Debussy: Die Klaviermusik

  • Mit Zimmerman habe ich am 03.10. ein enttäuschendes Konzert in der Philharmonie erlebt - ursprünglich standen die Etudes auf dem Spielplan bzw. Auszüge, nachdem ich Karten geordert hatte, änderte sich das Programm zu Les Estampes und Auszüge aus den 24 Preludes. Dreimal darf geraten werden, was der Vollblut-Romantiker Zimmerman gewählt hat - eins aus dem 2. Heft, der Rest (ca. 6 Preludes) aus dem 1. - darunter natürlich die Cathedral, La Fille, Minstrels etc. Debussys Läufe gerieten schnell zu Liszt - Zimmerman verstand es zwar ungemein nuanciert zu spielen und tatsächlich innerhalb eines Akkords verschiedene Stärkegrade deutlich zu realisieren, aber der romantische Zugang ist für meinen Begriff einfach nur unidiomatisch.
    Mit den Etudes wäre Zimmerman auf mehreren Ebenen auch überfordert gewesen.
    Nach der Pause gab es zwei Präludien von Szymanowski, noch deutlich romantisch da op.1, und anschließend - wie sollte es anders sein - die 3. Sonate von Chopin. Das Konzert nannte sich anlässlich des 150. Geburtstags Hommage a Debussy - armer Debussy.
    Querverbindungen schienen mir nicht evident.

    Das Publikum war wie zu Beethovens Zeiten - zwischen den Preludes und den einzelnen Teilen von Les Estampes husteten sich die Schweine ihren Protest aus dem Hals, zwischen den Sätzen Chopins herrschte absolute Ruhe.
    Als Zimmerman die Sonate mit einer Geste der Wucht beendete brach tosender Applaus aus - bravo Äffchen für die Bewältigung anspruchsvoller Ornamentik!!

    Hier ist der echt angebracht: :boese: :thumbdown:
    Wulf

    P.S. Das Programm-Heft eine Peinlichkeit ohnegleichen. Nichts zu den Werken, stattdessen eine einzige Lobhudelei auf den Pianisten. Gottseidank gibt es einen Aimard und einen Planes und und und.

    "Gar nichts erlebt. Auch schön." (Mozart, Tagebuch 13. Juli 1770)

  • Krystian Zimerman / Debussy - Berlin, 3.10.

    Mit Zimmerman habe ich am 03.10. ein enttäuschendes Konzert in der Philharmonie erlebt - ursprünglich standen die Etudes auf dem Spielplan bzw. Auszüge, nachdem ich Karten geordert hatte, änderte sich das Programm zu Les Estampes und Auszüge aus den 24 Preludes. Dreimal darf geraten werden, was der Vollblut-Romantiker Zimmerman gewählt hat - eins aus dem 2. Heft, der Rest (ca. 6 Preludes) aus dem 1. - darunter natürlich die Cathedral, La Fille, Minstrels etc. Debussys Läufe gerieten schnell zu Liszt - Zimmerman verstand es zwar ungemein nuanciert zu spielen und tatsächlich innerhalb eines Akkords verschiedene Stärkegrade deutlich zu realisieren, aber der romantische Zugang ist für meinen Begriff einfach nur unidiomatisch.
    Mit den Etudes wäre Zimmerman auf mehreren Ebenen auch überfordert gewesen.
    Nach der Pause gab es zwei Präludien von Szymanowski, noch deutlich romantisch da op.1, und anschließend - wie sollte es anders sein - die 3. Sonate von Chopin. Das Konzert nannte sich anlässlich des 150. Geburtstags Hommage a Debussy - armer Debussy.
    Querverbindungen schienen mir nicht evident.

    Das Publikum war wie zu Beethovens Zeiten - zwischen den Preludes und den einzelnen Teilen von Les Estampes husteten sich die Schweine ihren Protest aus dem Hals, zwischen den Sätzen Chopins herrschte absolute Ruhe.
    Als Zimmerman die Sonate mit einer Geste der Wucht beendete brach tosender Applaus aus - bravo Äffchen für die Bewältigung anspruchsvoller Ornamentik!!

    Über die Programmänderung hatte ich mich an anderer Stelle auch geärgert. Und ein paar weniger populäre Préludes, vor allem aus dem zweiten Band, hätte ich ebenfalls gern gehört (es gab nach meiner Erinnerung kein Stück aus dem zweiten Band, sondern nur sechs aus dem ersten, in der Reihenfolge: Voiles, Minstrels, Des pas sur la neige, La fille aux cheveux de lin, La cathédrale engloutie und Ce qu'a vu le vent d'ouest.

    Aber es war trotzdem ein tolles Konzert. Gerade die ausgewählten Préludes habe ich als Höhepunkt des Abends empfunden: mit diesem technisch makellosen, rhythmisch konturierten, klaren, fast harten, kristallinen, aber dabei doch so farbenreichen Klavierspiel. Wulf, was ist denn daran ein "romantischer Zugang"? Und welche heilige Kuh der "Idiomatik" wäre bei Debussy zu besteigen? Und welche "Läufe" hörten sich nach Liszt an? "Läufe" gibt es doch allenfalls in einem der gespielten Préludes, nämlich in Ce qu'a vu le vent d'ouest. Und wenn hier manchmal Liszt durchschimmert, könnte das auch am Stück liegen, da Debussys Klaviermusik nicht immer so schaumgeboren voraussetzungslos ist, wie seine Anbeter das gerne hätten.

    Und auf welchen "mehreren Ebenen" sollte Zimerman mit Debussys Études überfordert sein? Auf der technischen Ebene? Der stilistischen? Der intellektuellen?

    Für das Publikum und das Programmheft ist Zimerman wohl kaum verantwortlich. Übrigens, auch wenn's nicht in diesen Thread gehört: Beim Finale der Chopin-Sonate war nicht primär der - gleichwohl brillante - Schluss erwähnenswert, sondern der nicht sofort auftrumpfende, gleichsam aus dem Largo heraus entwickelte Anfang.


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Kocsis' Aufnahmen holt man sich wohl am günstigsten per Box, inkl. Ravel-Konzerte, aber Debussy ist natürlich nicht komplett (keine Etudes, zB) Ich habe sie, sie gehören zu den neueren Standardempfehlungen, aber ich selbst bin mit der Musik zu wenig vertraut, um sie einordnen zu können.

    Das neueste Komplettset dürfte Bavouzets vor ein paar Tagen erschienene Box sein (vorher in einzelnen Folgen erschienen):

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Ja, da facht der Staunmann - und der Wunde laiert sich.

    :D

    "You speak treason" - "Fluently"
    "You've come to Nottingham once too often!" - "When this is over my friend, there'll be no need for me to come again!"

  • Das neueste Komplettset dürfte Bavouzets vor ein paar Tagen erschienene Box sein (vorher in einzelnen Folgen erschienen):


    Die Préludes daraus gibt es anscheinend komplett hier:

    Premier Livre: "

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    "
    Deuxième Livre: "
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    "

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Noch nicht erwähnt wurde hier die Gesamteinspielung von Debussys Klavierwerken mit der Pianistin
    Nina Tichman,
    Professorin in Köln, "Busoni 1971", Jurorin beim Busoni-Wettbewerb 2024/15 => "http://www.concorsobusoni.it/de-94-1991.aspx",
    der ab 20. August mit großem und interessanten Kandidaten-Aufgebot in die Vorrunde startet => "http://www.concorsobusoni.it/de-94-1992.aspx"

       
     

    Liebe Grüße,
    Berenice

    Colors are like music using a short cut to our senses to awake our emotions.

  • Hut ab vor ABM!

    Ich muss zugeben, ich war, was Debussys Klaviermusik angeht, irgendwie ein Spätstarter. Ein wenig dürfte das auch an den Naxos-Aufnahmen gelegen haben, die ich vor vielen Jahren kaufte und damals wie heute als ziemlich verwaschen wahrnehme. In den letzten Wochen hatte ich mich aber wieder mal intensiv mit Debussys Images und Préludes beschäftigt und mir von unseren Forenpartner einiges an Material zukommen lassen. Leider bin ich - so wie sehr viele vor mir - zu dem Schluss gekommen, dass Arturo Benedetti Michelangeli wohl vollkommen unschlagbar auf diesem Gebiet ist. Unter all den Aufnahmen, die ich nun besitze (eben ABM, Bavouzet, Kocsis, Korstick) sticht ABM eminent hervor. Dieses gleichmäßige Perlen z.B. ist wirklich unglaublich. Ja, die Interpretationen sind auf der kühlen Seite, aber für mich ist das geradezu ideal.

    Das sind echte Jahrhundertplatten!

     

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Benjamin Moser - La plus que lente; Estampes; Children's Corner

    Neben den oben besprochenen und gelobten (insb. Kocsis, ABM und Bavouzet) gefällt mir die kleine Auswahl von Moser recht gut.


    Aufnahme 01.2011 BR - bester Klavierklang


    Preis aktuell sehr attraktiv (JPC Oehms)!

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