CD-Editionen von Aufnahmen der Schellack-Ära (bis ca. 1950)
Wie jede neuentwickelte Technik Ende des 19. Jahrhunderts hatte auch die Tonaufzeichnung mit Kinderkrankheiten, (noch) technischen Unmöglichkeiten und künstlerischer Ablehnung zu kämpfen. Als Edison im November 1877 seinen Phonograph vorführte, hatte er damit das erste brauchbare Gerät für Aufnahme und Wiedergabe geschaffen. Ursprünglich als Diktiergerät gedacht, gab es auch sehr schnell Walzen mit Musikaufnahmen zu kaufen.
Emil Berliner erfand schließlich 1887 das Grammophon und die Schallplatte, die ab 1896 aus Schellack gefertigt wurde. Mit diesen Voraussetzungen war der weltweite Erfolg der gespeicherten Musik nicht mehr aufzuhalten: ab 1898 wurde die Schellackplatte ein Massenprodukt, mit Verkäufen von über 700 000 Exemplaren in jenem Jahr. Gründungen der ersten Plattenfirmen wie z.B. der späteren Deutschen Grammophon oder ihrer britischen Muttergesellschadt, der Gramophone Company, die sich 1909 in His Master's Voice umbenannte und aus der 1931 die EMI Group hervorging, stellte die Produktion der Musik sicher, die man mit den Geräten verkaufen wollte.
Diese spröden Scheiben mit 30 cm Durchmesser und abspielbar mit 78 Umdrehungen pro Minute speicherten rund 4-5 Minuten pro Seite, was eine ziemlich starke zeitliche Beschränkung für viele Werke der Klassischen Musik darstellte: einzelne Arien aus Opern oder kurze Sätze von Symphonien bzw. Sonaten ließen sich aufnehmen, aber für längere Werke mußte man sehr schnell dazu übergehen, entweder gekürzte Fassungen einzuspielen oder ein Werk auf mehrere Seiten zu verteilen. Das Repertoire war vielfältig, und viele Künstler wie z.B. Casals, Caruso, Toscanini oder Heifetz legten mit diesen Aufnahmen den Grundstein ihrer heute noch legendären Verehrung.
Im Laufe der 1910er und 1920er Jahre wurden auch umfangreichere Werke wie Symphonien oder Opern aufgenommen, als die Technik weiter fortgeschritten war. 1913 gab es die erste komplette Beethoven-Symphonie auf acht Seiten (Nr. 5 unter Arthur Nikisch), 1927 entstand der erste komplette Messiah unter Beecham (auf 36 Seiten), und 1929 wurde Donizettis Lucia di Lammermoor unter Molajoli auf 26 Seiten aufgezeichnet. Die elektromagnetische Tonaufzeichnung brachte eine wesentlich bessere Klangqualität zustande als die bisher akustisch-mechanische, und die Erfindung des Tonbandes ließ die Tonaufzeichnung auf den Wachsplatten wegfallen.
Wenn man sich das erhaltene Repertoire an Schellackaufnahmen heute betrachtet, so fällt auf, daß man es zumeist mit einer "Hitsingle"-Qualität zu tun hat (das ist nicht unbedingt negativ gemeint). Längere Werke wie die oben genannten blieben Ausnahmeprojekte, da eine Komplett-Edition davon dem Kunden sehr viel Geld kostete.
1948 wurde in den USA die LP mit 33 1/3 U/min. eingeführt, im Jahre darauf kam die 45er-Single auf den Markt. Diese Formate wurden bereits im strapazierfähigen Vinyl (PVC) hergestellt und lösten die Schellackplatte in kürzester Zeit ab. Um 1950 war abzusehen, daß die 78er nichts mehr zu melden hatte. Das Repertoire wurde für die LP mit anderen Künstlern neu aufgenommen, und die alten Aufnahmen verschwanden auf dem Müllplatz, in Antiquariate oder in Archiven. Von den Legionen an Aufnahmen, die in den fünfzig Jahren seit Berliners erstem Erfolg entstanden sein müssen, ist heute Vieles verlorengegangen. Immerhin zerfallen Schellackplatten nicht, so daß man heutzutage davon Überspielungen anfertigen kann.
Es gibt definitiv eine kleine verschworene Gemeinde weltweit, die für die alten Platten schwärmt, und so sind viele alte Aufnahmen für unsere heutige Generation verfügbar gemacht worden. Schon in der LP-Zeit begannen die Plattenfirmen, einige ihrer älteren Aufnahmen auf den neuem Format herauszubringen. Seit der Einführung der CD haben sich einige Labels darauf spezialisiert, Schellackaufnahmen mit allerlei technischem Aufwand "anhörbar" zu machen, mit unterschiedlichem Erfolg. Man kann Preiser, Testament oder Pearl Gemm nennen, die hochwertige Überspielungen erstellen; später kam Naxos hinzu, die für einen günstigen Kurs zumeist ebenfalls sehr gute Masterings anbieten. Aber da gibt es auch die Billiglabels wie Cantus Classics oder Andromeda, die je nach Titel zwischen sehr guter und miserabelster Tonqualität schwanken können.
In diesem Thread soll es um CD-Veröffentlichungen gehen, die Aufnahmen aus der Schellack-Ära beinhalten. Diskussionen über CD-Labels oder Mastering-Ingenieure sind ebenso willkommen wie Fragen zur Mastering-Ideologie solcher Aufnahmen. Ich formuliere keine starre Grenze, was hier reingehört oder nicht, denn der Übergang ist damals durchaus fließend gewesen. Pauschal gesagt: alle Aufnahmen vor 1950 kann man hier besprechen, aber der Fokus sollte auf solche gerichtet sein, die mal als Schellacks existiert haben. Ausnahmen sind durchaus zugelassen. Radio-Aufnahmen dagegen sind nicht erlaubt; da folgt gegebenenfalls ein eigener Thread.
Dann wollen wir mal sehen, wer was so im Schrank stehen hat... ;+)
Links:
"http://de.wikipedia.org/wiki/Tonaufnahme"
"http://de.wikipedia.org/wiki/Phonograph"
"http://de.wikipedia.org/wiki/Grammophon"
"http://de.wikipedia.org/wiki/Schallplatte"
jd