Sibelius: Die sieben Sinfonien – Diskografische Empfehlungen

  • Entweder von mir hier übersehen oder tatsächlich fehlend sind die Aufnahmen von Neeme Järvi für BIS bzw. DGG. Järvi ist einer DER Sibelius-Dirigenten. Daneben kann ich ganz persönlich noch die Aufnahmen mit Oramo und dem CBSO empfehlen. Und dann fehlt noch Jansons, der in Oslo sehr schöne Aufnahmen gemacht hat, aber auch mit dem BRSO und dem RCO.

  • Sibelius’ Symphonien 1 & 3 werden gern gekoppelt. Die eine erfreut sich aufgrund ihres spätromantischen Gestus ausgesprochener Beliebtheit, die andere führt als Schwellenwerk seit ihrer Uraufführung ein – wie ich meine – unberechtigtes Schattendasein.
    Auch in der Aufnahme des Iceland Symphony Orchestra unter der Leitung von Petri Sakari haben findet sich diese Kopplung. Nun ist es so, dass ja schon seit geraumer Zeit versucht wird, sich – speziell was die erste, aber auch die zweite Symphonie angeht – vom Bild eines vermeintlich „schwerblütigen“ Sibelius zu trennen wie es Barbirolli, Bernstein, aber auch Karajan zeichneten. Sir Alexander Gibson hat recht überzeugend eine klangliche Entschlackung vorgenommen und Maurice Abravanel gibt gar einen kammermusikalisch lichten Sibelius. Petri Sakaris Einspielung bei Naxos entscheidet sich nun – die Erste betreffend – weder für das eine noch für das andere. Seine Orchesterbehandlung ist eher süffig, emotional aus dem Vollen schöpfen wollend, also durchaus aus der Tradition der großen Alten herkommend. Statt seine Herkunft nun aber vollends auszukosten und sich bewusst an Klangmagie zu versuchen, entscheidet Sakari sich für einen Entschlackungsansatz, den er glaubt durch ein eher hohes Grundtempo und die Vermeidung von Detailarbeit umsetzen zu können. Statt also Motive, Phrasen, Themen zu bearbeiten, herauszumeißeln und zu gestalten ist Sakaris Devise: Augen zu und durchdirigiert. Bloß nicht in der Verdacht kommen, keinen „innovativen“, nie gehörten neuen Ansatz bieten zu können oder gar für „schwerblütig“ gehalten zu werden. Als ob das ein Drama wäre. Sibelius Musik bleibt dabei völlig auf der Strecke. Der erste Satz ist immer wieder ungewohnt hektisch und wirkt interpretatorisch insgesamt unausgegoren, der mythisch-elegische, die Welt der Sage beschwörende zweite Satz ist prosaisch, das Finale belanglos, das Gesamtunternehmen somit überflüssig. Das lobe ich mir einen vielleicht zu dicken, aber dafür an der Seele reißenden Sibelius in der Kombination Wiener Philharmoniker und Bernstein.
    Und die Dritte? Die dürfte im Kopfsatz, der an sich recht ordentlich gemeistert wird, um einiges leichter klingen. Sakari kommt was den Streicherklang angeht noch sehr von den ersten beiden Symphonien her. Insgesamt ist mir das zu gewichtig, zumal das Holz, speziell die Flöten, etwas zu entfernt sind. Dieser Klang täuscht darüber hinweg, dass Sibelius von dieser Symphonie an neue Wege exploriert. Der zweite Satz wird insgesamt spannungslos musiziert. Sakari wählt wie die meisten seiner Kollegen ein recht ruhiges Tempo, was dem Satz (nicht nur hier) vollkommen seinen tänzerischen Charakter nimmt. Meist wird das Andantino überbetont und das „quasi allegretto“ unterschlagen. Eigentlich kenne ich nur eine Aufnahme, die diesem Satz gerecht wird: Maazel aus Pittsburgh. Leicht, tänzerisch und doch von zarter Wehmut. Aber auch Sanderlings Einspielung geht in diese Richtung. Und doch: Man kann das natürlich auch langsam machen, wenn denn die Innenspannung des Satzes erhalten bleibt. Segerstam und Okku Kamu haben vorgemacht, dass das geht. Sakrai reiht sich da leider nicht ein – auch nicht im Finale nicht mehr. Insgesamt also eher eine Produktion, auf die man hätte verzichten können.

    :wink: Agravain

  • Sibelius’ zweite Symphonie ist neben der ersten wohl seine populärste, wenngleich sie insgesamt nicht mehr durchweg den legendenhaften Ton hat wie ihre Vorgängerin. Den Eindruck, den Petri Sakaris Einspielung mit dem Iceland Symphony Orchestra hinterlässt, ist ein insgesamt ordentlicher – wobei gleichzeitig auch gesagt werden muss, dass sie nichts entscheidend Neues bietet, sondern interpretatorisch traditionelle Pfade beschreitet. Im Gegensatz zur Einspielung der ersten und dritten Symphonie verlässt sich Sakari hier auf die Tradition und macht keine Experimente. Heraus kommt eine solide Einspielung, die sich mit vielen anderen durchaus messen kann. Sie kommt sicher nicht an Karajans spektakuläre EMI-Aufnahme heran, aber die ist auch – vergleicht man sie mit einigen der in Legion existierenden Einspielungen – auch nicht besonders ehrenrührig, schafft das doch für meine Dafürhalten keine.
    Allein der erste Einsatz, dann aber auch das Finale und die dazwischen liegenden Sätze – das ist vielleicht eine der besten Aufnahme Karajans überhaupt. Doch zurück zu Sakari. Während die Darstellung des ersten Satzes guter Durchschnitt ist (bisweilen gelingt es ihm nicht, das Orchester genug federn zu lassen), so entwickelt er die dem langsamen Satz (Andante ma rubato) innewohnende Unruhe, Düsternis und Expressivität gut. Gleiches gilt die Kontrastierung des Wild-Nervösen mit dem Lyrischen im dritten Satz (Vivacissimo) betreffend. Schön wird auch zum hymnischen Thema des vierten Satzes (Allegro moderato) hingearbeitet, wenngleich dieses dann – wie fast immer - eher etwas zu schnell genommen wird. Ich empfinde es unorganisch, wenn die letzten Töne des dritten Satzes im Tempo zurückgenommen werden und sich das Thema des vierten Satzes deutlich zügiger anschließt. Hier wird mir zu oft übersehen, dass wir es hier eben nicht mit einem reinen Allegro zu tun haben, sondern mit einem Allegro moderato, wobei letzteres eben oft unterschlagen wird – vielleicht um einem möglichen Kitsch-Vorwurf zu entgehen. Allerdings führt dies in meinen Ohren dazu, dass das hymnische Thema dann einigermaßen belanglos wirkt. Und eben dieser Falle entgeht auch Sakari leider nicht. Doch das kann man auch als Jammern auf hohem Niveau bezeichnen denn schließlich entwickelt Sakari im Anschluss ein insgesamt durchaus packendes Finale und interpretatorisch schlüssiges Finale, das am Ende durchaus zeigt, dass Sakari und das isländische Orchester aufdrehen und mit großer Geste spielen können.

    :wink: Agravain

  • Ich glaube, hier passt die folgende Meldung am besten hin, auch wenn es sich um keine diskographische Empfehlung handelt.

    Gestern bin ich (über ein englisches Forum) auf folgenden Artikel aufmerksam geworden:
    "http://www.hs.fi/english/articl…y/1135269867060"

    Man hat also in Sibelius' Nachlass Notenblätter gefunden, bei denen es sich mit einiger Sicherheit um Skizzen zu seiner mythenumrankten Sinfonie Nr. 8 handelt, manches davon sogar schon in orchestrierter Form. Drei kurze Fragmente (insgesamt etwa zweieinhalb Minuten Musik) hat das Philharmonische Orchester Helsinki mit John Storgårds am Pult sogar mal ausprobiert. Kann man sich auf Video ansehen:
    "http://www.hs.fi/kulttuuri/Soik…/a1305548269034"
    (Die Musik startet nach etwa zwei Minuten. Ich hatte zunächst übrigens Probleme, die Seite aufzurufen, mittlerweile hat's aber geklappt.)

    Ich finde das ziemlich faszinierend! Gerade das erste Fragment klingt sehr aufregend. Offenbar handelt es sich dabei um den Anfang der Sinfonie. Es klingt zwar schon deutlich nach Sibelius, aber offensichtlich wollte er in dieser Sinfonie doch noch einmal in eine neue Richtung gehen. Der Dissonanzgrad ist jedenfalls erstaunlich, sehr herb, irgendwie "archaisch" (wie Sakari Oramo meint – ich höre das auch so). Grundtonart ist offensichtlich g-moll (so etwas in diese Richtung habe ich auch schon anderswo gelesen, und die Hörbeispiele scheinen es zu bestätigen).

    Die Geschichte von Sibelius' Achter ist ja etwas unübersichtlich, angeblich hat er die komplette Sinfonie vernichtet, andererseits hat er wohl noch in den 1950er Jahren davon gesprochen, an ihr zu arbeiten.

    Was auch immer wahr ist, hoffe ich persönlich, dass zumindest so viel Material auftaucht, dass vielleicht eine Rekonstruktion möglich ist. Ich musste mir die Fragmente selbst mehr als einmal anhören, weil sie beim ersten Hören doch erst mal verblüffend klingen (so ging's mir jedenfalls), aber mittlerweile hat mich die Musik doch ziemlich gepackt. Ich glaube jedenfalls, dass das ein hoch interessantes Werk sein könnte.

  • Beim Finnisch-Unterricht in der Schule habe ich leider gefehlt und deshalb weiss ich nicht, wass da in dem Video-Trailer erzählt wird und was auf der Seite steht. Die Ausschnitte klingen jedenfalls interessant und irgendwie auch etwas nach Sibelius. Allerdings traue ich dem "Braten" nicht so ganz und das etwas verschmitzte Lächeln des Dirigenten zum Schluss des Clips läßt in mir irgendwie die Befürchtung entstehen, dass es sich dabei um so etwas wie einen "Aprilscherz" handeln könnte...Wäre fast zu schön, um wahr zu sein.

    Jedenfalls wäre das schon eine Sensation, wenn wirklich Skizzen von Sibelius' 8. Sinfonie auftauchen würden und man daraus eine Aufführungs-Version erstellen könnte.

    "Musik ist für mich ein schönes Mosaik, das Gott zusammengestellt hat. Er nimmt alle Stücke in die Hand, wirft sie auf die Welt, und wir müssen das Bild zusammensetzen." (Jean Sibelius)

  • Ich habe mir natürlich auch überlegt, dass das Ganze eventuell eine Ente sein könnte. Ganz ausschließen kann man das nach derzeitigem Stand sicherlich nicht. Immerhin scheinen mir aber doch einige Indizien darauf hinzudeuten, dass das alles mit rechten Dingen zugeht, oder mindestens zugehen kann. Gerade im Falle von Sibelius ist in den letzten Jahrzehnten so Einiges ans Tageslicht befördert worden, vor allem natürlich Jugendwerke, aber mir scheint die Möglichkeit, dass nun auch Material von der Achten aufgetaucht ist, plausibel zu sein. Die Zeit wird es zeigen...

    Was auf der zweiten Seite steht, weiß ich nicht, aber der erste Artikel, den ich verlinkt habe, liefert ja schon einige Informationen über die Hintergründe.

    Ich finde übrigens schon, dass die Musikbeispiele ziemlich nach Sibelius klingen, nur etwas moderner eben.

  • Nun, da werfe ich gleich meinen Lieblings-Sibelius hinterher:

    Bin eigentlich weder Lorin-Maazel- noch Jean-Sibelius-Freund - doch diese Symphonien-Edition aus den 1960ern hat mir seinerzeit den Finnen nahegebracht: transparent, klar und etwas kühl dargeboten, was m. E. den Werken ausgezeichnet bekommt, z. B. der düster-zerklüfteten Vierten. Kaufempfehlung von mir!

    der ich mich gleich anschließe! Auch wenn die Hölzer manchmal etwas kühl klingen...

    Gruss
    herr Maria

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Klar, die Ausschnitte klingen nach Sibelius: Das ganze basiert unverkennbar auf den Sinfonien Nr. 4 und 7, Tapiola und Der Sturm. Fast typisch für Sibelius ist die Holzbläserbehandlung aber wie gesagt ich bin da skeptisch und auf einer Internetseite kann man viel schreiben...
    Ich glaube das erst, wenn z. B. bei BIS, Ondine, Finlandia, Chandos, Naxos oder sonstwo eine Aufnahme erscheint, wo definitiv drauf steht "World Premiere Recording" mit der vervollständigten Fassung der 8. Sinfonie von Jean Sibelius.

    Schaun`mer mal...

    "Musik ist für mich ein schönes Mosaik, das Gott zusammengestellt hat. Er nimmt alle Stücke in die Hand, wirft sie auf die Welt, und wir müssen das Bild zusammensetzen." (Jean Sibelius)

  • Klar, die Ausschnitte klingen nach Sibelius: Das ganze basiert unverkennbar auf den Sinfonien Nr. 4 und 7, Tapiola und Der Sturm. Fast typisch für Sibelius ist die Holzbläserbehandlung aber wie gesagt ich bin da skeptisch und auf einer Internetseite kann man viel schreiben...
    Ich glaube das erst, wenn z. B. bei BIS, Ondine, Finlandia, Chandos, Naxos oder sonstwo eine Aufnahme erscheint, wo definitiv drauf steht "World Premiere Recording" mit der vervollständigten Fassung der 8. Sinfonie von Jean Sibelius.

    Schaun`mer mal...


    Ob es zu so etwas kommt, wird man natürlich sehen müssen. Wenn ich das alles richtig verstehe (und die Geschichte stimmt...), sind bis jetzt noch nicht so viele Skizzen aufgetaucht, dass eine vollständige Rekonstruktion möglich ist.

    In der BBC ist über die Angelegenheit übrigens auch schon gesprochen worden:
    "

    Externer Inhalt soundcloud.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne deine Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklärst du dich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.
    "
    Wobei der Informationsgehalt nicht wesentlich über die Zeitungsartikel (um solche handelt es sich ja – Helsingin Sanomat ist die größte finnische Tageszeitung) hinausgeht.

    Wie auch immer, wir werden sehen. Interessant genug, um sich damit mal ein wenig näher zu beschäftigen, erscheint mir die Sache jedenfalls aller berechtigten Bedenken zum Trotz sehr wohl.

  • Erstmals habe ich gehört, wie das Thema auf zwei Hornpaare aufgeteilt ist. Diese Teilung des Themas in zwei Instrumentenpaare ist auf keiner mir bekannten Aufnahme zu hören. Von der CD aus schien das Thema durchgehend von allen Hörnern geblasen zu werden.

    Das wär mir auch nicht aufgefallen! Höchstens daß die Sprünge immer so sauber kommen, könnte einen darauf schließen lassen..
    Wieder was gelernt!

    was die Schlußakkorde angeht, denke ich mal, daß sie mit Absicht so komponiert sind, daß man sich wundert... Also finde ich es nicht verkehrt, wenn Dirigenten den Mitzählern einen Streich spielen und am Tempo rumdrehen :D
    Es soll doch irgendwie unnachvollziehbar klingen?? Jedenfalls verstehe ich die Stelle so.

    Gruss
    Herr Maria

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Leider sind die CDs noch nicht 'verboxt', aber ich möchte dennoch mal einen jungen Dirigenten ins Rennen werfen: Pietari Inkinen.

    Die CDs kenne ich (noch) nicht, stehen aber definitiv noch auf meiner Einkaufsliste. Ich durfte ihn mal in Berlin mit der Siebten (mit der Staatskapelle) erleben: ein tolles Erlebnis.

    Extrem beeindruckt war ich vom Sibelius Violinkonzert (Hilary Hahn, Violine): ich fand, die Impulse in diesem Konzert gingen eher von Inkinen aus, er hat seinen Neuseeländern einen sehr erdigen Sibelius-Klang entlockt. Ich war tatsächlich von Orchester und Dirigenten noch mehr beeindruckt als von Hilary Hahn, obwohl die auf gewohnt hohem Niveau musizierte (und das feschere Kleid trug...;) ).
    Von Konserve kenne ich seine 'Historischen Szenen' von Sibelius und einiges von Rautavaara. Ich werde diesen Dirigenten im Auge (und Ohr) behalten, da kann noch ganz viel kommen.

    Mich würde interessieren, ob Ihr schon mal diese CDs gehört habt.

    Lucius Travinius Potellus
    Those who would give up essential Liberty, to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety. (B.Franklin)

  • Inzwischen habe ich zumindest die erste CD dieser Reihe mal intensiv gehört:

    Verglichen habe ich vor allem die 1.Symphonie mit meiner derzeitigen Lieblingseinspielung:


    Inkinen wählt meiner Ansicht nach sehr geeignete Tempi, sehr ähnlich denen von Järvi.

    Klangtechnisch ist m.E. NAXOS ein Volltreffer gelungen, der Klang ist sehr präsent, gut durchhörbar und in allen Klangfarben ausgewogen. Insbesondere empfinde ich die Einspielung nicht als so blechlastig wie den Järvi streckenweise.
    Das sehr rhythmisch komplexe Scherzo der Ersten finde ich bei Inkinen klarer, verständlicher.

    Wieder einmal beweist meiner Meinung nach der junge Dirigent, dass er derzeit eine erste Adresse für finnische Musik ist.

    Ich hoffe, dass ich diese Woche auch zu den restlichen Symphonien komme.

    Lucius Travinius Potellus
    Those who would give up essential Liberty, to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety. (B.Franklin)

  • Ich habe mir soeben die -Sinfonie Nr. 1- anschließend -Finlandia- meines einzigen Zyklus von Sibelius angehört. Die nicht mehr erhältliche Gesamteinspielung von Colin Davis mit dem Boston Symphony Orchestra aus Mitte der siebziger Jahre auf Philips hat mir immer gut gefallen. Sie ist nicht energisch und feurig sondern eher eine mäßige, nüchterne Aufnahme. Damit kam ich immer gut zurecht und sah keine Veranlassung mir weitere Einspielungen zuzulegen. Aber vielleicht sollte ich ein Vergleichshören machen. Wie ist denn im Vergleich zur ersten die zweite Einspielung von Colin Davis mit den Londoner Symphony Orchestra?


    Jean Sibelius


    Die 7 Sinfonien - Finlandia - Der Schwan von Tuonela - Tapiola
    Sir Colin Davis & Boston Symphony Orchestra (Philips)


    LG Schwager

  • RE. C.Davis (Philips) und Maazel (SONY)

    Hallo Schwager,

    :?: warum nochmal Colin Davis mit dem LSO aufwärmen, wenn es so viele andere und eindeutig aufwühlendere Aufnahmen gibt ???
    Ich habe die Sinfonie Nr.2 mit C.Davis / Boston SO (Philips) auch - eine schöne ausgewogene Aufnahmen in der Davis die Spannungsbögen sehr schön zieht. Mit der Aufnahme war ich Jahre zufrieden (bis ich meine Favoriten hörte).
    :!: Aber auf der CD sind auch noch ein paar populäre Beigaben - Finlandia, Valse triste und Der Schwan von Tuonella. :thumbdown: So was nichtssagendes, langweiliges und lasches habe ich nie wieder von anderen Dirigenten gehört. Du nennst es "nüchtern" .... vergleiche mal die Aufnahme mit Ashkenazy von Finlandia (Decca) damit - da bist Du vom ersten Takt an gefangen für diese Musik ( :D und pennst nicht ein )!


    Hallo Agravain,

    mit Sibelius-GA und Einzelaufnahmen bin ich eigendloch sehr gut bestückt. Du weist das ich Deine Empfehlungen immer besonders schätze ! Deshalb und auch wegen der von Dir angesagten guten Klangqualität bei der GA mit Maazel / Pittsburgh SO (SONY, 1990-92, DDD) habe ich mir diese GA diese Woche bestellt.
    Ich habe gestern intensiv in einiges reingehört. :S Gleich vorab - ich bin bisher ziemlich enttäuscht !!!
    Maazel ist insgesamt ziemlich spannungsarm, verpasst etliche Momente den Spannungfaden aufzugreifen. Und dann die langsamen Tempi bei ihm (Bernstein (DG) hat gezeigt das es auch in getrageneren Tempi absolut hoch spannend interpretiert werden kann) ; das ist bei Maazel nicht nur langsam sondern " lahm ". Die Sinfonie Nr.1 ohne die fabelhaften Paukenstellen (die im Orchesterbrei verschwimmen) empfinde ich als total verschenkte Interpretation !
    Der erste Satz der Sinfonie Nr.2 fällt auseinander - schon der Anfang beginnt "leierkastenmässig" - viel zu langsam; das Finale, bei dem ich sonst mit größster Spannung im Hörsessel sitze, liess mich bei Maazell völlig kalt - nee, so ein Rentnerkonzert.
    Zur Klangtechnik: :evil: Die Aufnahmen klingen wenig brillant; mit einem recht engen Stereopanorama; sind schwach ausgesteuert, sodass mann 6-7dB höher aufdrehen muss um das auszugleichen. Ich finde eindeutig keine Klangqualität vor, die einer wirklich guten und angemessenen Digitalaufnahme von 1990-1992 gerecht wird; leider nur mittelmäßig im "Naxos-Niveau" ...
    Maazels alte Decca-Aufnahme mit den WPO kenne ich teilweise aus meiner LP-Zeit. Die rauschten zwar, aber der Klang war weit brillanter und Maazel hatte dort noch weit mehr "Klasse" gezeigt !

    Ich habe jetzt noch lange nicht alles aus der GA-Box gehört. Mir kam es auch darauf an neben Heifetz (RCA) und Oistrach/Ormandy (RCA) mal eine weitere gute Aufnahme des VC zu bekommen. Hier bei Maazel mit Julian Rachlin.
    Aber wenn ich alleine an die packende Orchesterbegleitung bei Ormandy denke ... dann kommen mir starke Zweifel, ob Maazel da mithalten kann ?
    ;( Was ich bisher aus der Pittsburgh-Box gehört habe hat mich in keinster Weise überzeugen können.

    ;+) Ich werde berichten !


    PS.: Ich habe dann gestern noch meine hervorragende Karajan-Aufnahme der Sinfonie Nr.2 mit dem Philharmonia Orchestra London (EMI, 1960) gehört um meine Sibelius-Welt wieder in Ordnung zu bringen. :thumbup: Man ist das ne Aufnahme dagegen !!!
    Ich möchte dazu auch auf diesen Sibelius-Thread verweisen.

    ______________

    Gruß aus Bonn

    Wolfgang

  • Hallo teleton,

    müde war ich gestern abend schon, eingepennt bin ich beim Hören aber nicht ;+) . Vielen Dank für Deine Empfehlungen. Einen zweiten Davis anzuschaffen hatte ich nicht vor. Ich las eine Einzelmeinung in einem anderen Forum, in dem es hieß, Davis und LSO wäre die schwächere Variante. Also noch fußlahmer als meine GA? Ins Auge gefaßt habe ich in der Tat Ashkenazy, von dem viel positives berichtet wird. Ich werde in den nächsten Tagen ausführlich probehören, zumal die Einspielung momentan bei jpc im Angebot ist...

    LG Schwager


  • Hallo Agravain,

    mit Sibelius-GA und Einzelaufnahmen bin ich eigendloch sehr gut bestückt. Du weist das ich Deine Empfehlungen immer besonders schätze ! Deshalb und auch wegen der von Dir angesagten guten Klangqualität bei der GA mit Maazel / Pittsburgh SO (SONY, 1990-92, DDD) habe ich mir diese GA diese Woche bestellt.
    Ich habe gestern intensiv in einiges reingehört. :S Gleich vorab - ich bin bisher ziemlich enttäuscht !!!

    Lieber teleton,

    das betrübt mich natürlich.
    Auf der anderen Seite wundert es mich nicht, denn wir beide haben doch schon mehrfach bemerkt, dass unsere Vorstellungen von dem, wie sich Symphonik anhören soll, beileibe nicht immer deckungsgleich sind (ich sage nur: Bruckner ;+) ). So ist es wohl auch mit dem, was wir unter Spannung verstehen.
    Zur Einspielung der zweiten Symphonie, die ich an anderer Stelle einmal angesprochen habe, habe ich im Grunde dort auch schon das gesagt, was Du jetzt noch einmal bestätigst. Die Zweite ist der zentrale Schwachpunkt der Gesamtaufnahme. Da bin ich mit Dir vollkommen einer Meinung. Aber dann die 3, die 4, die 7...
    Da liegen - aus meiner Perspektive - die Stärken der GA. Im Übrigen habe ich an anderer Stelle auch darauf hingewiesen, dass mir die Zweite (wie Dir ja auch) ebenfalls besonders mit HvK gefällt - allerdings in der späteren EMI-Produktion mit dem BPO.

    Zur Klangtechnik: :evil: Die Aufnahmen klingen wenig brillant; mit einem recht engen Stereopanorama; sind schwach ausgesteuert, sodass mann 6-7dB höher aufdrehen muss um das auszugleichen. Ich finde eindeutig keine Klangqualität vor, die einer wirklich guten und angemessenen Digitalaufnahme von 1990-1992 gerecht wird;

    Das finde ich wirklich überraschend und ich kann diese Einschätzung auch überhaupt nicht nachvollziehen. Allerdings habe ich den Zyklus ja auch in den alten hochpreisigen Einzelaufnahmen. Hast Du die Neuausgabe gekauft? Kann es sein, dass man da klanglich eingegriffen und "verschlimmbessert" hat? Anders kann ich mir Deine Ausführungen im Grunde nicht erklären. Gerade heute morgen habe ich die Dritte gehört und habe mich - wie immer - über den glänzenden, vollen, satten und dennoch durchsichtigen Klang gefreut. Seltsam, das.


    Ich habe jetzt noch lange nicht alles aus der GA-Box gehört. Mir kam es auch darauf an neben Heifetz (RCA) und Oistrach/Ormandy (RCA) mal eine weitere gute Aufnahme des VC zu bekommen. Hier bei Maazel mit Julian Rachlin.
    Aber wenn ich alleine an die packende Orchesterbegleitung bei Ormandy denke ... dann kommen mir starke Zweifel, ob Maazel da mithalten kann?

    Mir auch, zumal ich kein großer Rachlin-Enthusiast bin. Ich habe das Konzert vor ein paar Jahren live mit Maazel, dem New York Philharmonic und Gil Shaham gehört. Das war sehr ordentlich. Die Aufnahme mit Rachlin kenne ich nicht, sie ist in den Einzelausgaben der Symphonien nicht enthalten. Und davon abgesehen ist Oistrach nicht wirklich erreichbar.

    :wink: Agravain

  • RE: Maazel (SONY)

    Lieber Agravain,

    in Kritiken stelle ich oft fest, das die Klangbeurteilungen schlechter ausfällt, als sie tatsächlich ist, wenn dem Kritiker die Interpretation nicht zusagt. So war es auch bei meinem Ersteindruck mit den Sinfonien Nr.1 und 2 bei mir, weil einfach nichts "rüberkam".

    8+) Ich bin ja froh, das Du es bei der Sinfonie Nr.2 auch so siehst wie ich und die die Stärken der Maazel-GA bei den Sinfonien 3,4,7 ... liegen sollen.

    Zunächst zum Klang:
    Ich habe jetzt weiter die Sinfonien Nr.3,4,5,6, VC gehört. Der Klang der Streichergruppen ist gut abgegrenzt und die Streicher haben einen angenehmen Schmelz, bei dem der Bogenstrich sehr deutlich hörbar ist (besonders in der Sinfonie Nr.4 wird das sehr deutlich). Die Blechbläser sind allerdings nicht so brillant; genau wie das Schlagwerk, dass etwas matt in den Gesamtklang integriert ist (wird von Maazel aber offenbar genau so gewollt sein). Über Kopfhörer gehört stört das über die Boxen etwas engere Steropanorama auch nicht. :wink:Ansonsten kann ich jetzt schon nachvollziehen, warum Du eine so hohe Klangbeurteilung gegeben hast; wenn ich auch selber gewisse Einschränkungen sehe.

    Zu Maazels Sichten:
    Bei Maazel fällt auf, dass er die Allegrosätze (also meistens der 1. und 4.Satz) recht breit nimmt -- das liegt mir schonmal nicht. Es klingt alles zu schön ohne das die Ecken und Kanten wuchtig herausgestellt werden.

    Du stellt die Sinfonie Nr.3 heraus. Eine wirklich angemessene Interpretetion. Wenn ich keine Andere kennen würde -TOP. Ich habe aber heute meine Lieblingsaufnahme der Sinfonie Nr.3 mit Ashkenazy (Decca) gehört. Wie spannend Ashkenazy diese wenig gespielte Sinfonie entwickelt gibt mir ungleich mehr, weil nicht geschönt wird; da sind mehrere fff-Passagen, die bei Maazel gerade mal in f ertönen ...

    Die Sinfonie Nr.4 erscheint mit Maazel scheinbar tiefgehend, beinahe wieder zu schön; aber im Vergleich fällt mir durch das Tempo zu vieles auseinander - "wann geht es mal weiter..." . Ich finde Karajan (DG) hat das weit interessanter gestaltet und gar nicht mal viel schneller. Sehr schön der 2.Satz.

    Die Sinfonie Nr.5 finde ich gut gelungen, aber letztendlich auch mit zu wenig Emotion ( :angel: siehe Bernstein in seinen beiden Aufnahmen, oder Karajan (EMI und DG))

    Bei der Sinfonie Nr.6 das gleiche wie bei der 3 - eine angemessne Interpretation. Aber auch hier möchte ich auf Ashkenazy (Decca) verweisen, der die Sinfonie nicht im nordischen Nebel sieht . Bei ihm werde ich gleich von den ersten Takten an gefangen ...

    Das VC mit Rachlin hast Du ja selber nicht. Beide haben eine sehr romantische und wenig virtuose Sicht. Die Orchesterbegleitung Maazels ist wirklich gut und ich möchte nicht verhehlen, dass ich im Orchester Dinge gehört habe, die bei den Anderen untergehen. Natürlich durch das Tempo, das wirklich zu romantisierend langsam ist: 17:31 - 8:18 - 8:13.
    Wenn man Heifetz/Hendl (RCA) mit 13:33 - 6:17 - 6:42 gewohnt ist, dann ist das mit Rachlin/Maazel einfach zu unvirtuos und zu "soft". Von Oistrach/Ormandy (CBS), bei dem noch ein TOP-Orchester dazukommt, erst gar nicht zu reden ...

    :!: Maazel ist insgesamt gut und hat schöne Momente, aber richtig warm kann ich damit nicht werden. :thumbup: Da lob ich mir Bernstein, Ashkenazy und Karajan für Sibelius ...

    ______________

    Gruß aus Bonn

    Wolfgang

  • Heute schon erhalten:

    Ich wollte gleich feststellen, wer mehr zug zum Finale hat. Die ersten beiden Compact Discs habe ich mir vorgenommen, also Sinfonie Nr. 1 und Nr. 4, Sinfonie Nr. 3, Finlandia und Karelia Suite. Das hat schon pep, ist wesentlich kraftvoller als das bisher von mir gehörte. Schon jetzt ein Gewinn. Wenn der Rest der Box mich ebenso überzeugt, ist es ein Höhepunkt der letzten Zeit. Lieber teleton, ich kann mich nur bedanken für den tollen Tipp! :thumbup:

    LG Schwager


  • Sibelius 2. Sinfonie mit Bernstein und den WP (aktuell in dieser Box erhältlich)


    Von der Kritik nicht wirklich geschätzt, möchte ich diese Aufnahme nicht missen.

    Klar - die Tempi sind oft langsamer als gewohnt. Bernstein gelingt es damit aber meines Erachtens die Intensität des Musik deutlich zu erhöhen. Die Kontraste werden dadurch verschärft. Der Idee dieser Sinfonie wird damit auf keinem Fall geschadet.

    Und überhaupt: Die Frage nach dem richtigen Tempo in der Musik wird eh überschätzt :hide:

  • RE: Bernstein

    Hallo Bilderklang,

    ich bin eigendlich mehr dafür bekannt flottere Tempi bei meinen Favoriten zu empfehlen.

    Aber hier bei der Sibelius 2 mit den Wiener PH (DG) passt es. Es gibt kaum eine Aufnahme bei der das Werk mehr mit Emotionen aufgepumpt wird als hier - ich finde das "hammermässig" gelungen. Und Kritiken sollten dabei vollkommen aussen vor bleiben. Wichtig ist, was bei Dir (und mir) gut ankommt ! :angel: Da werden Gänsehäute am laufenden Band geboten.

    :thumbup: Mein Favorit ist auch Bernstein ... allerdings seine CBS-Aufnahme aus New York (SONY, 1966, ADD) !
    Der Grund ist einfach: Bei gleichen "hochemotionalen Gegebenheiten" wählte er dort ein "normales" Tempo = 9:25 - 14:43 - 5:41 - 14:34, das mir letztendlich dann doch noch mehr entgegenkommt.

    ______________

    Gruß aus Bonn

    Wolfgang

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!