik als beide zusammen. Das soll aber nichts heißen. Denn von Martina Gedeck weiß ich, dass sie eine hervorragende Schauspielerin ist. Und auch sie kommt recht blass rüber.

    Und das Schlimmste: Dass es so etwas wie eine emotionale Annäherung zwischen Clara und Brahms gibt ... davon bekommt man in dem Film kaum etwas mit ... Brahms erscheint wie ein flüchtig bekannter Hausgast, den Claras Kinder gerne mögen. Dass auch Clara Brahms mag? Klar, sie lächelt einmal, als er einen Streich spielt. Das war es auch schon. Erst als Robert wegen der Nähe zwischen Clara und Brahms ausrastet, wird sie dem unbefangenen Zuschauer als nüchterne Information mitgeteilt. Und zwar aus der höchst anfechtbaren Perspektive eines eifersüchtigen Ehemannes ... Wie soll man da die Besonderheit der Beziehung Clara-Brahms begreifen?

    Was dem Film außerdem abgeht, ist jede Art von Entwicklung. Einem Biographen bleiben die Ursachen von Schumanns Rheinsprung verschlossen. Er ist eine plötzlich in das Geschehen brechende Tatsache, von der es zu berichten gilt. Der Künstler hat die einmalige Möglichkeit, hier die Lücken des Wissens zu füllen. Auch dies verfehlt der Film. Der Rheinsprung erscheint in "Geliebte Clara" willkürlich und aus jedem Zusammenhang gerissen. Da Schumanns Charakter keine Entwicklung durchmacht, ist er nicht das Ergebnis einer subtilen dramaturgischen Zuspitzung. Es wäre nicht weniger schlüssig gewesen, wäre Schumann gleich zu Beginn des Filmes in den Reihn gesprungen. Dann wäre der Film wenigstens deutlich kürzer gewesen...

    Falstaff

  • Mitte April startet in den deutschen Kinos folgender Film:

    Coco Chanel & Igor Stravinsky

    http://www.cineimage.ch/db_data/movies…_stravinsky.jpg

    F/GB/RUS 2009
    Regie: Jan Kounen
    Buch: Chris Greenhalgh
    Coco Chanel - Anna Mouglalis
    Igor Stravinsky - Mads Mikkelsen

    Noch ein Film über die Chanel - bereits der letzte mit Audrey Tautou hat mich nicht die Bohne interessiert. Jetzt also wird Chanels Liaison mit Igor Stravinsky thematisiert. Angeblich sollen die ersten 20 Minuten in atemberaubender Weise die Skandal-Uraufführung des Sacre zeigen. Das macht's für mich dann irgendwie schon interessant... Und dass der fantastische Däne Mads Mikkelsen den Komponisten spielt, weckt noch mehr Lust auf den Film.

    Infos bei IMDB

    LG
    C.

    „Beim Minigolf lernte ich, wie man mit Anstand verliert.“ (Element of Crime)

  • Ich habe vor Wochen eine ausgiebige Kritk dieses Films ins Filmforum gesetzt. der grandisoe Anfang ist es wahrlich wert, den Film zu sehen, die Lovestory kann man getrost vergessen, miserable Liebesszenen. nachzulesen bei Interesse hier im Forum bei den Filmkritiken.
    F.Q:

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Coco Chanel & Strawinsky (morgen Film-Premiere für Dtland)

    Der Film läuft morgen in Dtland an, kann ihn bisher in Wiesbaden noch nicht auf dem Spielplan finden. Will ihn aber unbedingt ansehen.

    Wer ihn gesehen hat, kann ja mal kurz etwas dazu schreiben.

    Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum (Nietzsche)
    In der Tat spuckte ... der teuflische Blechtrichter nun alsbald jene Mischung von Bronchialschleim und zerkautem Gummi aus, welchen die Besitzer von Grammophonen und Abonnenten von Radios übereingekommen sind Musik zu nennen (H Hesse)
    ----------------------------
    Im übrigen bin ich der Meinung, dass immer Sommerzeit sein sollte (gerade im Winter)

  • Hier isses nochmal , schon einige Monate alt:
    Ich möchte einen Film vorstellen, der in Deutschland noch nicht in den
    Kinos ist,( erst im April wie ich erfahren habe) den ich aber schon
    gesehen habe und der für Musikliebhaber interessant sein könnte:


    http://image.evene.fr/img/fiche/g/21148.jpg

    Igor Stravinsky et Coco Chanel -ein Film über die sehr kurze aber
    offenbar leidenschaftliche Liebesbeziehung zwischen Coco Chanel und Igor Stravinski. Der Film beginnt mit dem Riesenskandal um die Uraufführung von "Le sacre
    du printemps" 1913 in Paris.
    Gabrielle "Coco" Chanel ist im Publikum und total fasziniert von der
    unerhörten Musik und dem Tanz des Ballett russe, geleitet von Diagilev. 7 Jahre spâter ist sie als Modemacherin berühmt und reich geworden und Strawinsky ist nach der Revolution in Russland mit seiner kranken Frau und 4 Kindern im Exil in Paris und sucht eine Bleibe. Die Familie macht einen idyllisch glücklichen Eindruck und Stravinski ist ein vorbildlicher Ehemann und Vater. Coco Chanel lâdt alle 6 ein, in ihrer Villa zu wohnen, damit Stravinski dort ungestört und frei von Sorgen komponieren kannEs gelingt ihr dann sehr leicht, Stravinski zu verführen, denn sie ist das genaue Gegenteil seiner sehr weiblich-warmherzigen und mütterlichen
    unterstützenden aber leider kranken Ehefrau.
    Sie stört sich an keinerlei Konventionen ist, total unabhängig und immer makellos elegant. Eine menage à trois ist für sie eine ganz normale Angelegenheit, sie agiert schamlos unter den Augen von Frau und Kindern und ist so inspiriert von ihrer Leidenschaft, dass dabei dann gleich ihr berühmtes Parfum Chanel Nr 5 entsteht.
    Nicht so jedoch für Stravinski und seine Frau. Zunächst toleriert seine Frau die Affâre noch, weil sie spürt wie Stravinskies Kreativität angeregt wird und grosse Kunstwerke entstehen, aber unter dem wachsenden psychischen Druck reist sie schliesslich mit den Kindern nach Biarritz ab, während Stravinski bleibt, um mit Coco eine Neu-Produktion der Sacre du printemps zu machen- sie schneidert die Kostüme der Tänzer.
    Als er ihr einmal abends im Zorn sagt, sie sei im Gegensatz zu ihm keine Künstlerin sondern nur eine Stoffverkäuferin, lässt sie ihn
    zutiefst verletzt umgehend fallen und er verzehrt sich fortan.... etc pp....
    Die Aufführung der Sacre ist dann jedenfalls endlich ein rauschender Erfolg in Paris.
    Interessanter Einblick in die 2Oiger Jahre in Paris mit sehr viel Musik und dekorativen Bildern, aber das Klischee der femme fatale und frz. Dekadenz gegen die russische Familienidylle fällt mir ein bisschen arg heftig aus. An Liebe kann man nciht glauben. Wenn da überhaupt irgendwas
    geliebt wird, ist es das Bild des jeweils Anderen. Coco Chanel betrachtet sich als ebensolche Ausnahmekünstlerin wie Stravinski, als er ihr diese Illusion raubt, ist es mit der "Liebe" vorbei.Die Liebenszenen sind durchweg misslungen, was gerade bei diesem Sujet sehr ärgerlich ist.
    Toll ist der Anfang des Films: eine sehr lange und serh beeindrukcende Sequenz der Sacre duprintemps bei der Uraufführung. Mir lief es wirklich wieder eiskalt
    runter bei diesen archaischen Rhytmen und dieser revolutionären Art des Tanzes und
    ich kann die Aufregung des ersten Publikums schon nachvollziehen!
    Gute und rollendeckende Schauspieler. viele sehr dekorative Bilder.
    Cocos Villa und ihre Eleganz sind so kalt wie hinreissend.
    Stravinski wird als nach aussen serh disziplinerter und menschlich integrer Charakter dargestellt, in dem ein gut verborgenes inneres Feuer lodert. Diese Kombination aus formaler Beherrschung und unvorhersehbaren Ausbrüchen, wie sie ja auch in den Werken zum Ausdruck kommt , zeigt sich als unschlagbares erotisches Stimulans für Coco Chanel.
    Seine Ehefrau wird sehr lebensklug und sympathisch gezeichnet und überdies als unverzichtbare Assistentin seines Schaffens.
    Coco Chanel bekommt dagegen den Stempel der Kälte und Oberflächlichkeit, der emotionalen Indifferenz und Rücksichtslosigkeit Gefühlen anderer Menschen gegenüber aufgedrückt.
    Dass Stravinski ihr verfällt, wird unterschwellig allein den Bildern ihrer makellosen Schönheit udn ihrer sexuellen Verfügbarkeit (die
    allerdings auch nciht jedermanns Geschmack sein dürfte- mager und angrogyn wie sie da rüberkommt) zugeschrieben. Wie gerecht der Film in biographischer Hinsicht ist, kann ich nciht beurteilen.
    Wer will, kann sich im Internet den offiziellen Trailer ansehen und sich
    einen kurzen Eindruck verschaffen.

    F.Q., die damit aber endlich mal wieder auif den Stravinski Geschmack
    gekommen ist.

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Die Liebenszenen sind durchweg misslungen, was gerade bei diesem Sujet sehr ärgerlich ist.

    Trotz dieser nicht geringfügigen Einschränkung: Ein Film, den ich mir schon allein wegen des hochinteressanten Sujets nicht entgehen lassen will! Wobei mich natürlich interessiert (vielleicht sollte ich die Frage zurückstellen, bis ich den Film selbst gesehen habe, ich bin aber neugierig): Inwiefern sind die Liebesszenen für Dich, liebe Fairy, mißlungen?

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Lieber Gurnemanz, schau es dir selbst an, mein Geschmack ist da evtl nciht repräsentativ. Die Beziehung zwishcen Coco und Stravinsky wird in den erotischen Szenen überhaupt nciht klar. Wenn schon nicht Liebe, dann sollte es wenigstens Leidenschaft sein, aber hier ist es weder noch sondern einfach nur schlechte und ziemlich unglaubhafte Gynmnastik. Ich finde die Kamera von weit oben und die lieblosen Turnübungen eher abstossend, so nett Mikkelsens Rückansicht vielleicht auch sein mag. Was der Regisseur uns damit sagen will, wirst du vielleicht besser herausfinden als ich. Vielleicht will er gerade zeigen, dass es eben keine Beziehung gab und diese kurze Affäre nichts als nur eine Fussnote ist. Aber warum dann überhaupt der Film?
    Am schönsten sind die Szenen, wo die Beiden zusammen am Klavier sitzen. Da spürt man dann ein wenig von der Spannung und Anziehung, die ja irgendwo dagewesen sein sollte.
    Aber wie gesagt, der Film lohnt eigentlich nur wegen der Sacre-Szenen und wegen der Dekoration.
    Bon plaisir, erzählt mal, wie es euch gefallen hat!
    Einen schönen Mann gibts allerdings zu besichtigen, die schöne Frau ist nur was für Liebhaber androgyner unterkühlter Geschöpfe.
    F.Q.

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • die schöne Frau ist nur was für Liebhaber androgyner unterkühlter Geschöpfe

    Ich würde Anna Mouglalis gerne wieder in einem guten Film sehen, leider kenne ich sie nur aus "MERCI POUR LE CHOCOLAT" von Claude Chabrol- da war sie wirklich gut. - "Schön" ist sie sowieso, aber androgyn und unterkühlt?


    "Alles Syphilis, dachte Des Esseintes, und sein Auge war gebannt, festgehaftet an den entsetzlichen Tigerflecken des Caladiums. Und plötzlich hatte er die Vision einer unablässig vom Gift der vergangenen Zeiten zerfressenen Menschheit."
    Joris-Karl Huysmans

  • Bonjour, lieber Maldoror, einem des Esseintes hätte Anna M. gewiss gefallen! ;+)

    Eine so grosse, gertenschlanke und quasi kurvenlose Frau wirkt auf mich androgyn. Das "Unterkühlte" liegt hier natürlich in der Rolle und wird so glaubhaft gespielt, dass man diese Eigenschaft automatisch mit der Schauspielerin identifiziert. Die Ehefrau Stravinskys ist dann gerade das Gegenstück: Warmherzig und weiblich. Womit mal wieder ein Klischee mehr bedient wird: Mann sucht genau das bei einer Geliebten, was er zu Hause nicht findet.
    F.Q.

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Danke für die ausführliche Schilderung des Films, ich bin nämlich auch sehr daran interessirt (speziell wegen des Sacre, weshalb es schon mal wichtig ist zu hören, dass das recht ausführlich ist).

    Auch im ZDF war heute morgen die Kritik sehr zurückhaltend, eine tolles Bild der 20er jahre, aber inhaltlich nicht sonderlich ergiebig hiess es.

    Mich würde mal interessieren ob es hier Strawinky und sacre-kenner gibt die beurteilen können ob das gezeigte von Choreographie und Bühnenbild historisch korrekt ist.

    Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum (Nietzsche)
    In der Tat spuckte ... der teuflische Blechtrichter nun alsbald jene Mischung von Bronchialschleim und zerkautem Gummi aus, welchen die Besitzer von Grammophonen und Abonnenten von Radios übereingekommen sind Musik zu nennen (H Hesse)
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    Im übrigen bin ich der Meinung, dass immer Sommerzeit sein sollte (gerade im Winter)

  • Was der Regisseur uns damit sagen will, wirst du vielleicht besser herausfinden als ich.

    Da bin ich nicht so sicher, liebe Fairy. Heute habe ich in meiner Lokalzeitung eine eher laue Bewertung gefunden, nach der der Regisseur überwiegend in einem schönen, üppigen Ambiente schwelge, ohne daß sich daraus eine nähere Intention ableiten lasse. Und eine kurze Affäre sei zu einer leidenschaftlichen Geschichte aufgebauscht worden.

    Wenn ich den Film gesehen habe, werde ich meine Eindrücke schildern. Allzuhohe Erwartungen habe ich im Moment ja nicht. Am meisten interessiert auch mich die Darstellung des Sacre-Skandals 1913. Dazu gibt es übrigens schon zwei Threads: Strawinski: Le Sacre du Printemps (Das Frühlingsopfer) – Von Nijinskys Erstinszenierung her betrachtet und Strawinski: Petruschka – Die Aufnahmen und das Orchesterwerk.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

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