Ars antiqua
Wie der Begriff „Ars antiqua“ (= alte Kunst) nahelegt, wurde er geprägt, als diese Epoche schon vorbei war.
Um 1320 verfasste Philippe de Vitry ein Traktat mit dem Namen „Ars nova“, in dem er neue Kompositionstechniken rhythmischer und harmonischer Natur, aber auch eine neue Notationsform vorschlug. Darin grenzt er ältere Musik mit der Bezeichnung „Ars antiqua“ ab.
In diesem Sinne wurde „Ars antiqua“ für alle Musik, die vor etwa 1320 entstanden ist, verwendet. Dieser Gebrauch des Begriffs blieb bis hin zur modernen Musikwissenschaft erhalten. In jüngerer Zeit setzt es sich aber immer mehr durch, mit „Ars antiqua“ lediglich die Zeit zwischen der Notre-Dame-Epoche und der Ars nova zu bezeichnen. Man muss also stets prüfen, in welchem Sinne ihn ein Autor verwendet. Hier soll es in dem moderneren Sinne geschehen.
Damit bezeichnet „Ars antiqua“ ungefähr die Zeit von 1230/50 bis 1310/30.
In der Zeit der Ars antiqua wird das Organum zwar noch gesungen, aber nicht weiter entwickelt.
Auch der Hoquetus ist noch eine gängige Gattung bzw. Satztechnik.
Der Conductus wird allmählich von der Motette abgelöst. Jedoch werden noch Conductus komponiert, und zwar häufig nicht mehr mit Gregorianischem Choral, sondern mit geistlichen Liedern der Trouvères als Grundlage.
Die Motette ist die zentrale Gattung der Ars antiqua. Putto hat dies hier wunderbar beschrieben.
Sind aus der Zeit der Notre-Dame-Epoche fast nur die Namen Leonin und Perotin überliefert, so begegnen wir in der Ars antiqua bereits einer ganzen Anzahl von Komponisten:
Petrus de la Cruce/Pierre de la Croix (Paris, Theoretiker und Komponist, * Mitte des 13. Jhds, + unbekannt)
Franco von Köln (Ende des 13. Jhds.)
Johannes de Garlandia/Jean de Garlande (Paris, Theoretiker und Musiker, 13. Jhd.)
Adam de la Halle (Trouvère, ca. 1237-1287)
Jacobus von Lüttich/Jacques de Liège (Theoretiker, ca. 1260-nach 1130)
Jehannot de L’Escurel (Liedkomponist, + 1303)
Hieronymus de Moravia (Theoretiker, 13. Jhd.)
Einen ersten Höreindruck von Motetten dieser Epoche mag die nachstehende CD liefern. Enthalten sind Motetten von Adam de la Halle, Petrus de la Cruce und anonymen Meistern: