Ricciarellis "In questa reggia" könnte eigentlich recht schön sein, wenn Karajan es nicht so verschleppt hätte. Ihren lyrischen Zugang zu dieser Arie finde ich grundsätzlich schon gut, aber die hohe Tessitura klingt bei ihr auch etwas gequält,
Und ihr fehlt natürlich etwas und zwar, dass sie sich in den entscheidenden, wenn auch wenigen Momenten zu einer fast hochdramatischen Kraft aufschwingen kann, bzw. ihren Ton so verdichten kann, dass er entsprechend klingt. Beileibe darf eine Turandot nicht nur auf dieser Schiene fahren , aber sie muss über die Möglichkeit verfügen.
Die berühmteste Turandot der 1920er und frühen 1930er Jahre war wohl die deutsche Sopranistin Anne Roselle, die damit bei der deutschen Erstaufführung in Dresden 1926 (bei der noch Alfano I gegeben wurde, weil sich die Toscanini-Striche noch nicht durchgesetzt hatten) über Nacht zum Star wurde.
Das ist eine sehr faszinierende und deine Argumentation, die ich sehr wohl teile, wohl unterstützende Aufnahme. Aber das von mir oben Geschriebene trifft in einem bestimmten Moment auch hier zu. Bei dem ersten 'C' fehlt mir die Bruststimme. Das ist zu sehr 'voix mix' und dadurch fehlt der Figur etwas Bedrohliches. Was wäre das für ein Effekt wäre das gewesen, hätte sie den Ton mit voller Bruststimme gesungen. Dann wär die Zwiespältigkeit der Figur noch deutlicher geworden. Aber vielleicht ist das auch zu sehr aus einer Nach-Birgit-Nilsson-Ära argumentiert.
Besser macht diesen Moment für mein Empfinden Eva Turner,
https://www.youtube.com/watch?v=2lUAfh89158
die den Ton zwar anschleift, aber um Nuancen gefährlicher wirkt.
Insgesamt finde ich aber Anne Roselle (Warum kennt die heute niemand mehr???) sogar überzeugender, weil bei ihr der menschliche Kern dieser Figur noch besser rüberkommt und weil sie ihre Stimme in den exponierten Phrasen ausgeglichener führt.
Wolfram