Unsere Gedenktafel: Aufklären durch Erinnern oder Verschweigen durch Vergessen?

  • Natürlich ist es wichtig, sich damit auseinanderzusetzen, wie es dazu kommen konnte - aber geht es in den meisten Filmen nicht eben um die erwähnten Einzelschicksale? Da wird einfach gezeigt, was die Nazis angerichtet haben, und wie die Leute damit leben.


    Nur bezog sich Deine erste "ernstgemeinte Frage" ja nicht auf Filme, sondern den Austausch über

    Literatur, wo jemand sich intellektuell damit beschäftigt, weil ich finde, dass Massenmord nichts "Gescheites" an sich hat, das man ergründen müsste.

    Darauf bezog sich meine Antwort.

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Einfach mal zwei Links an dieser Stelle, damit die Musik nicht zu kurz kommt:

    Das "Kaddish" von Ravel, hier gespielt von Daniel Hope:
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    Und auch wenn es nicht jedem gefällt (muss ja nicht jedem gefallen, muss ja keiner anhören) das Thema aus "Schindlers Liste"
    von John Williams, hier gespielt von Itzhak Perlman:
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    hier gespielt von Daniel Hope:
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    :wink:

    amamusica :pfeif:

    Ein Blümchen an einem wilden Wegrain, die Schale einer kleinen Muschel am Strand, die Feder eines Vogels -
    all das verkündet dir, daß der Schöpfer ein Künstler ist. (Tertullian)

    ...und immer wieder schaffen es die Menschen auch, Künstler zu sein.
    Nicht zuletzt mit so mancher Musik. Die muß gar nicht immer "große Kunst" sein, um das Herz zu berühren...


  • Was mir auch ein bisschen negativ auffällt: die meiste Zeit wird, wenn von Opfern der Nazis die Rede ist, nur von Juden geredet, dabei gab es auch viele andere Opfer, wie Homosexuelle, Widerstandskämpfer (Sophie Scholl!), Kritiker, Behinderte, usw.

    Ich finde, an die sollte man auch denken, statt sich nur auf EINE Gruppe zu fixieren.

  • Ich finde, an die sollte man auch denken, statt sich nur auf EINE Gruppe zu fixieren.


    Wenn ich Dich hieran erinnern darf: Die Diskussion hier schließt sich an ein Projekt aus der Gründungsphase von Capriccio an: Die Namen bewahren - Die Capriccio-Gedenktafel für Opfer des Nationalsozialismus aus dem Musikleben. Dort hieß es seinerzeit eingangs:

    "Die Namen bewahren" ist Teil des Projekts "Verfolgt, Emigriert, Ermordet". Es ist gedacht als eine Aufstellung der Namen und Daten bekannter wie unbekannter Musiker und Musikerinnen, die zu Opfern des Naziregimes wurden, sei es ihrer jüdischen Herkunft, ihrer politischen Haltung oder anderer Gründe wegen.


    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Was mir auch ein bisschen negativ auffällt: die meiste Zeit wird, wenn von Opfern der Nazis die Rede ist, nur von Juden geredet

    In gewisser Weise korrespondiert das mit der enormen Bedeutung des Antisemitismus für den Erfolg des NS - als "Antikapitalismus für Doofe" oder, elaborierter ausgedrückt: nur durch die Betonung des Antisemitismus konnte die in größeren Teilen des Volkes durchaus virulente kritische Haltung zum Kapitalismus für ein gleichzeitig dezidiert antikommunistisches Projekt "fruchtbar" gemacht werden...

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Wer hat denn gesagt, dass sonst keiner ermordet wurde oder zu Tode kam?

    Da kamen alle möglichen Menschen - und Tiere, nicht zu vergessen, grausam ums Leben, und auch noch ganz zuletzt verheizte Jugendliche und Alte...

    ein grauenhaftes Grausen mit tausend Facetten, keine Frage.

    Aber industriell hocheffizient durchorganisierter und nach Kräften optimierter (noch besser konstruierte Krematoriumsöfen für schnellere Verbrennung von noch mehr Leichen! Auch die "Entsorgung" darf dabei ja nicht vergessen werden) millionenfacher (dabei auch unbeschreiblich sadistischer, erniedrigender) Mord, nicht zuletzt auch von Sinti und Roma, das ist schon eine Kategorie für sich.


    :wink:

    amamusica :pfeif:

    Ein Blümchen an einem wilden Wegrain, die Schale einer kleinen Muschel am Strand, die Feder eines Vogels -
    all das verkündet dir, daß der Schöpfer ein Künstler ist. (Tertullian)

    ...und immer wieder schaffen es die Menschen auch, Künstler zu sein.
    Nicht zuletzt mit so mancher Musik. Die muß gar nicht immer "große Kunst" sein, um das Herz zu berühren...


  • Was mir auch ein bisschen negativ auffällt: die meiste Zeit wird, wenn von Opfern der Nazis die Rede ist, nur von Juden geredet, dabei gab es auch viele andere Opfer, wie Homosexuelle, Widerstandskämpfer (Sophie Scholl!), Kritiker, Behinderte, usw.


    Nur nebenbei: Es gibt zwei hervorragende Spielfilme über Sophie Scholl, nämlich Die weiße Rose mit Lena Stolze und Sophie Scholl – Die letzten Tage mit Julia Jentsch. Beide Filme enden mit dem grausamen Bild der Guillotine, nachdem man sich eineinhalb Stunden mit der Hauptfigur identifiziert hatte. Ein Spielfilm kann eine Dokumentation mit all den Hintergründen nicht ersetzen, aber die emotionale Aufnahme der Verbrechen ist bei gut gemachten Filmen i.d.R. deutlich intensiver.

    maticus

    Social media is the toilet of the internet. --- Lady Gaga

    Ich lieb‘ den Schlaf, doch mehr noch: Stein zu sein.
    Wenn ringsum nur Schande herrscht und nur Zerstören,
    so heißt mein Glück: nicht sehen und nicht hören.
    Drum leise, Freund, lass mich im Schlaf allein.
                       --- Michelangelo Buonarroti (dt. Nachdicht. J. Morgener)

  • Nur nebenbei: Es gibt zwei hervorragende Spielfilme über Sophie Scholl, nämlich Die weiße Rose mit Lena Stolze und Sophie Scholl – Die letzten Tage mit Julia Jentsch. Beide Filme enden mit dem grausamen Bild der Guillotine, nachdem man sich eineinhalb Stunden mit der Hauptfigur identifiziert hatte.

    Ha, interessant dass du das mit der Guillotine erwähnst, weil ich habe den Film mit Julia Jentsch ebenfalls gesehen, und fand den Schluss toll gefilmt, weil hier, bevor das Beil fällt, das Bild schwarz wird, man aber deutlich hört, wie es fällt und wieder Kopf hinunter plumpst. DAS ist, wie ich finde, viel grausamer, als wenn man die Enthauptung deutlich oder andeutungsweise zeigen würde.

    Ich sage ja nicht, dass solche Filme schlecht sind, aber wenn es wirklich nur darum geht, zu SEHEN, was damals passiert ist, dann bevorzuge ich echtes Bildmaterial aus der Zeit, und keine nachgespielten, von Special Effect-Teams präparierten Szenen.

  • Ergänzend zu "Die Weiße Rose":
    Ebenfalls 1982 (wie der Verhoeven Film mit Lena Stolze) entstand Percy Adlons "Fünf letzte Tage", ebenfalls mit Lena Stolze als Sophie Scholl. Adlon zeigt Sophies letzte fünf Tage aus der Sicht ihrer Zellengenossin Else Gebel (Irm Hermann).
    Und erst neulich wurde im ZDF eine Reihe gebracht, in der ebenfalls in Spielfilmform, allerdings nur 45 Minuten, Sophie Scholls Schicksal aufgerollt wurde. Hier führt Sophie in Ich-Form durch das Geschehen. Einiges darin ist als Zitat aus und Reverenz an den Verhoeven Film erkennbar. Als Sophie Scholl war hier Liv Lisa Fries zu sehen.

     

    Herzliche Grüße
    AlexanderK

  • Ich sage ja nicht, dass solche Filme schlecht sind, aber wenn es wirklich nur darum geht, zu SEHEN, was damals passiert ist, dann bevorzuge ich echtes Bildmaterial aus der Zeit, und keine nachgespielten, von Special Effect-Teams präparierten Szenen.

    Das ist ja auch kein Problem, wenn Du das echte Bildmaterial bevorzugst.

    Filme sind eben eine OPTION, da so vieles, was damals passiert ist, überhaupt nicht gefilmt wurde, (oder nur in Bruchstücken, oder aus einer ganz anderen Perspektive, oder wie auch immer) -
    bei derart vielen Schicksalen und Ereignissen war meist weit und breit kein Kameramann, schon gar nicht die ganze Zeit über.

    Die Filme versuchen dann in künstlerisch mehr oder weniger gelungener Weise die damaligen Ereignisse und Erlebnisse / Gefühle "einzufangen" / wiederzugeben.

    Und ab und an sind dann Ergebnisse dabei, die - zumindest vielen - unter die Haut gehen und die auch künstlerisch überzeugen. Bei Büchern ja genauso.


    :wink:

    amamusica :pfeif:

    Ein Blümchen an einem wilden Wegrain, die Schale einer kleinen Muschel am Strand, die Feder eines Vogels -
    all das verkündet dir, daß der Schöpfer ein Künstler ist. (Tertullian)

    ...und immer wieder schaffen es die Menschen auch, Künstler zu sein.
    Nicht zuletzt mit so mancher Musik. Die muß gar nicht immer "große Kunst" sein, um das Herz zu berühren...


  • Eine Diskussion darüber, welche Opfer es denn noch gab außer Juden, ist hier meines Erachtens völlig fehl am Platz. Dem Thema NS 'gerecht' zu werden, sollte wohl nicht einmal ein Historikerforum versuchen. Was jedoch für ein 'Kulturforum' mitten ins Thema <heutige Behandlung des NS> fallen dürfte, ist:
    die :rolleyes: Ästhetisierung des Widerstands :rolleyes: .

    Ich bin weltoffen, tolerant und schön.

  • Das ist ja auch kein Problem, wenn Du das echte Bildmaterial bevorzugst.

    "bevorzugst", das klingt jetzt fast so, als würde mir sowas Freude machen. Ich schaue mir sowas nur selten an, ehrlich gesagt, weil ich eh schon weiß, dass da viel Mist passiert ist. Ich habe schon von den Unterdruckskammern gelesen, in denen Menschen gefoltert wurden, von den Genickschussanlagen, von den absichtlich zugefügten Brandwunden, in die man Glassplitter gedrückt hat, um irgendwelche Verletzungen zu simulieren und Krankheiten auszulösen, um neue Impfstoffe zu testen, usw. usw.

    Wenn ich diese Berichte lese, dann brauche ich eigentlich keine künstlerische Aufarbeitung mehr.

    Vor allem schaue ich mir solche Sachen aber auch an, um zu sehen, dass der Mensch im Grunde schlecht ist. Nicht jeder ist zu solchen Gräueltaten bereit, gar keine Frage, aber dennoch kenne ich keine anderen Lebewesen auf der Erde, die einfach nur so zum Spaß töten und das auch noch genießen.


    Und ab und an sind dann Ergebnisse dabei, die - zumindest vielen - unter die Haut gehen und die auch künstlerisch überzeugen. Bei Büchern ja genauso.

    Bücher sagen mir da - auch wenn ich keines zu dem Thema gelesen habe - auf jeden Fall mehr zu, weil man sich die Dinge selbst vorstellen kann, statt Schauspielern dabei zuzuschauen, wie sie etwas nachspielen.

  • Dem Thema NS 'gerecht' zu werden, sollte wohl nicht einmal ein Historikerforum versuchen.

    Wieso nicht?

    Was jedoch für ein 'Kulturforum' mitten ins Thema <heutige Behandlung des NS> fallen dürfte, ist:
    die :rolleyes: Ästhetisierung des Widerstands :rolleyes: .

    Und wo siehst Du die am Wirken? Bei den hier geposteten Filmen? Was wäre Deine Alternative? Oder bist Du der Meinung, daß jegliche "künstlerische" Auseinandersetzung mit dem Thema vergeblich ist - weil künstlerische Auseinandersetzungen immer mit ästhetischen Mitteln arbeiten?

    ???

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Mich würde ja - unabhängig von der Diskussion über Sinn und Unsinn von solcher Kunst, speziell Filmen - interessieren, an wen sich diese Kunst eigentlich richtet.

    Ich meine, richtet es sich an Leute, die noch nicht wissen was passiert ist, die sich keine oder nur wenige Gedanken darüber gemacht haben? Weil ich kann mir nicht vorstellen, dass einer sagt "So, jetzt habe ich Lust, mir einen traurigen Film über die Nazi-Zeit anzuschauen", einfach nur, weil der Film so toll gespielt und gefilmt ist und der Soundtrack auch so berührt etc.

  • Zu diesen Menschen gehöre ich. Letzte Woche habe ich den Spielfilm über Hannah Arendt (Margarethe von Trotta) gesehen; den fand ich recht aufschlußreich, Stichwort: "Banalität des Bösen". Jetzt erwäge ich, mich da näher einzulesen, denn selbst ein gelungener Film ersetzt nicht die Lektüre.

    :wink:


    Gute Entscheidung, lieber Gurnemanz.

  • Gute Entscheidung, lieber Gurnemanz.

    Danke!

    Eben habe ich dieses Buch bestellt, das seinerzeit, in den 1960ern, heftige Kontroversen ausgelöst hat (vielleicht eine Pflichtlektüre für am Thema hier Interessierte) - mit Erinnern und Verschweigen hat es viel zu tun:

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Zu diesen Menschen gehöre ich. Letzte Woche habe ich den Spielfilm über Hannah Arendt (Margarethe von Trotta) gesehen; den fand ich recht aufschlußreich, Stichwort: "Banalität des Bösen". Jetzt erwäge ich, mich da näher einzulesen, denn selbst ein gelungener Film ersetzt nicht die Lektüre.

    Den Film fand ich ausgesprochen beeindruckend, nicht nur dank der hervorragend besetzten Hauptrolle, auch sonst war die Besetzung hervorragend. Besonders beeindruckend: der Vortrag Hannah Arendts vor den Studenten. Etwas blass blieb Heidegger.


    :wink: :wink:

    Christiian

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Etwas blass blieb Heidegger.

    Stimmt, ist mir auch aufgefallen...

    Das Zitat oben stammt übrigens nicht von Yukon, sondern von mir. ;+)

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

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