Frage zu Brahms' Händel-Variationen
Gestern abend habe ich Grigory Sokolov u.a. mit den Händel-Variationen op. 24 von Brahms gehört, und dabei fiel mir außer seinem - wieder einmal - großartigen Spiel auf, dass er in der vierten Variation den jeweils letzten Takt vor der Wiederholung (also den 4. und 8. Takt) um ein Viertel abkürzte. Die durchgehenden Sechzehntel-Oktaven münden dort auf dem dritten Schlag in einer Viertel, es folgt eine punktierte Achtelpause, die dann zum Sechzehntelauftakt weiterleitet. Sokolov spielte statt der Viertel eine punktierte Achtel und dann sofort den Auftakt, so dass der Takt nur 3/4 statt 4/4 lang ist. Da ich mir kaum vorstellen kann, dass ihm das "aus Versehen" passiert ist, habe ich mich zuerst noch einmal im Notentext versichert, dass das da wirklich anders steht: Sowohl im Autograph als auch im Erstdruck sowie in Urtext-Ausgaben von Peters und Henle sind die Takte eindeutig mit Viertel und anschließender Pause notiert. Daraufhin neugierig geworden habe ich Aufnahmen angehört: Ashkenazy, Bolet, Katchen und Klien spielen die Pause wie vorgeschrieben, aber ausgerechnet der ansonsten fanatisch textreue Arrau verkürzt den Takt ebenfalls. Es fällt bei ihm zwar durch ein großes Ritardando weniger auf als bei Sokolov, ist aber dennoch eindeutig. Ich finde das besonders merkwürdig, weil das 8-taktige Schema des Themas bei allen 25 Variationen unangetastet bleibt. Weiß jemand, ob diese Taktverkürzung irgendwo historisch belegt ist? Gibt es noch andere Aufnahmen, in denen die Takte gekürzt sind?
Viele Grüße,
Christian