Chopin: Die Mazurken - unterschätzte Miniaturen?

  • ich habe aber bei meiner Kaufentscheidung mal ganz bewusst nach Rubinstein-Alternativen gesucht.

    Hast du mal Jakov Flier und Andrzej Wasowski gehört ?.

    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • Hast du mal Jakov Flier und Andrzej Wasowski gehört ?.


    http://jawoll%20-%20flier%20am%2027.%20oktober%20um%2020.59%20h ;+) Fand ich ausgezeichnet!
    Den Wasowski jedoch noch nicht - dem Tipp gehe ich gern mal nach und empfehle meinerseits den 1977 geborenen Iddo Bar-Shai, dessen Einspielung mir ebenfalls ausgesprochen gut gefiel.

    “I think God, in creating man, somewhat overestimated his ability."
    Oscar Wilde

  • Bar-Shai : kommt in die Warteschleife ( bin gerade in einer Hör-Stress-Phase ).

    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • Hast du mal Jakov Flier und Andrzej Wasowski gehört ?.


    Herr Flier steht hier allen zum Anhören bereit - mit allen Mazurken: "

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    " Relativ trocken und nüchtern, sparsamer Pedalgebrauch, wenig Sentimentalität. Etwas für Hörer, die sich Chopin nicht in einem Salon von Damen der Gesellschaft umgeben vorstellen mögen. In jedem Fall eine sehr individuelle, geradlinige und überzeugende Interpretation.

    Immerhin zwei klitzekleine Sokolov-Kostproben finden sich auch - das sind einfach herrliche Zeugnisse einer intensiven Auseinandersetzung mit der Musik :angel: "

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    Auf ganz andere Art hinreissend: Ignaz Friedman mit drei Kostproben "

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    Beim Warschauer Chopin-Wettbewerb 1975 heimste Krystian Zimerman nicht nur den Gesamtsieg ein, sondern auch den Extra-Preis für die gelungenste Mazurken-Interpretation: "

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    “I think God, in creating man, somewhat overestimated his ability."
    Oscar Wilde

  • Gerade entdeckt: Die mir bisher unbekannte Polin Maryla Jonas, die Schülerin Paderewskis war und während des Krieges schier Unglaubliches mitgemacht hat, nahm 1946 eine Reihe von Mazurken auf - der Klang ist für die Zeit hervorragend. Sehr ansprechendes, individuelles und klangschönes Spiel. Eine tolle Entdeckung.


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    Cheers,

    Lavine :wink:

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    Oscar Wilde

  • Die Mazurkas von Chopin sind keinesweges nur die einförmigen Gebilde mit einem immer gleichen Grundrythmus, sondern gerade in den späteren Erzeugnissen kleine Kabinettstücke mit zum Teil sehr fortschrittlichen harmonischen Wendungen. In dem op.59,2 z.B. verwendet er bereits den berühmt berüchtigten "Tristan Akkord"
    (Takt 76 ).

    >>Ich hätte hier gerne die Noten abgebildet, aber das ein kopieren eines bitmap oder jpeg funktioniert leider nicht<<

    Tatsächlich haben ja die Mazurkas seine Laufbahn als Klavierkomponist ständig begleitet, und so liefern sie zu jeder Schaffensphase ein Beispiel. Ich vermute sogar, dass sie für Chopin eine Art Experimentierfeld gewesen sind, wo er etwas ausprobiert hat, was er dann in anderen größer angelegten Werken umgesetzt hat.

    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Die Mazurkas von Chopin sind keinesweges nur die einförmigen Gebilde mit einem immer gleichen Grundrythmus, sondern gerade in den späteren Erzeugnissen kleine Kabinettstücke mit zum Teil sehr fortschrittlichen harmonischen Wendungen. In dem op.59,2 z.B. verwendet er bereits den berühmt berüchtigten "Tristan Akkord"
    (Takt 76 ).

    Ich stimme Dir ja prinzipiell in der Bewertung der Mazurken zu, auch in Hinsicht auf ihre harmonischen Kühnheiten, aber diese Stelle aus op. 59/2 hat mit dem Tristan-Akkord trotz identischer Intervallstruktur einfach gar nichts zu tun. Sie ist harmonisch vollkommen eindeutig als Es-Dur-Dominatseptakkord mit Doppelvorhalt (a vor b und fis vor g) zu deuten, innerhalb einer trotz aller Chromatik vollkommen stabilen As-Dur-Tonika. Der unterste Ton Es ist also einfacher Dominant-Grundton, darüber gibt es zwei im Grunde traditionelle Vorhalte. Bei Wagner geht der entsprechende unterste Ton F abwärts zum E, könnte aber genausogut aufwärts zum Fis, das Dis geht zum D, könnte aber auch zum E usw.: Die Faszination dieses Akkordes ist ja gerade seine harmonische Unbestimmtheit, die noch dadurch gesteigert wird, dass die tatsächlich erfolgte "Auflösung" eigentlich gar keine ist, sondern ihrerseits als Dominantseptakkord zur Tonika streben müsste, es aber nicht tut... Insgesamt gesehen ist das musikalisch so ziemlich das Gegenteil der klaren Funktion in Chopins Mazurka. Aber wie gesagt: Prinzipiell stimme ich Dir zu, auch was den experimentellen Charakter vieler Mazurken betrifft.

    Christian

  • Lieber Christian

    Da habe ich wohl den Widerspruch des Musikers geweckt. ;+) Auch wenn ich es nicht so perfekt darstellen kann, ist mir schon klar, dass die Passage bei Chopin nicht mit der bei Wagner verglichen werden kann, weil der Klang gewissermaßen nur "en passent" sozusagen zufällig erscheint, und bei Wagner eben dramaturgisch eingesetzt wird. Mir erschien es jedoch frappierend diese identischen Intervalle zu hören als ich die Mazurka vor vielen Jahren das erste Mal durchspielte.
    Mich hat von jeher die harmonische Vielfalt in der Musik von Chopin fasziniert, da ich eher "vertikal" höre. Daher interessiert mich immer in erster Linie die Klangstruktur eines Werkes, wo andere vielleicht mehr an der melodischen Linie interessiert sind. Und da bieten eben die Mazurken eine Fülle von originellen Einfällen. Und ganz nebenbei sind die meisten für den Laien noch halbwegs zu bewältigen (natürlich nur unter dem Gesichtspunkt der eigenen bescheidenen Maßstäbe). Es ist daher für mich immer wieder eine besondere Freude wenn ich in diesen Miniaturen etwas Neues entdecke.

    Ich halte übrigens die weiter oben bereits erwähnten Einspielungen von Rubinstein für die Überzeugendsten. Er macht nämlich genau das, was ich oben beschrieben habe hör- und erlebbar. Und er war ein Musiker, der die Musik von Chopin über alles geliebt hat. Für mich eine wichtige Voraussetzung um ein Werk bestmöglich präsentieren zu können.

    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Als alter "Matrizenvollschreiber" weis ich, dass es horizontale und vertikale Linien gibt. :D

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Ich halte übrigens die weiter oben bereits erwähnten Einspielungen von Rubinstein für die Überzeugendsten. Er macht nämlich genau das, was ich oben beschrieben habe hör- und erlebbar. Und er war ein Musiker, der die Musik von Chopin über alles geliebt hat.

    Da das die einzige Einspielung ist, die ich habe, kann ich Dir nur zustimmen ;+) . Hast Du zufällig in der letzten Saison Sokolov gehört? Der hat mit dem Querschnitt von zehn Mazurken für mein Empfinden mal wieder alles übertroffen, was ich bis dahin kannte...

    Und er war ein Musiker, der die Musik von Chopin über alles geliebt hat. Für mich eine wichtige Voraussetzung um ein Werk bestmöglich präsentieren zu können.

    Interessante Frage: Kann man ein Stück, welches man nicht "über alles liebt", nicht "bestmöglich präsentieren"? Ich bin da nicht so sicher: Abgesehen davon, dass man im Wortsinn ja nur ein einziges Stück (oder wenigstens einen einzigen Komponisten) "über alles" lieben kann, könnte man auch den Standpunkt vertreten, dass es gerade Aufgabe eines Interpreten ist, sich in eine Welt zu versetzen, die nicht die eigene ist. Arrau hat mal so ähnlich gegen die sogenannten "Chopin-Spezialisten" argumentiert, und ich finde, dass er nicht ganz im Unrecht ist. Ein Interpret muss nach dieser Sicht nicht primär das aussprechen, was ihm sowieso nahe und wichtig ist, sondern die Fähigkeit haben, sich aktiv in ein Stück zu verlieben, statt zu warten, dass die Liebe über ihn kommt. In manchen Fällen - bei Solisten seltener, aber z.B. bei Orchestermusikern ziemlich häufig - muss man sogar Stücke spielen, die einem gar nicht gefallen. Ich habe das auch schon öfter tun müssen, kann aber natürlich nicht beurteilen, ob die Ergebnisse schlechter waren als sonst.

    Christian

  • Abgesehen davon, dass man im Wortsinn ja nur ein einziges Stück (oder wenigstens einen einzigen Komponisten) "über alles" lieben kann,

    Ich muß mir mal angewöhnen bei Erwiderungen auf Beiträge von Christian genauer aufzupassen was ich schreibe. Er ist immer sehr "pingelig" :stern:
    Aber Recht hat er ja. Ich sage meiner Frau auch immer, sie soll sich präzise ausdrücken.

    Tatsächlich scheint Chopin für Rubinstein der wichtigste Komponist gewesen zu sein, wenn man den Ausführungen in seiner Autobiografie folgt (eventuell könnte Brahms ihm noch den Status streitig machen). Und ich glaube schon dass es einen Einfluß hat, ob man als Künstler eine besondere Beziehung zu einem Komponisten hat. Natürlich sollte ein professioneller Musiker alles spielen können, und bei Orchestermusikern ist das ja auch eine Bedingung, aber wenn sie es sich aussuchen können entwickeln Sie natürlich Präferenzen.
    Aber dieses Thema sollten wir vielleicht mal an anderer Stelle diskutieren. Es ist bestimmt interessant, da auch die Auffassung ausführender Musiker zu hören.

    Das Konzert mit Sokolov habe ich übrigens nicht gehört, und ich habe sogar noch kein einziges mit ihm gehört :hide: . Bislang war für mich die Programmauswahl nicht attraktiv genug. Aber bei allem was man über ihn hört muß ich wohl in eines seiner nächsten Konzerte gehen. Eine kleinere Auswahl von Mazurken zu spielen finde ich eine gute Idee, denn vorausgesetzt sie sind gut zusammengestellt, führt das bestimmt zu einem lohnenden Ergebnis, denn es ist ja ohne Zweifel wunderschöne und großartige Musik.

    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Hallo, Christian!

    Die Faszination dieses Akkordes ist ja gerade seine harmonische Unbestimmtheit, die noch dadurch gesteigert wird, dass die tatsächlich erfolgte "Auflösung" eigentlich gar keine ist, sondern ihrerseits als Dominantseptakkord zur Tonika streben müsste, es aber nicht tut...

    Das hast Du schon oft gesagt, aber ich höre den entsprechenden Dominantseptakkord offenbar anders als Du.

    Ich *empfinde* bei der entsprechenden Stelle nämlich sehr wohl ein Streben nach Auflösung (nach A-Dur oder A-Moll).
    Diese Auflösung wird dann aber verweigert - und eben deshalb klingt die Stelle (für mich) so nach "unerfüllter Sehnsucht". :rolleyes:

    Den Tristan-Akkord in identischer Funktion wie bei Wagner gibt es aber schon bei Schumanns Cellokonzert (im 1. Satz, Takt 11, hier zu hören bei 00:32:

    "

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    Allerdings ist die Grundtonart a-moll zu diesem Zeitpunkt schon längst eindeutig "festgeklopft", so dass insofern keine harmonische Vieldeutigkeit (wie bei Wagner) vorliegt.

    Gruß,

    Normann

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • Das hast Du schon oft gesagt, aber dann höre ich den entsprechenden Dominantseptakkord offenbar anders als Du.

    Ich *empfinde* bei der entsprechenden Stelle nämlich sehr wohl ein Streben nach Auflösung (nach A-Dur oder A-Moll).
    Diese Auflösung wird dann aber verweigert - und eben deshalb klingt die Stelle für mich so nach "unerfüllter Sehnsucht".

    Über Empfindungen kann man natürlich schlecht streiten, also versuche ich mal eine etwas genauere Analyse (falls ein Mod gerade nicht weiß, wohin mit seiner vielen Zeit, kann er diesen Teil der Diskussion vielleicht an eine passendere Stelle schieben; am besten den Teil über Interpretation gleich mit :kiss: :(
    Angenommen, man setzte die Kadenz tatsächlich mit einem A-Dur bzw. a-moll fort, dann wäre dennoch der Spannungsabfall zwischen den ersten beiden Akkorden wegen der drei halbtönigen Verbindungen viel stärker als der danach. Dadurch hat der E7 mehr Entspannungs- als Spannungscharakter, und seine Auflösungstendenz ist erheblich herabgesetzt. Es mag sein, dass man sie dennoch wahrnimmt, aber doch ganz anders, viel "offener", als in einer normalen Kadenz. Hinzu kommt natürlich die unharmonisierte Eingangsgeste a-f-e, die dem Ganzen nicht nur harmonisch noch zusätzlich den Boden entzieht sondern ihre größte melodische Spannung gleich zu Beginn mit der Sext a-f- hat, so dass die folgenden Halbtonschritte immer mehr entspannen (gis-a hat noch mehr Spannung als ais-h). Wieder ist also im Moment des E7 die größte Entspannung erreicht.

    Den Tristan-Akkord in identischer Funktion wie bei Wagner gibt es aber schon bei Schumanns Cellokonzert (im 1. Satz, Takt 11, hier zu hören bei 00:32):

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    Allerdings ist die Grundtonart a-moll zu diesem Zeitpunkt schon längst eindeutig "festgeklopft".

    Das hat zumindest mehr Ähnlichkeit mit dem Tristan-Beginn, ist aber, eben weil das tonale Umfeld völlig festgeklopft ist, doch wieder ganz anders. Zum Tristan-Akkord gibt es verschiedene, einander widersprechende harmonische Deutungen, und eben diese Nicht-Eindeutigkeit macht seinen eigentlichen Charakter aus. Die Stelle bei Schumann lässt hingegen harmonisch keine zwei Meinungen zu. Ich gebe ja zu, dass es Spaß macht, "Tristan-Akkorde" bei Salieri, Haydn oder Beethoven zu entdecken (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Tristan-A…heres_Vorkommen), aber allzu ernst sollte man solche Funde meines Erachtens doch nicht nehmen.

    Christian

  • Die Stelle bei Schumann lässt hingegen harmonisch keine zwei Meinungen zu.

    Dumme Frage: Wie würde denn bei Schumann die funktionsharmonisch "richtige" Deutung lauten? Wäre das dann der bei Wikipedia genannte Doppeldominant-Septakkord von a-Moll („h-dis-fis-a“) mit tiefalterierter Quinte (fis → f) im Bass?

    Diese Diskussion (post 26 - 28 und 33 ss) wurde auf Anregung von Christian Köhn verschoben, in diesen Faden kopiert und könnte dort weitergeführt werden. Vielen Dank, minuetto

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • Tatsächlich haben ja die Mazurkas seine Laufbahn als Klavierkomponist ständig begleitet, und so liefern sie zu jeder Schaffensphase ein Beispiel. Ich vermute sogar, dass sie für Chopin eine Art Experimentierfeld gewesen sind, wo er etwas ausprobiert hat, was er dann in anderen größer angelegten Werken umgesetzt hat.


    Ich habe das schon einige Male gelesen/gehört, konnte aber in der Biographie von Tadeusz Zielinski, die ich vor kurzem gelesen habe, nichts darüber finden. Zielinski bespricht zwar alle, und zwar wirklich alle, Werke von Chopin aber stellt solche Querverbindungen zwischen den Mazurken und grösseren Werken nicht her, bzw. erwähnt keine Vorreiterrolle der Mazurken. Bei welchen Werken hast Du denn eine solche beobachtet?

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Wie gesagt ist es nur eine Vermutung von mir, die sich darauf stützt, dass eben Chopin in seinen Mazurkas sehr innovativ ist. Wenn ich suchen würde fände ich sicher auch Stellen um einen direkten Einfluss nachzuweisen. Aber darum geht es mir eigentlich nicht. Von keinem Genre hat Chopin so viel einzelne Stücke geschrieben wie bei den Mazurkas. Da liegt es für mich nahe, dass er hier Dinge ausprobiert hat um sie dann woanders einzusetzten.
    Um doch ein Beispiel zu geben: Der ungewöhnlich komplexe Aufbau der Mazurka op.50 Nr.3 hat einiges mit der Ballade op.52 gemein. In beiden Werken wird heftig moduliert und der musikalische Verlauf ist in mehrere Unterabschnitte aufgeteilt. Auch vom Klangcharakter und der ganzen Anmutung gibt es für mich Parallelen zwischen diesen beiden Werken. Aber musikwissenschaftlich kann das wahrscheinlich nicht belegt werden. Es ist eben ein Höreindruck von mir.
    Chopin begnügt sich in den Mazurkas nicht damit eine Konvention zu bedienen, sondern schafft gleichsam einen Mikrokosmos um einen Tanz. Etliche davon wirken wie eine Studie über einen Tanz, der sich gemeinhin als Mazurka herausgebildet hat. Insofern hat er hier ein Vorbild für spätere Werke anderer Komponisten (z.B. von Scriabin) geliefert.

    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Danke für das Beispiel, ich werde mir das genauer ansehen. Bei Chopin kennst Du Dich sicherlich wesentlich besser aus als ich und die Annahme, die Mazurken wären ein Experimentierfeld, ist ja auch plausibel, allerdings sind die meisten Werke von Chopin doch harmonisch und strukturell extrem avanciert!? Besonders originell finde ich die Berceuse und die Barcarolle, aber auch die b-Moll Sonate oder einige Polonaisen.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Bei Chopin sollte man immer 2 Mal hinhören. Dadurch das seine Werke so häufig aufgeführt werden, denken viele sie gut zu kennen. Die wahren Schönheiten dieser Musik und die innovativen Elemente erschließen sich jedoch erst bei genauerem Studium. Und viele raffinierte harmonische Wendungen befinden sich in vermeintlichen Nebenwerken, wie z.B. den Mazurkas. Ich empfehle sich einmal die Kadenz des Préludes op.45 anzuhören. Das Werk ist an sich harmonisch schon interessant, aber die Kadenz wirkt schon fast impressionistisch.

    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

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