fällt der beengte Horizont Bachs noch weiter auf.
Lieber Benno,
dieser Satz stört mich am empfindlichsten in Deinen Ausführungen.
Allein Instrumente wie Chalumeau oder Posaune beweisen doch nicht Weltoffenheit.
(Kurioserweise höre ich gerade eine Telemann- Passion nach Lukas aus dem Jahre 1728.)
Dass Bach aber den Brockes- Text kannte und Keisers Werk, spricht doch eher für sein großes Interesse an Kunst allgemein außerhalb Leipzigs und den so gar nicht "beengten Horizont".
Mein Eindruck ist, dass Du sehr deutlich Deine Sicht auf Bach formulierst, alternative Lesarten aber "untergehen".
Und so halte ich mal dagegen: Bachs Johannes- Passion ist für mich, besonders auf Basis des zum Subjektiven neigenden Text, der Ansatz, mittels Musik wieder zu objektivieren.
Monumental? Mitnichten! Stattdessen mit einer werkübergreifenden Architektur, die zeitgenössischen Kompositionen oft abgeht, die eher "Nummern- Werke" sind.
Und nicht zuletzt mit sehr direktem Bezug zur Oper. Derart dramatisch im opernhaften Sinne ist um diese Zeit kaum eine Passion komponiert, nimm den Eingangschor und die Arien.
Spannend ist der Vergleich mit den Werken um Bachs herum, Fasch, Telemann, auch Händel....Keiser natürlich, aber auch Alessandro Scarlatti
Um die gegenseitige Beeinflussung wahrzunehmen.
Alles in allem bezweifle ich die allgemeinen Vorurteile, Bach habe im "Kaff" Leipzig quasi isoliert von der Welt Monumentalwerke erschaffen. Sein Interesse an Musik aus fernen Landen war stets vorhanden und stark ausgeprägt, siehe sein Archiv, das Noten von Händel bis Caldara und Pergolesi hier, Benda, Graupner, Graun und Hasse dort beeinhaltet.
Bach hat sich nur Moden nicht unterworfen, sondern sie auf seine Art kummuliert.
Aus meiner Sicht sind die "Brockes- Passionen" Händels, Faschs und Stölzels zwar interessante, aber eher blasse Werke. Allein Telemann gelingt es, dem Text Leben einzuhauchen. Geht dabei ähnliche Wege wie Bach, nur dass der eben nicht sklavisch dem Brockes- Text folgt.
Dein Text hinterlässt mir aber auch die merkwürdige Frage: Du magst Bach, aber magst ihn auch nicht, gliederst ihn aber auch nicht ein unter seine Zeitgenossen, sondern wertest sehr subjektiv mit diesem "Jein".
Kannst Du konkretisieren, was Du eigentlich meinst?
Dafür mit dankbaren und herzlichen Grüße,
Mike