"Dieser Roman fängt an wie ein Buch..." - Drollige Rezensionen aus eher ungeübter Hand

  • "Dieser Roman fängt an wie ein Buch..." - Drollige Rezensionen aus eher ungeübter Hand

    Liebe Leseratten!

    Euch ist sicherlich auch schonmal aufgefallen, daß bei etlichen Liebhaber-Rezensionen zu klassischen Werken*, die man im Netz und besonders auf den Seiten unserer Werbepartner finden kann, nicht unbedingt die vorliegende Ausgabe oder Übersetzung, Ausstattung oder wasweißich, das von Interesse wäre, bewertet wird, sondern der Text selbst.

    Dagegen ist zunächst gar nichts zu sagen, denn wahrscheinlich ist das in der Tat das vordringliche Informationsanliegen der meisten interessierten Besucher dieser Seiten. Sie kennen den Inhalt eines Buches noch nicht und möchten sich gern kundig machen. Und außerdem, das ist mir wichtig zu sagen, gibt es auch immer wieder ganz vorzügliche kleine Einleitungen in das jeweilige Werk oder gekonnt geschriebene Appetizer zu lesen, die von Nichtfachleuten mit gleichwohl viel Sachverstand abgefasst wurden.

    Allerdings... es gibt auch... dieses andere. Das, bei dem man vor lauter Lachen vergisst, das Buch noch zu bestellen, dessentwegen man die Rezension gelesen hat.

    Ich möchte nicht, daß wir uns über engagierte Bücherfreunde nun allzu elitär belustigten. Die Sorge ist zwar auch gering, denn soviele sind es ja denn nicht, die bei uns zur Elite zählen. :D Wir dürfen vor lauter aufrechter Mitmenschlichkeit aber auch nicht den Sand in den Kopf stecken, finde ich. Denn eine Art kollektiv geborgener und sorgsam gehüteter perla stilistica mag gleichwohl doch dabei herauskommen, wenn man zufällig über Sternstunden der höchstprivaten Buchbesprechungsunternehmung stolpern darf wie etwa diese hier zu einem nicht völlig unbekannten Werk einer gewissen Annette von Droste-Hülshoff, welche eine ziemlich penetrante Tante gewesen sein muß, denn...:


    "Die Autorin begleitet uns stets vom Anfang bis zum Ende des Buches"

    Zitat

    Die Kriminalnovelle spielt sich im 18. Jahrhundert ab. Annette von Droste schafft es auf eine aussergewöhnliche Art und Weise die Geschichte sprachlich zeitgemäss zu schreiben. Die Autorin begleitet uns ststs vom Anfang bis zum Ende des Buches. Sie hat die Erzählform des Buches übernommen und schildert uns neutral eine tragische Lebensgeschichte von Friedrich, der im Aler von neun Jahren sein Vater verliert. Man verfolgt Friedrichs Biografie von etwa neun Jahren bis hin, als er Selbstmord begeht.

    Auch die Errungenschaften einer erzwungenen jugendlichen Gedankenwelt zum Buch an sich und seinem Inhalt oder was sonst noch damit zusammenhängen mag, können hier gern eingestellt werden. Dies für alle Lehrer unter uns (obwohl ich nicht weiß, ob die das dürfen?) ;+)

    Wer sich hingegen selbst veröffentlicht, den wird man wohl auch rezipieren mögen.


    Liebe Grüße,

    Alex :wink:


    * (das sind Bücher, welche schon sehr lange her sind)


    "In the year of our Lord 1314 patriots of Scotland, starving and outnumbered, charged the field of Bannockburn. They fought like warrior poets. They fought like Scotsmen. And won their freedom."

  • "Ich musste mich anfangs an die ständigen Nomen und ihre Bedeutung gewöhnen.."

    Zu finden waren diese widerborstigen Substantive in einer harmlos wirkenden Reclam-Kassette mit allen sechs Romanen von Jane Austen:

    Zitat

    Die sechs größten der Größten! Mir war es lieber das Komplettpaket anstatt die einzelnen Werke zu kaufen. Der Schreibstil ist natürlich immer der gleiche und gerade das macht Austen so außergewöhnlich: Sie bleibt sich treu und verbindet jedes Werk mit Ironie, menschlichen Missverständnissen und Heiratskandidaten. Das sind immer die Inhalte ihrer sechs großen Romane. Dennoch sind es immer verschiedene Geschichten, Umstände, familiäre Zusammenhänge, die aber alle das gleiche Muster beibehalten: Zum Schluss wird mindestens ein Paar nach Höhen und Tiefen endlich miteinander verheiratet und in das Leben entlassen. Ich musste mich anfangs an den Schreibstil Austens gewöhnen, denn man muss sich aufgrund der langen Sätze (z.Bsp. wenn ein Satz eine halbe Seite oder mehr einnimmt) ziemlich konzentrieren und an die ständigen Nomen und ihre Bedeutung gewöhnen und dann noch mit der Situation der Personen in Verbindung bringen, z.B.: Nachsicht, Unzulänglichkeit, Vollkommenheit, Einsicht etc. etc. Nicht dass diese Worte für einen deutschen Leser schwer zu verstehen wären, doch man muss sich wie gesagt ziemlich konzentrieren um die Zusammenhänge dieser ganzen Nomen zu verstehen und dann noch die Ironie im Schreibstil mit Hilfe dieser Nomen entdecken. Ich habe alle sechs Romane gelesen und betrachte Jane Austen als Ausnahmetalent. Schade, dass sie zu Lebzeiten nich so hoch gelobt wurde wie heute nach ihrem Tode. Sie hätte es sich redlich verdient. Stolz und Vorurteil ist ein Meilenstein der Weltliteratur und der feministischen Emanzipation der damaligen Zeit in Form eines Romans, da es für Frauen ungewöhnlich war Liebesromane zu schreiben.

    Dieser Text wurde von einer 17-jährigen verfasst.


    "In the year of our Lord 1314 patriots of Scotland, starving and outnumbered, charged the field of Bannockburn. They fought like warrior poets. They fought like Scotsmen. And won their freedom."

  • Dieser Text wurde von einer 17-jährigen verfasst.

    Mal ganz ernsthaft: Eine Siebzehnjährige, die so etwas schreibt, verdient meinen Respekt (das sage ich auch als Deutschlehrer, der z. T. ganz andere Sachen liest/lesen muß). Vor allem dieser Satz gefällt mir gut:

    Zitat

    Zum Schluss wird mindestens ein Paar nach Höhen und Tiefen endlich miteinander verheiratet und in das Leben entlassen.

    Das Wesentliche eines Liebesromans schlicht und klar auf den Punkt gebracht. Vielleicht sollte auch ich mal etwas von Jane Austen lesen...?!

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Mal ganz ernsthaft: Eine Siebzehnjährige, die so etwas schreibt, verdient meinen Respekt (das sage ich auch als Deutschlehrer, der z. T. ganz andere Sachen liest/lesen muß).

    Hm, also ich weiß nicht, ob ich dir da zustimmen kann. Meine elfjährige Schwester, der ich diese Rezension soeben zeigte, hat sich jedenfalls am Boden gewälzt vor Lachen. Ja, es sind ein paar recht luzide Beobachtungen dabei, wie der von dir zitierte Satz, aber die Einlassungen der Rezensentin zum Schreibstil ("ist immer der Gleiche", diese ständigen Nomen, an die man sich erst gewöhnen muss etc.) halten meinen Respekt schon sehr in Grenzen. Und ich bin noch nicht allzuweit entfernt von jenem Alter. Dass du als Deutschlehrer freilich noch ganz andere Dinge lesen musst, glaube ich dir zwar unbedingt, ist aber meiner Meinung kein zureichender Grund, dieser Rezension die unfreiwillige Komik abzusprechen.

    Womit die Rezensentin, falls sie das hier einmal lesen sollte, keineswegs vom Rezensieren abgehalten werden sollte! Es ist ja noch kein Meister vom Himmel gefallen und mit etwas Übung ist da sicher noch was zu machen (jedenfalls mehr als bei der Droste-Hülshoff-Rezension... :stumm: ).

    Liebe Grüße,
    Areios

    P.S.: Ich finde allerdings die Bronte-Schwestern noch weitaus interessanter als Jane Austen, obschon sie (insbesondere Anne und von ihr insbesondere mein Liebling "The tenant of Wildfell Hall") einen geringeren Bekanntheitsgrad aufzuweisen scheinen. Im Gegensatz zu Jane Austens Romanen lassen sich deren Werke nämlich nicht auf "Zum Schluss wird mindestens ein Paar nach Höhen und Tiefen endlich miteinander verheiratet und in das Leben entlassen" reduzieren, wenngleich es auch hier selten ohne Heirat abgeht, sondern sind sehr eigenständige und bisweilen auch eigensinnige Beiträge zur englischen Literatur des 19. Jahrhunderts. Stoffe und Durchführung sprengten den damals akzeptierten Rahmen gerne, wobei der kompositorisch kühnste Roman wohl Emilys "Wuthering Heights" mit seinem bemerkenswerten Zeit- und Erzählermanagement ist.

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

  • Dass du als Deutschlehrer freilich noch ganz andere Dinge lesen musst, glaube ich dir zwar unbedingt, ist aber meiner Meinung kein zureichender Grund, dieser Rezension die unfreiwillige Komik abzusprechen.

    Tue ich gar nicht - aber ich habe nun einmal 17-22jährige Schüler/innen, bei denen ich schon begeistert wäre, wenn sie so alte Sachen lesen würden. Und dann noch freiwillig eine Amazon-Rezension! Mein Blickwinkel hier ist eben sehr - eigen.

    Da ich bislang weder etwas von Jane Austen noch einen Roman der Brontë-Schwestern gelesen habe, das aber schon lange mal vorhabe, wäre ich für Lesetips recht dankbar (einschließlich der Frage: Welche Übersetzung?). Da ich aber nicht des Grafen Faden zerfasern möchte - denn ihm geht es ja um anderes -, vielleicht an anderem geeigneten Orte...? (evt. hier?)

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Lieber Graf!

    "Wir sitzen doch alle im gleichen Boot, wenn auch auf verschiedenen Decks."

    Dein neuer Spruch ist nicht schlecht, dazu möchte ich bemerken, wie sitzen zwar auf verschiedenen Decks, aber

    "Wir sitzen so eng beisammen, dass wir uns gegenseitig gar nicht bemerken!"

    Liebe Grüße sendet Dir Peter aus Wien. :wink: :wink: :wink:

  • Ach, lieber Gurnemanz, ich weiß ja, daß es Schlimmeres gibt. Bitte nochmal genau den Einleitungsbeitrag lesen und bemerken wollen, daß es nicht darum geht, jemanden zur Schau zu stellen oder über die generelle Verfahrenheit der bildungspolitischen Situation in unserem (unseren? unseren!) Land zu debattieren.

    Und ganz rasch Jane Austen lesen, schon wegen der Sache mit der Komik und so...


    Alex :wink:


    "In the year of our Lord 1314 patriots of Scotland, starving and outnumbered, charged the field of Bannockburn. They fought like warrior poets. They fought like Scotsmen. And won their freedom."

  • Lieber Graf!

    "Wir sitzen doch alle im gleichen Boot, wenn auch auf verschiedenen Decks."

    Dein neuer Spruch ist nicht schlecht, dazu möchte ich bemerken, wie sitzen zwar auf verschiedenen Decks, aber

    "Wir sitzen so eng beisammen, dass wir uns gegenseitig gar nicht bemerken!"

    Liebe Grüße sendet Dir Peter aus Wien. :wink: :wink: :wink:


    Tja, lieber Peter, nie waren diese beide Sprüchlein so wahr wie heute. Und morgen werden sie noch wahrer werden, denn die Leute lesen einfach zu viel und unterhalten sich zu wenig. Oder die anderen...


    Dein Graf :wink: :wink: :wink:


    "In the year of our Lord 1314 patriots of Scotland, starving and outnumbered, charged the field of Bannockburn. They fought like warrior poets. They fought like Scotsmen. And won their freedom."

  • [...] über die generelle Verfahrenheit der bildungspolitischen Situation in unserem (unseren? unseren!) Land zu debattieren.

    Um Himmelswillen, das war meine Absicht mitnichten!!

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Um Himmelswillen, das war meine Absicht mitnichten!!


    Und was lesen denn Deine Nichten so? Ob siebzehn oder elf, sie sollen alle mal über Jane Austern schreiben, dann werden wir schon sehen... ;+)


    "In the year of our Lord 1314 patriots of Scotland, starving and outnumbered, charged the field of Bannockburn. They fought like warrior poets. They fought like Scotsmen. And won their freedom."

  • RE: "Dieser Roman fängt an wie ein Buch..." - Drollige Rezensionen aus eher ungeübter Hand


    Wer sich hingegen selbst veröffentlicht, den wird man wohl auch rezipieren mögen.

    Das sehe ich ebenso. Als Leser von Kundenkritiken darf man sich auch mal zur Wehr setzen. Was lese ich zu Glattauers "Alle sieben Wellten"?

    Man befindet sich stets an einer Kreuzung zwischen Lachen und Weinen, lächelnd liest man das Buch, die Augen gleichzeitig tränengefüllt...

    Es scheint doch eher ein Kreisverkehr zu sein ...

    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Bemerkenswerter Apell

    Dies ist ein Auszug einer anderen Rezension der besagten 17jährigen Austen-Freundin, aber nicht nur Austen - hier geht es um Sophokles ` Antigone`

    @ Gurnemanz: Noch ist die Jugend nicht verloren!

    Zitat

    ...Die perfekte griechische Tragödie meiner Meinung nach. Nicht viele Werke sind für die Nachwelt von Sophokles gut erhalten geblieben doch dieses hier ist eines der wenigen, die man noch schätzen darf in der heutigen Zeit. Tragödien gibt es überall auch heute noch und daher hat dieses Werk kaum an Aktualität verloren, selbst wenn antik oder griechisch und andere Lebensbedingungen, in die heutige Zeit umgesetzt kann es immernoch solche Dramen, die so tragisch enden, geben. Empfehlenswertes Stück, das nicht vergessen werden darf und nicht allzu schwer zu lesen ist. In einem Tag kann man diese 80 Seiten durchlesen und daher appelliere ich mal wieder an die Jugend: LIEBE JUGENDLICHE, GREIFT ZU BÜCHERN. LESEN IST NICHT UNCOOL, LESEN MACHT BELESEN UND ERHABEN, DENN WELCH JUNGER MENSCH MÖCHTE NICHT DIE TORE ZU EINER ANSTÄNDIGEN UND GEPFLEGTEREN SPRACHE GEÖFFNET BEKOMMEN? DURCH LESEN KANN MAN SICH IM MÜNDLICHEN BESSER AUSDRÜCKEN UND IHR, JA GENAU IHR, SEID DIE ERBTRÄGER DER WEITEREN LITERATUR. OHNE EUCH WIRD DIE LITERATUR IRGENDWANN AUSSTERBEN UND DESHALB: LEST, LERNT, SCHREIBT, SCHADEN WIRD ES NIE.

    Was auch immer sie für Probleme mit den komischen Nomen haben mag, das Mädel gibt nicht auf und liest!

    :wink:

    "Eine Semmel enthält 140 Kalorien, 700 Semmeln pro Jahr ergeben 98000 Kalorien,
    diese benötigt man, um eigenhändig 1 Elefanten 9 Zentimeter weit zu tragen. Aber wozu?"
    (Loriot)

  • Tragödien gibt es überall auch heute noch und daher hat dieses Werk kaum an Aktualität verloren, selbst wenn antik oder griechisch und andere Lebensbedingungen, in die heutige Zeit umgesetzt kann es immernoch solche Dramen, die so tragisch enden, geben.

    Den Satz verstehe ich nicht...


    DENN WELCH JUNGER MENSCH MÖCHTE NICHT DIE TORE ZU EINER ANSTÄNDIGEN UND GEPFLEGTEREN SPRACHE GEÖFFNET BEKOMMEN?

    Ich fürchte, da gibt es verdammt viele...

    ?

  • Den Satz verstehe ich nicht...

    Er ist jedenfalls ein Beispiel für Inkonzinnität, was ja in der antiken Rhetorik ein nicht unbeliebtes Stilmittel ist... ;+) Man könnte sogar Anakoluthismus wittern.

    Die Aufforderung zum Lesen macht die mir unbekannte Rezensentin jedenfalls sympathisch. Es ist doch schön, dass wenigstens sie sich die Tore zu einer gepflegten und anständigen Sprache öffnen will, und die Nomen wird sie dann auch noch in den Griff kriegen!

    Liebe Grüße,
    Areios

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

  • @ Gurnemanz: Noch ist die Jugend nicht verloren!

    :thumbup:

    Aufrichtiges Bemühen um eine gute Sache wird man der jungen Rezensentin nun wahrlich nicht absprechen können. Und darauf kommt es letzlich doch an!

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Ein A. Jungblut beeindruckt mich so sehr, dass ich euch keine Zeile ersparen möchte - durch und durch

    Zitat

    Gut gegen Nordwind, war schön, und, v.a., gut - aber das Ende mehr als Gedanken- und Herzzerreißend. Deswegen war und ist es für alle Liebhaber eines Happy Ends, einer über kurz oder lang tollen Geschichte unabdingbar, "alle sieben wellen" zu lesen.

    Mit den Protagonisten erlebt man gute zeiten, schwere zeiten, schöne zeiten. Durch und durch.

    Wenn man die letzten Seiten gelesen hat, und das Buch schließt, hat sich ein Dauergrinsen eingestellt und einem ist ganz warm ums Herz :)

    Hier hat die gedankenzerreißende Rezension eines kurz oder lang tollen Rez. ein Dauergrinsen zur Folge. Das Schlimme ist - ich glaube ihm. Schöne Zeiten ...

    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Aufrichtiges Bemühen um eine gute Sache wird man der jungen Rezensentin nun wahrlich nicht absprechen können. Und darauf kommt es letzlich doch an!


    Gurnemanz, sie ist einfach die Größte! Jeder Schüler, der im Status seiner herannahenden Volljährigkeit drei beliebige Nomina der deutschen Schriftsprache in einen selbsterstellten Satzzusammenhang einbetten kann, in irgendeinen Satzzusammenhang, ob wir ihn nun verstehen oder nicht, ob er verständlich sein kann oder nicht, gebührt auf den Knien unserer Herzen, um mal mit Kleist zu fabulieren, unser unendlicher Respekt, unsere ungeteilte Anbetung, unsere tränenüberströmte Dankbarkeit.

    Und JA! Du hast natürlich recht. Auf das Bemühen kommt es an! Und nicht auf das Gelingen. Die Ungeheuerlichkeit der Herausfordung, sich für andere auch bloß halbwegs nachvollziehbar kundtun zu können, bedingt das sozureden schon im Nomen. Da alle anderen Siebzehnjährigen mit Sprache schließlich so überhaupt nichts mehr zu tun haben wollen, nichteinmal ihren Nachnamen in unfallfreien gedanklichen Bezug zu ihrem Vornamen setzen können, da die Bänke der Universitäten mittlerweile verwaist sind, die Deutsch-Leistungskurse mit dauersimsenden Analphabeten vollgestopft, ist unsere siebzehnjährige Rezensentin selbstverständlich eine einsam auf dem Gipfel stehende Ruferin, und in dieser ihrer Eigenschaft verdient sie alle Achtung, die wir aus den Winkeln unsrer harten, überbildeten und damit unmenschlich gewordenen Herzen noch zusammenkratzen können.

    Nichts gegen jugendliches Sendungsbewußtsein, aber mich regt übrigens so langsam der im Netz offensichtlich ubiquitäre Dauerverweis auf das eigene blutjunge Alter auf, wenn es um Dinge geht, die ausnahmsweise einmal nicht gestern oder vorgestern passiert sind. Bei YouTube liest man vielfach: "Hey, ich höre Rolling Stones, und ich bin erst zehn Jahre alt, aber Gott weiß, ich weiß, was gute Musik ist, weißt Du?, und ich hasse die Jonas Brothers und Justin Bieber, und ich bin doch erst neun Jahre alt, aber mein Vater hat mir schon als Säugling die Platten der guten alten Bands gegeben, und ich danke dem großen Gott mit seinem Soul, daß ich, obwohl ich erst acht Jahre bin, das höre und nicht den Dreck, der heute so gespielt wird..."

    Diesen Stolz hat eben auch unsere Jane-Austen-Leserin. "Gut gemeint" ist sicher nicht das Gegenteil von "gut gemacht", wie man gern etwas böse sagt, aber ein wenig müssen wir uns alle doch auch nach dem richten, was am Ende dabei rumkommt. Nicht nur die Lütte vom Areios, auch ich kenne Kinder oder Jugendliche, die sehr wohl über bestimmte Bücher sagen können, was sie denken, und bei denen das nicht mit Verbalfrakturen im Literaturkrankenhaus endet. Überleg mal, Gurnemanz, ob es nicht manchmal ehrlicher ist, lieber mit einem wohlverstandenen Harry Potter unter dem Arm durch ein unprätentiöses, dafür allerdings anderen verständliches Leben zu paddeln, als sich mit verschrobenen Federn zu schmücken, die einen im eigenen Halbdünkel eher wie eine dumme Gans aussehen lassen. Und ob unfreiwillige Komik nicht gerade dadurch zustande kommt, sich die Meßlatte ein paar Nummern zu hoch zu legen, und zwar ohne Not! Hätte sie geschrieben, wie sie vermutlich spricht, Jane Austen hätte sophokleische oder sogar griechische Nomina verwenden können und nichts wäre geschehen. :D

    Auch ich habe dennoch alle Siebzehnjährigen herzlich gern, die überhaupt einmal zu Austen oder Sophokles die durchtechnisierten Fingerchen recken. Und auch ich weiß, daß man irgendwann mal üben muß, gescheit daher zu quasseln. ;+) Das versteht sich. Nur das andere, was ich gerade sagte, eben auch. Oder? Wir machen schließlich niemanden herunter, treuherziger Gurnemanz, sondern wir lächeln mit einem tränenüberströmten Dauergrinsen gelegentlich ob des einen oder andern Lattenabwurfs. "Wenn es einen Anlaß zum Scherzen gibt, schmunzle ich gern einmal..."


    Dein Graf :wink:


    "In the year of our Lord 1314 patriots of Scotland, starving and outnumbered, charged the field of Bannockburn. They fought like warrior poets. They fought like Scotsmen. And won their freedom."

  • Und ob unfreiwillige Komik nicht gerade dadurch zustande kommt, sich die Meßlatte ein paar Nummern zu hoch zu legen, und zwar ohne Not!

    Ja, natürlich! Auch meine Deutschlehrerin pflegte bei ähnlich gearteten Unfällen (wir mussten im Unterricht ja Rezensionen und dgl. verfassen) stets zu raten, sich nicht ambitionierter auszudrücken als man könne; und die Erkenntnis der eigenen Möglichkeiten ist halt auch eine Kunst, die nicht jeder beherrscht oder manche erst lernen müssen.

    Liebe Grüße,
    Areios

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

  • Das eigentlich Drollige an der Schreibe unserer kleinen Jane-Austen-Rezensentin ist für mich, daß sie, sobald sie ein als gehaltvoll geltendes Buch aufgeschlagen hat, sich gleich schon im Besitz überirdischer Reichtümer und Wahrheiten zu wähnen und sich als Künderin dieses kostbaren je ne sais quoi an ihre Generation zu sehen scheint. Das ist natürlich auch immens liebenswert, gar keine Frage. Mir war es nur nochmal darum zu tun festzustellen, daß man auch über sprachliche Versehen lächeln kann, ohne den Urheber derselben damit respektlos zu behandlen.


    Liebe Grüße,

    Alex :wink:


    "In the year of our Lord 1314 patriots of Scotland, starving and outnumbered, charged the field of Bannockburn. They fought like warrior poets. They fought like Scotsmen. And won their freedom."

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