Haydn - Spitzenquartette in Spitzenaufnahmen

  • Haydn - Spitzenquartette in Spitzenaufnahmen

    Liebe Freunde der Streichquartette von Haydn. Anderenorts wurde mitgeteilt, dass es von Haydn Streichquartette allerhöchsten Ranges gibt. Hier ist der Platz, solche vorzustellen und Aufnahmen zu empfehlen (ich bin gespannt).


    Andernorts war dort.

  • Seit zwei Jahren höre ich mich nun mit stetig wachsender Begeisterung durch diese Werkgruppe. Ich kenne auch längst noch nicht alle Quartette, oder alle gleich gut; aber ein paar, die mich besonders faszinieren, bunt durch die Opera, schmeiße ich hier mal in den Raum. Die Kommentare sind aus dem Kopf und damit ohne Gewähr: ;+)

    - op. 20,4 mit einem tollen Variationssatz und "Balkan"-Finale
    - op. 54,2 mit einem sehr intensiven zweiten Satz - vielleicht könntest Du den mit seinen schmerzlichen Tonrepetitionen abgründig finden? -, danach einem sehr fahlen Menuett und einem langsamen Finale, das zum Schluss versucht, sich als Presto schwungvoll zu beenden, aber doch zurück in die Adagio-Melancholie fällt. Ein sehr eindrucksvolles Quartett!
    - op. 55,2 ("Rasiermesser"), mit einem tollen, gewichtigen langsamen Doppelvariationssatz am Anfang, der zweite Satz ein sehr dichtes Allegro mit Chromatik und Fugenelementen, das Menuett (teils) im doppelten Kontrapunkt, und das Finale von Chromatik durchsetzt. Sicher auch eins von Haydns intellektuellsten Quartetten!
    - op. 64,6; den ersten Satz finde ich einfach enorm elegant, die zurückgenommene, teils kontrapunktische Durchführung faszinierend; der langsame Satz schließt eine "empfindsame" Violin-"arie" ein, und im Menuett-Trio macht sich eine in höchste Höhen entschwindende 1. Violine über die süßliche Melodie lustig.
    - op. 77,2: Ein eher entspannter Kopfsatz - bis auf die Ausbrüche in der Durchführung - und ein tolles, wirbelndes Finale schließen ein vor Witz sprühendes Menuett - mit einem den Rhythmus unterminierenden Cello - und einen meiner liebsten Variationssätze - ja, Sätze wie diesen finde ich abgründig! - ein.

    Op. 76 spare ich mir erstmal, die Quartette werden von anderen bestimmt noch genug gelobt werden. Aber auch abseits davon habe ich jetzt so viel ausgelassen, dass es eigentlich eine Schande ist - vielleicht lege ich deswegen heute abend noch einen Schwung nach! 8+)


    Viele Grüße,
    Frank.

    Edit: Ach so, Aufnahmen sind ja auch gefordert. Da kann ich leider nicht mit Empfehlung dienen; die meisten Quartette habe und mag ich mit dem Amadeus-Quartett, das aber wohl nicht jedermanns Sache ist. Es wird durchaus mit Vibrato gespielt, sehr energisch - da quietscht's auch schonmal zwischendurch - und in den langsamen Sätzen sehr einfühlsam. Die Box ist glaube ich sehr günstig erhältlich und enthält alles ab op. 54 und die "Sieben letzten Worte".

  • Das Vogel-Quartett C-dur op. 33 Nr. 3 war das erste Streichquartett von Haydn, das ich häufiger gehört und bald geschätzt habe (na ja vielleicht war's auch das Kaiser-Quartett). Jedenfalls den 1. und den letzten Satz, die ich vom Melos-Quartett (EMI) gespielt immer noch am liebsten höre. Der erste Satz war knapper, einfacher als das übrige Klassisch-Romantische, was ich in diesem Genre kannte, aber dabei so schön auf den Punkt gebracht. Kurze leidenschaftliche Momente (Melodie mit Seufzer-Motiven), deren Intensität aber gerade auch durch den kargen, disziplinierten Duktus entsteht - erinnert mich ein wenig an Webern.
    Da gefällt mir die trockene Art des Spiels vom Melos-Quartett sehr. Das fahle Scherzo ist mir hier aber doch zu matt, auch wenn sich dadurch ein großer Kontrast zum heiter tyrilierenden Trio ergibt. Da höre ich lieber das Panocha Quartett (ist aber schwer zu bekommen). Der langsame Satz sagt mir nicht so zu. Vielleicht bin ich da noch zu ungeduldig. Das mitreißende lustige Finale gefällt mir eigentlich in jeder Aufnahme.

    Die drei Quartette Op. 54 ("Tost" I a) habe ich erst letztes Jahr kennengelernt. Nicht alle Quartette von Haydn mag ich von Anfang an, diese schon. Als einzige Aufnahme kenne ich die vom Kodaly Quartett bei Naxos - eine verhältnismäßig trockene Aufnahme, bei der sich die vier Instrumente gut unterscheiden lassen. Drive vermisse ich nicht, auch wenn wahrscheinlich noch mehr möglich wäre.

    :wink:

    Nur weil etwas viel Arbeit war und Schweiß gekostet hat, ist es nicht besser oder wichtiger als etwas, das Spaß gemacht hat. (Helge Schneider)

  • Haydns Streichquartette besitze ich fast vollständig in den Aufnahmen des Kodály-Quartetts (Naxos), dessen Interpretationen ich in ihrer Balance von Emotionalität und Klarheit schätze, auch wenn ich mir - etwa bei op. 33 - das Geistvolle und den Witz noch schöner herausgearbeitet vorstellen könnte. Aber eine im besten Sinne solide und ansprechende Gesamteinspielung ist das schon.

    Was mir erst kürzlich aufgefallen ist: Die Kodálys scheinen die Expositionen in den Kopfsätzen stets zu wiederholen (hab's allerdings nicht konsequent überprüft), nicht dagegen Durchführung und Reprise. In op. 76/2 d-moll (dem "Quintenquartett") behagt mir das nicht, weil Haydn hier an den zunächst leise ausklingenden Schluß des 1. Satzes noch eine überraschende Coda anhängt. Dieser Effekt geht ohne Wiederholung fast verloren.

    Dies nur als ein kleines Beispiel; natürlich gibt es noch ganz andere Kriterien.

    Kurz und gut: Ich halte nach Alternativen Ausschau. Frage: Kennt jemand etwas vom gerade entstehenden Zyklus des Auryn-Quartetts? Und: Welche Zyklen - vollständig oder nicht - verdienen nähere Würdigung?

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Anderenorts wurde mitgeteilt, dass es von Haydn Streichquartette allerhöchsten Ranges gibt.


    Ich habe mittlerweile mehr als die Hälfte der Haydn-Streichquartette gehört und einige davon immer wieder.
    Ich zweifle allmählich daran, dass darunter Werke sind, die nicht allerhöchsten Ranges sind. Bereits in op. 17 fällt es mir sehr schwer, auch nur eines der sechs Werke gegenüber den anderen herabzusetzen.

    Wer historisch informierte Einspielungen auf alten Instrumenten schätzt und außerdem eine eher noble unaufdringliche Interpretation schätzt, dem empfehle ich das Festetics-Quartett, von dem ich nicht genug bekommen kann.

    Da op. 33 der "epochalste" Streichquartett-Zyklus von Haydn ist (resp. überhaupt des 18. Jahrhunderts), poste ich dieses Bildchen:

    die anderen opera sehen so ähnlich aus.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Danke, lieber putto, die Festetics habe ich auch schon ins Auge gefaßt: Ich habe hier op. 76/2, 77/1 und 77/2. Schöne filigrane Aufnahmen, die ich im Vergleich mit den Mosaiques gehört habe. Letztere spielen gestochen scharf, sehr fein und sensibel, ebenso wie die Festetics, diese allerdings wärmer und sinnlicher, wohl auch beherzter. Insgesamt begeistern mich beide nicht völlig, wobei ich nicht recht sagen kann, was mich stört: vielleicht der Eindruck des Unterkühlten, Distanzierten? Zu wenig Kontraste? Dabei bin ich für HIP durchaus offen und empfänglich, besonders bei Streichern...

    Und ein knarziges Cello haben die Festetics, nicht ganz mein Fall.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Als Gesamtaufnahme habe ich die Einspielung mit den Buchbergern:

    allerdings noch in den Einzeleditionen.

    Zudem einige Streichquartett-Gruppen in Einzelaufnahmen, darunter op. 9 und op. 20 mit den Festetics:

     

    Ich bin wirklich ein ganz klarer HIP-Verfechter - aber die Festetics mit ihrem harschen, intonationsmäßig für meine Ohren dauernd grenzwertig wirkendem Spiel, behagen mir gar nicht.

    Daneben hab ich auf dem HIP-Sektor noch diese Box der Mosaiques mit opp. 20, 33 und 51 (die ich - als man mich hier gewarnt hatte - leider nicht mehr abbestellen konnte):

    Die spielen sauber und anständig und fein - aber packen will das einen (also in diesem Fall: mich) nicht so richtig.

    Op. 50 habe ich noch mit dem Nomos-Quartett:

    Hm, die habe ich lange nicht gehört aber i-wie unter akademisch-trocken abgespeichert.

    Außerdem habe ich noch op. 20 mit den Hagens:

    Das ist die mit Abstand beste mir bekannte Interpretation Haydnscher Streichquartette (und zudem eine der großartigsten Kammermusikscheiben, die ich besitze). Ein Verbrechen, dass die Box gestrichen ist. IMO ein unbedingtes must-have!

    Soweit meine Besitztümer. Insgesamt halte ich die Buchberger-Interpretationen im Vergleich für durchaus gelungen, sicherlich nicht die letzten Möglichkeiten der Werke auslotend (wie das Hagen-Quartett es bei op. 20 hinreissend vorexerziert) aber immer lupenrein musiziert, durchaus mit Konturen und mit Schärfen wo sie hingehören. IMO ganz klar besser als Nomos, Festetics oder Mosaiques.

    Adieu,
    Algabal

    Keine Angst vor der Kultur - es ist nur noch ein Gramm da.

  • Dank Dir, Algabal! Die Amazon-Schnipsel von Hagens op. 20 klingen schon mal ganz verheißungsvoll - und die US-Amazonen bieten das nicht einmal allzu überteuert an...

    Allerdings haben ein paar Mausklicks mich zum Erwerb dieser beiden Doppel-CDs mit dem Auryn-Quartett geführt:


    op. 33


    op. 76

    Kann ja mal berichten, wie sich's so anhört...

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Ich bin wirklich ein ganz klarer HIP-Verfechter - aber die Festetics mit ihm harschen, intonationsmäßig für meine Ohren dauernd grenzwertig wirkendem Spiel, behagen mir gar nicht.


    Nanu, da sieht man, wie subjektiv unsere Interpreten-Wahrnehumg ist.
    Ich empfinde die Festeticse nämlich als das exakte Gegenteil von "harsch" - harsch wäre z.B. oft MAK oder mitunter das Orfeo-Orchester unter Gaigg (um Barockorchester zu nennen).
    Welche Stelle in op. 20 findest Du intonationsmäßig grenzwertig?

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Ich bin ein wenig faul, verzichte deshalb auf die Albumcover. Sorry! :pfeif:

    Folgende Quartette kann ich empfehlen:
    Rosamunde
    Jerusalem
    Quatuor Ebène
    Hagen
    Amadeus

    Die GA der Buchberger habe ich auch. Für eine GA ganz gut und v. a. günstig. Die GA des Angeles SQ oder des Kodaly ist insgesamt etwas zwingender.

    Das Emerson SQ hat eine manchmal zu wenig brechende Grundstimmung. Da wird der Schönklang Haydns etwas zu sehr in den Vordergrung gestellt. Das ist zwar sehr schön anhörbar, aber dann doch auch zu nett.

    Vom Cuarteto Casals gibt es eine schöne CD, modern und frisch.

    Die HIP-Einspielung des Qu Mosaiques ist hervorragend, lediglich wird mit den Originalinstr. keine solche Schärfe erzielt. Aber das muss bei Haydn natürlich nicht unbedingt sein.

    ABQ und Takacs sind nie verkehrt, klassische, technisch hervorragende Aufnahmen.

    Noch zu erwähnen: Festetics, Schuppanzigh und Pro Arte.

    Und natürlich - hatte ganz vergessen, dass ich die ja auch habe - the Lindsays. Die gehören sicher zur Spitzengruppe der Haydninterpreten.

    Ebenso brillantes Musizieren: Die Einspielung der SQ op. 72 des Gewandhausquartetts.

    Nun zur Frage nach den Aufnahmen für die einsame Insel:
    Zunächst: Haydn SQ wären dabei. Je nachdem, wieviele CDs ich mitnehmen dürfte. Die Klaviertrios mit Beaux Arts liegen mir vielleicht eine Spur mehr, müsste ich auf der einsamen Insel längere Zeit ausharren, aber die SQ wären eine schöne Abwechslung.

    Das Rosamunde mit ihrer Aufnahme der 7 letzten Worte ist mein Favorit. Ich kenne keine Aufnahme dieses Quartetts, an dem auch nur die Spur eines Makels wäre.
    Dann würde ich wohl den Schuber mit den Lindsays dazu packen.
    Dritter Favorit waären Jerusalem oder Qu Ebène.


  • Nanu, da sieht man, wie subjektiv unsere Interpreten-Wahrnehumg ist.
    Ich empfinde die Festeticse nämlich als das exakte Gegenteil von "harsch" - harsch wäre z.B. oft MAK oder mitunter das Orfeo-Orchester unter Gaigg (um Barockorchester zu nennen).
    Welche Stelle in op. 20 findest Du intonationsmäßig grenzwertig?

    Ja wirklich seltsam, da ich etwa das Klangbild der MAK und des Orfeo-Orchesters sehr gern mag - und auch den schroffen Haydn von Roy Goodman oder Derek Solomon liebe.

    Ich hab zuletzt vor ein paar Wochen das g-moll-Quartett aus op. 20 mit den Festetics gehört - ich muss ehrlich sagen: es hat mir fast durchgehend schräg in den Ohren gelegen, was die da aus ihren Instrumenten geholt haben. Mag aber auch an mir liegen. Ich hör das sicher nochmals an...


    btw: kennt eigentlich jemand diese Einspielung von op. 20 mit dem Pellegrini-Quartett:

    Ist ja bei Erscheinen ganz gut besprochen worden und aktuell halbpreisig zu bekommen ...
    Ich selbst kenne von den Pellgerinis nur die wirklich herausragende Interpretation der Streichquartette von Karl-Amadeus Hartmann (ebenfalls bei cpo) - aber das ist ja nun eine ganz andere Welt ...

    Adieu,
    Algabal

    Keine Angst vor der Kultur - es ist nur noch ein Gramm da.

  • Das ist witzig. Ich finde Goodman überhaupt nicht schroff, sondern allenfalls exakt nuanciert. Habe mir neulich Sinf. 6-ca. 25 bestellt und fand das Spiel der Hanover Band phänomenal gut. Ich empfand jede Note als "richtig". Es ist so ein warmer, exakter, spielfreudiger Haydn-Klang, den ich nicht mit schroff bezeichnen würde. Aber Hauptsache, es gefällt. :wink:

  • Das ist witzig. Ich finde Goodman überhaupt nicht schroff, sondern allenfalls exakt nuanciert. Habe mir neulich Sinf. 6-ca. 25 bestellt und fand das Spiel der Hanover Band phänomenal gut. Ich empfand jede Note als "richtig". Es ist so ein warmer, exakter, spielfreudiger Haydn-Klang, den ich nicht mit schroff bezeichnen würde. Aber Hauptsache, es gefällt. :wink:

    Ja, die sind auch phänomenal gut - ganz klar meine allerallerliebsten Haydn-Interpretationen. »Schroff« ist das aber schon - hast Du mal auf das Blech und die Pauken geachtet? O.k., in 6-25 ist beides naklar nicht soooo präsent ;+) , aber gib dir mal die völlig umwerfende 82. mit Goodman und der Hanover Band.... :faint: :juhu: :juhu: :juhu:

    »Schroff« ist bei mir übrigens - anders als »harsch« - ein absolutes Hochwertwort ... :)

    Adieu,
    Algabal

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  • harsch

    Ja wirklich seltsam, da ich etwa das Klangbild der MAK und des Orfeo-Orchesters sehr gern mag - und auch den schroffen Haydn von Roy Goodman oder Derek Solomon liebe.

    harsch = hart, rauh.

    Die Streicher der MAK sind eindeutig harsch, man hört denen die permanent drohende Sehnenscheidenentzündung an ...
    Viele Akzente des Orfeo-Orchesters sind extrem hart (z.B. bei den Holzbauer-Sinfonien oder den Aufschnaiter-Serenaden, bei Fils sind sie nicht so hart).

    Die Festetics spielen nicht hart. Man kann den Klang eventuell als rauh empfinden.

    Harsch ist dabei grundsätzlich nicht wertend - allerdings bin ich für harschen Xenakis, nicht für harschen Haydn.

    Schroff ist wieder etwas anderes, das sind die Festeticse wohl auch nicht. Insofern vielleicht etwas zu appolinisch?

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Zu appolinisch? Nee, ich meine es schon so, wie ich es ungefähr sage (auch wenn das Wörtchen »harsch« zugegebenermaßen eine mehr oder minder nebulöse Umschreibung ist, die einen vielleicht vorschnellen oder gar unzulässigen crossover zwischen der Spezifik des Klangbilds der Festitics und meinen Hörerwartungen/-gewohnheiten vornimmt und dabei die Positionen von Henne und Ei im Unklaren lässt). Egal - war ja nur ein Ausdruck für meinen Eindruck (und diesen Umstand habe ich auch bereits in meinem ersten Posting mit der Formel »für meine Ohren« deutlich gemacht).
    Ich will (dir) die Festetics keinesfalls schlechtreden.

    Also: lassen wir die Rabulistik ... ;+)

    Adieu,
    Algabal

    Keine Angst vor der Kultur - es ist nur noch ein Gramm da.

  • Kodaly und Buchberger sind nicht spitze, sondern einigermaßen solide (oder zur Not zum Lückenfüllen brauchbar...). Das Angeles Q. ist auch nicht ideal, aber klangschöner als letztere und spritziger als die Kodalys.
    Mosaiques und Festetics sind mitunter sehr gemächlich unterwegs, letztere können daher manchmal etwas dröge wirken. Beide empfinde ich vom Klang her aber auch eher "weich" als harsch. Auryn scheint mir sehr klangschön und auch sonst sehr gut, könnte aber mitunter etwas wilder sein.
    Lindsays sind wild, aber klanglich und intonatorisch problematisch. Einzelne sehr gute Aufnahmen:

    op.1 Petersen (ein Jammer, dass die bisher nicht mehr davon aufgenommen haben)
    op. 20 Hagen (für manche etwas zu cool)
    (für 9 und 17 ist wohl Festetics erste Wahl außerhalb von Boxen, nicht nur faut de mieux)
    op.50 Amati
    op.55 Panocha
    op.64 "Caspar da Salo"

    Recitals:
    2 CDs mit dem Jerusalem Quartett: op.64,5; 76,2; op.77,1 und 20,5; 33,3 und 76,5
    Wer noch gar nix von den Werken kennt, dem würde ich diese beiden empfehlen, bieten eine sehr gute Auswahl, immerhin bei der zweiten CD auch nicht nur späte Stücke.
    Sehr gutes erwarte ich auch von den beiden Recitalscheiben mit dem (Hippen) Schuppanzigh Quartett (Primarius Anton Steck!), dafür war ich bisher zu geizig...

    Spitzenwerke hervorzuheben ist wie schon gesagt wurde, sehr schwierig, vielleicht auch nicht ratsam. Wenn man die Werke so hört, dass man nicht so sicher ist, ob gerade op.33 #1 oder #2 läuft, muss man eh erst mal lernen genauer hinzuhören, sonst wird man sie immer für Hintergrundmusik halten (weil man sie so behandelt!) Wie würde man denn reagieren, wenn jemand Urteile zu Schostakowitschs Quartetten abgeben würde, aber sofort einräumen, dass die ja eigentlich ziemlich gleich wären, mal ein düsteres adagio, mal ein grotesker Walzer, wäre ja schnuppe, welches Werk gerade liefe....

    :wink:

    Kreislers Kater

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)


  • Mosaiques und Festetics sind mitunter sehr gemächlich unterwegs, letztere können daher manchmal etwas dröge wirken. Beide empfinde ich vom Klang her aber auch eher "weich" als harsch.

    Tach erstmal, Kätersche!

    Hab eben nochmals - unabhängig von und ohne Wissen um Deinen Beitrag hier - das f-moll-Quartett aus op. 20 mit den Festetics und den Mosaiques gehört. Was das Klangbild anbetrifft klaffen zwischen den beiden Ensembles IMO Welten! Ganz klar, die Mosaiques klingen deutlich nach Softlan, das Ganze ist schmusig weichgezeichnet und betulich runtergespielt - HIPper Haydn fürs Harmoniemilieu. Das kann ich bei den Festetics so nicht finden. »Hart« klingen die auch nicht, das stimmt (somit war »harsch« vielleicht tatsächlich ein irreführender Begriff) - aber irgendwie ist das Klangbild insgesamt doch ziemlich heterogen und (sorry Putto!) die intonieren echt durchgehend grenzwertig. Vielleicht ist das Programm, aber mir verschafft das schon nach relativ kurzer Zeit latent Zahnschmerzen, was die Festetics da machen.

    Kurz und gut: Ich finde beide Einspielungen gar nicht ideal.

    Sacht mal: kennt wirklich niemand hier op. 20 mit den Pellegrinis?

    Adieu,
    Algabal

    Keine Angst vor der Kultur - es ist nur noch ein Gramm da.

  • aber irgendwie ist das Klangbild insgesamt doch ziemlich heterogen und (sorry Putto!) die intonieren echt durchgehend grenzwertig


    Ich habe mir irgendwann aktiv abgewöhnt, auf genaue Intonation zu hören, weil man dann ja nur darunter leidet, wenn mal etwas nicht passt.
    Vor Jahren war das anders, da habe ich sehr unter der Krenek-Quartett-Einspielung des Sonare-Quartett gelitten.
    Vielleicht kann ich mir inzwischen deren Gesamteinspielung anhören - wäre auf jeden Fall ein wichtiger Repertoire-Gewinn.
    :S

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  • Ich muss einräumen, dass ich gerade op.20 mit dem Festetics höchstens einmal gehört habe und von den Mosaiques nur op. 76 habe. Ich kann also nicht beim selben Werk vergleichen. Bei op. 9, 17 und auch 64 fand ich den Klang der Festetics jedenfalls nie irgendwie offensiv und die klanglichen Unterschiede zu den Mosaiques gemessen an denen zu einem "drahtigen" HIP-Ensemble wie dem Apponyi/Freiburger BO oder einem Quartett auf modernen Instrumenten eher geringfügig.
    Des Pellegrini Quartetts op.20 war mir bis vor kurzem zu teuer, zumal ich auch mit den Hagens ganz zufrieden war und nicht noch mehr Haydn-Quartette kaufen wollte.
    Ich habe aber recht positive Kommentare dazu gelesen; sie spielen auf modernen Instrumenten, aber nicht unbeeinflusst von der HIP-Bewegung. Die Hörbeispiele sind allerdings sehr kurz.

    Ohne eine HIP-Diskussion starten zu wollen, sind für den Einsteiger vielleicht Aufnahmen auf modernen Instrumenten wie ABQ, Auryn, Jerusalem usw. doch besser geeignet...
    Auch wenn ich verstehen kann, dass man aus finanziellen Gründen zu Kodaly oder Buchberger greifen möchte, würde ich von denen eher abraten. (Mich hat vor Jahren eine CD der Kodalys zwar nicht abgestoßen, aber auch nicht recht für die Stücke (op.20) begeistert.) Spitzenaufnahmen sind andere.

    Kater Murr

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Was man den Buchbergern sicher nicht vorwerfen kann, ist, dass sie zu lahm spielten. Die Töne treffen sie dafür nicht immer 100%ig. Sie klingen kratzig, man kann wohl sagen "harsch". Trotz sparsamem Vibrato werden die mittleren Stimmen von 2. Violine und Viola allerdings doch ziemlich untergebuttert.
    Um neben der Nr. 3 den Rest von Op. 33 oder auch op. 77 & 103 kennenzulernen, waren die Buchberger-Aufnahmen schon gut. Aber bei op. 20 konnte ich gar nichts mit ihnen anfangen.
    Op. 33 habe ich auch mit den Festetics. Aber da ist der Funke noch nicht so recht übergesprungen.

    :wink:

    Nur weil etwas viel Arbeit war und Schweiß gekostet hat, ist es nicht besser oder wichtiger als etwas, das Spaß gemacht hat. (Helge Schneider)

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