Lieber Ecclitico, bevor Du Deine Rundumschläge verteilst, solltest Du vielleicht etwas genauer informiert sein. Ahasverus ist in der Legende ein Jude, der kein Mitleid mit dem leidenden Christus hatte, als dieser gekreuzigt wurde und nicht nur das: er verspottete ihn sogar. Christus soll ihn dafür (was m.E. absurd, weil vollkommen "unchristlich" ist) verflucht haben und seither irrt er durch die Welt und sucht nach Erlösung. Wer sich mit Wagners antisemitischen Schriften befasst hat und darin keine Parallele zur mitleidslosen und nach Erlösung suchenden herumirrenden Kundry sieht, muss mindestens auf einem Auge blind sein.
Ob der "Ewiger Jude" antisemitisch ist, hängt vom Kontext ab, wie so vieles im Leben.
Als isolierte Sage ist sie völlig harmlos: Jemand hat Jesus verspottet und wird daher verflucht. Dass dieser Jemand Jude sein muss, ergibt sich aus der Geschichte, ist aber ansonsten völlig irrelevant. Vergleichbare Legenden gibt es auch mit anderen Protagonisten, siehe den Wikipedia-Artikel, siehe auch z.B. den Fliegenden Holländer.
Zumal das Vergehen dieser Einzelperson(!) recht harmlos ist im Vergleich zu dem, was man den Juden in dem Zusammenhang vor allem vorwirft: Jesus getötet zu haben. Ein ganzes Volk tötet den Erlöser. Was ist dagegen schon der Spott einer Einzelperson. Zumal letztere in den diversen Legenden fast immer Mitleid hervorruft, im Gegensatz zu den historischen Verurteilungen der "Jesusmörder", die eher Rachegefühle hervorrufen sollen. Ja, der Ewige Jude ruft nicht immer Mitleid hervor. Das hängt davon ab, wie die Geschichte erzählt wird.
Beim Ewigen Juden kommt es also auf den Kontext an. Und wie lautet dieser beim Parsifal: Kundry ist "Täterin" in der Vergangenheit, aber in der eigentlichen Oper ist sie Opfer. Opfer des Fluchs, Opfer ihrer Schuldgefühle, Opfer von Klingsor. Und außerdem ist sie eine der komplexesten Operngestalten (beiderlei Geschlechts) Wagners. Ihr Judentum wird an keiner Stelle erwähnt. Weil es darauf nicht ankommt. Das Thema ist ein ganz anderes.
Thomas
PS: Die "Frauenfeindlichkeit" des Parsifal ist deine Privatinterpretation. Auf die Idee kommt sonst keiner. Befasse dich mal mit dem Gedanken, dass Frauen nicht immer nur Anschauungsobjekt von Männern sein müssen, sondern auch mal Hauptprotagonist eines Jahrtausendwerkes in all ihrer Komplexität. Solche Rollen spielen sonst nur Männer. Frauen sind ansonsten eher eindimensional. Ihren Wert erhalten sie in Abhängigkeit von diversen Männern. Kundry dagegen ist autonom. Sie ist die zentrale Gestalt der Oper. Entlang ihrer Figur wird die ganze Geschichte erzählt. Tatsächlich ist die Oper eher männerfeindlich. Die Ritter werden allesamt als alte weiße vertrottelte Männer dargestellt. Möchtergern-Helden, die kläglich versagen. Kein einziger von denen kann es an Tiefe und Komplexität auch nur annähernd mit Kundry aufnehmen.
PPS: Warum tut Wagner so etwas? Gute Frage. Altersweisheit?