"Mein größtes Werk ist eine große Messe" - Beethovens Missa solemnis

  • Sei noch erwähnt eine Aufnahme mit den Wienern und James Levine

    aber näheres dazu kann ich nicht sagen

    Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum (Nietzsche)
    In der Tat spuckte ... der teuflische Blechtrichter nun alsbald jene Mischung von Bronchialschleim und zerkautem Gummi aus, welchen die Besitzer von Grammophonen und Abonnenten von Radios übereingekommen sind Musik zu nennen (H Hesse)
    ----------------------------
    Im übrigen bin ich der Meinung, dass immer Sommerzeit sein sollte (gerade im Winter)

  • Lieber Agravain,

    für A. Toscanini war die Missa Solemnis eines der Werke, welches ihn am meisten berührte und so führte er es regelmäßig auf. Es gibt noch mindestens zwei weitere Aufnahmen/Mitschnitte:

    - 1935, New York Philharmonic Orchestra, New York Schola Cantorum (Ltg. H. Ross), Rethberg, Telva, Martinelli, Pinza, 84:23

    - 1953, NBC Orchestra, Robert Shaw Chorale (Ltg. R. Shaw), Marshall, Merriman, Conley, Hines, 74:29

    Ich habe noch eine von Toscanini

    - 1940, NBC Orchestra, Westminster Choir, Milanow, Castagna, Björling, Kiplis, 79:10


    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Nr. 7 Gardiner (1991) Margiono, Robbin, Kendall, Miles, Monteverdi Choir, Englisch Baroque Soloists

    Ich erinnere mich ziemlich gut. Ich war als Spätpubertierender gerade mit meinem Chor dabei, mich auf eine Aufführung der „Missa solemnis“ vorzubereiten. Ich hatte die Noten und ich hatte von meinem Taschengeld eine Aufnahme beschafft, die unter der Leitung des Gottes meiner frühen Musiktage entstanden war: Karajans Einspielung aus dem Jahre 1966 (s.o.).

    Doch kurz nach Beginn der intensiven Probenphase ging es wie ein Lauffeuer durch den Chor: Gardiner hat die Messe eingespielt! Man schrieb das Jahr 1991.
    Was soll ich sagen? Mehr Geld floss, die Gardiner-Interpretation wurde angeschafft. Beim Hören dann erlebte ich höchst disparate Gefühle. Auf der einen Seite dachte ich: „Alter, hier geht ja richtig die Post ab!“ Auf der anderen Seite war ich ein wenig schockiert und fragte mich, ob man diese Musik tatsächlich so musizieren sollte. Dieser sich hiermit eröffnende Hiatus kennzeichnet meine persönliche Einschätzung der Aufnahme im Grunde bis heute, wobei ich mich – nach einer längeren Phase der überwiegenden Begeisterung – zunehmend von ihr weg bewege.

    Grundsätzlich eindruckvoll finde ich die historische Anbindung der Messe durch Gardiners Ansatz. Machten Böhm, Giulini und Karajan aus der „Missa“ ja eher ein spätromantisches Bühnenweihfestspiel voller Gravitas und Erhabenheit, so war es bei Gardiner so, als höre man eine große, auf 500 PS getunete Messvertonung eines bewusstseinserweiterten Haydn. Auch die Durchsichtigkeit besticht, was bei einem Chor von 36 Sängerinnen und Sängern und einem 60 Köpfe zählenden Orchester kein Wunder ist. Und dann ist da eben dieser ungeheure Drive vieler Passagen, der Sog der Geschwindigkeit, die einen bei der Erstbegegnung mit der Aufnahme schon vom Stuhl wehen kann. Dazu kommt die fantastische sängerische Leistung des Monteverdi Choir, der rein technisch fast alle anderen mir bekannten und vor dieser Aufnahme liegenden Leistungen in den Schatten stellt (außer die des Leipziger Rundfunkchors in der Masurschen Einspielung, s.o.). Die Textverständlichkeit, klangliche Flexibilität und gestalterische Disziplin ist schon superb. Auch die Englisch Baroque Soloist spielen auf dem üblichen hohen Niveau, auch die Solisten gestalten ausgesprochen homogen.

    Doch fehlt mir mittlerweile eines immer mehr. Während Beethoven der Partitur die berühmten Worte „Von Herzen – möge es wieder zu Herzen gehen“ voranstellte, so müsste vor der Gardinerschen Einspielung stehen: „Vom Kopfe – möge es wieder in den Kopfe gehen“ (oder so in der Art). Gardiners Ansatz ist ein intellektueller, kühler, musikhistorischer – kein emotionaler. Vielleicht liegt darin eine Rebellion gegen die frühere Art der Exegese und ich kann denjenigen Musikfreund durchaus verstehen, der mir entgegnen möchte: „Gardiner macht das gut so, denn in der Interpretationsgeschichte hatte sich der Habitus etabliert, die ‚Missa’ romantisierend und künstlich mit Bedeutung aufzuladen. Der Muff musste einfach mal weg.“ Das ist sicher auch richtig – überzeugt werde ich persönlich durch diese Art des Herangehens jedoch nicht mehr. Höre ich Gardiners Einspielung, so finde ich vieles sehr hölzern gemacht, da wird weniger mit Bedeutung aufgeladen als streckenweise vielmehr Bedeutung abgesogen. Die durchaus vorhandenen mystischen Momente – das „Et incarnatus est“ oder das „Benedictus“, bei dem Toscanini den vom Himmel kommenden Lichtstrahl zu sehen/hören glaubte oder auch der Beginn des „Agnus Dei“, das jedweder Zerknirschung entbehrt, - werden mit einer nüchternen Beiläufigkeit musiziert, die mir nichts mehr sagt. Da gibt mir Garniner einfach zu wenig, darum höre ich seine Aufnahme nicht mehr so oft. Stattdessen greife ich – wenn es denn eine HIP-Einspielung sein soll – lieber zu Herreweghes Aufnahme. Doch dazu bei Gelegenheit mehr.

    :wink: Agravain


  • Karajan erste Missa aus dem Jahr 1958
    Wiener Singverein
    Philharmonia Orchestra

    Diese Aufnahme ist noch in Mono und wurde sehr schnell vorangetrieben. Die Sänger, Legge und das Aufnahmeteam hatten vollauf zu tun. Die Schwarzkopf stand damals sehr unter Druck denn sie trat gleichzeitig in der Staatsoper mit Falstaff auf. Zu dieser Aufnahme gibt es eine schöne Begebenheit von Otto Klemperer. Er hatte sich in eine rothaarige Cellistin verliebt aber sie erwiderte die Liebe nicht. Obwohl Karajan während der Aufnahmesitzungen den Raum in eine Festung verwandelt hatte konnte sich Otto Klemperer Eintritt verschaffen, landete aber in einem finsteren Kellerraum wo er vom Archivar der Philharmonia entdeckt worde. Danach wurde er neben dem Konzertmeister Hugh Bean gesetzt. Jetzt konnte er sein Cellistin sehen und Karajan beim dirigieren verfolgen und Kommentare abgeben. Die Schwarzkopf singt trotz großem Druck wunderbar. Das Solisten Quartett stand zu dieser Zeit auf ihrem Höhepunkt. Auch der Chor galt damals als bester der Welt. Eins der besten Missa Aufnahmen Karajans. Einziger Nachteil die Aufnahmequalität. Die Stereotechnik stand noch in den Kinderschuhen. Dank der Digitalaufbereitung von Testaments ist die Klangstruktur besser geworden. Fast 40 Jahre war die Aufnahme nicht mehr zu bekommen.


    LG Andreas

    Liebe Grüße Dirigent :wink:

    Die Kunst zu wissen, wann man das Orchester nicht stören soll.
    Herbert von Karajan (1908-1989)

  • Das ist nun eigentlich schon durch, trotzdem würde mich mal interessieren,
    was ihr von Adornos Diktum vom etwas "mißlungenen Hauptwerk" haltet...?
    Mir ging es auch schon mal so, daß ich dachte, da ist doch irgendwie der Wurm drin
    in dem Koloß...
    Vielleicht liegts daran, daß eine für ihn er als aufgeklärten Menschen letztendlich unmögliche Aufgabe in Angriff genommen hat:
    Den Messetext gleichzeitig ernst zu nehmen UND mit Leben zu füllen..


    Interessant, dass Hoffman zwar Haydn und Mozart angreift, Beethoven indes nicht. Welche Gründe mag er gehabt haben?

    :wink: Agravain

    Finde ich sehr verständlich. Immerhin hat Beethoven die Messe in beiden Vertonungen extrem ernst genommen, vielleicht den Text nicht wörtlich geglaubt, aber doch mit großer Ernsthaftigkeit vertont,
    während man zumindest bei Mozart doch öfter den Eindruck hat, das ist halt eine Gelegenheit für Musik wie viele andere und der Text halt Konvention (ich nehme mal die c-moll-Messe aus, aber die find ich auch nicht ganz so gelungen wie die Salzburger "Gebrauchsmessen").
    Zumal Hoffman eh Beethoven-begeistert war...

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Finde ich sehr verständlich. Immerhin hat Beethoven die Messe in beiden Vertonungen extrem ernst genommen, vielleicht den Text nicht wörtlich geglaubt, aber doch mit großer Ernsthaftigkeit vertont, während man zumindest bei Mozart doch öfter den Eindruck hat, das ist halt eine Gelegenheit für Musik wie viele andere und der Text halt Konvention (ich nehme mal die c-moll-Messe aus, aber die find ich auch nicht ganz so gelungen wie die Salzburger "Gebrauchsmessen").

    ohne jemanden nahetreten zu wollen: Ich empfehle wirklich, das Kapitel 38 der Serapionsbrüber einmal in full zu lesen! Das ist ein Gespräch, und alles was dort pro figurierte Kirchenmusik inkl. derer von Beethoven vorgetragen wird, wird anschließend durch Cyprian widerlegt, der hier offenkundig als alter ego Hoffmanns auftritt. Man kann mit "Alter und neuer Kirchenmusik" wirklich ALLES pro und contra belegen, wenn man den Rest ignoriert! Sein Fazit lautet:

    Zitat

    daß es unmöglich ist, jetzt zu Palestrinas Einfachheit und Größe zurückzukehren bleibt ausgemacht, inwiefern aber der neu erworbene Reichtum ohne Ostentation in die Kirche getragen werden darf, das fragt sich noch.


    Außerdem geht es Hoffmann, wie den Kirchenmusikreformern des 19. Jhs in ihrer Gesamtheit, auch gar nicht darum, mit welchem Ernst der OrdinariumsTEXT vertont wurde, sondern um die ART der Vertonung als solche. Das Ideal war die Polyphonie im Stile Palestinas, und Orchester in der Messe wurde im allgemeinen abgelehnt, und bestimmte, der "Oper" zugeordnete Instrumente, darunter Pauken und Trompeten im besonderen. Das trifft natürlich auch Beethoven.

    Wie schon weiter oben erwähnt: Hoffmann sieht sich allerdings in seiner Argumentation genötigt, einen peramenten Eiertanz aufzuführen, um die Musik Haydns, Mozarts und Beethovens in der Messe abzulehnen, ohne deren unbestittenes musikalisches Genie in Frage zu stellen.

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Adorno spricht nicht von "mißlungen", sondern von einem "verfremdeten Hauptwerk". Seine Probleme haben aber doch wohl kaum etwas mit dem von Hoffmann vertretenen Ideal des "back to Palestrina" zu tun, oder? Ich habe Adornos Text jetzt nicht greifbar, aber wenn ich recht erinnere, hat er hauptsächlich Schwierigkeiten damit, dass Beethoven hier nicht so komponiert, wie Adorno meint, dass der späte Beethoven zu komponieren habe. ;) Er findet das alles zu simpel, nicht ausreichend motivisch durchgearbeitet usw.
    Nun hat Beethoven das Stück ja nicht flott runtergeschrieben (wie z.B. die Chorfantasie), sondern mehrere Jahre harte Arbeit hineingesteckt. (Wie die kurz vor oder nach der Missa komponierten Werke zeigen, waren auch seine Fähigkeiten bezüglich motivischer Durchgestaltung usw. ungebrochen.) Es sind meines Wissens auch keine Äußerungen überliefert, dass er mit dem Ergebnis unzufrieden gewesen sei. Adornos Probleme scheinen mir daher fast ausschließlich darin zu bestehen, dass er mit falschen, "äußerlichen" Kritierien an ein einzigartiges Kunstwerk, das eben sowohl in der Gattungsgeschichte wie im Schaffen Beethovens eine Sonderrolle einnimmt, herangegangen ist. (Das ist schon seltsam, dass ihm das bei Beethoven passiert, aber eine vorgefasste Haltung, wie etwas zu sein habe, ist ja genau das, was zu der vernichtenden Kritik an fast aller neueren Musik jenseits der Schönbergschule geführt hat.

    Es spricht meines Wissens auch eher wenig dafür, dass Beethoven wie Adorno oder viele heutige Zeitgenossen, grundsätzliche Probleme mit dem Ernstnehmen des Messetexts hatte. Oder worauf beruht diese Vermutung?


    Kater Murr

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Es spricht meines Wissens auch eher wenig dafür, dass Beethoven wie Adorno oder viele heutige Zeitgenossen, grundsätzliche Probleme mit dem Ernstnehmen des Messetexts hatte. Oder worauf beruht diese Vermutung?


    Kater Murr

    Also wenn ich Beethovens anfängliche Begeisterung für die französische Revolution, seine spätere Bewunderung für Kant, seine treffend nebulöse Vertonung des "muss ein lieber Vater wohnen" (für mich die liebevollste Verabschiedung des lieben Gottes, die ich kenne) mal so zusammennehme, kann ich mir schwer vorstellen, daß er das eins zu eins geglaubt hat, was da so im Credo verkündet wird.

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    daß Alles für Freuden erwacht

  • Seine Probleme haben aber doch wohl kaum etwas mit dem von Hoffmann vertretenen Ideal des "back to Palestrina" zu tun, oder?


    Natürlich nicht. Mein Einwurf bezog sich auf den zweiten Teil von philmus' posting...


    aber wenn ich recht erinnere, hat er hauptsächlich Schwierigkeiten damit, dass Beethoven hier nicht so komponiert, wie Adorno meint, dass der späte Beethoven zu komponieren habe.


    Wenn ich mich recht erinnere, steht schon bei Castiglione (Il Libro del Cortegiano) und sogar schon bei Augustinus (de musica), daß der Kritiker über dem Ausführenden steht. Das hat natürlich auch Adorno gewußt... :D


    Also wenn ich Beethovens anfängliche Begeisterung für die französische Revolution, seine spätere Bewunderung für Kant, seine treffend nebulöse Vertonung des "muss ein lieber Vater wohnen" (für mich die liebevollste Verabschiedung des lieben Gottes, die ich kenne) mal so zusammennehme, kann ich mir schwer vorstellen, daß er das eins zu eins geglaubt hat, was da so im Credo verkündet wird.


    einen handfesten Hang zum Deismus wird man Beethoven schwerlich absprechen können. Daß der nicht wirklich im Einklang mit den Lehren der großen etablierten christlichen Konfessionen steht, ist, glaub' ich, auch bekannt... ;+)

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Höre ich Gardiners Einspielung, so finde ich vieles sehr hölzern gemacht, da wird weniger mit Bedeutung aufgeladen als streckenweise vielmehr Bedeutung abgesogen. Die durchaus vorhandenen mystischen Momente – das „Et incarnatus est“ oder das „Benedictus“, bei dem Toscanini den vom Himmel kommenden Lichtstrahl zu sehen/hören glaubte oder auch der Beginn des „Agnus Dei“, das jedweder Zerknirschung entbehrt, - werden mit einer nüchternen Beiläufigkeit musiziert, die mir nichts mehr sagt.


    Das bestätigt mich in meiner Meinung, daß Gardiners "Entschlackungskur" doch vor allem bei romantischen Werken taugt,
    bei eben doch klassischen wie der Missa aber das mystische, das der Klassiker sich eben mit Mühe abgetrotzt hat,
    wieder, wie sagtest Du so schön, "absaugt".

    Gruss
    Herr Maria

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht


  • Doch fehlt mir mittlerweile eines immer mehr. Während Beethoven der Partitur die berühmten Worte „Von Herzen – möge es wieder zu Herzen gehen“ voranstellte, so müsste vor der Gardinerschen Einspielung stehen: „Vom Kopfe – möge es wieder in den Kopfe gehen“ (oder so in der Art).

    Lieber Agravain!

    Ich kenne die "Missa solemnis" einerseits von dieser Einspielung,

    andererseits auch von Live-Aufführungen. Und ich muss sagen, dass ich Beethovens Dictum noch nie verstanden habe. Das ist eine Musik (bzw. es kann natürlich auch an den Interpretationen liegen), die ich äußerst kühl und emotionslos finde, die mich auch völlig kalt lässt und für die ich das Motto "vom Kopfe" eigentlich nicht verfehlt hielte. Von Zeit zu Zeit versuche ich es wieder einmal damit, aber bislang habe ich mir noch keinen Zugang verschaffen können. Schade, aber vielleicht wird es noch einmal dazu.

    :hide:
    Liebe Grüße,
    Areios

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

  • Das ist eine Musik (bzw. es kann natürlich auch an den Interpretationen liegen), die ich äußerst kühl und emotionslos finde, die mich auch völlig kalt lässt und für die ich das Motto "vom Kopfe" eigentlich nicht verfehlt hielte. Von Zeit zu Zeit versuche ich es wieder einmal damit, aber bislang habe ich mir noch keinen Zugang verschaffen können. Schade, aber vielleicht wird es noch einmal dazu.

    Lieber Areios!

    Was soll ich sagen? So etwas gibt es natürlich. Aber wie allseits bekannt ist: es hat alles seine Zeit. Wenn ich bedenke, dass es Zeiten gab, da ich Mahler nicht hören konnte...
    Oft erschließen sich ja gewisse Werke der Kunst erst im Laufe des Lebens. Ich erinnere mich da immer an einen meiner wohl beleumdeten Professoren, der immer sagte, Goethes Alterstexte seien ihm erst nahe gegangen, nachdem er selbst die 60 passiert hatte. Vielleicht geht's Dir ja mit der Missa ja ähnlich.
    Eine ordentliche Aufnahme hast Du dann ja. :D

    :wink: Agravain


  • einen handfesten Hang zum Deismus wird man Beethoven schwerlich absprechen können. Daß der nicht wirklich im Einklang mit den Lehren der großen etablierten christlichen Konfessionen steht, ist, glaub' ich, auch bekannt... ;+)

    Ebenso bekannt allerdings, dass das viele Künstler überhaupt nicht daran gehindert hat, geistliche Werke zu schaffen, die viele Hörer durchaus überzeugend. Verdi und Brahms sollen ja nicht einmal den Hang zu einem überkonfessionellen Deismus wie er sich bei Beethoven ja auch in anderen Werken (Fidelio, 9. Sinf. Pastorale, einige Lieder wie "An die Hoffnung" oder "Abendlied unter gestirntem Himmel", "Ehre Gottes aus der Natur") äußert, verspürt haben. Man kann auch Deist sein und eine traditionelle Religion dennoch als Erscheinungsform des Numinosen ernst nehmen.

    Jedenfalls scheint es mir ebenso wenig wie in den meisten anderen Fällen zielführend, sich hier zu stark auf das zu stützen, was man über Beethovens Religiosität weiß. [mir ist klar, dass Du das nicht getan hast, ich antworte nur hier, weil es gerade passt] Wie gesagt, hat er die Komposition offenbar sehr ernst genommen und für gelungen gehalten. Wenn man meine hier eine Spannung zu sehen, kann man das nicht aufgrund moderner oder eigener Befindlichkeiten einfach auf Beethoven projizieren, sondern muss schon plausibel machen, welche Passagen man diesbezüglich problematisch findet. Die Vertonung ist ja stellenweise in beinahe übertriebener Weise illustrativ: Natürlich an Stellen wie "descendit", "et ascendit", "mortuos" immer im pp, "pater omnipotens" tutti fff, bei "iudicare" erschallt die Posaune, bei "sub Pontio Pilato" scheint die Staatsmacht brutal aufzutreten usw. Mein, vielleicht vorschneller, Eindruck ist daher, dass vielleicht genau so etwas einen bestimmten Typ Hörer nicht "sophisticated" genug ist. Anderswo schrieb mal jemand, dass er die Kriegsmusik im Agnus Dei zu mitreißend im positiven Sinne fände, um sie als angemessene Schilderung des Schrecklichen ernst zu nehmen. Wie dem auch sei, ist auch dieser Abschnitt sehr illustrativ (und der Kontrast zum Dona nobis pacem sollte auch für diejenigen, die die Kriegsmusik nicht erschreckend finden, deutlich genug sein).

    Ich habe das Stück lange nicht gehört. Weil es wie die 9. Sinfonie und ein paar andere zu den Werken gehört, die ich nur in Ruhe und am besten komplett auf einmal anhören will, wozu ich nicht oft in Stimmung bin. Jedenfalls war es eines der ersten größeren geistlichen Werke, das ich als Teenager kennengelernt habe und ich war sehr schnell begeistert. Viel schwerer tue ich mich noch immer mit z.B. den späten Haydn-Messen oder dem Verdi-Requiem. Bei Haydn gibt es immer mal wieder Passagen, die zwar sehr hübsch sind, mir aber überhaupt nicht dem vertonten Text gerecht zu werden scheinen.

    viele Grüße

    Kater Murr (der die spießigen Ansichten seines Herrchens zur Figuralmusik nicht teilt ;+) )

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Nr. 8 Solti (1994) Varady, Vermillion, Cole, Pape, Rundfunkchor Berlin, Berliner Philharmoniker

    “But what a dramatic work! Remember, this is Solti, the screaming skull, the conductor who transformed Wagner's "Ring" into the Greatest Story Ever Told, but whose power and conviction made it work at a supremely high level. What else could he do with the "Missa Solemnis" except play it to the last row in the bleachers? That isn't to say that Solti's "Missa Solemnis" isn't unbelievably dramatic. The playing and singing are strong and virtuosic, plus they sustain an unbearable level of intensity through the entire length of the work. The problem is that the whole performance is unbelievable and unbearable, a deadly combination in Beethoven's "Missa Solemnis," one of the highest and holiest works of musical art in the history of humanity.”

    So schrieb der All Music Guide ehedem zu Soltis Berliner Aufnahme der „Missa solemnis“. Und was für eine vollkommen nichtssagende Kritik ist das. Solti dirigiert Beethovens Messe wie Wagners Ring. Die ganze Aufnahme ist so intensiv und unglaublich, dass die Missa selbst vor die Hunde geht.

    Hm.

    Was will mir das sagen? Nun, ich weiß es nicht genau.

    Genau weiß ich allerdings, dass Soltis Berliner Einspielung zu denen gehört, die ich im Grunde nur selten, ja fast gar nicht mehr höre, und zwar mit Sicherheit nicht, weil mich ihre Intensität dermaßen mitreißt, dass ich bei und nach dem Hören nicht mehr ein noch aus weiß. Sicher, Soltis Herangehensweise ist von den üblichen Charakteristika seines Musizierens geprägt: straffe Tempi, große dynamische Gegensätze mit einer leichten Überbetonung des Forte, dramatischer Gestus. Das ist ja an sich nicht schlecht und schon gar nicht „tödlich“. Im Gegenteil, das Ganze hat erst einmal einen grundsoliden Charakter. Gleichzeitig stellt sich beim Hören und Vergleichen mit der Konkurrenz (z.B. Klemperer oder Toscanini) stets das vielleicht ungerechte Gefühl ein, Solti habe das Werk nicht so recht durchdrungen. Ich höre hier ordentliches Handwerk, doch berührt werde ich im Grunde nicht nicht.

    Da helfen auch die Solisten nicht weiter. Das sind zwar alles bekannte Namen, allerdings bilden sie kein gutes Solistenquartett und auch die Einzelleistungen sind nicht so recht „up to scratch“. Am ehesten gefällt mir noch Iris Vermillion, die durchweg sinnvoll und klangschön gestaltet, also im postiven Sinne vollkommen unauffällig singt. Darum gefällt sie mir auch. Die anderen drei fallen in meinen Ohren auf – und zwar eher negativ. Julia Varady hat mich selten begeistert, hier jedoch empfinde ich ihren Gesang als enorm unerfreulich. Sich nach vorn drängend, kaum noch einmal einen schönen Ton formend, in hohen Lagen oder beispielsweise im gesamten „Benedictus“ ist kaum mal ein Textfitzelchen zu verstehen (ich glaube, ihr war nicht klar, dass es auch Konsonaten gibt), im Grunde ist man andauernd einer langen unerquicklichen Sopran-Vocalise. Vinson Coles Tenor ist mir eine Spur zu quakend, flach und kernlos im Ton, wenngleich leicht geführt. An die Ausdrucksstärke beispielsweise eines Wunderlich ragt er aber nicht heran, besonders auch, weil er bisweilen eine unselige Tendenz zum Kitsch hat (etwa bei „et homo factus“ ff.). Und René Pape? Wäre man böse, man könnte streckenweise vom „Polter-Pape“ reden. Seine gestaltung ist vollkommen unorganisch, mal bar jeglicher Sensibilität, dann wieder recht delikat, dann technisch nicht ganz akkurat (z.B. deutlicher Glottisschlag zu Beginn des „Agnus Dei“).

    Der Rundkunfchor Berlin ist seiner schweren Aufgabe gewachsen, da gibt es nicht viel zu rütteln, wenngleich er viele dynamische Anweisungen Beethovens nicht umsetzt (sforzati!). Dies ist allerdings das etwas zweifelhafte Verdienst des Chroleiters Robin Gritton oder eben dasjeniges Soltis. Die Berliner Philharmoniker spielen ebenfalls ausgesprochen schön und der damalige Konzertmeister des Orchesters Kolja Blacher kann seinem berühmten Vorgänger Michel Schwalbé im „Benedictus“ an Ausdrucksstärke das Wasser reichen.

    Dennoch ist das in meinen Ohren keine große Aufnahme.

    :wink: Agravain

  • Nr. 8 Herreweghe (1995) Mannion, Remmert, Taylor, Hauptmann, Chœurs de La Chapelle Royale et du Collegium Vocale Gent, Orchestre des Champs-Élysées

    Es ist schon erstaunlich, wie unterschiedlich aus der HIP-Bewegung hervorgehende Interpretationen klingen können. Vergleicht man die vorliegende Aufnahme Herreweghes mit derjenigen Gardiners, so erlebt man einen klanglichen Unterschied wie zwischen Tag und Nacht. Nehmen wir beispielsweise einmal das „Kyrie“. Macht Gardiner vom ersten Akkord an klar, dass seine Interpretation eine druckvoll-zupackende sein wird, so entfaltet sich bei Herreweghe eine Ruhe, die ich so in keiner der mir bekannten Einspielungen erlebe. Hier strahlt ein – ich muss es einfach einmal sagen – Gottvertrauen, eine unerschütterliche Sicherheit aus der Partitur heraus, die keinerlei Zweifel daran lässt, dass die Rufe nach Erbarmen erhört werden. Das allein ist außergewöhnlich und das Hören der Scheibe wert.

    Insgesamt kann man sagen, dass sich die Aufnahme durch etwas gemäßigtere - ich bin geneigt zu sagen „natürlichere“ - Tempi als diejenigen der Gardiner-Aufnahme auszeichnet, dass der Gesamtklang deutlich weicher, aber dennoch prägnant und nicht im mindesten verwaschen ist. Chor und Orchester halten sich unter Herrweghes Leitung konsequent an die Vortragsbezeichnungen Beethovens, wobei Herreweghe den vielen Sforzati etwas das Brachiale nimmt oder ein „Marcato“ schon gern recht weich angeht, wie bespielsweise im „Christe“-Abschnitt des „Kyrie“ oder in der Abschlussfuge des „Gloria“. Mir scheint es eher Herreweghes Fokus zu sein, eine möglichst flüssige und fließende Darstellung zu erzielen. Exemplarisch für diese Herangehensweise scheint mir auch die glänzend umgesetzte „Et vitam venturi“-Fuge zu sein. Ein dauernd zackiger Höchstdruck-Ludwig ist Herreweghes Sache nicht.

    Neben der exquisiten Leistung der beiden Chöre muss auch auf das ausgesprochen gute Solistenquartett hingewisen werden. Im Grunde möchte ich da gar keine Einzelleistungen herausgreifen, sondern kurz und schlicht sagen: Rosa Mannion, Birgit Remmert, James Taylor und Cornelius Hauptmann machen das gut und ohne erkennbare Schwächen. Da werden ausgesprochen homogen Musik und Text interpretiert, das klingt alles wie aus einem Guss. James Taylor indes gelingen einige ganz ausgesprochen schöne Momente, und zwar dort, wo man sie nicht unbedingt erwarten würden (bspw. sein Einsatz im „Kyrie“, T. 142). Chapeau! Ich könnte jetzt noch in aller Breite weiter lobhudeln und sagen, wie ausgesprochen gut den Solisten das „Benedictus“ gelingt, wie anrührend schlicht, ja kindlich Alessandro Moccia das Violinsolo ebenda gestaltet oder wie erschütternd Cornelius Hauptmann den Beginn des „Agnus Dei“ singt. Aber ich werde an dieser Stelle schweigen – sonst denkt der geneigte Leser noch, ich sei von Herreweghe gekauft.

    :wink: Agravain

    Einmal editiert, zuletzt von Hueb' (18. Januar 2023 um 15:36)

  • Es ist schon erstaunlich, wie unterschiedlich aus der HIP-Bewegung hervorgehende Interpretationen klingen können.

    Es ist schon erstaunlich, wie unterschiedlich historisch uninformierte Interpretationen klingen können. :D

    Oder ernsthafter: Was hat HIP (oder Nicht-HIP) mit der Interpretation als solcher zu tun? ?( Oder sollte alles, wo HIP draufsteht (oder auch, wo's nicht draufsteht) gleich klingen..??? ?( ?(
    Die einen berücksichtigen halt den historischen Kontext bei ihrer Interpretation, die anderen nicht, aber muss dann das Ergebnis jeweils übereinstimmen?

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Nr. 8 Herreweghe (1995) Mannion, Remmert, Taylor, Hauptmann, Chœurs de La Chapelle Royale et du Collegium Vocale Gent, Orchestre des Champs-Élysées

    Nachzutragen ist, dass es sich bei Herreweghes Aufnahme um einen Mitschnitt zweier Konzerte aus dem Jahre 1995 (20./21. Februar, Auditorium Stravinski, Montreux) handelt.

    :wink: Agravain

    Einmal editiert, zuletzt von Hueb' (18. Januar 2023 um 15:37)

  • Nr. 9 Zinman (2001) Orgonasova, Larsson, Trost, Selig, Schweizer Kammerchor, Tonhalle Orchester Zürich

    Wow. Beethoven auf Speed. Dieser Gedanke schoss mir durch’s Gehirn, nachdem ich das „Kyrie“ der Missa solemnis in der Zimanschen Einspielung aus dem Jahre 2001 erstmal gehört hatte. Eine Aufnahme, die also wieder einmal versucht des Meisters größtes Sakralwerk zu entschlacken – und zwar u.a. auf dem Wege der flotten, will sagen der sehr flotten Tempi. Schließlich schafft es Zinman in nur knapp 66 Minuten durch die Partitur (im Vergleich Böhm: 87 Minuten, Gardiner gut 71 Minuten). Und insofern bringt diese Aufnahme – wenn schon nicht viele – dann doch aber den folgenden Gewinst: Man hat es (ob man die Messe nun mag oder nicht) schnell hinter sich. Denn Zinman saugt seinem Beethoven nicht nur ein wenig Fett ab, er lässt nur das Gerippe über. Das was es da zu hören gibt, ist mit Abstand die seelenloseste Wiedergabe, die ich kenne. Das permanente Dauermarcato gepaart mit einem gefühlten Dauerpresto erweckt in meinen Ohren in der Tat die von Beethoven gewünschten „religiösen Gefühle“, allerdings ganz anders, als er sich das wohl gedacht hätte: „O Herr! Warum, oh, warum habe ich eigentlich diese Scheibe gekauft?!“ Wenn ich höre, wie Zinman durch das „Gloria“ brettert, dabei jeglichem verinnerlichten Moment durch ein strammes Durchdirigieren jegliche Innerlichkeit nimmt („Qui tollis“), im „Quoniam“ das dem Allegro beigefügte „maestoso“ raubt und einen eigentümlich hüpfenden, ja schon fast grotesken Satz daraus macht, um dann die Abschlussfuge so schnell zu nehmen, dass sie der an sich sicher gut vorbereitete Schweizer Kammerchor schlicht nicht mehr gestalten kann, wobei es als Krönung noch zu einem vollkommenen, ja strudelartigen Verschwimmen sämtlicher Stimmen kommt, sodass eine Struktur kaum noch zu erkennen ist, dann weiß ich, wie man Beethoven mit hoher Wahrscheinlichkeit lieber nicht machen sollte. Diese am „Gloria“ festgemachten Beobachtungen ließen sich im „Credo“ ebenso belegen (z.B. anhand des „Et incarnatus est“ oder „et ascendit“ oder die Schlussfuge „Et vitam venturi“), ich mag mich aber nicht wiederholen. Vom gruselig heruntergegeigten „Benedictus“ will ich an dieser Stelle schweigen. Dass der erste Abschnitt des „Dona nobis“ recht gut gelungen ist, reißt es dann auch nicht mehr heraus.

    :wink: Agravain

  • Ein sehr interessanter Thread über ein Werk, das mir bisher schwer gefallen ist, was allerdings auch an den Aufnahmen liegen mag. Ich habe Zinman, Giulini und eine dritte Aufnahme, die ich nicht mehr identifzieren kann.

    Der forsche Zinman, der hier völlig verrissen wird, hat mir dabei am besten gefallen.

    Ich habe schlicht ein psychologisches Problem mit der Missa Somemnis. Daß sie teilweise großartige Musik enthält, ist nicht zu überhören. Unerträglich für mich ist in ihr aber die Permanenz des gesteigerten Tonfalls. Diesen permanent gesteigerten Tonfall empfinde ich schlicht als ermüdend und das ist für mich ein Problem. Ich höre lieber Musik, die einen Berggipfel ersteigt, als eine Musik, die sich auf ihm häuslich einrichtet.

    Gruß Malcolm

    Der Hedonismus ist die dümmste aller Weltanschauungen und die klügste aller Maximen.


  • Ich habe schlicht ein psychologisches Problem mit der Missa Somemnis. Daß sie teilweise großartige Musik enthält, ist nicht zu überhören. Unerträglich für mich ist in ihr aber die Permanenz des gesteigerten Tonfalls. Diesen permanent gesteigerten Tonfall empfinde ich schlicht als ermüdend und das ist für mich ein Problem. Ich höre lieber Musik, die einen Berggipfel ersteigt, als eine Musik, die sich auf ihm häuslich einrichtet.

    Was genau meinst Du denn mit "gesteigertem Tonfall"?
    Die Eckteile des Kyrie finde ich ziemlich "entspannt" und als Benedictus etwa 10 min langsamen Sinfoniesatz zu bringen, ist auch eher ein "dämpfendes" Element. Das Finale der 9. ist etwas länger als das Credo und da könnte man auch von durchgehend "gesteigertem Tonfall" sprechen. Oder der 2. Fidelio-Akt, auch wenn es hier ein paar kleine Dialogpausen gibt.
    Wenn ich den Adorno-Text recht in Erinnerung habe, meint der im Gegenteil, dass die Messe für den späten Beethoven nicht intensiv, dicht, chromatisch, was weiß ich genug sei. Das konnte ich aber auch nie so recht nachvollziehen. Zwar stellt Adorno wohl zu recht fest, dass eine Spannung zwischen der Anforderung einer Vertonung des Messetext und den "eigengesetzlichen", innermusikalischen dramatisch-motivischen Entwicklungsformen Beethovens besteht, und es mag sein, dass die außerordentliche Mühe, die Beethoven mit der Messe hatte, damit zusammenhängen mag.
    Das ist aber dann der Vorteil, wenn man das Stück als naiver Hörer kennengelernt hat und beeindruckt war, dann kann man einfach nur folgern, dass Beethoven diese Probleme offenbar gelöst hat.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

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