BACH, Johann Sebastian: Johannes-Passion BWV 245

  • fällt der beengte Horizont Bachs noch weiter auf.

    Lieber Benno,
    dieser Satz stört mich am empfindlichsten in Deinen Ausführungen.
    Allein Instrumente wie Chalumeau oder Posaune beweisen doch nicht Weltoffenheit.

    (Kurioserweise höre ich gerade eine Telemann- Passion nach Lukas aus dem Jahre 1728.)

    Dass Bach aber den Brockes- Text kannte und Keisers Werk, spricht doch eher für sein großes Interesse an Kunst allgemein außerhalb Leipzigs und den so gar nicht "beengten Horizont".

    Mein Eindruck ist, dass Du sehr deutlich Deine Sicht auf Bach formulierst, alternative Lesarten aber "untergehen".
    Und so halte ich mal dagegen: Bachs Johannes- Passion ist für mich, besonders auf Basis des zum Subjektiven neigenden Text, der Ansatz, mittels Musik wieder zu objektivieren.
    Monumental? Mitnichten! Stattdessen mit einer werkübergreifenden Architektur, die zeitgenössischen Kompositionen oft abgeht, die eher "Nummern- Werke" sind.
    Und nicht zuletzt mit sehr direktem Bezug zur Oper. Derart dramatisch im opernhaften Sinne ist um diese Zeit kaum eine Passion komponiert, nimm den Eingangschor und die Arien.
    Spannend ist der Vergleich mit den Werken um Bachs herum, Fasch, Telemann, auch Händel....Keiser natürlich, aber auch Alessandro Scarlatti
    Um die gegenseitige Beeinflussung wahrzunehmen.

    Alles in allem bezweifle ich die allgemeinen Vorurteile, Bach habe im "Kaff" Leipzig quasi isoliert von der Welt Monumentalwerke erschaffen. Sein Interesse an Musik aus fernen Landen war stets vorhanden und stark ausgeprägt, siehe sein Archiv, das Noten von Händel bis Caldara und Pergolesi hier, Benda, Graupner, Graun und Hasse dort beeinhaltet.
    Bach hat sich nur Moden nicht unterworfen, sondern sie auf seine Art kummuliert.

    Aus meiner Sicht sind die "Brockes- Passionen" Händels, Faschs und Stölzels zwar interessante, aber eher blasse Werke. Allein Telemann gelingt es, dem Text Leben einzuhauchen. Geht dabei ähnliche Wege wie Bach, nur dass der eben nicht sklavisch dem Brockes- Text folgt.

    Dein Text hinterlässt mir aber auch die merkwürdige Frage: Du magst Bach, aber magst ihn auch nicht, gliederst ihn aber auch nicht ein unter seine Zeitgenossen, sondern wertest sehr subjektiv mit diesem "Jein".
    Kannst Du konkretisieren, was Du eigentlich meinst?

    Dafür mit dankbaren und herzlichen Grüße,
    Mike

    "Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst." Voltaire

  • o.k. Das heißt aber erst einmal nur, dass sich für die JP ein theologisches Fundament in Franckes Theologie nachweisen lässt. Ich sehe ein, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass die meisten anderen Passionsvertonungen sich ähnlich eng an theologische Schriften anlehnen, aber es nicht ausgeschlossen und eine solch enge Anlehnung ist ja auch nicht die einzige Möglichkeit, ein theol. Fundament zu haben. Ohne mich hier im Geringsten auszukennen, könnte ich mir vorstellen, dass das Fundament anderer Vertonungen weniger spezifisch ist, sondern mehr auf seinerzeitigem theol. Allgemeingut beruht.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Für die Rezipienten vom 19. Jh. bis heute dürfte ein erheblicher Vorteil von Bachs Passion sein, dass sie stärker auf den Evangelientext und oft noch einigermaßen bekannte Choräle rekurriert als auch Brockes (bzw. von seiner Fassung adaptierte) Verse.

    Mich würde mal interessieren, inwiefern die Johannespassion in der Textauswahl stärker "theologisch fundiert" ist als etwa der Text der Brockespassion. Er ist natürlich anders, da der Evangelientext paraphrasiert wird und vielleicht drückt er auch etwas unterschiedliche theologische Haltungen/Ansätze/Richtungen aus. Aber das heißt ja nicht, dass er auf seine Art weniger fundiert wäre.

    Ähem... Die Passion hatte eine liturgische Funktion, zumindest ursprünglich, das war nicht zur musikalischen Delektion, sondern zur Verkündigung. Die musikalische Fassung hatte dabei die Aufgabe der Überhöhung des (Evangelien!)Textes. Das hatte ja auch schon eine lange Tradition, die bis zurück zur Jahrtausendwende reichte. Insofern ist die Paraphrasierung des Evangelientextes natürlich "theologisch fundierter" als die einer Sammlung erbaulicher Texte. Der Aspekt der "Erbauung" kam erst später....

    Ob die stärkere Bindung an den Evangelientext und die Verwendung bekannter Choralmelodien zu einem Rezeptionsvorteil im 19 Jh. geführt hat, ist eine interessante Frage. Ich glaube allerdings eher, daß man sich mit Telemann per se nicht beschäftigte, da wir uns bereits im Zeitalter des intensiven Telemann-Bashings befinden, in denen er als unbegabter Vielschreiber galt, mit dessen Werken sich zu beschäftigen als nicht lohnend angesehen wurde. Stölzel, Keiser oder Mattheson waren bereits out of sight und wären ohnehin nur als "Kleinmeister" durchgegangen und Händels Brookes-Passion war in Deutschland erst ab 1863 im Rahmen der Chrysanderschen Ausgabe verfügbar; seine "Wiederentdeckung" fand sogar erst nach dem 1. Weltkrieg statt. Die Brookespassion ist auch heute noch kein weitverbreiteter Konzertkassenschlager im Vergleich zu anderen seiner Oratorien.

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Naja, die Etablierung der Brockes-Passionen u.ä. als Gemüths-Ergötzung außerhalb des Gottesdienst war ja anscheinend recht erfolgreich. Und diese Passion enthält eben auch den paraphrasierten (die JP ja den wörtlichen) Evangeliumstext. Ein Luther-Choral ist im Grunde auch nur ein anderer, etwas älterer, erbaulicher Text als eine Brockes-Arie. Und den Evangeliumstext oder einen alten Choral kannten die meisten Hörer anno 1720 vermutlich eh schon, insofern hätte ein neuerer erbaulicher Text eigentlich eher die Chance, neue theologische Aspekte herauszustellen.
    Ich sehe erst einmal nicht, warum letzteres automatisch "schwächer" sein sollte. Kann ja gut sein, dass das in der Tat der Fall ist, aber wäre das auch von den Zeitgenossen in den 1720ern so gesehen worden?

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    (B. Pascal)

  • Naja, die Etablierung der Brockes-Passionen u.ä. als Gemüths-Ergötzung außerhalb des Gottesdienst war ja anscheinend recht erfolgreich. Und diese Passion enthält eben auch den paraphrasierten (die JP ja den wörtlichen) Evangeliumstext. Ein Luther-Choral ist im Grunde auch nur ein anderer, etwas älterer, erbaulicher Text als eine Brockes-Arie. Und den Evangeliumstext oder einen alten Choral kannten die meisten Hörer anno 1720 vermutlich eh schon, insofern hätte ein neuerer erbaulicher Text eigentlich eher die Chance, neue theologische Aspekte herauszustellen.
    Ich sehe erst einmal nicht, warum letzteres automatisch "schwächer" sein sollte. Kann ja gut sein, dass das in der Tat der Fall ist, aber wäre das auch von den Zeitgenossen in den 1720ern so gesehen worden?

    "Schwächer" ist es nicht notwendigerweise (hängt vom Text ab), hat aber eine andere Funktion: Das eine ist Kontemplation, das andere Verkündigung. Das hat beides seine Daseinsberechtigung, ist aber nicht beliebig austauschbar.
    Und "neue theologische Aspekte" herauszustellen ist nicht primär die Aufgabe von Kirchenmusikern und deren Textdichtern, sondern eine der Geistlichkeit, die notabene "neuen Aspekten" durchaus mit Misstrauen, wenn nicht mit Ablehnung begegnen können. (Chrysander bemerkt dazu in seiner Händel-Biographie sogar (nicht unberechtigt), daß es auch nicht Hauptteil des Berufes eines Predigers wäre, neue Wahrheiten zu entdecken. Da gibt es schon einen Kanon, an den sich auch die Kirchenmusik halten muß/sollte, zumindest im Rahmen des Gottesdienstes - wir befinden uns hier ja auf dem Gebiet der F-Musik.
    Ich glaube allerdings, daß das Argument von neuen theologischen Aspekten hier sowieso nicht greift - die Brockespassion bewegt sich diesbezüglich durchaus auf gesichertem Terrain. Der Unterschied liegt nur darin, daß der Evangelientext nicht in der kanonisierten Form vorliegt sondern als freie Nachdichtung. Und soviel ich weiß, wurde die Bockespassion tatsächlich nicht als "liturgische" Passion im Gottesdienst betrachtet, sondern als Konzertstück, das (was für die damalige Zeit absolut unüblich war!) im privaten Rahmen oder sogar kommerziell in der Gänsemarktoper(!) aufgeführt wurde und wenn schon in der Kirche, dann in Form einer Wohltätigkeitsveranstaltung gegen Eintritt (z.B. diejenige Telemanns). Jahrzehnte später noch hat Händel mit so einem Versuch (Messiah) in London erhebliche Anfeindungen hinnehmen müssen.

    Was die Rezeption im 19. Jh. betrifft, kann man, glaube ich, Chrysander (G.F. Händel, 1. Bd., 2. Buch, Kap. 5) als Gewährsmann betrachten. Einige seiner vernichtenden Einschätzungen:

    über die Musik von Teleman und Mattheson läßt er sich u.a. wie folgt aus:

    Zitat

    Telemann's und Mattheson's Compositionen haben weder zu Händel eine nähere Beziehung, noch sind sie an sich so wichtig, daß wir uns weiter darauf einlassen müßten. Mattheson war von den Vieren der letzte. Für den, der seine Partitur durchgesehen hat und gern alle mögliche Nachsicht üben möchte, bleibt Stillschweigen die einzige Aushülfe; jede nähere Prüfung würde nur einen neuen Beweis für die alte Wahrheit abgeben, daß Eitelkeit das sicherste Mittel ist, den Menschen über sein wirkliches Vermögen zu täuschen und Verstand und Einsicht zu verfinstern.

    Keiser hat er schon weiter vorne ausgiebig abgewatscht... Händel kommt natürlich glänzend weg:

    Zitat

    [...]Betrachten wir Händel's Passion unter den Umständen, welche sie hervorriefen, im Vergleich mit der Dichtung und der vorausgegangenen Composition Keiser's, so erscheint sie als ein vollständiger Sieg über die musikalischen Landsleute und als eine zum Theil wunderbare Erhebung über die große Geschmacklosigkeit, welche die damaligen Deutschen zum Gespött der übrigen Nationen machte.

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Lieber Mike,

    ich empfinde BWV 245 nicht als minderwertig, ich sehe es, je mehr Stücke ich aus dem zeitlichen und räumlichen Umfeld anhöre, halt als vor allem als zeittypisch und gegenüber seinen Zeitgenossen als absolut gleichwertig. Die angebliche 'Vormachtstellung' Bachs stellt sich mir eben vor allem als Unkenntnis der Zeitgenossen und paralleler Werke dar.

    Auch ich höre Telemann, allerdings sein, nach Angaben von Rampe, zu Lebzeiten erfolgreichstes Stück Passionsmusik, die auf eigenen Text vertonte Das selige Erwägen des bittern Leidens und Sterbens Jesu Christi TWV 5:2, geschrieben 1722. Nicht nur, dass es in Hamburg sehr viele Aufführungen gab, es ist in Deutschland auch noch in Schwerin, Rostock, Braunschweig, Frankfurt/Main, Augsburg, Leipzig, Göttingen und Berlin aufgeführt worden. Es ist dies eine Musik, die (wenigstens in Hamburg vor allem, z.B. je zwei Aufführungen im Klefker'schen Orangeriehaus und im Werk- und Zuchthaus im Jahre 1722) im Konzerthaus, weniger in der Kirche stattfand. Für die Kirchen, wenn ich es recht verstehe, dann auch Gottesdienst-Aufführungen schrieb Telemann jedes Jahr zwischen 1722 und 1746 eine Evangelienpassion, von denen 23 vollständig verloren sind.

    Natürlich spricht die Verwendung von speziellen Solo-Instrumenten nicht für oder gegen Weltoffenheit, aber die bei Bach zum Einsatz kommenden Instrumente sind halt nur mitteldeutscher Standard, da ist keinerlei Phantasie, keinerlei Farbigkeit. Er schreibt, das gilt eigentlich für alle Gattungen bis auf das Secco-Rezitativ großdimensioniert, die Hälfte der Arien in BWV 245 haben mehr als 100 Takte (Altarie Nr. 7: 114 Takte, Sopranarie Nr. 9: 164 Takte, Tenorarie Nr. 13: 89 Takte, Tenorarie Nr. 20: 63 Takte 12/8, Bassarie mit Chor Nr. 24: 191 Takte, Altarie Nr. 30: 44 Takte Molto adagio; Bassarie mit Choral Nr. 32: 45 Takte Takte 12/8, Sopranarie Nr. 35: 127 Takte Molto adagio). Das spricht für große Dimensionen, oder? Opern, insbesondere Barockopern leben von der bewussten Nebeneinanderstellung von unterschiedlichen Charakteren in benachbarten Arien, das kann ich bei BWV 245 beispielsweise nicht erkennen, da ist TWV 5:2 deutlich abwechslungsreicher konzipiert.

    Aber steckt hinter diesen großen Dimensionen wirklich mehr Inhalt, mehr musikalisches Genie? Einen Beweis habe ich nicht gefunden, es sind doch alles nur Behauptungen, mehr nicht. Ich würde BWV 245 ganz im Gegensatz zu Dir als Versuch Bachs ansehen, einer sehr erfolgreichen Mode nachzulaufen. Und sich eben nicht direkt vergleichbar zu machen, indem er nicht den ganzen Brockes'-Text vertont. In klassischer Bach-Manier hat er alles in seinen Dimensionen aufgeblasen, komplexeste Details eingebunden. Die Nachwelt sieht deswegen alles als gewichtig an, ich hingegen kann keine andere Gewichtigkeit erkennen als bei Stölzel, Graupner oder Telemann, vielleicht mehr Verschwurbeltheit.

    Ich finde den Horizont Bachs nicht als so begrenzt wie Du es mir unterstellst, ich merke nur, dass seine Zeitgenossen eben so stark sind. Wenn jedes Jahr vom wahrlich starken TWV 5:2 zwei bis drei neue Aufnahmen erscheinen würden, empfände ich das als genauso falsch wie bei BWV 245, dieses Jahr sind es dort mindestens zwei: Cleobury, King's College; Minkowski, Les Musiciens.

    Bei Bach haben wir die Information, dass er andere Noten besessen hat, bei ihm wird es ihm zu seinen Gunsten ausgelegt. Bei seinen wahrlich auf Augenhöhe agierenden Zeitgenossen (z.B. Telemann, Graupner, Stölzel, Keiser) ist der Verlust an Musik deutlich höher, weil sie keinen so eifrigen Sohn wie JS Bach hatten, da wird die fehlende (oder nur noch nicht ausgewertete) Information gegen Sie verwendet? Das kann es doch auch nicht sein.

    Ich kann bei den Brockes-Passionen noch keinen echten Favoriten für mich erkennen, vermutlich hat momentan Keiser die Nase knapp vorn. Ich bin gespannt, wie es mir nach der Erst-Live-Begegnung mit dem Handel'schen Opus im Mai gehen wird.

    Natürlich ist für Chöre ein BWV 244 oder 245 mit ihren monumentalen Chorstücken interessanter als TWV 5:2 mit 10 recht einfachen Choralsätzen, aber sind sie deswegen die genialere Musik? Ich bin noch nicht überzeugt.

    Gruß Benno

    Überzeugung ist der Glaube, in irgend einem Puncte der Erkenntniss im Besitze der unbedingten Wahrheit zu sein. Dieser Glaube setzt also voraus, dass es unbedingte Wahrheiten gebe; ebenfalls, dass jene vollkommenen Methoden gefunden seien, um zu ihnen zu gelangen; endlich, dass jeder, der Überzeugungen habe, sich dieser vollkommenen Methoden bediene. Alle drei Aufstellungen beweisen sofort, dass der Mensch der Überzeugungen nicht der Mensch des wissenschaftlichen Denkens ist (Nietzsche)

  • Die angebliche 'Vormachtstellung' Bachs

    Hm ... woran machst Du eine "Vormachtsstellung" Bachs in der Behauptung anderer (wessen eigentlich?) fest?

    Natürlich spricht die Verwendung von speziellen Solo-Instrumenten nicht für oder gegen Weltoffenheit

    Richtig.

    aber die bei Bach zum Einsatz kommenden Instrumente sind halt nur mitteldeutscher Standard, da ist keinerlei Phantasie, keinerlei Farbigkeit.

    Hmmm ... ist denn die Verwendung eines bestimmten Instrumentes, welches in Leipzig halt auch erst einmal verfügbar sein muss, ein Zeichen von Fantasie? (Wobei man selbst das bei Bach findet, z. B. im Einsatz der gerade erfundenen Oboe da caccia ...) Oder ist nicht vielmehr die überraschende Kombination von Instrumenten ein Zeichen von Fantasie? (Z. B. "Aus Liebe will mein Heiland sterben", ok, das ist aus der Mt-Passion.)

    Er schreibt, das gilt eigentlich für alle Gattungen bis auf das Secco-Rezitativ großdimensioniert, die Hälfte der Arien in BWV 245 haben mehr als 100 Takte (Altarie Nr. 7: 114 Takte, Sopranarie Nr. 9: 164 Takte, Tenorarie Nr. 13: 89 Takte, Tenorarie Nr. 20: 63 Takte 12/8, Bassarie mit Chor Nr. 24: 191 Takte, Altarie Nr. 30: 44 Takte Molto adagio; Bassarie mit Choral Nr. 32: 45 Takte Takte 12/8, Sopranarie Nr. 35: 127 Takte Molto adagio). Das spricht für große Dimensionen, oder?

    Das spricht zunächst mal dafür, dass Bach in der Lage ist, Stücke mit solcher Länge zu schreiben, die den notwendigen Spannungsbogen halten. Er kann's halt ... ;) ... bei Stölzel hatte ich diesen Eindruck noch nicht.

    Ich würde BWV 245 ganz im Gegensatz zu Dir als Versuch Bachs ansehen, einer sehr erfolgreichen Mode nachzulaufen.

    Aha - welcher Mode denn? Wer hätte dem Bach eine Joh-Passion vorgeäfft, so dass er nur den Stil imitieren musste?

    ich merke nur, dass seine Zeitgenossen eben so stark sind.

    Stark in was? Woran genau machst Du das fest?

    Bei seinen wahrlich auf Augenhöhe agierenden Zeitgenossen (z.B. Telemann, Graupner, Stölzel, Keiser)

    Das ist ja nur Behauptung, sofern Du nicht auf die Körpergröße abzielst. Warum sind Telemann, Graupner, Stölzel und Keiser "auf Augenhöhe" mit Bach? Hast Du das Maß zum Messen von Komponisten gefunden? Das wäre ja eine mordsmäßige Entdeckung ...

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Liebes MB,

    das war aber ein argumentativ starker Beitrag in diesem Faden ... Gratulation!

    und Gruß Benno

    Überzeugung ist der Glaube, in irgend einem Puncte der Erkenntniss im Besitze der unbedingten Wahrheit zu sein. Dieser Glaube setzt also voraus, dass es unbedingte Wahrheiten gebe; ebenfalls, dass jene vollkommenen Methoden gefunden seien, um zu ihnen zu gelangen; endlich, dass jeder, der Überzeugungen habe, sich dieser vollkommenen Methoden bediene. Alle drei Aufstellungen beweisen sofort, dass der Mensch der Überzeugungen nicht der Mensch des wissenschaftlichen Denkens ist (Nietzsche)

  • Lieber Benno,

    unterstellt habe ich Dir ja nichts, ich habe Dich zitiert. Aber sei's drum, darum geht es ja auch nicht.

    Telemanns "Seliges Erwägen" kenne ich auch, klar 8) . So sehr ich das Werk auch mag, aber vergleicht man nicht Äpfel mit Birnen?
    Ein Passions- Oratorium wie das "selige Erwägen" sind doch Betrachtungen über die Passionsgeschichte und damit völlig anders angelegt als Kompositionen, die der Liturgie folgen und als Basis also mittels des Evangelisten als "Erzähler" das Werk "entstehen" lassen.
    Handlungsabfolge versus emotionaler Beleuchtung.

    Du weißt, dass ich selbst Bach im Kontext betrachte seiner Zeitgenossen und häufig der "Vormachtstellung" skeptisch gegenüberstehe- aber gerade die "Johannes- Passion" ist für mich ein Solitär in der "Passionsmusikenlandschaft". Eben weil es Bach gelingt, beide Formen, nämlich Betrachtung und Erzählung, in eine Form zu gießen. Dramaturgisch ein Konzept, eine Architektur aufbaut, die selbst Telemanns Passionen, egal welcher Form, in dieser Konsequenz abgeht.
    Die Nutzung von Klangfarben durch Viola d'amore, Oboe da caccia, Laute, Viola da Gamba, Flöte nutzt die Möglichkeiten, welche ihm zur Verfügung standen. Wenn Stölzel eben andere besaß- wem soll daraus ein Vorwurf erwachsen? Das beschrieb MB aber schlüssiger.

    Bachs Passion aber verschwurbelt? Gerade sie ist für mich, besonders in der Erstfassung, eine der direktesten Kompositionen in ihrer Wirkung. Durch die Nähe zur Oper, die ich höre- denn Charaktere stehen nebeneinander! Sind ja, eben der Wirkung willen, eingefügt in die Handlung. Und Arien wie "Ach mein Sinn" sind pure Oper!
    Und der Protest gegen solche "Auswüchse" innerhalb der Kirche nachvollziehbar.

    Problematisch allenthalben die ewigen Neueinspielungen, die aber kaum Neuinterpretationen sind. Da stimme ich Dir zu: das ewig gleiche Modell einer Sichtweise wird immer wieder aufgenommen. Eine wirklich dramatisch angelegte Lesart hat bisher doch nur Fasolis vorgelegt, Benoit Haller unternahm den Versuch- das war's doch schon.
    Haller sogar die Frühfassung, die (noch) weniger Konzessionen macht an übliche Praktiken in Leipzig.

    Das Thema "Brockes- Passionen" sollte man außerhalb dieses Threads betrachten, wenngleich Bachs BWV 245 ja eine Art Bindeglied darstellen kann zwischen den rein betrachtenden Werken und den liturgisch eingebundenen.
    Und scheut den Vergleich nicht, sehe ich nicht so. Geht hier einen eigenen Weg, indem er sowohl beiden Möglichkeiten der Textverarbeitung als auch der musikalischen Umsetzung etwas sehr eigenes entgegensetzt.

    Etwas frotzelnd: einem "Bach- Bashing" wäre ich geneigt zu folgen hier und da, aber bei BWV 245 sehe ich keinerlei Gründe und auch kein Vergleichswerk eines anderen, das als Maßstab dienen könnte.
    Kritik an Interpretationen, das ist ein ganz anderes Thema, nicht Kritik am Werk selbst.
    Wie gesagt: Wertungen innerhalb der reinen Brockes- Vertonungen sind ein anderes Thema, ebenso die Passionen, die der Liturgie folgen.

    Herzliche Grüße,
    Mike

    "Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst." Voltaire

  • Eben entdeckt, dass BBC 3 befristet einen JP-Konzertmitschnitt unter John Butt zum Reinziehn anbietet...
    http://www.bbc.co.uk/programmes/b08ly3s1

    Noch 1 x Hinweis auf die beiden morgigen Sendetermine der JP unter Blomstedt vom 24.03.2017 aus Weißwurst-Town.
    Inzwischen mir 1 x JP-Blomstedt eingeschmissen. Wiedergabe erreicht den Rang des Mitschnitts unter Dijkstra vom 19.06.15 aus Nürnberg, auf die bereits in diesem Thread hingewiesen wurde...

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • JP als Ballett

    Bin gerade in einer Aufführung in Leipzig. Die Musik wird hier komplett mit einem aufwändigen Ballett unterlegt. Die haben hier eine Hammer-Truppe. Das Paar, das den Evangelisten begleitet, muss gedopt sein, anders kann ich mir das rein konditionsmäßig nicht erklären.

    Wobei wir beim Thema JP vs. MP wären. Ich habe die Karte nur aus Versehen gekauft. Wollte eigentlich die MP. Wurde die Ausgangsfrage inzwischen eigentlich geklärt, warum die MP populärer ist? Für mich ist die Antwort klar: Die JP hat zu viel Text und zu viele Choräle. Insofern ist die Idee mit dem Ballett genial.

    Wenn man dann noch so eine Truppe hat.

    Bin gespannt auf den 2. Teil. Da soll es sogar Tote geben...

    Thomas

  • Wurde die Ausgangsfrage inzwischen eigentlich geklärt, warum die MP populärer ist? Für mich ist die Antwort klar: Die JP hat zu viel Text und zu viele Choräle.
    (...)
    Bin gespannt auf den 2. Teil. Da soll es sogar Tote geben...

    Ich finde beide nicht so toll: Man weiß einfach viel zu früh, wer der Mörder ist.

    Christian

  • Ich finde beide nicht so toll: Man weiß einfach viel zu früh, wer der Mörder ist.

    Christian


    Es kam so:
    Das Ballett ist komplett gestorben, bis auf zwei. War eigentlich klar, bei der Belastung.

    Die Körper wurden mit Leichentüchern abgedeckt, und es folgte ein langer Regen. Böse Zungen würden sagen: Um Zeit zu überbrücken. Falsch! Um den Lauf der Jahrtausende bis zur Auferstehung zu symbolisieren. Und am Ende sind sie tatsächlich wieder auferstanden. Das Publikum war baff. Und kommentierte das Event mit endlosem Applaus. Es tat recht daran.

    Ohne Ballett würde ich aber immer noch die MP vorziehen...

    Thomas


  • Wobei wir beim Thema JP vs. MP wären. Ich habe die Karte nur aus Versehen gekauft. Wollte eigentlich die MP. Wurde die Ausgangsfrage inzwischen eigentlich geklärt, warum die MP populärer ist? Für mich ist die Antwort klar: Die JP hat zu viel Text und zu viele Choräle. Insofern ist die Idee mit dem Ballett genial.


    Mein Eindruck war also: Die JP ist irgendwie spröder als die MP. Daher habe ich nun eine kleine Statistik zur Verteilung von Chor, Choral, Rezitativ und Arien der beiden Werke gemacht. Die jeweiligen Zeiten sind aus zwei zufällig ausgewählten Gesamtaufnahmen entnommen, es geht also nur um einen groben Überblick.

    Erste Überraschung: Obwohl die MP mit knapp 3 Stunden deutlich länger ist als die JP (stark 2 Stunden), haben beide die gleiche Anzahl von Nummern (68).

    Zweite Überraschung: Der Rezitativ-Anteil ist mit 27% bei beiden Werken gleich. Allerdings enthält die JP 31 Rezitative, die MP nur 24.

    Keine Überraschung: 8% Choräle bei der MP, 12% bei der JP, also immerhin 50% mehr.

    Auch bei den Chören liegt die JP vorn (23% zu 17%).

    Bei den Arien (inkl. Duett oder Solo+Chor) liegt die MP vorn: 41% zu 38%, insbesondere auch bei der Anzahl (15 zu 10).

    Damit ist die JP komplett erfasst, aber bei der MP kommen noch 8% Accompagnato-Rezitative dazu, also die Einleitungen zu manchen Arien.

    Insgesamt ist also der Arien-Anteil bei der MP deutlich höher. Wenn man dann noch bedenkt, dass viele der MP-Arien einen gewissen "Ohrwurm-Charakter" haben, lässt sich die "Kurzweiligkeit" der MP erklären.

    Weiterer Unterschied: Der Abstand zwischen 2 Arien beträgt bei der MP hin und wieder mal 7-8 Minuten, aber nicht mehr. Bei der JP gibt es mehrfach "Durststrecken" von 10-11 Minuten.

    Die JP ist also eher ein "meditatives" Werk. Eine echte Karfreitagsmusik, der man ihren ursprünglichen Platz im Gottesdienst anmerkt.

    Bei der MP kann selbst der "Ungläubige" nachvollziehen, dass die Arien mit Bedacht an den strategisch optimalen Zeitpunkten platziert sind, d.h. das Geschehene wird in "sinnvollen" Abständen reflektiert. Man muss hier weniger "eigene Glaubensarbeit" verrichten als bei der JP. Die MP spricht also ein breiteres Publikum an.


    Thomas

  • (P) 2002 Gebhardt Records JGCD 0049-2 (2 CDs) [127:45]
    rec. 22. September 1938 (Teatro Colon, Buenos Aires/Argentinien) live

    Káláman Pataky - Tenor (Evangelist & Arien)
    Herbert Janssen - Bariton (Jesus)
    Emanuel List - Baß (Pilatus & Petrus)
    Karin Maria Branzell - Contralto
    Margherita Perras (eigentlich: Margarita Perkas) - Sopran (Arien & Pilati Weib)
    Chor & Orchester des Teatro Colon
    D: Erich Kleiber

    Ich verweise zunächst auf die Besprechung von Agravain, der im Grunde schon alles Wissenswerte über die Interpretation geschrieben hat. Ich möchte aber nochmals etwas zur Klangqualität schreiben.

    Ich bin der Meinung, daß die Ursprungsquellen dieser Aufzeichnung Azetat-Schellacks sein müssen, die in den 1930er Jahren bei allen Radiostationen weltweit verbreitet waren; an manchen Stellen sind übliche Störgeräusche zu hören, die darauf hindeuten. Ob Gebhardt Records diese zur Verfügung hatte oder vielleicht ein Tonband davon, kann ich nicht sagen, aber man hat die Aufnahmen definitiv einem Remastering unterworfen und sich bemüht, gröbste Knack- und Laufgeräusche zu eliminieren. Allerdings waren diese Schellacks nicht mehr durchgängig in der besten Verfassung, denn manche Seiten sind von üblen Störgeräuschen und Unsauberheiten durchzogen, gegen die jedes Bearbeitungsprogramm machtlos ist. Hinzu kommt noch, daß zwischendurch immer wieder einige Sekunden fehlen - ob diese Stellen gar nicht mehr zu retten waren oder nie existierten, kann ich nicht sagen. Das Booklet schweigt sich ohnehin aus, denn außer dem Tracklisting steht nichts Weiteres drin.

    Agravain hatte angemerkt, daß diese JP im September stattfand - eine ungewöhnliche Zeit weit außerhalb der Saison, die auf ein wichtiges Ereignis hindeutet. Das mag wohl der Grund sein, weshalb es zu einer Aufzeichnung kam, denn immerhin ist es die älteste bekannte Aufnahme der JP überhaupt. Ich gehe davon aus, daß es im Radio übertragen und dabei mitgeschnitten wurde. Und es zeigt sich grundsätzlich, daß es an sich eine gelungene Aufnahme war: die Abstimmung der einzelnen Beteiligten ist stets im vorzüglichen Verhältnis, man hört die Orgel in den Rezitativen immer klar und deutlich, die Soloinstrumente sind ebenso nie verdeckt, die Solisten bleiben stets verständlich, Chor und Orchester decken sich niemals gegenseitig zu. Da war ein Könner am Werk. Die Bässe mögen etwas blaß sein, aber die Mitten sind präsent und die Höhen erstaunlich klar. Wären die Azetate im exzellenten Zustand, man hätte eine wirklich vorzügliche Aufnahme am Start, die klanglich sehr viel Freude bieten könnte...

    Wären sie nur...

    Ich bin als Hörer von Schellackaufnahmen schon Vieles gewohnt und habe auch für viele Sachen Verständnis aufgebracht, aber auch ich habe eine Grenze, und hier ist sie erreicht. Ich kann mich mit Aussetzern, Knacksern, klanglichen Störungen, Hintergrundrauschen oder sogar mit schlechten Bearbeitungen im Zweifelsfall abfinden, aber ein unsauberes Pitching geht gar nicht! Und ich rede wirklich nicht von einzelnen Stellen - sowas kann passieren und ist der Beachtung nicht wert. Aber gut sieben Minuten nach Beginn vom Eröffnungschor Herr, unser Herrscher beginnt auf einmal die Aufnahme in ein leichtes Leiern zu verfallen, und das bleibt prinzipiell für den Rest der Einspielung so bestehen! Immer wieder fällt ein leichtes Danebenliegen in Tonhöhe und Gleichlaufverhalten auf, was mir persönlich jeden Spaß an der Aufführung raubt, weil es stets präsent bleibt, ohne vollends aus dem Ruder zu laufen. Immer wieder bringt es sich erneut ins Bewußtsein, sobald man es für eine kleine Weile ignoriert hat. Das CD-Label bekam das auch nicht in den Griff, und so wurde das auf die CDs gepreßt.

    Man bedenke: für diese Doppel-CD soll Geld bezahlt werden, da kann man ein Mindestmaß an Qualität erwarten - aber hier ist selbst der geringste Anspruch nicht mehr gegeben. Das Material war für eine Veröffentlichung nicht gut genug erhalten geblieben, und dann muß man auch mal bereit sein zu sagen: "Lassen wir es dabei." Selbst Gebhardt Records hätte das einsehen müssen.

    Letztendlich kann ich nicht mal eine Nichtempfehlung aussprechen - diese Veröffentlichung muß um jeden Preis gemieden werden, auch wenn es ein historisches Dokument sein mag. Auf youtube wäre es machbar, weil dann jeder für sich entscheiden kann, ob man sich das antut oder nicht - aber als kommerzielle Veröffentlichung ist es blanker Hohn.

    <X <X <X <X <X <X ...Absolut ungenießbar... <X <X <X <X <X <X

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Johannes-Passion exquisit Ensemble Pygmalion

    Für alle Liebhaber(innen) der Johannespassion: ich hatte das grosse Glück die exquisite Interpretation (und Bearbeitung, denn es werden einige Musikstücke aus andere Bach-Werken eingefügt) des Ensembles Pygmalion(19 Sänger/innen) unter seinem jungen Dirigenten Raphaël Pichon zu hören und zu sehen. Es gibt noch eine Aufführung am Karsamstag in Paris, und man kann sie aus der Ferne entweder live oder noch 6 Monate aus der Webseite der Pariser Philharmonie ansehen und -hören. Link unten. Reine, transparente und überwältigend schöne Innigkeit mit einer angedeuteten Inszenierung, die sich aber sehr diskret gibt:einige Bewegungen und Neu-Positionierungen / Blickrichtungen der Sänger, das genügt , um eine dramatische Intensität zu erzeugen; man glaubt, denen Krimi mitzuerleben. Die Geschmackssicherheit von Pinchon wird nur noch von der musikalischen und vokalen Qualität übertroffen. Alles überragend ist Julian Pregardien als Evangelist. Was für eine Steigerung! Ich habe ihn vor etlichen Jahren in Versailles mit der Matthäus-Passion gehört und das war schon gut, aber was er hier bietet, lässt bei mir keine Wünsche offen und ist für meine Ohren ideal. Die Altistin Lucile Richardot habe ich zunächst für einen Counter gehalten- die Stimme hat ein androgynes Timbre und Kraft und Wärme zugleich- die Entdeckung des Abends für mich.
    Hier die Besetzung:

    • AnonymeO Traurigkeit, O Herzeleid !
    • Johann Sebastian BachPassion selon Saint Jean BWV 245 Partie ICantate BWV 159 - Sehet ! Wir gehn hinauf gen Jerusalem (extraits)Passion selon Saint Jean Choeur : Christe, du Lamm Gottes, BWV 245 Partie IIPassion selon Saint Jean BWV 245 Partie II (dont Jacob Handl – Ecce quomodo moritur)
    • Pygmalion
    • Raphaël Pichon, direction
    • Tomáš Král, Jésus
    • Julian Prégardien, Evangéliste
    • Kateryna Kasper, soprano
    • Lucile Richardot, alto
    • John Irvin, ténor
    • Christian Immler, basse
    • Bertrand Couderc, lumières

    Und hier kann man am Samstag mithören oder später Nachhören
    " live.philharmoniedeparis.fr "où il restera disponible pendant six mois.

    Das Ganze beginnt aus dem Off mit dem Choral "O Traurigkeit, o Herzeleid". Als Johannespassionkenner denkt man erstmal : Was ist das denn, aber diese Frage erledigt sich nach wenigen Sekunden himmlischen Wohlklangs von selbst. Bei den anderen eingeschobenen Arien btw Chorälen hab ich mich nur noch zurückgelehnt, es war derart organisch in der Gesamtinterpretation eingebettet, dass an glaubt, es könne nur so sein und nicht anders. Das Duett Alt und Bass aus der Cantate "Wir gehen hinauf nach Jerusalem" kam genau im richtigen moment vor der Pilatus-Szene, genauso wie der Chor Ecce quodmodo moritur und "Christe du Lamm Gottes" Macht euch selbst ein Bild, für mich war das, ausser denen bei denen ich selbst mitgesungen habe und die daher wegen emotionaler Beteiligung nicht mitzählen, die schönste und ergreifendste Joahnnespassion meines (bisherigen) Lebens. :sofa1: :verbeugung1: :clap:
    Das wollte ich gerne mit den Interessierten hier im Forum teilen. Falls jemand die Aufführung hören kann, würde ich mich über Rückmeldung freuen. Schöne Ostertage und liebe Grüsse, heute Stabat mater von Pergolesi singend dürfend :fee:

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Bei den anderen eingeschobenen Arien btw Chorälen hab ich mich nur noch zurückgelehnt, es war derart organisch in der Gesamtinterpretation eingebettet, dass an glaubt, es könne nur so sein und nicht anders.

    Interessante Zusammenstellung - danke für den Hinweis, da werde ich mal reinhören ;).

  • Liebe Maria,

    vielen, lieben Dank für den Hinweis auf diese Aufführung. Die SZ hatte in der Donnerstagsausgabe Raphael Pichon zum besten aktuellen Bach-Interpreten erklärt, nach dem Besuch einer JoPa-Aufführung. Insofern ist es toll, eine so hoch gelobte Aufführung selber in Augenschein nehmen zu können. Ich habe mir jetzt nicht die gesamte Aufführung angeschaut, sondern bin etwas hin- und hergesprungen.

    Man kann viel Schönes und Gelungenes in der Aufnahme hören, da stimme ich absolut zu, der Chor singt mit einer atemberaubenden Präsenz, Julian Prégardien ist ein sehr guter Evangelist. Allerdings kann ich die exzeptionelle Stellung dieses Musizierens für mich nicht recht bestätigen.

    Ich habe vorgestern erst selber BWV 245 gesungen und habe unsere Aufführung an vielen Stellen auf ähnlichem Niveau erlebt, an manchen Stellen (z.B. der unterschiedlichen Charakterisierung der Turba-Chöre), so denke ich, war unsere Interpretation überlegen. Auch unseren Sänger der Bassarien (Andreas Burkhart) fand ich deutlich überzeugender. So kann ich nun alles Mögliche behaupten, weil ich keinen entsprechenden Mitschnitt bieten kann. Mir geht es ja auch nicht um meine Aufführung, sondern darum, dass es doch vermutlich sehr viele ähnlich gute Aufführungen der Bach'schen Passionen in den vergangenen Tagen in Deutschland gegeben hat. Ich würde bestätigen, dass es für eine französische Aufführung eine außerordentlich gelungene JoPa ist, die man sich hier ansehen kann.

    Ich hätte auf die Ergänzungen sehr gerne verzichten können, dafür ist die JoPa in meinen Ohren eine klar abgegrenzte, in sich schlüssige Komposition. Abgesehen vom Aspekte der Novität sind diese sehr gut musiziert und natürlich thematisch passend, aber einen Mehrwert bieten sie mir nicht.

    Ich hoffe, Du verzeihst mir diese Meinung ....

    Lieben Ostergruß sendet Dir Benno

    Überzeugung ist der Glaube, in irgend einem Puncte der Erkenntniss im Besitze der unbedingten Wahrheit zu sein. Dieser Glaube setzt also voraus, dass es unbedingte Wahrheiten gebe; ebenfalls, dass jene vollkommenen Methoden gefunden seien, um zu ihnen zu gelangen; endlich, dass jeder, der Überzeugungen habe, sich dieser vollkommenen Methoden bediene. Alle drei Aufstellungen beweisen sofort, dass der Mensch der Überzeugungen nicht der Mensch des wissenschaftlichen Denkens ist (Nietzsche)

  • dass es für eine französische Aufführung eine außerordentlich gelungene JoPa ist

    Was meinst Du mit "für eine französische Aufführung eine außerordentlich gelungene JoPa"?

    Aufnahmenseitig kamen m. E. die aufregendsten Aufnahmen der letzten Jahre aus Japan, Belgien, den Niederlanden, England und eben Frankreich (Pierlot, Haller).

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

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