Llibre Vermell de Montserrat

  • Llibre Vermell de Montserrat

    Liebe Capricciosi!

    Der Llibre Vermell ("Rotes Buch") de Montserrat ist ein Ende des 14. Jh. entstandener Codex aus dem katalanischen Kloster und Marienwallfahrtsort Montserrat. Er hat seinen Namen nach dem roten Ledereinband, mit dem er in neuerer Zeit gebunden wurde. In ihm sind neben diversen religiösen Texten auch zehn volkstümliche Pilgerlieder überliefert, teilweise in lateinischer, teilweise in katalanischer und okzitanischer Sprache. Ich hoffe sehr, dass es hier noch Leute gibt, die mehr darüber wissen und Näheres dazu sagen können.

    Ich habe seit kurzem die Aufnahme von Jordi Savall:

    Ein Lied daraus, nämlich "Maria matrem", kenne ich auch in einer Version des "Proto-HIP-Ensembles" Ars Musicae Barcelona, wo man im Vergleich den Wandel in der Interpretation deutlich nachvollziehen kann:

    Liebe Grüße,
    Areios

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

  • Zunächst mal: es ist roter Taft, nicht rotes Leder oder auch roter Samt, wie man gelegentlich auch lesen kann. Das Manuskript ist vermutlich in Montserrat entstanden und wird auch heute noch dort aufbewahrt.

    Auf den Seiten 21v bis 27r dieses Manuskriptes findet man 10 Musikstücke in Quadratnotation

    O virgo splendens (dreistimmiger Kanon), Stella splendens (Virelai), Laudemus Virginem (dreistimmiger Kanon) , Mariam, matrem virginem (Virelai), Polorum Regina (Virelai), Cuncti simus concanentes (Virelai), Splendens ceptigera (dreistimmiger Kanon), Los set gotxs recomptarem (Ballade), Imperayritz de la ciutat joyosa / Verges ses par misericordiosa (2-stimmige Motette) und Ad mortem festinamus ( Virelai)

    (Vom Ensemble nimmersêlich existiert eine moderne Transkription als pdf zum herunterladen
    (
    http://www.spielleut.de/Noten/Edition_Llibre_Vermell.pdf) Auf http://www.cpdl.org gibt es auch etwas.

    Polorum Regina, Stella splendens, Los set goyts sind explizit als Rundtänze gedacht. Die Texte sind lateinisch mit Ausnahme von Imperayritz de la Ciutat joyosa/Verges ses par und Los set goyts, die sind catalanisch. Imperayritz de la Ciutat joyosa/Verges ses par können auch einzeln gesungen werden.

    Ursprünglich waren wohl 14 Stücke enthalten, aber während der napoleonischen Kriege wurde das Manuskript stark beschädigt. 35 der ursprünglich 172 Seiten sind verloren, der Rest z.T. nur in Teilen erhalten. Die Überreste wurden im 19 Jh. in den erwähnten namensgebenden roten Umschlag gebunden.

    Das ganze war wohl dazu gedacht, die Pliger auf Montserrat, die z.T. auch die Nacht in der Kirche verbracht haben, vom Singen säkularer (vermutlich auch sehr deftiger) Lieder abzuhalten und ihnen ein dem Ort eher angemessenes Repertoire an die Hand zu geben. Sie sind aus diesem grund auch sehr volkstümlich abgefasst und basieren melodiemäßig vermutlich zumindest teilweise auf entsprechenden Volksliedern, die neu textiert wurden. Der oder die Autoren sind unbekannt.

    Eine Discographie gibt es bereits im Netz : http://www.medieval.org/emfaq/composers/vermell.html

    Diese Stücke gehören zum Standardrepertoire eines jeden, der sich mit mittelalterlicher Musik befasst.

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Hallo,

    Ich finde das "Llibre Vermell de Montserrat" faszinierend!
    Ich habe ebenfalls die Aufnahme von Savall, der, meiner Meinung nach, immer noch der unangefochtene Experte für Alte Musik, besonders spanische, ist.
    Aufnahmen von Savall kaufe ich auch blind, selbst, wenn ich noch nie etwas von der Musik gehört habe.
    Das Stück "Stella splendens" aus dem roten Buch ist auch auf einer CD des Ensembles "Amarcord". Dieses Ensemble steht ebenfalls für höchste Qualität, sie singen unglaublich homogen, dabei klar und durchlässig.
    Sonst habe ich noch keine vergleichbaren Aufnahmen des "Llibre Vermell" gehört; es ist ja auch eher seltenes Repertoir.
    Oder ist euch irgendwo eine hörenswerte, vielleicht völlig andere Interpretation als von Savall, bekannt?
    Anregungen werden immer gern entgegengenommen, ich mag diese Musik!

    LG und einen schönen ersten Advent wünscht
    Juli

    "Eine Semmel enthält 140 Kalorien, 700 Semmeln pro Jahr ergeben 98000 Kalorien,
    diese benötigt man, um eigenhändig 1 Elefanten 9 Zentimeter weit zu tragen. Aber wozu?"
    (Loriot)

  • Liebe Juli,

    ich habe noch diese Aufnahme

    Die habe ich aber lange nicht mehr gehört. Ich habe sie auch recht lebendig, etwas "lärmender", "bäuerischer" als Savall in Erinnerung. Savall würde ich vermutlich dennoch bevorzugen.

    Aber es nutzt ja auch nichts, die Alla Francesca Aufnahme ist ja derzeit nicht mal über Market Place erhöltlich.

    Viele Grüße,

    Melanie

    PS: Wenn ich so sehe, was andere Aufnahmen von Alla Francesca auf dem Marketplace so kosten, kann ich meiner Rente vielleicht gelassener entgegensehen :D

    With music I know happiness (Kurtág)

  • Liebe Juli, liebe Mela, lieber Bustopher!

    Ich bin jedenfalls von dieser meiner Neuerwerbung so begeistert, dass ich sie in letzter Zeit täglich zumindest einmal gedreht habe!
    Mich würde vor allem interessieren, wie andere Ensembles die - der Zeit entsprechend - eher vagen Noten umsetzen. Die Savall-Interpretation finde ich zwar sehr gut und schlüssig, aber sie ist ja auf keinen Fall die einzig mögliche.

    Liebe Grüße,
    Areios

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

  • An die Freunde des `Roten Buches´

    Je älter die Musik, desto mehr Interpretationsmöglichkeiten bieten sich an!
    deshalb wäre ich auch sehr interessiert daran, was andere versierte Musiker so aus diesem Büchlein gemacht haben. (Wenn es sie denn gibt)
    Ich finde, es ist einer der größten Verdienste von Jordi Savall, Musik vergangener - sehr vergangener! - Zeiten durch seine unnachahmlichen Arrangements wieder so lebendig werden zu lassen, dass man sich vorstellen könnte " Ja - vielleicht haben sie es damals so aufgeführt!" ich finde, der Mann hat einfach unglaubliche Imaginationskraft - er komponiert auch selbst im alten Stil, wenn es sein muss - um z.B. Fragmente zu komplettieren. Was mich nicht wundern täte, denn er hat ja sein Leben gewissermaßen der Alten Musik geweiht - wie eigentlich auch der Rest der Familie! ( Ich hoffe, die Botschaft ist angekommen: Keiner sagt was gegen Savall - Keiner!!!) ;)
    Spaß beiseite - liebe Mela - die Alla Francesca-CD würde mich natürlich schon interessieren. Du sagst-vergriffen? Elendes Schicksal all derer, die vorzugsweise Nischenrepertoir hören! Bin ich schon gewohnt. Ich werde trotzdem Ausschau halten. Ich kann sehr hartnäckig sein, wenn mich etwas wirklich interessiert.
    Aber, Areios, die anderen Aufnahmen, so es welche gibt, wären natürlich auch von höchstem Interesse! Ich denke, aus dieser Musik könnte vieles gemacht werden. Wie das Original klang, werden wir eh nie erfahren...
    Wie gesagt, " Stella splendens" ist auf der CD " Nun komm der Heiden Heiland" Vom Ensemble Armacord sehr schön interpretiert, ruhiger als Savall, a Capella... Eine wunderbare Einspielung! CD überhaupt sehr empfehlenswert!
    Bis auf weiteres,
    Juli

    "Eine Semmel enthält 140 Kalorien, 700 Semmeln pro Jahr ergeben 98000 Kalorien,
    diese benötigt man, um eigenhändig 1 Elefanten 9 Zentimeter weit zu tragen. Aber wozu?"
    (Loriot)

  • Zitat

    es ist ja auch eher seltenes Repertoir.

    Nischenrepertoire...?
    nicht wirklich...!

    Wie gesagt: Standardrepertoire der MA-Musikszene. Dementsprechend viele Aufnahmen gibt es auch. Aber das ist m.E. eine andere Szene als die Klassikszene. Googelt doch einfach mal nach einzelnen Titeln. Oder sucht auf youtube z.B. nach "stella splendens"... (oder den anderen Titeln)


    Zitat

    deshalb wäre ich auch sehr interessiert daran, was andere versierte Musiker so aus diesem Büchlein gemacht haben. (Wenn es sie denn gibt)

    s. oben...

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Hallo Bustopher,

    Dass es diverse Aufnahmen von "Llibre Vermell" gibt, habe ich jetzt auch bei Amazon und JPC gesehen.
    Bisher war ich mit meiner Savall-CD ziemlich zufrieden, aber anhand von Hörbeispielen habe ich auch interessante andere Interpretationen gehört.
    Vielleicht lohnt sich ja doch mal die eine oder andere Vergleichsaufnahme.

    Mit `Nischenrepertoire´ meine ich, dass es nach wie vor nur ein kleiner Personenkreis ist, der diese Musik hört - auch unter Klassikhörern.
    Im Gegensatz z.B. zu Musik von Bach, Brahms oder Beethoven...

    LG
    Juli

    "Eine Semmel enthält 140 Kalorien, 700 Semmeln pro Jahr ergeben 98000 Kalorien,
    diese benötigt man, um eigenhändig 1 Elefanten 9 Zentimeter weit zu tragen. Aber wozu?"
    (Loriot)

  • Zitat

    Mit `Nischenrepertoire´ meine ich, dass es nach wie vor nur ein kleiner Personenkreis ist, der diese Musik hört - auch unter Klassikhörern.


    Klein? Na ich weiß nicht. Ja, unter den "Klassik-Hörern", eben die, die sonst "Bach, Brahms oder Beethoven..." hören. Aber sonst..?

    Die meisten dieser Aufnahmen findet man normalerweise gerade nicht im Klassik-Regal, und ich könnte mir vorstellen, daß so mancher Klassik-Interpret im engeren Sinne neidig auf die Zuhörerscharen (und die Anzahl der verkauften CDs) sein könnte, die manche der einschlägigen MA-Bands mobilisieren. Nische und kleiner Personenkreis ist das sicher nicht!

    Aber wie gesagt: Das ist eine andere Musikszene! Die hat ihre Wurzeln in der Folkmusic-Bewegung der 70er... :wink:

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Hallo Bustopher,

    Zitat

    Aber wie gesagt: Das ist eine andere Musikszene! Die hat ihre Wurzeln in der Folkmusic-Bewegung der 70er...


    Das halte ich bezogen auf das "Llibre Vermell" ,um das es ja hier geht, für eine gewagte These!
    Das ist schon was anderes als z.B. "Rabenschrey" und ich glaube auch nicht, dass die MA-Szene (das geht ja bis in den Gothic-Bereich)
    Savall oder ähnliches hört. Die haben ihre eigenen `Bands´. Natürlich gibt es stellenweise Überschneidungen, aber ich kenne Leute aus der Szene,
    deswhalb weiß ich, dass die eher selten sind. Das eine ist eben Folk- und Popkultur, das andere gehört eindeutig zum Bereich " Klassische Musik"(als Überbegriff)

    LG
    Juli

    "Eine Semmel enthält 140 Kalorien, 700 Semmeln pro Jahr ergeben 98000 Kalorien,
    diese benötigt man, um eigenhändig 1 Elefanten 9 Zentimeter weit zu tragen. Aber wozu?"
    (Loriot)

  • hmm...

    klingt das jetzt nicht ein wenig nach "Schublade"? ;+)

    Klar: der Saval-"Normalhörer" hört nicht corvus corax, genausowenig, wie der corvus corax-Normalhörer Saval, Ruhland oder sonst jemand aus der Alte Musik-Ecke hören wird. Aber ist das relevant? Ist das wirklich wichtig, WER ein beliebiges Repertoire pflegt?

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Hallo Bustopher,

    Nein, ist es nicht! Aber ich habe diese Schublade auch gar nicht aufgemacht, sondern lediglich gesagt, dass diese Musik nur von wenigen gehört wird.
    Ich denke, darauf könen wir uns wohl einigen! ;+)
    Was das eigentliche Thema anbetrifft, kann ich im Moment nichts Neues beitragen - möchte mir eine andere Interpretation vom "Llibre Vermell" zulegen,
    habe mich noch nicht entschieden, welche. Sobald es was dazu zu posten gibt, werde ich es hier tun.
    ich stelle immer wieder fest, dass es mir schwerfällt, mich über Gehörtes rein intellektuell zu äußern. Mir fehlt dann das Vokabular. Ich finde immer wieder bewundernswert, wie andere Cappricciosi ihre Höreindrücke in Worte kleiden können, ich wünschte, ich könnte das auch, aber es ist mir nicht gegeben. Armselig Flickwerk gegen das, was ich beim Hören empfinde.
    Mit meinem kruden Musikgeschmack, mit dem ich selbst im Klassikspektrum zur Diaspora gehöre - bei der verzweifelten Suche nach Austausch über die mich zutiefst bewegenden Klänge.....fehlt mir die Sprache sie zu beschreiben.
    Eigentlich kann ich nur hören.
    Und unter solchen Voraussetzungen sollte man eigentlich nicht einem Forum beitreten.
    (Ich schreib trotzdem, wenn es was neues zum Thema von meiner Seite gibt - ihr könnts ja ignorieren, wenns euch nicht elaboriert genug ist)
    Juli

    "Eine Semmel enthält 140 Kalorien, 700 Semmeln pro Jahr ergeben 98000 Kalorien,
    diese benötigt man, um eigenhändig 1 Elefanten 9 Zentimeter weit zu tragen. Aber wozu?"
    (Loriot)

  • Anlässlich dieses Threads habe ich diese CD seit längerer Zeit wieder einmal aus dem Regal geholt. Die Aufnahme von Vladimir Ivanoff mit seinem Ensemble Sarband und dem Osnabrücker Jugendchor stammt bereits aus dem Jahr 1993 und ist überraschenderweise noch immer im Handel erhältlich:

    Ivanoffs Interpretation gefällt mir sehr gut. In seinen Arrangements setzt er teilweise arabische Instrumente (Ud, Arabische Percussion) ein und verwendet Vierteltonintervalle, um den maurischen Einfluss deutlich herauszuarbeiten. Die a-capella-Lieder sind sehr klangschön gesungen. Mein Favorit ist das Virelais "Maria Matrem". Obwohl ich andere Vergleichsaufnahmen nicht kenne, kann ich die CD Euch trotzdem guten Gewissens ans Herz legen.

    Viele Grüße
    Frank

  • ich stelle immer wieder fest, dass es mir schwerfällt, mich über Gehörtes rein intellektuell zu äußern. Mir fehlt dann das Vokabular. Ich finde immer wieder bewundernswert, wie andere Cappricciosi ihre Höreindrücke in Worte kleiden können, ich wünschte, ich könnte das auch, aber es ist mir nicht gegeben. Armselig Flickwerk gegen das, was ich beim Hören empfinde.
    Mit meinem kruden Musikgeschmack, mit dem ich selbst im Klassikspektrum zur Diaspora gehöre - bei der verzweifelten Suche nach Austausch über die mich zutiefst bewegenden Klänge.....fehlt mir die Sprache sie zu beschreiben.
    Eigentlich kann ich nur hören.
    Und unter solchen Voraussetzungen sollte man eigentlich nicht einem Forum beitreten.
    (Ich schreib trotzdem, wenn es was neues zum Thema von meiner Seite gibt - ihr könnts ja ignorieren, wenns euch nicht elaboriert genug ist)
    Juli


    Liebe Juli. Ich habe, unkund Eures Themas, mich einfach einmal bei Mitten ins Herz
    zu Deinen bewegenden Worten geäußert.

    Pardon fürs OT.

    Alex


    "In the year of our Lord 1314 patriots of Scotland, starving and outnumbered, charged the field of Bannockburn. They fought like warrior poets. They fought like Scotsmen. And won their freedom."

  • Guten Morgen,

    Habe mir gerade bei JPC einige Hörbeispiele angehört, das klingt ganz interessant!
    Kennt jemand von euch diese CD und kann was zu der Aufnahme sagen?

    LG
    Juli

    "Eine Semmel enthält 140 Kalorien, 700 Semmeln pro Jahr ergeben 98000 Kalorien,
    diese benötigt man, um eigenhändig 1 Elefanten 9 Zentimeter weit zu tragen. Aber wozu?"
    (Loriot)

  • Auch ich möchte mich mal zu Wort melden. Ich kann jetzt direkt zwar keine CD empfehlen, hatte aber zumindest vor einiger Zeit die Aufnahme von Vladimir Ivanoff angehört und fand sie sehr nett.

    Ich habe in/mit einem "meiner" Chöre manche Sachen aus dem Llibre Vermell 2010 in zwei Konzerten gesungen, eins in Clausthal, das andere im Kloster Isenhagen.
    Es hieß schlicht und einfach "Pilgerwege". Wir wurden begleitet von den Freiburger Spielleyt, mit denen unsere Chorleiterin früher mal als Solistin unterwegs war.

    Zentrum des Programms war das Lied "Wer das Elend bauen will", das in vielfacher Version immer wieder auftauchte. Aber auch "Laudemus virginem", "Stella splendens", "Splendens septigera", "Los set gotx" und "Cuncti simus concanentes" waren dabei. Als weitere Quelle möchte ich noch "Cancionero de Palacio" anführen, welche auch sehr reichhaltig musikalisch ausgebeutet wurde.

    Wie alle anderen Mitsänger/-innen sicherlich auch, war ich besonders von der speziellen Stimmung der Musik angetan. Sonst kennt man ja "nur" den Standard-Klassik-Kulturbetrieb. Da war es schon was besonderes, seine Stimme zusammen mit Schalmeien, Trommeln, Flöten, Drehleier, gotische Harfe und Portativ zu hören.

    Ich war hinterher so begeistert, dass ich mir mittlerweile ernsthaft überlege, noch weitere alte Instrumente anzuschaffen. Immerhin hat es schon eine Sopran-Cornamuse in meinen Haushalt geschafft (und terrorisiert vermutlich meine Nachbarn)

  • Habe mir gerade bei JPC einige Hörbeispiele angehört, das klingt ganz interessant!
    Kennt jemand von euch diese CD und kann was zu der Aufnahme sagen?

    [Kopie von hier ]


    Llibre Vermell
    Choeur de Chambre de Namur
    Psallentes
    Les Pastoureaux
    Millenarium
    D: Christophe Deslignes

    Das Rote Buch von Montserrat ist eine Handschrift, die um 1399 angefertigt wurde. Sie enthielt ursprünglich 172 Seiten, wovon inzwischen 35 verlorengegangen sind. Der Rest wurde im 19. Jahrundert in einem neuen, roten Einband gebunden, woher der heutige Name stammt.

    Auf zwölf Seiten sind insgesamt zehn Lieder erhalten geblieben. Diese sind Aufzeichnungen von Repertoire, welches im Kloster Montserrat für die Pilger ersonnen wurde, wenn sie zur Wallfahrt vorbeikamen. Die Stücke sind vermutlich deutlich älter als zum Zeitpunkt der Niederschrift. Die weltlichen Lieder haben ihren volkstümlichen Charakter erhalten.

    Hier ist auch eins meiner liebsten Lieder überhaupt erhalten: Mariam matrem virginem. Wunderschön. :faint:

    Christophe Deslignes inszeniert eine musikalische Wallfahrt, wo alle zehn Lieder eingebunden sind. Zusätzlich sind weitere Stücke (Gregorianische Choräle, Instrumentalstücke) zu hören, eins sogar aus dem Roman de Fauvel (Fauvel nous fait présent). Es wird äußerst lebendig und abwechslungsreich interpretiert, und die Aufnahme kommt differenziert und dynamisch aus dem Boxen.

    Kurz: großartige CD! :juhu: :juhu: :juhu: :juhu: :juhu: :juhu:


    jd :wink:

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Die oben gezeigte CD von Sarband & Co habe ich gestern mit viel Freude gehört. Gekauft habe ich sie aufgrund einer Empfehlung von Morbach (in seinem Buch: Die Musikwelt des Mittelalters; zur Hesperion XX-Aufnahme wird dort ausgeführt, dass sie aufgrund ihrer sehr großen Besetzung umstritten sei).

    Überrascht hat mich der große Hall oder besser breite Sound, der den Hörer empfängt. Ausgehend von dem zuvor Gelesenen über den Zweck der Musik (kurz gefasst: Übernachtungsgesänge für Pilger, dazu schon oben) hatte ich intimere Klänge erwartet. Weit gefehlt. Diese Aufnahme lehnt sich an die burleske Klangwelt der Carmina Burana an, klingt bisweilen laut, lebendig, saftig, vereinzelt auch positiv ungestüm. Meine Lieblingsaufnahme ist das aus den genannten Gründen nicht. Sie zu hören, hat trotzdem Spaß gebracht.

    Kann mir jemand eine Aufnahme mit intimeren, kargeren, keuscheren Klängen empfehlen?

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