Franz Schubert: Sinfonie C-Dur, D 944 "Die Große"

  • Franz Schubert: Sinfonie C-Dur, D 944 "Die Große"

    Da ich keinen Faden speziell dazu gefunden habe, mache ich ihn eben selbst auf.

    Das genaue Jahr des Entstehens dieser Sinfonie ist nicht bekannt. Oft wurde es auf 1828 datiert, scheint es 2-3 Jahre früher entstanden zu sein.
    Die Partitur wurde erst 1838 entdeckt, und zwar von Rober Schumann in Wien. Die Uraufführung fand am 21 März 1839 in Leipzig unter Felix Mendellsohn-Bartholdy statt.
    Laut dem Musikwissenschaftler Ernst Hilmar soll sie identisch mit der Gmunden-Gasteiner Sinfonie D 849 sein.

    Die Sinfonie besteht aus vier Sätzen:

    1. Andante. Allegro ma non troppo
    2. Andante con moto
    3. Scherzo. Allegro vivace - Trio
    4. Finale. Allegro vivace

    Eine ausführliche Analyse darf von mir mal wieder nicht erwartet werden, aber die Freude darüber, wenn sie jemand hier einstellt. :)

    Ein Punkt bezugs dieser Sinfonie ist sicher auch die Tempo-Frage, die bei diesem Werk immer ein bisschen problematisch scheint, zu rasch oder verschleppt liest man ziemlich oft.
    Ich habe ganz oft zwiespältiges zu diesem Werk gelesen, vor allem was die Deutung angeht, von strahlend bis hintergründig-traurig, von blühend- lebensbejahend bis hin zu einer Art von "Katastrophe" im 2. Satz und einem Finale in dem es rast, wie ein Kreisel, der sich unaufhörlich dreht, aber nicht vom Fleck kommt.
    Meine ganz persönliche Empfindung deckt sich (bisher) eher mit der positiven Sicht :
    Für mich klingt sie nach Leben überhaupt.
    Wobei das nichts mit fröhlicher Ausgelassenheit zu tun hat. Die Assoziation mit dem Kreisel finde ich sehr schlüssig, bedeutet mir vor allem aber, dass die überschäumende Freude/Energie aufsteigt, aber nicht herauskonnte aus dem Medium, es brodelt, aber das Gefühl der Freude, den Taumel würde ich fast sagen, wird man nicht los, es ist eine Art von Freude, die leicht hysterisch wird, man ist so übervoll von Leben und Freude, dass es beinah "wehtut", dieses Gefühl frisst innerlich auf
    Um auf eine weitere Assoziation zu sprechen zu kommen, nämlich Beethovens 9.
    Was Schuberts Finale in der C-Dur für mich unterscheidet von Beethovens Jubelchor der 9 ist, dass der ja versöhnlich, idealistisch und utopisch ist, bei Schubert finde ich das alles viel erregter, persönlicher und realistischer... bei Beethoven wird gehofft und angestrebt, im Kern von Schuberts Freude liegt die Gewissheit, dass diese nur ein glückseliger Moment sein kann, dass es allumfassende Freude nur ein Trugbild ist und schon die Schatten in sich selbst trägt. Das aber nur zu meinen Gedanken.
    Mag auch an der Aufnahme liegen mit der ich sie kennenlernte :

    George Szell und das Cleveland Orchestra
    eher zügig interpretiert

    "Allwissende! Urweltweise!
    Erda! Erda! Ewiges Weib!"

  • "Die Große" mag für mich Anlass sein, mich hier erstmals zu zeigen. Gehört sie doch zu den Werken, die mich am meisten beeindruckt haben. Ich kannte von Schubert damals die Unvollendete und ein oder zwei andere Symphonien und fand das alles ganz nett. Die 9. dann war beim 1. Hören überwältigend. Succubus hat das sehr schön formuliert. Dieses Überschäumen, diese Ungebremstheit, dieser Taumel - das kannte ich bis dato nicht. Und ich wüsste auch heute kaum ein WErk, dass diese Lebensfülle transportiert. Die Melodiebögen reissen mich mit, es ist wie ein steter innerer Tanz, ich kann sie vor meinem inneren Auge fast sehen!

    Den Vergleich mit Beethovens 9. allerdings habe ich nie verstanden. Es sei denn, dass es nur um schiere Größe geht. Während aber Beethoven mich am Ende seiner 9. in die Welt hinausschleudert, auf dass ich Gutes tue ;+) , lässt mich Schubert wohlig im Genießen verharren. Bei Beethoven ist es der Ruf nach Tat, bei Schubert die endgültige Beschreibung des Guten im Leben.

    Und deshalb ist für mich als altem Revoluzzer die Beethoven 9. auch noch ein kleines Stückchen größer als die von Schubert.

    Liebe Grüße

  • bei Schubert finde ich das alles viel erregter, persönlicher und realistischer... bei Beethoven wird gehofft und angestrebt, im Kern von Schuberts Freude liegt die Gewissheit, dass diese nur ein glückseliger Moment sein kann, dass es allumfassende Freude nur ein Trugbild ist und schon die Schatten in sich selbst trägt.

    ja, diesen Eindruck habe ich auch von der C-Dur-Sinfonie, mir scheint diese beschriebene Erfahrung auf ein wesentliches Merkmal der Schubertsche Musik zu treffen. Irgendwo habe ich mal ein Zitat von Schubert gelesen, etwa: dass er keine fröhliche Musik kenne...
    z.B. bewegend, wie im Andante con moto (2. Satz) der Fluss/Verlauf quasi zerbricht bzw. zerschellt...
    ab ca. 23:50:
    http://www.youtube.com/watch?v=CPC1hFmnDw4

    ein ungeheuerlicher Moment in der C-Dur Sinfonie....(leider sind die Youtube-Strings der Leibowitz-Wiedergabe – die sich als CD in meiner Sammlung befindet – sehr ungünstig filetiert)..

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Vielleicht verpasse ich ja was

    Aber mir kommt es so vor, als wäre die große C-Dur Sinfonie Schuberts in den letzten Jahren (also seit ca. 2000) weniger aufgeführt worden als zuvor.
    Auch ist mein Bestand deutlich rückwärts gewandt, wenn ich mal von einer Thielemann Aufnahme als Radiomitschnitt absehe. Aber hier ist es der Dirigent, der das Werk brüniert hat.
    (Im Sinne der Aufwertung von Gegenständen, beispielsweise um ein „antikes“ Aussehen zu erzeugen)
    Ich finde, das man um zwei Interpretationsmöglichkeiten nicht herumkommt:
    Furtwänglers expressive Gestaltung, die das Werk Richtung Romantik und Bruckner treibt. Mit einer sehr eigenwilligen langsamen Eröffnung und vor allem mit sehr kantigem Scherzo. Das Fu die Tempoanweisungen der Partitur im 1. Satz schlichtweg ignoriert ist typisch für ihn und muss man mögen. Nix für Puristen. Es gibt diverse Aufnahmen Furtwänglers, ich finde die DGG Aufnahme vom Dezember 1951 klanglich am Besten, deswegen gebe ich ihr unbedingt den Vorzug.
    Die andere Haltung ist die Toscaninis, die sich in ähnlicher Weise auch bei Erich Kleiber und bei George Szell wiederfindet: Schubert als Klassiker, weniger als Romantiker.
    Sehr schön ist die Aufnahme des von mir sonst garnicht geschätzten Kuddl Böhm.

    Und eigenwillig ist die Aufnahme von Knappertsbusch. Allein, wie er den letzten Satz anfängt, als sei es ein Marsch in einer Oper. Und dann die Vollbremsungen kurz vor Schluss. Einfach kurios.
    Leider weiß ich wenig über neuere Aufnahmen. Es tät mich sehr interessieren. Aufgehört habe ich bei Jeffrey Tate und der Staatskapelle Dresden. Muss so Mitte der 80iger gewesen sein.
    Gruß aus Kiel

    "Mann, Mann, Mann, hier ist was los!"

    (Schäffer)

  • Aber mir kommt es so vor, als wäre die große C-Dur Sinfonie Schuberts in den letzten Jahren (also seit ca. 2000) weniger aufgeführt worden als zuvor.

    Eher nicht. In den Konzertsälen wird sie ständig gespielt, und auf die Schnelle habe ich seit 2000 folgende Einspielungen auf CD gefunden (und da fehlen bestimmt noch ein paar): Minkowski, Herreweghe, Zinman, Dausgaard, Nott, Ivan Fischer, Rattle, Mackerras, Mehta, Norrington (Stuttgart), Zender, Gielen, de Billy, Zagrosek. Schon vor 2000 ist auf der HIP-Schiene einiges passiert: Goodman, Gardiner, Immerseel, Brüggen, Norrington (London)...


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Und auf DVD von 2009 eine meiner Lieblingsaufnahmen (unter anderen, neben Abbado und Chamber Orchestra of Europe, Bernstein in Amsterdam usw.)...

    Herzliche Grüße
    AlexanderK

  • Meine Lieblingsaufnahme unter den neueren ist diejenige mit den Bamberger Symphonikern und Jonathan Nott:

    Ich schrieb dazu einst in anderen Breiten (Text leicht verändert): Im September 2006 in der Bamberger Konzerthalle eingespielt. Die Covergestaltung ist wie meistens beim Label Tudor gewöhnungsbedürftig - nichts gegen das Klimt-Gemälde, aber die farbliche und typographische Gestaltung lässt doch viele Wünsche offen.

    Selten habe ich in letzter Zeit eine so vorzügliche Aufnahmetechnik eines Orchesterwerks erlebt. Die Staffelung des Orchesters ist wunderbar nachvollziehbar, ohne künstlich erzeugt zu wirken. Der Klang ist zum Glück kaum verhallt, wirkt aber auch nicht trocken. Die Natürlichkeit der Klangfarben und die Transparenz sind mustergültig.

    Das liegt natürlich auch am Orchesterspiel selbst: Makellos, aber nicht "kalt", mit einer wunderbaren Kultur des "Aufeinanderhörens". Eher kleine, aber nicht kammerorchestrale Besetzung. Weiches, aber nicht wattiges Blech, fantastisch nuancierende Holzbläser. Was Nott inzwischen mit den Streichern erreicht hat, grenzt an die Quadratur des Kreises: der traditionelle "warme" Klang bleibt erhalten, gleichzeitig wird aber mit einem sehr kontrollierten und durchaus stark reduzierten Vibrato gespielt. Man höre sich das zweite Thema des zweiten Satzes an - ganz zart und transparent, ohne Rücker und Drücker, aber doch voller Wärme. Selbstverständlich ist die antiphonische Aufstellung der Geigen. Wenn man sich im Vergleich etwa die Aufnahmen mit Wand (Berlin) und Norrington (Stuttgart) zu Gemüte führt, dann liegen die Bamberger Symphoniker hier in der wirklich einmal goldenen Mitte: bei Wand klingen die Berliner Philharmoniker nicht mehr so "spätromantisch" wie bei Furtwängler oder Böhm, aber immer noch sehr "großorchestral" - während das RSO Stuttgart unter Norrington eben doch sehr spröde und trocken wirkt.

    Mit "goldener Mitte" lässt sich zunächst auch die Interpretation Notts charakterisieren. Zunächst die Tempi:

    1. Satz: 16:05
    2. Satz: 14:25
    3. Satz: 15:00
    4. Satz: 16:17

    Man erkennt, dass Nott alle Wiederholungen spielen lässt. Die inzwischen durchgesetzten Erkenntnisse über die Tempi im Kopfsatz werden selbstverständlich beachtet: Alla breve in der Einleitung des Kopfsatzes (aber nicht so schnell wie Norrington), kein Stringendo in der Vorbereitung des Allegro ma non troppo, keine Verlangsamung bei der Apotheose des Einleitungsthemas in der Coda. Noch wichtiger: Es gibt immer ein klar erkennbares Grundtempo, das zwar bei einzelnen Phrasierungen flexibel gehandhabt wird, aber immer erkennbar ist. Also z.B. kein langsameres Tempo bei den jeweils zweiten Themen in den beiden ersten Sätzen (man vergleiche dagegen Wand!). Nur das Trio wird gegenüber dem Scherzo etwas gemächlicher genommen - was inkonsequent scheinen mag, aber dem "singenden" Charakter dieses von mir sehr geliebten Satzteils hervorragend gerecht wird: Man höre hier, wie wirklich alle Klangschichten hörbar werden und perfekt ausbalanciert sind - die Melodie in den Holzbläsern, der punktierte Rhythmus im Blech und die gleichmäßig schreitenden Streicher.

    Den zweiten Satz nimmt Nott mit 14:25 moderat, jedenfalls nicht sehr schnell: für mein Tempogefühl ideal - der Wandercharakter bleibt immer präsent (dank des durchgehaltenen Tempos), aber die "jenseitigen" Sphären kommen ebenso zu ihrem Recht: auch durch enorme Feinarbeit in Phrasierung und Dynamik (Reprise des Seitenthemas nach der "Katastrophe").

    Das Tempo des vierten Satzes gestaltet Nott minimal langsamer als heute oft üblich - und erreicht damit viel: welche Spannung wird allein durch die ganz kurze, aber (auch durch den minimalen Hall) deutlich merkbare Pause zwischen der Auftaktfanfare und der triolischen Antwort der Streicher erzeugt! Die antiphonische Aufstellung der Geigen bewährt sich gleich bei der ersten Steigerung, die ich noch nie so transparent gehört habe. Die Dynamik - z.B. in den immer neu anbrandenden Steigerungswellen zu Beginn der Coda - ist extrem weitgespannt (und trotzdem muss man nicht dauernd am Lautstärkeregler drehen). Der Satz ist von Nott als Ganzes begriffen worden: der Höhepunkt der Durchführung wird nicht brutal herausposaunt, sonden transparent und markant als Präfiguration der Coda dargeboten. Eine noch nie so gehörte Stelle ist der überaus suggestive und dynamisch abgestufte Übergang von der Durchführung zur Reprise mit den "absinkenden" und ständig klangfarblich veränderten Harmonien in den Posaunen und Holzbläsern, die von der Fanfare des Anfangsmotivs regelrecht zerschossen werden.

    Keine spätromantische "Aufblähung" (manchmal höre ich Furtwänglers suggestive Einspielung sehr gern!), aber auch keine maschinenhafte Penetranz und Sterilität (Leibowitz, weniger Karajan, dem das hier immer nachgesagt wird), die gerade im ersten und vierten Satz sehr schnell entstehen, wenn dynamische Abstufung und detaillierte Phrasierung durch pauschales Brio ersetzt werden. Dafür viel Farbigkeit und Wärme - trotz des "klassizistischen" Tempokonzepts!

    Genug geschwärmt. Vieles, was Nott macht, machen andere auch - aber nicht in dieser Dichte und Perfektion. Hier sehe ich ein Modell von Interpretation eines zentralen Werks der symphonischen Tradition, in dem die (ohnehin längst eingerissenen) Grenzen zwischen "HIP" und "Non-HIP" aufgehoben sind; in dem sowohl der Blick zurück (zu Beethoven und Haydn) wie derjenige nach vorne (zu Bruckner und Mahler) zu seinem Recht kommt.


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Danke vielmals!

    Ich höre gerade, angeregt durchs Lesen und Schreiben, höchst begeistert Jeffrey Tate mit der Staatskapelle Dresden, der ebenfalls keine Wiederholung ausläßt und mit
    17:08, 15:15, 15:13 und 16:04 in etwa Notts Tempo hält.
    Ebenfalls eine wunderbar austarierte Aufnahme, die aber nie richtig bekannt wurde, obwohl sie damals begeistert von der Kritik aufgenommen wurde.
    Gruß aus Kiel

    "Mann, Mann, Mann, hier ist was los!"

    (Schäffer)

  • Das genaue Jahr des Entstehens dieser Sinfonie ist nicht bekannt. Oft wurde es auf 1828 datiert, scheint es 2-3 Jahre früher entstanden zu sein.

    Es gibt viele Hinweise auf eine Symphonie, die Schubert im Sommer 1825 in Sommer in Angriff genommen hat. Dieser "Gasteiner Symphonie" hat Deutsch die Nr D849 gegeben und lange galt sie als verschollen, da auf dem Manuskript der Großen C Dur "März 1828" steht.
    Allerdings hat Robert Winter das Papier der Handschrift analysiert.
    Seinen detaillierten Bericht findet man hier:

    mit der Schlußfolgerung, daß die Symphonie 1825 angefangen und 1826 fertiggestellt wurde. Schubert hat die Handschrift 1826 der Wiener Gesellschaft der Musikfreunde geschenkt - wo sie sich heute noch befindet. Das Geschenk wurde quittiert und der Komponist bekam eine Entlohnung. In den Papieren der Gesellschaft fand man auch die Rechnungen von Kopisten, bei denen man für eine nicht zustande gekommene Aufführung Material bestellt hatte. Alles schon vor 1828.

    Unabhängig von Robert Winter war auch John Reed aus stylistischen Gründen auf den Gedanken gekommen, daß die Symphonie eher zu 1825 gehören sollte.

    Bleibt das "März 1828" auf dem Manuskript. Es ist nicht so einfach zu entziffern, da der obere Rand abgeschnitten wurde. Dazu sind einige Werke unmißverständlich von 1825 datiert (die Reliquie z.B.), wo Schuberts 5 einer 8 sehr ähnlich ist. Nicht auszuschließen ist auch, daß die Datierung später eingetragen wurde. Schubert konnte jederzeit die Handschrift in die Hand nehmen und 1828 hat er die Symphonie an Verleger angeboten.

    Die "Gasteiner Symphonie" ist denn mit höchster Wahrscheinlichkeit identisch mit D944. Bauernfeld hat erwähnt, daß Schubert in Gastein seine größte und längste Symphonie komponiert hatte und auch, daß er 1828 an einer Symphonie gearbeitet hat. Lange dachte man, sein Gedächtnis hätte ihn wohl in Stich gelassen, aber alles stimmt, wenn man bedenkt, daß die Große C-Dur aus 1825-1826 stammt und daß Schubert 1828 tatsächlich eine weitere D-Dur Symphonie angefangen hat, von denen drei Sätze in Particell überliefert sind (D936 A, erst 1978 identifiziert).

    Die Partitur wurde erst 1838 entdeckt, und zwar von Robert Schumann in Wien.

    Die Partitur wurde nicht "entdeckt". Die Gesellschaft der Musikfreunde machte keinen Hehl daraus, daß sie sie besaß und es hatte schon andere gescheiterte Aufführungsversuche gegeben. Ferdinand Schubert hat Schumann nicht, wie oft fälschlicherweise zitiert wird, das Manuskript geschenkt, sondern eine Kopie, die er selbst angefertigt hatte. Schumann gebührt der Verdienst, den Wert der Symphonie geschätzt, sie der Welt in der Neuen Zeitschrift für Musik vorgestellt und die Uraufführung iniziiert zu haben. Er ist auch ein glühender Anwalt der Symphonie geblieben und hat sie auch in Düsseldorf dirigiert.

    Hier der Link zur sehr schönen Besprechung der Sinfonie durch Schumann aus dem Jahr 1840.


    "http://www.koelnklavier.de/quellen/schumann/kr080.html"

    ... wo man u.a. feststellen kann, daß Schumann keineswegs von "deN himmlischen LängeN" schreibt, sondern:

    Zitat

    Und diese himmlische Länge der Symphonie, wie ein dicker Roman in vier
    Bänden etwa von Jean Paul, der auch niemals endigen kann, und aus den
    besten Gründen zwar, um auch den Leser hinterher nachschaffen zu lassen.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Zitat

    wo man u.a. feststellen kann, daß Schumann keineswegs von "deN himmlischen LängeN" schreibt, sondern:

    :yes:

    Und dazu nöch der emphatische Vergleich mit Schumanns Leib-und-Magen-Schriftsteller Jean Paul.

    Schumanns erste Sinfonie (die sog. Frühlingssinfonie) ist wahrscheinlich die erste direkte kompositorische Rezeption von Schuberts Großer C-dur-Sinfonie, insb. was den Kopfsatz anbetrifft.


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Thielemann seinerzeit über Furtwängler und Schuberts Neunte: "http://www.zeit.de/2011/13/Dirige…elemann/seite-2"

    Zitat

    Thielemann: Meine Klavierlehrerin, Frau Demmler, hatte einen hageren Herrn über dem Flügel hängen. Ich fragte: Wer ist denn das? Es war der Furtwängler. Und wie sie dann von ihm redete, da dachte ich mir: Das muss ein Halbgott gewesen sein, wenn nicht gar ein ganzer. Auch meine Mutter erzählte mir, sie habe die halbe Nacht nicht schlafen können, wenn der Furtwängler eine Brahms-Sinfonie dirigiert hatte. Und als er gestorben ist, da hätten die jungen Mädels gesagt: »Wir hören nie wieder die Neunte.« Das ist der Gott der Jugend gewesen.

    ZEITmagazin: Würden Sie gerne der Nachfolger dieses Gottes werden?

    Thielemann: Als Jugendlicher habe ich mal eine Schallplatte bekommen, die Neunte von Schubert mit Furtwängler. Da wusste ich sofort: Das ist es, dieser dunkle Klang, diese flexiblen Tempi! Ich hatte das Gefühl, es zerrt an mir. Ähnlich ging es mir später mit Beethovens Neunter, einer Liveaufnahme von 1942. Ich dachte: Ja, so muss man Musik machen.

  • Und vielen Dank an Teleton für die Empfehlung der Karajan-Aufnahme, leider hat er hier noch nicht gepostet: Ich habe selten eine so klare, straffe, eindringliche unbd wunderschöne Interpretation gehört; gerade auch im Bläserbereich. Wahnsinn!

  • RE: Karajan (DG) - nicht EMI !

    Und vielen Dank an Teleton für die Empfehlung der Karajan-Aufnahme, leider hat er hier noch nicht gepostet: Ich habe selten eine so klare, straffe, eindringliche unbd wunderschöne Interpretation gehört; gerade auch im Bläserbereich. Wahnsinn!


    Hallo Yorick,

    das freut mich, dass Dir die Aufnahme auch so gut gefällt.

    ^^ Ich schrieb ja schon im Schubert-GA-Thread:

    hat jetzt aktuell auch gefallen an Karajan´s Schubert 9 gefunden ... es werden immer mehr !

    ______________

    Gruß aus Bonn

    Wolfgang

  • Numerierung von Schuberts Symphonien - Symphoniefragmente

    Vielleicht ist es die Gelegenheit, die Frage der Numerinerung von Schuberts Symphonien zu klären, da man die "Große C-Dur" mit den Nummern, 7, 8 oder 9 sieht.

    Die neue Ausgabe des Deutsch-Verzeichnisses gibt folgende Numerierung
    (erwähnt wird Deutschnummer und Jahr des Kompositionsbeginns)

    1 - D82 - D-Dur 1813
    2 - D125 B-Dur 1814
    3 - D200 D-Dur 1815
    4 - D417 c-moll 1816 "Tragische"
    5 - D485 B-Dur 1816
    6 - D589 C-Dur 1817

    7 - D759 h-moll 1822
    8 - D944 C-Dur 1825

    Dabei werden nur die Symphonien numeriert, die - wenigstens teilweise - aufführbar sind in dem Zustand, in welchem sie zu uns gekommen sind.

    In der Alten Gesamtausgabe waren zuerst die vollendeten Symphonien numeriert. Die Große C-Dur hatte die Nummer 7, die Unvollendete die Nummer 8.
    Da die Große C-Dur nach der Unvollendeten komponiert wurde, hat man sie dann auf 9 umnumeriert. Die Nummer 7 ist dann frei geworden und wurde für eine der skizzierten bzw. hypothetischen Symphonien benutzt.

    Schubert hat nämlich andere Symphonieprojekte unternommen.

    D2B D-Dur 1811 (Fragment - 40 takte)

    Dazu existiert ein Skizzenkonvolut mit dem Datum "Mai 1818". Deutsch gab ihm die Nummer D615. Diese Skizzen sind im Particellstadium (auf zwei Systemen) rund um die Tonart D-Dur.

    1978, im Rahmen des Gedächtnisjahres, fang man an, sich das Konvolut näher anzuschauen, das Papier und die Schrift zu analysieren. Es wurde festgestellt, daß es sich um 3 Projekte handelt:

    Vom Projekt des Jahres, D615, sind Skizzen von 2 fragmentarischen Sätzen überliefert: einen Kopfsatz mit langsamer Einleitung und einen weiteren Satz (entweder den langsamen Satz oder das Finale; es gibt keine Tempobezeichnung).

    Im Winter 1820/1821 kam das nächste Projekt, jetzt D708A. Überliefert sind Skizzen von 4 Sätzen. Sie sind alle fragmentarisch bis auf das Scherzo mit seinem Trio, das voll skizziert ist. Dieses Scherzo ist eine Art Vorbote des Scherzos von D944.

    Das dritte Projekt des Konvoluts wurde 1828 unterfangen. Es hat jetzt die Nummer D936A bekommen. Die Skizzenlage ist äußerst kompliziert, da es meherere Stadien gibt mit gestrichenen Passagen, mit speziellen Zeichen gekennzeichneten Einschüben, usw. Im Grunde genommen gibt es drei Sätze, wobei der dritte im ersten Entwurf den Titel "Scherzo" hat, im zweiten aber keinen Titel und eher Finalcharakter. Ein Addendum zum zweiten Satz sind wohl die letzten Noten, die Schubert in seinen Leben niedergeschrieben hat.

    Noch ein Symphonieprojekt gibt es: in E-Dur aus dem Jahr 1821, D729. Diesmal ist es kein Particell sondern eine volle Orchesterpartitur für eine Symphonie in 4 Sätzen (1340 Takte), an dessen Ende Schubert das Wort Fine geschrieben hat. Allerdings sind nur die ersten 110 Takte voll orchestriert; für den Rest ist meistens nur die Melodie notiert, ab und zu mit Nebenstimmen, Harmonie- oder Orchestrierungshinweisen.

    Für alle diese Projekte existieren Aufführungsversionen fremder Hand, wobei der englische Musikwissenschaftler Brian Newbould sich ganz besonders damit beschäftigt hat.

    Eine weitere Deutsch-Nummer existiert, D849 für die sogenannte Gasteiner Symphonie, die Schubert im Sommer 1825 komponiert haben sollte. Seit man weiß, daß die in Gastein angefangene Symphonie die Große C-Dur ist, ist diese Nummer hinfällig.
    1973 hat Gunter Elsholz eine E-Dur Symphonie Schuberts aus dem "Gasteiner Jahr" 1825 vorgelegt, die er nach Stimmen zusammengesetzt hatte, die sich aif dem Dachboden seiner Tante gefunden haben sollten. Diese Symphonie wurde aufgeführt und aufgenommen, ist aber als Fälschung entlarvt worden.
    ("http://www.augsburger-allgemeine.de/kultur/Wie-fae…id15364606.html)

    Die Engländer, die in der Regel Freunde von Komplettierungen sind, geben oft D729 die Nummer 7 und D936A die Nummer 10 (und bleiben bei 8 und 9 für die Unvollendete und die Große).

    Das Manuskript von D729 war im Besitz von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Durch seinen Bruder Paul geriet es nach England, wo der Ire John Francis Barnett 1881 die erste Orchestrierung realisierte, von welcher allerdings nur ein vierhändiger Klavierauszug existiert. Felix Weingartner und Brian Newbould haben je eine Orchestrierung realisiert, wobei Weingartner in die Struktur des Werkes durch Striche eingegriffen hat.

    D936A ist seit ihrer Identifizierung 1978 auch mehrmals realisiert worden, wobei die Arbeit hier umfangreicher ist, da die Struktur auch rekonstruiert werden muß. Peter Gülke hat den fragmentarischen Charakter beibehalten. Brian Newbould hat eine hypothetische Rekonstruktion gemacht, ist in seiner Instrumentierung aber konservativer als Gülke geblieben. Pierre Bartholomée hat Newboulds Rekonstruktion neu orchestriert.
    Luciano Berio hat in seinem Rendering Schuberts Fragmente als Basis einer neuen Komposition benutzt.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Noch ein Symphonieprojekt gibt es: in E-Dur aus dem Jahr 1821, D729.

    In Newboulds Fassung hier zu hören mit Danmarks Radiosymfoniorkestret unter Andrew Manze:

    Externer Inhalt www.youtube.com
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    :juhu:

    Bernd

    Fluctuat nec mergitur

  • Die D-Dur-Fragmente findet man in den Aufführungsfassungen von Newbould auf dieser meiner Erinnerung nach empfehlenswerten CD. Zumindest D936A sollte man mal gehört haben, das ist m.E. eines der faszinierendste Stücke Schuberts überhaupt, das stellenweise eher klingt wie Mahler, jedenfalls in ähnlicher Weise Jahrzehnte zu überspringen scheint wie manches vom späten Beethoven (wobei ich nicht beurteilen kann, wie stark die Bearbeiter hier tätig gewesen sind).

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

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