Franz Schubert - seine Lieder im Spiegel ihrer Interpret/innen

  • Und um auch mal eine Männerstimme hervorzuheben: Was Ian Bostridge aus Nacht und Träume macht verdient höchste Bewunderung. Viele Melodiephrasen verlangen da einen sehr langen Atem, er singt das so, als wäre Schwerelosigkeit das normalste auf der Welt.

    Das ist im wahrsten Sinne Musik in meinen Ohren - Bostridge ist meiner Meinung nach einer der interessantesten Liedsänger unserer Tage, und alles, was ich von ihm bis jetzt gehört habe, hat mich vollstens überzeugt.
    Seine Schubert-Interpretationen sind für mich das Optimum; er singt empfindsam, zerbrechlich, abgründig und mitreißend. Seine Winterreise ist grandios, noch besser gefällt mir aber fast der Schwanengesang; wie er da z.B. in Ihr Bild jedem Wort die sinngebende Färbung gibt, das ist sensationell in meinen Augen (Ohren...). Die erste Zeile "Ich stand in dunklen Träumen und starrt' ihr Bildnis an" ist unbewegt, fast ohne Vibrato, monochrom gesungen; dann aber, "als das geliebte Antlitz heimlich zu leben begann", färbt er den Beginn der neuen Zeile mit Leben, um auf dem Wort "heimlich" ein erregt-vorfreudiges Vibrato zu benutzen. Und so setzt sich das fort.
    Ich bin selbst immer wieder erstaunt über meine Bostridge-Affinität, weil ich gewöhnlich Männerstimmen nicht viel abgewinnen kann, aber bei ihm mache ich gerne eine weitläufige Ausnahme!

    Danke, Chris, für den Link!

    Und eh ichs vergesse: Ihr Bild ist nachzuhören auf folgender Scheibe mit grandios geschmackstechnisch verirrtem Coverbildnis:


    ...die es, wie ich gerade erfreut sah, verbilligt gibt!! Los, ran an die Bouletten! Es lohnt sich!!!

    "Nichts gleicht der Trägheit, Dummheit, Dumpfheit vieler deutscher Geiger."

    Max Bruch (1838-1920)

  • ...wird man feststellen, dass Price für jede ihrer Figuren eine eigene Haltung, eine eigene Farbe anbieten kann und auch die Ausgestaltung der einzelnen Teile der Lieder sowohl das Detail, als auch den Gesamtaufbau des Liedes berücksichtigt. Besonders schön sind, finde ich, die melancholisch zurückgenommenen Töne, die ganz natürlich wirken.

    Was Alviano hier trefflich beschreibt, gilt auch für diese Aufnahme von Margaret Price, die ich wärmstens empfehlen möchte:

    Mit ähnlich kristallklarer Stimme, wunderschöner Frische und Leichtigkeit singt Kathleen Battle Schubert:

    Dies war meine erste Berührung mit Schubertliedern während meiner Studienzeit.

    Beide hier vorgestellten Alben enthalten "Der Hirt auf dem Felsen", das ich aufgrund der Klarinette als zusätzliches Begleitnstrument besonders reizvoll finde.
    Hudebux

  • Gesamteinspielungen

    Wahrscheinlich geht es einigen so wie mir: diverse von Schuberts Hits und die Zyklen hat man zuhause x-mal auf Tonträgern, viele Lieder zumindest ein- bis zweimal. Nun hat Schubert aber an die 700 Lieder geschrieben. Ob ich die jemals alle hören werde bzw. will, weiß ich nicht, aber seit einiger Zeit verspüre ich doch ein enzyklopädisches Verlangen und könnte mir die Anschaffung einer Gesamteinspielung vorstellen. Zur Wahl stehen, soweit ich sehe, zweieinhalb Möglichkeiten. Zunächst die halbe:

    Fischer-Dieskau und Gerald Moore auf 21 CDs, aufgenommen 1966-72. Größtes Manko: das ist keine Gesamteinspielung. Es fehlen nicht nur die Lieder für Frauenstimme, sondern offenbar auch gar nicht so wenige für Männerstimme. Insgesamt sind 389 Lieder eingespielt, es fehlen also über vierzig Prozent. Zudem: Bei aller Wertschätzung für FiDi weiß ich nicht, ob ich wirklich 21 CDs mit ihm durchstehen werde. Kommt also eigentlich nicht in Frage. Der Preis allerdings ist wahrlich verlockend.


    Die Hyperion-Gesamteinspielung mit vielen verschiedenen Sängern (darunter Thomas Allen, Christine Schäfer, Ian Bostridge, Margaret Price, Felicity Lott, Simon Keenlyside, Janet Baker, Catherine Wyn-Rogers, Anthony Rolfe Johnson, Peter Schreier, Thomas Hampson, Brigitte Fassbaender, Stephen Varcoe, Lucia Popp, Christoph Pregardien, Arleen Auger, Matthias Goerne, Fischer-Dieskau, J.M. Ainsley, Juliane Banse, Gerald Finley, Susan Gritton, Mark Padmore) unter der Obhut des Pianisten Graham Johnson hat ein relativ großes Echo gefunden (40 CDs, Aufn. 1987-99). Für sie spricht aus meiner Sicht: Johnson, den ich von Tonträgern und aus Konzerten als großartigen Liedpianisten kenne. Und auch die von anderen bemängelte chronologische Anordnung der Lieder finde ich sehr sinnvoll. Allerdings scheint ein englischer Akzent bei allzuvielen Sängern vorzuherrschen, das schreckt mich ab. Und, eigentlich ein Ausschlusskriterium: der Preis. Die Box scheint es z.Zt. nicht unter 200 Euro zu geben, das ist mir entschieden zu viel.


    Die zwischen 1998 und 2008 entstandene Deutsche-Schubert-Lied-Edition von Naxos, auf 38 CDs. Spiritus rector und verbindendes Element auch hier ein Pianist, nämlich Ulrich Eisenlohr. Die Sänger sind: Roman Trekel, Michael Volle, Ulf Bästlein, Cornelius Hauptmann, Christian Elsner, Martin Bruns, Ruth Ziesak, Christoph Genz, Hanno Müller-Brachmann, Christiane Iven, Lothar Odinius, Marcus Ullmann, Wolfgang Holzmair, Markus Schäfer, Sibylla Rubens, Florian Boesch, Jan Kobow, Rainer Trost, Stefan Laux, Jens Fuhr, Burkhard Kehring u. a. Die kommt jetzt als Paket neu raus und soll bei jpc nur 90 Euro kosten. Hier überlege ich mir ernsthaft die Anschaffung. Allerdings habe ich auch hier Bedenken: Der Pianist ist mir ansonsten nicht bekannt. Die Sänger sind anscheinend alle deutscher Zunge, manche schätze ich sehr (Ziesak, Trekel, Volle...) - ob ich allerdings z.B. die mir von der Opernbühne bekannten Christiane Iven und Hanno Müller-Brachmann mit Schubert-Liedern hören will, weiß ich nicht. Ich besitze genau eine CD aus dieser Edition, mit Liedern nach Matthias Claudius u.a., wobei Wolfgang Holzmair und Ulrich Eisenlohr eher, naja, solide agieren. Im Gegensatz zur Hyperion-Edition scheinen die Liedtexte nicht beizuliegen, die kann man sich allerdings anderweitig verschaffen. Das Ordnungsprinzip der CDs ist mir nicht ganz klar, meist wohl nach den Dichtern bzw. literarischen Stilrichtungen.

    Ich kämpfe mich demnächst mal durch diverse Hörschnipsel. Für Meinungen und Urteile insb. zur Naxos-Edition, aber auch zu den beiden anderen Boxen wäre ich dankbar.


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Lieber Bernd,

    ich habe mir vor Jahren die (chronologische) Hyperion-Box zugelegt. Die chronologische Ordnung hat mich zunächst ein wenig befremdet, aber sie ist auch ein Anreiz zum Durchhören.

    Englischer oder welcher Akzent auch immer hat mich nicht gestört bzw. ist mir kaum aufgefallen. Da es pro CD auch verschiedene Interpreten gibt, ist für Abwechslung gesorgt.

    Interssant finde ich zudem, dass es 3 CDs mit Werken von Zeitgenossen und Freunden zum Vergleich gibt, darunter Beethoven, An die ferne Geliebte, mit Mark Padmore.

    Zu der Box gehört auch ein dickes Textbuch, das von etlichen Registern erschlossen wird. (Wermutstropfen dabei: die Register sind noch kleiner gedruckt als die Texte ...)


    lg vom eifelplatz, Chris.

  • Hallo Bernd,

    Ulrich Eisenlohr ht sich besonders als Begleiter von Ruth Ziesack profiliert. Die Herren Stefan Laux, Jens Fuhr und Burkhard Kehring singen hoffentlich nicht. Sie assistieren der recht prominenten Sängergilde am Klavier. Ich kenne diese Edition noch nicht, werde sie mir jedoch zulegen, weil mich der so unterschiedliche sängerische und pianistische Zugang zu Schuberts Liederkosmos sehr reizt. Die Crux an der so genannten Gesamtaufnahme des Duos Fischer - Dieskau / Gerald Moore liegt natürlich darin, dass selbst der Hohepriester des Liedgesangs die Frauenlieder Gott sei Dank nicht berücksichtigt hat. Ähnlich verhält es sich ja mit seiner Einspielung der Balladen und Lieder Carl Loewes : Dessen " Frauenliebe und -leben " z. B. blieb ebenfalls außen vor. Eine weise Entscheidung, finde ich.

    Ciao. Gioachino

    miniminiDIFIDI

  • Neu war für mich, wie unglaublich toll Lucia Popp Schubert-Lieder singt,

    Eine ausgezeichnete Interpretin von Schubert-Liedern ist die englische Mezzosopranistin Janet Baker. I

    Margaret Price gehörte zu den Sängerinnen, die nicht nur im Opernfach Karriere gemacht haben, sie trat auch immer wieder als Interpretin von Liedern positiv in Erscheinung: Brahms, Mendelssohn, Strauss, Schumann und, fast möchte man sagen: natürlich, Schubert gestaltete sie mit der Schönheit ihrer leicht silbern schimmernden Sopranstimme und erwies sich dabei immer als eine am Wort arbeitende Sängerin.

    Die zwischen 1998 und 2008 entstandene Deutsche-Schubert-Lied-Edition von Naxos, auf 38 CDs. Spiritus rector und verbindendes Element auch hier ein Pianist, nämlich Ulrich Eisenlohr. Die Sänger sind: Roman Trekel, Michael Volle, Ulf Bästlein, Cornelius Hauptmann, Christian Elsner, Martin Bruns, Ruth Ziesak, Christoph Genz, Hanno Müller-Brachmann, Christiane Iven, Lothar Odinius, Marcus Ullmann, Wolfgang Holzmair, Markus Schäfer, Sibylla Rubens, Florian Boesch, Jan Kobow, Rainer Trost, Stefan Laux, Jens Fuhr, Burkhard Kehring u. a.


    Price und Popp sind auch für mich, was das Schubertlied betrifft, das Maß aller Dinge, so unterschiedlich sie sind. Mit Janet Baker kann ich indes weniger anfangen, das klingt mir oft ein bisschen zu kunstfertig und gewollt (kein Wunder, dass Fischer-Dieskau das mochte). Ist wohl Geschmacksache, weniger ein Qualitätsurteil. Beispiel: "Nacht und Träume" dauert bei Baker mehr als viereinhalb Minuten und damit viel länger als bei Margaret Price oder auch - eine ganz andere, sehr gradlinige Wiedergabe - bei Brigitte Geller in der Naxos-Edition (Folge 15: "Schuberts Freunde II"). Das Lied zerfällt bei Janet Baker, finde ich, in zu viele einzelne Töne, verliert seinen schwebenden Charakter.

    Was Ulrich Eisenlohr betrifft: Die editorische Leistung ist bewundernswert, in der Auswahl der Sänger hat er oft eine glückliche Hand bewiesen, aber seine Klavierbegleitung ist meist eher solide, setzt wenig eigene Akzente; kein Vergleich etwa zu Gage, Graham Johnson, Sawallisch oder Aribert Reimann ("Winterreise" mit BarryMcDaniel).

  • Vielen Dank an Chris, Gioachino und Pedrillo für die sachdienlichen Hinweise :). Ich muss nochmal drüber nachdenken. Die Hyperion-Box wäre mir schon lieber als diejenige von Naxos (vor allem auch wegen Johnson), aber sie ist halt nicht gerade billig, zumal...

    Zu der Box gehört auch ein dickes Textbuch, das von etlichen Registern erschlossen wird. (Wermutstropfen dabei: die Register sind noch kleiner gedruckt als die Texte ...)

    ...auch die Anschaffung einer Lesebrille kurz bevorsteht 8| ;+).


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Und hier wird man Gerhaher/Huber mit der Winterreise hören können:

    Heute + demnächst im Radio

    Matthias

    "Bei Bachs Musik ist uns zumute, als ob wir dabei wären, wie Gott die Welt schuf." (Friedrich Nietzsche)
    "Heutzutage gilt es schon als Musik, wenn jemand über einem Rhythmus hustet." (Wynton Marsalis)
    "Kennen Sie lustige Musik? Ich nicht." (Franz Schubert)
    "Eine Theateraufführung sollte so intensiv und aufregend sein wie ein Stierkampf." (Calixto Bieito)

  • Naxos

    Lieber Bernd,

    angeregt von Deiner Frage hier, habe ich mir die Naxos-Schubertlied-Edition zugelegt und höre mich nun durch die 38 CDs.

    Aber erstmal möchte ich noch einen Schritt zurück gehen, bevor ich einige, kleinere Anmerkungen zu dem blauen Würfel aus dem Hause Naxos machen will.

    An Dietrich Fischer-Dieskau kommt man nicht vorbei, wenn man sich mit dem Liedschaffen von (auch) Franz Schubert beschäftigt. Hier natürlich besonders interessant, dass man den Sänger über die gesamte Länge seiner Karriere verfolgen und die Entwicklungen miterleben kann (was insebsondere auch für die Zusammenarbeit mit Gerald Moore gilt). Bei der Liedsammlung, die bei der DGG veröffentlicht wurde, empfiehlt es sich, diese nicht am Stück zu hören - nach etwa dem 100sten Lied kommt einem der Vortrag des auführenden Baritons doch etwas arg artifiziell vor und plötzlich hört man eher auf die Manierismen und auf jene Elemente, die nicht so gelungen sind, als das man der Interpretation noch mit der gleichen Begeisterung zu Folgen vermag, wie das 50 Lieder vorher noch der Fall war.

    Was mir bei der Hyperion-Ausgabe richtig Spass gemacht hat, ist die chronologische Abfolge der Lieder - auch, wenn das zu der Situation führt, dass die "Winterreise" in ihrer Mitte unterbrochen und erst später fortgesetzt wird. Ausserdem hat es mir viel Spass gemacht, ganz unterschiedliche Sängerinnen und Sänger erleben zu können, davon einige, die man nicht unbedingt freiwillig mit Schubert hören möchte, ich denke da z. B. an Elizabeth Conell oder Christine Brewer, wo aber die Liedauswahl für diese Stimmen passt und sich die Sängerinnen als recht disziplinierte Interpretinnen erweisen (was übrigens auch für z. B. Philip Langridge gilt). Nicht jeder Sänger, nicht jede Sängerin ist akzentfrei - mich hats nicht so gestört. Ebensowenig, wie der Umstand, dass hier mache/r Mitwirkende/r zum Aufnahmezeitpunkt schon etwas älter war. Wobei z. B. Elly Ameling noch immer eine klare, helle Sopranstimme einbringen kann und auch Peter Schreier keineswegs angegriffen klingt. Besonders bewegend fand ich die Aufnahmen mit Brigitte Fassbaender oder auch Arleen Augér. Von der jüngeren Generation vertreten: Christine Schäfer, Matthias Görne oder Ian Bostridge. Ganz subjektiv: mir macht diese Box viel Spass - und ich würde sie auch weiterempfehlen. Das Beiheft mit allen Texten ist gut gemacht - allerdings tatsächlich selbst mit Lesebrille (ich bin ja nun auch schon 50) eine Herausforderung.

    Die Naxos-Ausgabe verzichtet zwar auf die Beifügung der Gesangstexte, diese wären aber für den Interessenten übers Internet downloadbar. Aufgebaut ist die Box nach Themen - oder genauer: nach den Dichtern -, was auch einen ganz eigenen Reiz hat. Musikalisch etwas Licht und dann doch viel Schatten - es geht los mit den Zyklen und zuerst darf sich Tenor Christian Elsner an der "Müllerin" versuchen, Ulrich Eisenlohr begleitet am "Steinway". Elsner verfügt über eine klare Diktion, neigt aber manchmal zur Überbetonung einzelner Worte, mitunter fehlt ihm die Leichtigkeit für einzelne Passagen und immer wieder muss er zuviel Kraft in die Tonbildung investieren, was zu unschönen Ergebnissen führt. Dass er im Einzelfall nur noch fast ins Sprechen verfällt, soll zumindest erwähnt werden. Eisenlohr begleitet eher solide, da wäre manchmal etwas mehr Zug wünschenswert, insgesamt keine schlechte Aufnahme, aber die Konkurrenz zwischen Aksel Schiötz, Fritz Wunderlich, Peter Schreier, Francisco Araiza oder auch Ian Bsotridge (um nur einige Fachkollegen von Elsner zu nennen) ist doch enorm gross - und die haben es allesamt besser gemacht.

    Absolut konkurrenzfähig dann die "Winterreise" mit Roman Trekel und wiederum Ulrich Eisenlohr als Begleiter. Trekel ist in jeder Phase beeindruckend, er kann innerhalb eines einzelnen Taktes die Stimme problemlos seiner Interpretation anpassen, das macht mehr als einmal Staunen, wie gut Trekel diesen Zyklus beherrscht. Auch Eisenlohr bietet hier eine mehr als ordentliche Begleitung, sicher eine CD, die man gerne öfter hören möchte.

    Grundsolide dann Michael Volle und Ulrich Eisenlohr mit dem "Schwanengesang" (ergänzt um drei weitere Lieder auf Texte von Ludwig Rellstab).

    Auf der vierten CD mit Goethe-Vertonungen wirds dann allerdings schlimm: das, was Bariton Ulf Bästlein, etwas unengagiert von Stefan Laux am Flügel begleitet, hören lässt, muss man nicht auf CD haben. Eine spröde, unattraktive Stimme müht sich nicht immer mit Erfolg um die Wiedergabe korrekter Tonhöhen - und das bei Liedern, die sehr bekannt sind. Interpretatorisch ist das unterdurchschnittlich.

    Besser dann wieder die fünfte CD, auch hier Goethe-Lieder, diesmal mit Ruth Ziesak und Christian Elsner, begleitet von Ulrich Eisenlohr. Ruth Ziesak ist immer noch eine ordentliche Liedinterpretin, der man gerne zuhört, Christian Elsner gibt hier mehr den Stichwortgeber. Der Pianist begleitet routiniert.

    Wenn man Spass an unbekannteren Stimmen hat, wir man auch an der CD mit Johannes Kalpers Gefallen finden. Er singt nochmal Goethe-Lieder auf der 6. CD (u. a. auch den "Erlkönig", was man vielleicht doch einer charakteristischeren Stimme anvertraut hätte). Kalpers verfügt über einen hellen, etwas eindimensionalen Tenor, der sich seiner Aufgabe zwar ein wenig blass, aber doch mit Geschmack entledigt. Burkhard Kehring begleitet gut - da sind deutlich stärkere Akzente hörbar, als beispielsweise bei Stefan Laux.

    Auf der 7. CD dann Schiller-Lieder. An denen versucht sich Bariton Martin Bruns, von Ulrich Eisenlohr begleitet. Martin Bruns gehört für mich auch in die Kategorie jener Stimmen, die ich mit Schubert-Liedern auf keiner CD brauche, unstete Tongebung, wenig elegant, interpretatorisch blass.

    Das nur als Eindrücke des bisher Gehörten, natürlich ist der Preis der Kassette mit unter € 100,00 sehr günstig. Aber allein die pianistische Leistung von Graham Johnson bei Hyperion ist jeden Euro wert, das ist bei Naxos eher nicht so.

    :wink:

    Der Kunst ihre Freiheit

  • vor etwa 30 jahre muß peter schreier mehrere LPs mit schubertlieder aufgenommen haben.
    sind die je auf CD ausgebracht worden???

    die frauenlieder von schubert sind (teils???) bei DGG damals als volume 1 erschienen. gesungen wurden sie durch gundula janowitz und irwin gage begleitete sie am klavier. diese LP-box ist auf CD erschienen.
    u.a. findet man dort die schönste ausführung vom "ave maria", die ich je gehört habe. und DAS will was sagen.

    lg, paul

    ps eine sache verstehe ich nicht: als damals die dieskau/moore schubert-LPs (25 wenn ich mich nicht irre) in zwei blauen boxen ausgebracht wurden, wurde dabei gesagt, daß hierauf ALLE lieder von schubert standen, mit ausnahme von den liedern, die spezifisch für frauenstimme waren.
    kann bernd das vllt erklären???

    Wirklich schöne Musik rührt

  • Janowitz hat 4 CDs mit "Frauenliedern" (vermutlich waren das 5-6 LPs), keine Ahnung wie vollständig das ist, da es ja auch etliche Lieder gibt, die oft sowohl von Frauen als auch Männern gesungen werden. Es ist jedenfall ziemlich rares Zeugs dabei, das mir auf typischen Anthologien sonst nicht begegnet ist.

     

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Janowitz hat 4 CDs mit "Frauenliedern" (vermutlich waren das 5-6 LPs), keine Ahnung wie vollständig das ist, da es ja auch etliche Lieder gibt, die oft sowohl von Frauen als auch Männern gesungen werden. Es ist jedenfall ziemlich rares Zeugs dabei, das mir auf typischen Anthologien sonst nicht begegnet ist.

     


    es ist/war eine rote LP-box mit 6 (falls ich mich nicht irre) LPs.

    Wirklich schöne Musik rührt

  • Für die "Frauenlieder" gibt oder gab es eine 3-Cd Box (also gar nciht so wenige!) mit Gundula Janowitz, die allerwärmstens zu empfehlen ist. Das Ave Maria -Ellens Gesang habe ich von Konserve nie schöner und un-abgenudelter bzw inniger gehört.

    Ich zitiere mich obenselbst: die Box mit Gundula Janowitz befindet sich in meinem Besitz und sie ist ausserordentlich empfehlenswert. "Rares Zeug", wie der Kater es ausdrückt, gibt es darauf tatsächlich aber bei 600 Liedern wird das eine oder andere immer eher rar bleiben. ;+) Ich finde besonders amüsant das Frauenlied "Die Männer sind mechant" wobei mechant (frz: böse, garstig) deutsch ausgesprochen und auch deutsch gereimt wird. Dieses Lied vermittelt eine Art von Humor , die bei Schubert eher selten anzutreffen ist.

    Price und Popp sind auch für mich, was das Schubertlied betrifft, das Maß aller Dinge, so unterschiedlich sie sind.

    Das "Mass aller Dinge" zu finden, fällt mir bei Schubert-Liedern trotz Christian Gerhaher/Gerold Huber besonders schwer. Es gibt so viele verschiedene Interpretationen, die Alle irgendetwas für sich haben. Es hängt bei mir auch oft stark vom jeweiligen Lied ab, wer da die mich am meisten überzeugendste oder berührendste Interpretation liefert. Bei "Seligkeit" kann niremand mit Elly Ameling mithalten, "Auf dem Wasser zu singen" habe ich noch nicht besser als von Margaret Price gehört, Ian Bostridge, den ich live mit Schubert als sehr enttäuschend erlebt habe, singt auf seiner Schubert CD(mit Leif Ove Andsnes) selbst ein schweineschweres Lied wie "Auf dem Strom" einfach wunderbar, Janowitz und das Ave Maria, Kipnis Erlkönig, Souzays und Hotters Winterreise etc etc.
    In der Michael Raucheisen Edition finden Freunde alter Aufnahmen auch eine wahre Schubert-Schatzkiste.
    Die lohnt sich aber nciht nur wegen Schubert. :juhu:
    Ich habe keine Gesamtausgabe udn bin auf die Urteile zu der Naxos-Edition gespannt.
    einen schönen Adventssonntag allen Schreibern und Lesern :fee:

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Gundula Janowitz

    Längere Zeit gab es die Schubert-Lieder mit der Sopranistin Gundula Janowitz und dem Pianisten Irwin Gage als recht preiswerte Ausgabe exklusiv bei "2001" auf 4 CDs. Die Aufnahmen stammen aus 70er Jahren des letzten Jahrhunderts und zeigen Gundula Janowitz in bester, stimmlicher Verfassung. Mir hat der leicht verschattet klingende Sopran von Gundula Janowitz immer sehr gefallen, eine der Stimmen, die nach wenigen Tönen problemlos zuzuordnen sind, allerdings auch einhergehend mit einer gewissen Wortunverständlichkeit, was vielleicht bei Liedinterpretationen noch etwas schwerer wiegt, als bei ihren Opernpartien. In der Ausgabe von "2001" fehlen die Liedtexte, da Janowitz hier auch unbekanntere Stücke einspielt, wäre die Beifügung der Texte wünschenswert gewesen. Aber natürlich singt sie auch viel bekanntes, "Gretchen am Spinnrad" fehlt genauso wenig wie die "Suleika" oder die Gesänge der Ellen, schön allerdings, dass auch aus der ersten Zeit, in der Schubert Lieder komponierte, hier einige vertreten sind, so z. B. das umfangreiche Stück "Hagars Klage", das schon fast eher eine kleine Opernszene, denn ein Lied ist. Begleiter Irwin Gage gehört klar zu den besten Pianisten in Sachen Liedbegleitung (für den "Hirt auf dem Felsen" kommt noch Ulf Rodenhäuser als Klarinettist dazu), wenn man also die persönlich gefärbte Stimme der Janowitz mag, wird man an ihrer Interpretation von Schubert-Liedern viel Freude habe.

    Der Kunst ihre Freiheit

  • NB: in den oben von mir verlinkten DG Duo Ausgaben sind die Liedtexte enthalten; ich weiß nicht, ob die 2001-Auflage überhaupt noch im Handel ist.

    Ansonsten hat folgende Seite sehr viele Liedtexte:

    "http://www.recmusic.org/lieder/"

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Vielen Dank, lieber Alviano, für die tiefen Einblicke in die Naxos-Box - von deren Kauf ich jetzt endgültig absehe. Ich greife jetzt erstmal zu FiDi/Moore, da ich eh relativ viele Aufnahmen mit Sängerinnen besitze (darunter auch die genannten mit Janowitz/Gage).


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • vor etwa 30 jahre muß peter schreier mehrere LPs mit schubertlieder aufgenommen haben.
    sind die je auf CD ausgebracht worden???

    Gegen Ende der 70er sind , soweit ich weiß, insgesamt 5 Schubert-LPs mit Peter Schreier bei DG (Müllerin und Schwanengesang) und Eurodisc (Drei Auswahlplatten, irgendwie nach Dichtern geordnet) erschienen, jeweils mit dem Pianisten Walter Olbertz in Zusammenarbeit mit Eterna/DDR. Das ist, abgesehen von der etwas hölzernen Klavierbegleitung, teilweise Schubert vom Feinsten, vor allem die Platte mit Liedern von Rückert, v.Platen, Collin und Rellstab mit einem wunderbaren "Auf dem Strom" mit dem Hornisten Peter Damm. Obwohl Schreier ja keine überaus variantenreiche Stimme und auch kein atemverschlagendes Stimmaterial hatte, beeindruckt die vorbildliche Textarbeit, wobei Schreier aber nie - anders als etwa Fischer-Dieskau - ausdrucksmäßig "übersteuert" und musikalische Proportionen wahrt. So gefällt mir Schreiers durchaus nicht undramatische Version vom "Zwerg" weit besser als die von Fi-Di. Bei Liedern wie "Die Allmacht" oder auch im "Schwanengesang" gerät Schreier an stimmliche Grenzen, und manche Lieder von Hölty, Kosegarten und auch von Goethe geraten einen Tick zu biedermeierlich-schlicht; das ist aber immerhin auch ein wichtiger Bestandteil in Schuberts Musik.

    Obs CDs davon gibt? Keine Ahnung - wär sicherlich eine gute Sache...

    Das "Mass aller Dinge" zu finden, fällt mir bei Schubert-Liedern trotz Christian Gerhaher/Gerold Huber besonders schwer. Es gibt so viele verschiedene Interpretationen, die Alle irgendetwas für sich haben. Es hängt bei mir auch oft stark vom jeweiligen Lied ab, wer da die mich am meisten überzeugendste oder berührendste Interpretation liefert.

    Das ist so natürlich auch irgendwie richtig; auch bei Margaret Price gibt es Lieder, die in mich in anderen Interpretationen noch mehr überzeugen, aber in der Summe kann ich unter den vielen Veröffentlichungen nichts finden, was mich mehr oder intensiver anspräche.

    Mit den hier vielgelobten Versionen von Gundula Janowitz kann ich zum Beispiel weniger anfangen; der Text gerät, finde ich, allzusehr zur Nebensache, es geht oft hauptsächlich um die schöne Tonproduktion (und die ist sehr schön, keine Frage), das erscheint mir oft eher oberflächlich.

  • Naxos

    Zwischenzeitlich habe ich insgesamt 23 CDs der Naxos-Ausgabe gehört und so richtige Begeisterung stellt sich nicht ein. Immer noch reizvoll ist die Zusammenstellung nach Dichtern - wobei es keinen Grund dafür gibt, zwei CDs mit Mayrhofer-Liedern (No 11 und 12) zu produzieren, um dann wiederum Mayrhofer-Lieder auch auf der CD No 15 "Schuberts Freunde 3" vorzustellen.


    Auf den CDs No 8 bis 10 gibts erstmal noch Schiller - und da gehört die CD No 8, die von der Mezzosopranistin Regina Jakobi, die ich bislang nur mit sog. "Alter Musik" kannte, gestaltet wird, zu den erfreulicheren Aufnahmen der Serie. Eine angenehme, blitzsaubere Stimme ist da zu hören, die auch über die gewisse Leichtigkeit verfügt, um agil ohne Anstrengung zu wirken. Dass man Regina Jakobi auch die "Bürgschaft" anvertraut hat, ist ungewöhnlich, vielleicht sollte hier die Imagination eines noch jungen Mannes erreicht werden. Ulrich Eisenlohr begleitet manchmal richtig spannend, mindestens aber doch ordentlich.

    Die beiden anderen Schiller-CDs sind vom Tenor Lothar Odinius und der Sopranistin Maya Boog eingespielt worden (am Flügel: Ulrich Eisenlohr), das ist - mit unterschiedlicher Gewichtung - beides ordentlich gemacht, aber eben auch nicht mehr.

    Es folgen zwei CDs auf Mayrhofer-Texte und die erste ist grauenhaft. Ausgerechnet Cornelius Hauptmann, der auf CDs unter Gardiner mit Bach und Mozart zu gefallen wusste, bringt hier einen abgesungen, schwer auf Linie zu haltenden Bass ins Spiel, wo mehr als einmal die Gestaltung unter dem nicht mehr souverän ansprechenden Material leidet. Stefan Laux langweilt begleitet unauffällig am Steinway. Warum man eine solche CD überhaupt freigibt und veröffentlicht, erschliesst sich mir nicht.

    Zitat Zwielicht:

    Zitat

    (...) ob ich allerdings z.B. die mir von der Opernbühne bekannten Christiane Iven und Hanno Müller-Brachmann mit Schubert-Liedern hören will, weiß ich nicht.

    Dem hätte ich mich sofort angeschlossen, aber Christiane Iven singt die zweite Mayrhofer-CD erstaunlich gut. Iven weiss ihre Stimme geschickt zurückzunehmen, sie hat ein sicheres Gespür dafür, wo sie mit Gestaltung kleinere Probleme zu ihrem Vorteil nutzen kann und überrascht mit einer einer überzeugenden Interpretation. Nicht alles gelingt gleichermassen, aber keine Cd, die man nun gar kein zweites Mal hören möchte. Hier kommt auch die Stückauswahl der Sängerin öfter entgegen - einer Opernsängerin liegt ein Lied wie "Uranias Flucht" gut. Auch Burkhard Kehring erweist sich weider als guter Begleiter mit seinem akzentuierten Spiel.

    "Schuberts Freunde" begleiten den Hörer nun auf den nächsten drei CDs. Die erste wird vom Bariton Markus Eiche gestaltet, Jens Fuhr ist der begleitende Pianist. Mir hat die Stimme von Eiche sehr gut gefallen, ein klangvolles, vielleicht etwas enges Organ ist da zu hören - aber Eiche hat mit der Lage der von ihm interpretierten Lieder keine Probleme, manchmal neigt er bei der Wortbehandlung zu einer zu starken Betonung von einzelnen Satzteile. Pianist Jens Fuhr hätte ruhig auch die eine oder andere Cd mehr aufnehmen dürfen.

    Auf CD 14 ist Sopranistin Brigitte Geller zu hören, die sich ihrer Aufgabe mit Geschmack zu entledigen weiss , auf CD 15 folgt Tenor Rainer Trost, der wieder qualitiativ stärker aus dem Mittelmass herausragt. In beiden Fällen ist Ulrich Eisenlohr der solide Begleiter.

    CD 16 bis 18 widmen sich "Europäischen Dichtern" - Ossian/MacPherson, Walter Scott, Goldoni, Petrarca u. a. Gleich die No 16 gehört zu den richtig guten CDs der Sammlung: Ruth Ziesak, Sopran und Roman Trekel, Bariton sorgen für akustisches Wohlbefinden, es begleitet Ulrich Eisenlohr. Die beiden anderen CDs kombineren die Sopranistin Maya Boog mit dem Bass-Bariton Wolf Matthias Friedrich. Letzterer überrascht mit einer bemerkenswerten Wortbehandlung und einer beachtlichen Agilität (z. B. bei einem der italienischen Stücke). Maya Boog, die sympathische Opernsängerin, hält da insgesamt nicht ganz mit. Am Flügel ist wieder Ulrich Eisenlohr zu erleben.

    Die folgenden CDs laufen unter dem Titel "Dichter der Empfindsamkeit", hier hätte man sicher stärker ordnen können, nicht nur von Matthisson oder Kosegarten hat Schubert reichlich Texte vertont, auch von Hölty oder Claudius wäre eine Zusammenfassung sinnvoll gewesen. Ab CD 19 setzt sich Ulrich Eisenlohr öfter mal ans Fortepiano, das ist grundsätzlich akzetabel, allerdings wäre es dann schöner gewesen, wenn die Sänger/innen auch mit diesem Instrument besser harmonieren würden. Sopranistin Simone Nold kommt über eine ordentlich Leistung nicht hinaus, ihre Stimme ist nicht frei von Schärfen, das gilt auch für Fachkollegin Lydia Teuscher, beide treten manchmal recht ansprechend auf, an anderen Stellen bleiben Wünsche offen. Tenor Marcus Ullmann bringt eine ziemlich blasse, kleine Stimme ins Spiel, Bariton Thomas E. Bauer fällt zumindest nicht unangenehm auf.

    Ein Sonderfall ist Bariton Wolfgang Holzmair. Der Sänger mit der hellen Stimme weckt immer die Assoziation, eigentlich einem Tenor zuzuhören. Interessant, dass Holzmair über eine gut ansprechende Tiefe verfügt, aber in der Höhe wird die Stimme dann doch eher hart und spröde. Gestalterisch ist das, was Holzmair macht, spannend, geschmacklich wird das aber nicht jedem gefallen. Die CD 23 teilt sich Holzmair mit der Sopranistin Birgid Steinberger. Die Sängerin gehört in die Kategorie ordentlich - beachtlich, wie jugendlich die Sopranistin manchmal noch klingen kann.

    Auch das wieder nur Stichworte, ich hör dann mal weiter...

    Der Kunst ihre Freiheit

  • Ein paar Punkte ...

    Zuerst: Männer- oder Frauenstimme ?
    Abgesehen von ca zwei Dutzend Lieder, die Schubert für "Baßstimme" bestimmt hat und die er im Baßschlüssel notiert hat, schreibt er immer "Singstimme" und notiert in Violinschüssel. Zu seiner Zeit und kurz danach haben Tenöre Die junge Nonne, Gretchen am Spinnrad ... gesungen und Sängerinnen mit Liedern aus der Winterreise Erfolg gehabt. Die Rollenverteilung auf der Bühne war auch nicht so strikt. Der tapfere Krieger Tankred war auch eine Altistin.

    Dazu kommt die Frage, wer eigentlich der Sänger sei. Ist er der Protagonist ? oder derjenige, der den Text - singend - vorträgt ? Bei Balladen wie Die Bürgschaft, Der Zwerg, Erlkönig ...oder Lieder, die nicht in der Ich-Form sind, ist der Sänger unzweideutig der/die Vortragende. Aber auch in der Ich-Form kann der Sänger die "nachgelassenen Gedichten aus den Papieren eines reisenden Waldhornisten" lesen und nicht der Waldhornist selber sein, der eh schon tot ist und vielleicht sogar in der Ich-Form nur gedichtet (und nicht gebeichtet) hat. Romantisches Spiegelkabinett sozusagen. Die "Erzählerperspektive" eröffnet andere Interpretationsmöglichkeiten. Der Sänger (die Sängerin) kann nämlich die Texte kommentieren, die er/sie vorträgt. Ein klassisches Beispiel ist Seligkeit, das wohl jede Schubertsängerin im Repertoire hat und wo sie genüßlich über diese Männer singt, die doch lieber bei ihrer Laura als im himmlischen Paradies bleiben. Aber auch in der Winterreise kann etwa Erstarrung oder Wasserflut ganz anders klingen, wenn der Interpret sich nicht mit dem Reisenden identifiziert.

    Eine Schwarzkopf,
    eine Seefried haben damals Lieder wie Im Frühling sozusagen entmannt (wenigstens umgedichtet: ich säng' von dir ... und nicht von ihr z.B.), vorher tat man es nicht, jetzt tut man's nicht mehr.

    Gegen Ende der 70er sind , soweit ich weiß, insgesamt 5 Schubert-LPs mit Peter Schreier bei DG (Müllerin und Schwanengesang) und Eurodisc (Drei Auswahlplatten, irgendwie nach Dichtern geordnet) erschienen, jeweils mit dem Pianisten Walter Olbertz in Zusammenarbeit mit Eterna/DDR. Das ist, abgesehen von der etwas hölzernen Klavierbegleitung, teilweise Schubert vom Feinsten, vor allem die Platte mit Liedern von Rückert, v.Platen, Collin und Rellstab mit einem wunderbaren "Auf dem Strom" mit dem Hornisten Peter Damm.


    Obs CDs davon gibt? Keine Ahnung - wär sicherlich eine gute Sache...

    Leider sind meines Wissens keine CDs daraus gemacht worden (Rechtsprobleme ? Eine "Eterna Edition" gibt uns die Aufnahmen mit Siegfried Lorenz wieder, aber Schreier war auch im Westen bei Eurodisc erschienen, die dann RCA gehörte, jetzt wohl BMG Sony).

    Längere Zeit gab es die Schubert-Lieder mit der Sopranistin Gundula Janowitz und dem Pianisten Irwin Gage als recht preiswerte Ausgabe exklusiv bei "2001" auf 4 CDs. Die Aufnahmen stammen aus 70er Jahren des letzten Jahrhunderts und zeigen Gundula Janowitz in bester, stimmlicher Verfassung. Mir hat der leicht verschattet klingende Sopran von Gundula Janowitz immer sehr gefallen, eine der Stimmen, die nach wenigen Tönen problemlos zuzuordnen sind, allerdings auch einhergehend mit einer gewissen Wortunverständlichkeit, was vielleicht bei Liedinterpretationen noch etwas schwerer wiegt, als bei ihren Opernpartien. [...] Begleiter Irwin Gage gehört klar zu den besten Pianisten in Sachen Liedbegleitung (für den "Hirt auf dem Felsen" kommt noch Ulf Rodenhäuser als Klarinettist dazu), wenn man also die persönlich gefärbte Stimme der Janowitz mag, wird man an ihrer Interpretation von Schubert-Liedern viel Freude habe.

    Das waren ursprünglich 5 LPs, die als "Volume 1" erschienen waren. Leider gab es nie ein "Volume 2" ... Daraus sind 4 CDs gemacht worden, die dann als 2 x 2 angeboten wurden. Janowitz hat eine künstliche Tonproduktion, das heißt, sie singt nicht mit ihrer Naturstimme, aber sie plaziert den Ton "in der Maske", was eine außerordentliche Projektion gibt und eine besondere Resonanz gibt (ähnlich verfährt auch Margaret Price). Dazu eine erstaunliche Atemkontrolle und sie kann das längste Ave Maria der Geschichte singen, ohne daß die Spannung verloren geht. Wortunverständlickeit bei ihr ist relativ. Wegen ihrer Technik ist sie in hohen Regionen wenizer präzis in der Artikulation, aber verglichen an jede beliebige Modesopranistin ist sie noch ein Muster an Deutlichkeit (hier auch, ähnlich Margaret Price). Sie kann auch wunderbar schattieren. Mit ihr ist eben das Lied Kunstlied im vollen Sinne des Wortes. Das Manko für mich ist, daß sie (z.B.) öfter "WeJe" statt "WeHe" singt (ganz deutlich zu hören in Gretchens Bitte D564). Aber sie - und Price, und Lucia Popp - haben recht hohe Maßstäbe für die Liedinterpretinnen gesetzt.
    Mit Janet Baker kann ich mich nicht so sehr anfreuden. Zum einem mag ich ihre Stimmfarbe nicht, zum anderen finde ich ihre Artikulation auch etwas schammig, zum letzten kann ich nicht vergessen, daß sie Bankangestellte war und immer habe ich den Eindruck, daß sie über Emotionen und Stimmungen akribisch Haushalt führt, alles etwas zu sehr kalkuliert. Alles hier sehr subjektiv von meiner Seite, klar.

    angeregt von Deiner Frage hier, habe ich mir die Naxos-Schubertlied-Edition zugelegt und höre mich nun durch die 38 CDs.

    Ich habe mir die Naxos CDs einzeln zugelegt, vielleicht kaufe ich auch die blaue Box, ich bin verrückt genug dazu.
    Ich muß sagen, daß ich öfter zu einzelnen CDs der Naxos Edition zurückkomme.
    Die Anordnung nach Dichtern macht richtig Sinn; hier und da kann man gegen dies und das Einwände erheben, aber alles in allem war es ein sehr guter Einfall, zumal Schubert für beinahe jeden einzelnen Dichter einen besonderen Stil findet. Dies ergibt sehr homogene Recitals, die sich gut hören lassen. Ich höre lieber eine ganze Naxos CD als eine ganze Hyperion CD aus der Box. Die einzelnen Hyperion CDs hatten anfangs auch gute Programme und waren von einem Sänger absolviert, nach und nach sind aber diese "Schubertiaden" gekommen, die etwas zusammengewürfelt waren, auch in Hinsicht auf die Sänger. Einige Hyperion CDs sind aber richtige Meisterstücke (Margaret Price, Anthony Rolfe-Johnson, Matthias Goerne, Peter Schreier ...).
    Bei Naxos sind in der Box die gleichen CDs wie in der Originalausgabe, nur in einer anderen, besser geordneten, Reihenfolge.
    Ich stimme Alviano zu über die meisten seiner Einschätzungen: die Schöne Müllerin ist indiskutabel, die Mayrhofer-CD mit Cornelius Hauptmann macht leider wenig Freude; ich bin auch im Unterschied zu ihm nicht so froh über die Ruth Ziesak Goethe-CD. Andere sind aber sehr gelungen (Christiane Iven, Rainer Trost, Brigitte Gellert ... ) Wunderbar IMHO die Florian Boesch-CD (Romantische Dichter Nr.4), auch die CD mit Wolfgang Holzmair und Birgid Steinberger, sehr gut die mit Jan Kobow. Die Empfinsamkeit-Dichter zusammenzubringen finde ich gut, weil diese Lieder oft von den Nachbarn erdrückt werden, wenn sie in einem breiteren Zusammenhang sind.

    Ich denke, angesichts des Preises kann man die Naxos Box kaufen und sich dann Alternativ-Einspielungen zulegen (für die Müllerin sowieso), z.B. einzelne CDs aus der Hyperion Edition. Was denkt ihr ?

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Naxos 3

    Noch ein paar kleine Anmerkungen zum Rest der kleinen, blauen, Kiste:

    Die CD 24 widmet sich zwei Dichtern, von Salis-Seewis undUz. Bei Live-Auftritten des Tenors Jan Kobow fällt immer wieder auf, dass er recht schnell Probleme mit der Höhe bekommt. Auch seine Interpretation von Schubert Liedern leidet unter diesem Manko, allerdings immer noch relativ geschickt abgefedert. Einiges wettmachen kann Kobow mit Haltung, Wortbehandlung und Ausdruck – da ist er doch besser, als anderes, was in dieser Sammlung zu finden ist.

    Blass in jeder Hinsicht dann Sopranistin Caroline Melzer und Bassist Konstantin Wolff, die auf CD 25 „Sturm und Drang“ zum Thema haben. Dass hier nun die zweite Version von „Edward“ zu finden ist – die erste gab es unter „Europäische Dichtung“ macht einmal mehr deutlich, dass man es bei der Zusammenstellung nach Dichtern nicht immer genau genommen hat, manches wird mal hier, mal dort zu geordnet.

    „Verschiedenen Dichtern“ ist CD 26 gewidmet. Mit angenehmen Timbre und etwas oberflächlicher Gestaltung ist hier Tenor Ferdinand von Bothmer zu erleben, dem seine Opernerfahrung unterstützend zur Seite stehen kann.

    Zitat Zwielicht:

    Zitat

    ob ich allerdings z.B. die mir von der Opernbühne bekannten Christiane Iven und Hanno Müller-Brachmann mit Schubert-Liedern hören will, weiß ich nicht

    Ich weiss es jetzt - und ich will das nicht nochmal hören. CD 27 „Norddeutsche Dichter“ ist so grottenschlecht, dass es einem die Schuhe auszieht. Hanno Müller-Brachmann quält sich und den Hörer mit einer Stimme, die schon mit einfacheren Wendungen Probleme bekommt, die abgesungen und rüde klingt und nach wenigen Liedern den Wunsch entstehen lässt, einfach abzustellen.

    „Romantikern“ begegnet man auf den nächsten 4 CDs, Sopranistin Julia Borchert, seit ihrer Mitwirkung bei den „Bayreuther Festspielen“ dürfte sie einem breiteren Publikum bekannt geworden sein, entledigt sich ihrer Aufgabe mit etwas hartem Sopran, Tenor Markus Schäfer, als Bach- und Mozartinterpret geschätzt, säuselt sich seicht und auf fast nur einen Ausdruck konzentriert durch sein Programm, Sibylla Rubens lässt noch immer schöne, aber nicht mehr zur Gänze ungefährdete Soprantöne hören (sie darf u. a. den „Hirt auf dem Felsen“, unterstützt vom Klarinettisten Nikolaus Friedrich interpretieren) und zum Abschluss der „romatischen“ Gruppe überzeugt Bariton Florian Boesch eher durch Ausdruck, denn durch differenzierten Gesang. Während die CDs 24 bis 30 allesamt von Ulrich Eisenlohr begleitet wurden, sitzt bei Florian Boesch wieder Burkhard Kehring am Flügel.

    Solide Tenor Christoph Genz, der nun auf CD 32 von Wolfram Rieger eher unauffällig begleitet wird (Lieder auf Texte von Leitner und Seidl), gleiches gilt für den Bariton Detlef Roth, der eine bunte Mischung österreichischer Dichter zur Zeit Schuberts auf seiner CD vorstellt und auch Mezzospranistin Daniela Sindram (Ulrich Eisenlohr begleitet Bariton und Mezzosopran), die den Reigen der Zeitgenossen abschliesst, bleibt nicht als unangenehme Erinnerung haften.

    Nun folgt eine CD mit „Raritäten, Fragmenten und Variationen“, es singen Sibylla Rubens und Detlef Roth, aber es gibt auch zwei Violinen, Cello und Harfe zu erleben. So z. B. eine Version vom „Lebenstraum“, wo die Singstimme durch das Cello ersetzt wird. Am Flügel wieder, wie auf den letzten CDs der Box auch, Ulrich Eisenlohr.

    Die letzten drei CDs sind den „Mehrstimmigen Gesängen“ gewidmet und hier mischen sich dann die Timbres (meistens) recht gut – auch bei der Wortbehandlung ist man in der Regel beieinander. Hier passen dann die Stimmen der Tenöre Schäfer und Ullmann zu denen der Sopranistinnen Rubens und Schwarz, der Altstimmen von Jakobi und Danz und der leichtgewichtige Bariton Thomas E. Bauer fügt sich genauso ein, wie der charakteristische Bass Markus Flaig und der etwas schwächere Fachkollege Marcus Schmidl..

    Auf der 38. CD sind übrigens nur mehrstimmige Lieder für Männerstimmen versammelt und da kann einem der erste Tenor schon etwas leid tun wegen der mitunter etwas unangenehmen Lage seiner Partie.

    Persönliches Fazit: ich würde diese Naxos-Box nicht weiterempfehlen. Zu vieles bleibt hier Mittelmass und gerade bei Schubert ist das Angebot an wirklich herausragenden Interpretationen so gross, dass es nicht reicht, wenn man nach dem Hören einer CD aus der Reihe nicht völlig unzufrieden ist. Ulrich Eisenlohr ist in der Tat „grundsolide“ und gesungen wird oft auch anständig – aber von Graham Johnson und vielen „seiner“ Interpret/innen ist man bei „Naxos“ dann doch weit entfernt. Da sind Namen wie Moore oder Gage noch gar nicht gefallen. Bei mehr als einem Lied habe ich mich nach der Interpretation von Fischer-Dieskau gesehnt – und deshalb werde ich mir zumindest in Teilen die 21 CDs anhören, die Fischer-Dieskau und Moore für die „DGG“ eingespielt haben. Das muss jetzt einfach sein.

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