VERDI: Don Carlos – Kommentierte Diskographie

  • Carlo Maria Giulini, Covent Garden live 12. Mai 1958

    Don Carlo – John Vickers
    Elisabetta di Valois – Gré Brouwenstijn
    Filippo II – Boris Christoff
    Rodrigo, Marchese di Posa – Tito Gobbi
    La Principessa d’Eboli – Fedora Barbieri
    Il Grande Inquisitore – Michael Langdon
    Un frate – Joseph Rouleau
    Tebaldo – Jeannette Sinclair
    Una voce dal cielo – Ava June

    The Covent Garden Orchestra and Opera Chorus
    Carlo Maria Giulini

    Bei Jon Vickers war ich ziemlich skeptisch – Tristan, Siegmund, Parsifal, Otello, Radamès, Florestan – ok. Aber Don Carlo? Keine Sorge: Es funktioniert bestens! In der ersten Arie „Io la vidi“ höre ich einen berückenden Sehnsuchtston. In der Autodafé-Szene hat er einen dramatischen Impetus und eine Höhensicherheit, die ich ansonsten vermisste. Hier verstehe ich, wovor Filippo Angst hat! Ebenso mitreißend ist seine Vision als „redentor“ und „vincitor“ im finalen Duett mit Elisabetta.

    Bei Gré Brouwenstijn - sie sang neben Vickers‘ Siegmund die Sieglinde in der ausgezeichneten Studio-Aufnahme der Walküre unter Erich Leinsdorf - merkte ich erst, wie viel die vorgenannten Sängerinnen von dieser Partie verschenkt haben. Die große Szene im locus amoenus beim Kloster S. Giusto mit Don Carlo, die sonst schon mal länglich wirken kann, ist hier packend gestaltet. „Tu che la vanità“ – diese Klage ist einer Königin würdig, das ist Größe im Leiden.

    Boris Christoff kommt unter Live-Bedingungen stellenweise nicht ganz so gewaltig rüber wie unter Studiobedingungen; dies ist wohl der Mikrophon-Platzierung geschuldet, bei der man mal eine bessere, mal eine schlechtere Position einnimmt. Wiederum großartig ist seine Szene „Ella giammai m’amò“.

    Tito Gobbi hat vielleicht nicht so viel Stimme wie mancher Kollege („la pace dei sepolcri“), aber der folgende Abschnitt des Gesprächs mit Filippo ist umso eindringlicher gestaltet. Gobbi verzichtet darauf, aus „per me giunto“ mit der Vollstimme eine vokale Schaunummer zu machen, sondern lässt die Arie in der Dunkelheit des Gefängnisses. Seine Sterbeszene, darin bestens unterstützt von Giulini, ist ein Höhepunkt der Aufführung.

    Fedora Barbieri ist alles andere als treffsicher in der Höhe. Konsequenterweise lässt sie einige Spitzentöne in „O don fatale“ aus. Ein Hauch von Schärfe ist ebenso zu hören wie mancher brustige Ton. Von der technischen Souveränität einer Shirley Verrett oder einer Grace Bumbry ist sie weit entfernt. Was bleibt, ist ihr Instinkt für dramatische Gestaltung. Aber um diese Sängerin zu schätzen, gibt es bessere Aufnahmen, etwa ihre Azucena unter Cellini und von Karajan, ihre Mrs. Quickly ebenfalls unter von Karajan.

    Michael Langdon gibt sich alle Mühe, aber in der Szene mit Filippo gibt die vokale Machtfülle diejenige der Handlung mit umgekehrten Vorzeichen wieder. Dies umso mehr, als sich Christoff dafür in keiner Weise anzustrengen scheint.

    Dies ist eine Live-Aufnahme, die hält, was nach der Papierform vor dem Hintergrund der Studio-Aufnahmen erwartet werden darf. Giulini, Christoff und Gobbi sind drei (erhoffte) Eckpfeiler, die die Aufnahme empfehlenswert machen. John Vickers und Gré Brouwenstijn sind zwei weitere – unerwartet, aber umso erfreulicher: sie machen die Aufnahme eigentlich unverzichtbar und sind das überzeugendste tragische Paar aller dieser Aufnahmen. – Abstriche bei Eboli und beim Großinquisitor verhindern letztes Opernglück ebenso wie einige Striche am Text. Aber zu diesem Preis … wie zum Ausgleich der Kürzungen gibt es ein Recital mit Boris Christoff.

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Gabriele Santini, Oktober 1954

     

    Don Carlo – Mario Filippeschi
    Elisabetta di Valois – Antonietta Stella
    Filippo II – Boris Christoff
    Rodrigo, Marchese di Posa – Tito Gobbi
    La Principessa d’Eboli – Elena Nicolai
    Il Grande Inquisitore – Giulio Neri
    Un frate – Plinio Clabassi
    Tebaldo – Loretta di Lelio
    Una voce dal cielo – Orietta Moscucci

    Orchestra e Coro del Teatro dell’Opera di Roma
    Gabriele Santini

    Gespielt wird eine vieraktige Fassung.

    Mario Filippeschi singt den Infanten mit wenig biegsamer Stimme. Da fehlen aber auch alle Abschattierungen … Gleich die Fontainebleau-Arie hat mir diesen Sänger verleidet. Das Timbre ist attraktiv, die Spitzentöne sind sicher, aber die Gestaltung geht gegen Null. Seine besten Stellen sind die dramatischen Abschnitte im Gespräch mit Elisabetta in den Klostergärten (zweiter Akt).

    Zu Antonietta Stella als Elisabetta kann ich leider nicht viel mehr sagen als ich das oben zur Santini-Aufnahme von 1961 getan habe. Immerhin dieses: Ihre letzte Arie fand ich hier etwas besser gelungen als dort, aber weit entfernt von der Wirkung einer Freni oder einer Brouwenstijn.

    Boris Christoff macht einmal mehr den Dialog mit Rodrigo und seine große Soloszene zu Höhepunkten der Aufnahme. Resignierend und doch gefasst gestaltet er das „amor per me non ha“, dabei genau die Anweisung „come trasognato“ umsetzend. Wunderbar ist dann der Beleuchtungswechsel bei „Ove son?“ Mit sanfter Gewalt erklingt der quasi-visionäre Ausbruch „Se il serto regal“, sehr überzeugend der Übergang in die Stimmung des Anfangs. Eine Modellinterpretation.

    Tito Gobbi. Da wäre mal ein isolierter Vergleich mit Ettore Bastianini in dieser Rolle interessant! Der Singschauspieler auf der einen Seite, der Stimmbesitzer auf der anderen? Vielleicht zu einfach. Jedenfalls ist Gobbis differenziertes Singen hier wie in Covent Garden 1958 eine Freude.

    Elena Nicolai hat ein Vibrato, das ich nicht sehr attraktiv finde. Im Lied vom Schleier sind die (ausgeschriebenen) Triller kaum vom Vibrato unterscheiden. Sie trifft auch nicht alle Töne richtig, vor allem in den Kadenzen auf liegenden Akkorden des Orchesters. Unerfreulich.

    Giulio Neri ist der dritte vokale Leuchtturm der Aufnahme – mit schwarzem Strahl. Das Duett Philipp/Großinquisitor ist vielleicht das gewaltigste aller dieser Aufnahme. Wer hier eine geradezu archaisch anmutende vokale Schlacht hören möchte, ist genau richtig. Neri hat dunkle Stimmgewalt und etwas Starres in seinem Singen, perfekt für die Rolle.

    Da Santini kaum Ideen hat, wie man die Schönheiten und die Raffinesse der Musik zeigen könnte, und die anderen Sängerinnen und Sänger nicht so richtig überzeugen, sind es die dunklen Männerstimmen, die Aufnahme interessant machen: Boris Christoff, Tito Gobbi und Giulio Neri. So sind die Höhepunkte der Dialog von Filippo und Rodrigo im zweiten Akt, der Monolog des Filippo im dritten Akt, das folgende Duett mit dem Großinquisitor und die Sterbeszene des Rodrigo. Gobbi und Neri sind letztlich die Argumente für diese Einspielung, da Christoff auch andernorts zu hören ist.

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Fritz Stiedry, Met live 11. November 1950



    Dies ist ein Mitschnitt der ersten Premierenbesetzung in der Ägide Rudolf Bing (Areios hat hier bereits darauf hingewiesen). Das Werk war seinerzeit noch nicht etabliert, die Wahl nach dessen eigenen Worten „riskant“. Die Premiere selbst war fünf Tage vorher am 06. November 1950.

    Anfangs leidet die Aufnahme arg unter Gleichlaufschwankungen der Bänder, das legt sich später. – Gegeben wurde eine vieraktige Fassung, bei der übel gekürzt ist; die Aufnahme passt auf zwei randvolle CDs (78:36 + 78:38 mit einem hässlichen CD-Wechsel mitten in der Autodafé-Szene).

    Der Mitschnitt wird vermutlich ohnehin eher von Fans der Protagonisten gekauft. Jedenfalls sprechen Tonqualität und Kürzungen dagegen, das Werk ausgerechnet mit dieser Aufnahme kennen zu lernen, dafür wären etwa Giulini 1970, Santini 1961 oder die DVD aus der Met unter Levine sicher geeigneter. Darum nur kurz etwas zu den Argumenten für diese Aufnahme:

    Jussi Björling ist in Topform. Kesting schreibt, dass sein Carlo „dem Ideal nahekommt“, und, anderer Stelle: „Björling bietet, singend wie ein junger Gott, ein differenziertes Porträt“.

    Es gibt viele Zeugnisse, die berichten, wie gut sich Björlings Stimme mit der von Robert Merrill mischte. Wer deswegen nicht den ganzen Don Carlo hören möchte, ist eventuell mit dieser Duett-CD besser bedient, sie enthält die Szene „Io l’ho perduta“ bis zum „Dio, che nell’alma infondere“. Die Studio-Aufnahme der Szene entstand am 30. November 1950, also knapp drei Wochen nach dieser Met-Aufführung:

    Kesting zur Met-Aufnahme: „Merrill ist narzisstisch entzückt von Robert Merrill.“

    Siepi war damals 27 Jahre jung und war eher noch unbekannt, doch nach dieser Aufführung wurde er für weitere engagiert. Sein Duett mit Merrill ist eine Lehrstunde für äußerlichen versus verinnerlichten Gesang. Nochmal Kesting: „Anders als der zum Auftrumpfen neigende amerikanische Bariton findet Siepi die Ausdrucksfarben für das Wechselspiel des Dialogs.“ – Seine große Szene „Ella giammai m’amò“ ist zu Beginn weniger „trasognato“ als bei Christoff, aber insgesamt ein berührendes Bild tiefer Trauer.

    Jerome Hines ist ein gewaltiger Großinquisitor. Doch der Dialog mit Filippo spielt sich über weite Strecken eher im Piano-Bereich ab, ist bedrohlich durch leise Töne. Das beginnt schon mit dem ungewöhnlich langsamen und dichten Vorspiel. Spannend.

    Der Mitschnitt ist zurzeit günstig zu haben. Na ja – die Stimmfans haben ihn sowieso schon längst. Oder?

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • die Stimmfans haben ihn sowieso schon längst. Oder?

    Du sagst es überdeutlich, liebes Mauerblümchen.

    Ich müßte mal hier blättern, aber eine der größten Aufnahmen des "Don Carlo" ist, für mich, die Salzburger Aufnahme unter Karajan von 1958.

    :wink: :wink: Kristin aus München

    Vom Ernst des Lebens halb verschont ist der schon der in München wohnt (Eugen Roth)

  • eine der größten Aufnahmen des "Don Carlo" ist, für mich, die Salzburger Aufnahme unter Karajan von 1958.


    Liebe Musikkristin,

    hinter dieser Aufnahme bin ich schon ziemlich lange her. Momentan leider zu teuer ... ;(

    Viele Grüße
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • [Gekürzte Kopie von hier; von dort ebenfalls die folgenden Beiträge. :gurni: Gurnemanz]

    Anfang Oktober ist es wieder soweit - fünf neue Titel erscheinen: [...]

    [...]
    Der Don Carlos ist von 4 auf 3 CDs reduziert worden; bleibt aber dennoch komplett.


    jd :wink:

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Der Don Carlos ist von 4 auf 3 CDs reduziert worden; bleibt aber dennoch komplett.

    Glaube ich nicht. Vermutlich werden die in der ersten Edition enthaltenen Anhänge (also Szenen, die bei der Uraufführung gespielt wurden bzw. für die Uraufführung vorgesehen waren wie die Holzfällerszene des Anfangs) eliminiert.


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Glaube ich nicht. Vermutlich werden die in der ersten Edition enthaltenen Anhänge (also Szenen, die bei der Uraufführung gespielt wurden bzw. für die Uraufführung vorgesehen waren wie die Holzfällerszene des Anfangs) eliminiert.


    Viele Grüße

    Bernd

    Beide Ausgaben enthalten jeweils 42 Tracks in den Download-Fassungen, d. h. auch in der neuen Ausgabe sind die Anhänge enthalten.

    Lionel

    "Musik ist für mich ein schönes Mosaik, das Gott zusammengestellt hat. Er nimmt alle Stücke in die Hand, wirft sie auf die Welt, und wir müssen das Bild zusammensetzen." (Jean Sibelius)

  • bleibt aber dennoch komplett


    Diese Aussage hatte ich vorher überprüft - sonst hätte ich sie nicht geschrieben:

    3 CDs:
    "http://www.deutschegrammophon.com/de/cat/4791919…esentation=flow"

    4 CDs:
    "http://www.deutschegrammophon.com/de/cat/4153162…esentation=flow"


    jd :wink:

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Jajaja, tschuldigung... :hide:

    Hätte ich nicht gedacht, dass man die ganze Chose auf 3 Scheiben unterbringen kann, aber mit zwei 83-Minuten-CDs funktioniert es sogar so gut, dass eine sinnvolle Einteilung zustandekommt.

    Ich mag die Aufnahme immer noch, besonders wegen Abbados Dirigat, das den ganzen Reichtum der Partitur zum Blühen bringt. Wenn man mit französischer Phonetik nicht so vertraut ist, erlaubt auch die ein oder andere Sängerleistung Wertschätzung.

    Natürlich ist es schade, dass - wie schon bei der Erstedition - die Anhänge nicht so auf die CDs verteilt sind, dass man sie per veränderte Trackabfolge in die laufende Oper integrieren kann.


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Die Aufnahme Abbados ist neben derjenigen Pappanos ja - so weit ich das überblicke - die einzige auf CD, die die Oper auf französisch bietet. Kennt jemand beide und mag ein Votum zugunsten der einen aussprechen?

    (Ist Pappanos Aufnahme eigentlich identisch mit der DVD,. d. h. einfach die Tonspur?)

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Die Aufnahme Abbados ist neben derjenigen Pappanos ja - so weit ich das überblicke - die einzige auf CD, die die Oper auf französisch bietet.


    Nicht doch, diese Aufnahme gibt es ebenfalls in der französischen Fassung:


    Das ist jetzt aber von mir nur Rechthaberei, weil es mit dem Recycle-Thema nichts zu schaffen hat.
    calisto

  • Liebe Calisto,

    vielen Dank für den Hinweis!

    Zitat von calisto

    Das ist jetzt aber von mir nur Rechthaberei, weil es mit dem Recycle-Thema nichts zu schaffen hat.


    ;+) Ach was - ich habe ja Unsinn verzapft.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Die Aufnahme Abbados ist neben derjenigen Pappanos ja - so weit ich das überblicke - die einzige auf CD, die die Oper auf französisch bietet. Kennt jemand beide und mag ein Votum zugunsten der einen aussprechen?

    Wie Calisto schon bemerkte, gibt es auch die Matheson BBC-Ausnahme aus den 70er Jahren. Diese gibt es auch noch:

    Abbado bringt Verdis Fassung letzter Hand mit dem französischen Text (seine Bearbeitungen hat Verdi immer auf einem frz. Text komponiert, bis auf eine kleine für Neapel, die er später rückgängig gemacht hat), während Matheson sich an der Erstfassung von 1867 orientiert. Abbado bringt im Anhang Szenen, die anläßlich der unterschiedlichen Bearbeitungen gestrichen oder ersetzt wurden, während Matheson einige bei der Premiere gestrichenen Szenen wieder integriert. De Billy geht noch weiter und gibt sozusagen den Ur-Don Carlos.

    Pappano hingegen bringt eine Mischfassung und kombiniert unterschiedliche Stadien der Partitur, ohne Ballett, mit französischem Text.
    Sängerisch gibt es bei allen vier Aufnahmen Höhen und Tiefen. Bei Abbado fällt auf, daß keiner der Protagonisten mit der Sprache richtig vertraut ist - ab und zu hat man sogar den Eindruck, sie hätten den französischen Text nur flüchtig kurz vor der Aufnahme gelesen.
    Abbados Aufnahme ist eine reine Studioproduktion; Pappano und de Billy wurden live im Theater aufgenommen; Matheson bei einer konzertanten Aufführung IIRC.
    Matheson hat meistens frankokanadische Sänger, die die Sprache beherrschen, bei Pappano und de Billy gab es eine richtige Probenarbeit.
    Abbado hat auf dem Papier die besseren Sänger, nun sind sie nicht immer in ihrer Bestform (Domingo, Raimondi) und klingen teilweise uninvolviert.
    Matheson hat weniger bekannte Sänger, die aber ihre Rolle richtig spielen und beleben.
    Pappano und de Billy sind irgendwo dazwischen. Karita Mattila und Waltraut Maier haben wenig Sex appeal in der Stimme, Bo Skovhus ist nicht sehr glaubwürdig als Posa. Alagna hat wenig Stimmkultur, Vargas dagegen hat sie aber weniger Engagement.

    Mathesons Version wurde vom Label Ponto herausgegeben:

    Als Bonus gibt es ca 1 Stunde mit Auszügen einer französischen Aufnahme von 1961 mit Alain Vanzo, Xavier Depraz, Jacques Mars ... Der Bonus wurde von Opera Rara nicht übernommen.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Vielen Dank, lieber Philbert, für das ausführliche Aufdröseln der Lage!

    Die Aufnahme unter Bertrand de Billy dürfte aus der Konwitschny-Inszenierung stammen:

    Viele Grüße
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe


  • Die Aufnahme Abbados ist neben derjenigen Pappanos ja - so weit ich das überblicke - die einzige auf CD, die die Oper auf französisch bietet. Kennt jemand beide und mag ein Votum zugunsten der einen aussprechen?

    (Ist Pappanos Aufnahme eigentlich identisch mit der DVD,. d. h. einfach die Tonspur?)

    Gruß
    MB

    :wink:


    Ich kenne in der Tat beide Aufnahmen und bevorzuge die von Pappano. Schon alleine, weil Mattila einfach großartig singt und Alagna - bei aller Bewunderung für Domingo - der deutlich bessere Don Carlo ist.

    LG Rosenkavalier

    Ich glaube, dass es in jedem Sänger einen einzigen, reinen und kleinen Ton gibt, welcher der wahre Ton der Stimme ist, und was immer man tut und wie man auch seine Stimme auf diesen Ton aufbaut, man muss zu ihm zurückkehren können, sonst ist es aus. (Agnes Baltsa)

  • Ich glaube, die Beurteilung ist nicht gerecht...

    [Diesen Beitrag und die folgenden vier habe ich aus "Eben gehört" hierher kopiert und um doncarlosfremde Cover gekürzt, um ausführlichere Diskussionen zu ermöglichen. - Areios]

    [...]

    Sein Dirigat ist ok, aber Giulini hat das Stück mit teilweise weniger guten Sängern insgesamt zu noch stärkerer Wirkung gebracht.

    Hallo MB,

    ich glaube nicht, dass die Aufnahme unter Guilini mit dem schlechteren Ensemble gearbeitet hat. Im Gegenteil, er hatte die bessere Sänger Elite, denn die Aufnahme wurde die "Referenz" Aufnahme des Carlos. Wir neigen leider viel zu sehr dazu, die Vergangeheit zu verklären und nachfolgende Leistungen zu würdigen. Was aber die Carlos Aufnahme unter Gabriele Santini keinesfalls schmälern sollte. Sie ist hervorragend, jedoch nicht Referenz!

    Referenzaufnahme:



    Gruß

    Bernard

    Keine Kunst wirkt auf den Menschen so unmittelbar, so tief wie die MUSIK,
    eben weil keine uns das wahre Wesen der Welt so tief und unmittelbar erkennen lässt

    Arthur Schopenhauer

  • Lieber Bernard,

    ich glaube nicht, dass es "gerechte" Bewertungen gibt.

    ich glaube nicht, dass die Aufnahme unter Guilini mit dem schlechteren Ensemble gearbeitet hat. Im Gegenteil, er hatte die bessere Sänger Elite, denn die Aufnahme wurde die "Referenz" Aufnahme des Carlos.


    Ups - wer sagt das noch? Wer behauptet, Giulinis Aufnahme sei die Referenz des Don Carlos? Und was ist Referenz? Die "beste" Aufnahme? Oder diejenige, an der man andere misst?

    Giulini hatte m. E. teilweise die besseren Stimmen, aber nicht unbedingt die besseren Sänger als Santini/DG. Auf Caballé trifft dies bspw. zu - bzgl. der Stimme. Ob man sängerisch die stellenweise etwas hohl drehende Künstlichkeit und Selbstgefälligkeit am eigenen Klang einer Caballé höher schätzt als die Distanziertheit von Frau Stella - Geschmackssache. Für mich sind beide nicht die Erfüllung als Elisabetta.

    Domingo ist m. E. stimmlich und sängerisch Herrn Labò überlegen. Da gebe ich Dir recht.

    Mehr als nur ein Klassenunterschied liegt m. E. beim Filippo vor - meinst Du im Ernst, Ruggero Raimondi könne Christoff da das Wasser reichen? "Bessere Sängerelite??" ;+)

    Eboli gefällt mir bei Giulini klar besser - ein Traum! Vor diesem Hintergrund wird so richtig klar, wie sehr manch andere Sänger der Giulini-Aufnahme sich mit schönen Tönen zufrieden geben. Bei Shirley Verrett hingegen werden Emotionen zu Klang.

    Willst Du in der Rolle des Posa wirklich Sherill Milnes mit Ettore Bastianini vergleichen? Wie gemein gegenüber Milnes ...

    Wir neigen leider viel zu sehr dazu, die Vergangeheit zu verklären und nachfolgende Leistungen zu würdigen. Was aber die Carlos Aufnahme unter Gabriele Santini keinesfalls schmälern sollte.


    Ich weiß nicht, wen Du mit "wir" meinst und hoffe, dass Du diejenigen, die Du meinst, hinreichend genug kennst, um eine solch steile These "gerecht" (gemäß dem vor Dir gestellten Anspruch) formulieren zu können.

    Sie ist hervorragend, jedoch nicht Referenz!


    Siehe oben ... wer sagt das noch und was verstehst Du unter "Referenz"?

    Und wer hat eigentlich behauptet, Santinis Aufnahme sei die Referenz? Gegen diese hypothetische Aussage beziehst Du ja deutlich Opposition.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Ups - wer sagt das noch? Wer behauptet, Giulinis Aufnahme sei die Referenz des Don Carlos? Und was ist Referenz?

    Lieber MB,

    Die Behauptung der Referenz ist im Harenberg Opernführer hinterlegt. Die Aufnahme wurde im Jahre 1971 mit dem "Grand Prix de Disque" ausgezeichnet.
    Referenz bedeutet eine Auskunft, die man als Empfehlung bezeichnen kann. Man gibt über die (Aufnahme eine positive Auskunft = Referenz) Egal ob es sich dabei um eine Person, oder eine Sache handelt.

    Übrgens, ich habe auch nicht behauptet, dass Du die Aufnahme unter Santini als Referenz ausgewiesen hast. Mir ging es einfach nur um das Ensemble der Sänger.

    Liebe Grüße

    Bernard :wink:

    Keine Kunst wirkt auf den Menschen so unmittelbar, so tief wie die MUSIK,
    eben weil keine uns das wahre Wesen der Welt so tief und unmittelbar erkennen lässt

    Arthur Schopenhauer

  • Lieber MB, Die Behauptung der Referenz ist im Harenberg Opernführer hinterlegt.


    Lieber Bernard, dann muss es ja stimmen ... ;+) ... schön, dass es eine eindeutige Referenz gibt.

    Die Aufnahme wurde im Jahre 1971 mit dem "Grand Prix de Disque" ausgezeichnet.


    Ja, ist es denn ... ! Kubeliks Aufnahme der Gurrelieder hat den Grand Prix du disque der Academie Charles Gros auch bekommen. Ist die jetzt auch Referenz?

    Ich sage ja nicht, dass die Aufnahme schlecht wäre - im Gegenteil: Wem schöne Stimmen über alles gehen, der könnte diese Aufnahme heiß und innig lieben. Giulinis Dirigat finde ich wirklich klasse. Aber eine einzige Aufnahme des Don Carlo zur Referenz zu erheben, bei der weder Björling noch Brouwenstijn noch Siepi noch Christoff singen ... na ja, das sagt vielleicht mehr über diejenigen, der sie zur Referenz erhebt. Vielleicht ist das Werk ja zu komplex, als dass eine einzige Aufnahme in allen Aspekten referenzwürdig sein könnte.

    Möge jeder die Aufnahmen hören, mit denen er glücklich ist! Doch fremdgeliehene Urteile sind dünnes Eis zur Untermauerung der eigenen Vorlieben.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

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