Was taugen russische Orchester heute noch?

  • RE: Fedosjejew

    Michael machte die positive Andeutnug: Fedosjejew

    Das wäre ein Dirigent, mit dem dem und dessen Orchester ich auch nie negative Kritikpunkte einbringen könnte.

    Wenn ich mir aber die Aufnahmedaten seiner Aufnahmen ansehe, dann stammt das meiste aus den 80er-Jahren:
    u.a. Strawinksy-Le Sacre und Borodin-Kurzwerke mit dem Moskau RSO ...

    Aber ohne Vergleich erscheint mir auch dies eine Spitzenaufnahme mit dem Moskau RSO zu sein:

    Chandos, 2005, DDD

    :!: Das Moskau RSO wurde umbenannt zu Tschaikowsky Symphony Orchestra of Moskow Radio !

    ______________

    Gruß aus Bonn

    Wolfgang

  • Und ich finde es vermessen, Gergievs Mariinsky-Aufnahmen als zweitrangig und daher verzichtbar zu bezeichnen.........


    Ich habe (aus der Erinnerung heraus) drei CDs mit Gergiev bei Mariinsky, es sind die Schostakwoitsch Sinfonien 1, 2, 3, 10, 11 und 15. Es sind wirklich sehr viele sehr gute Aufnahmen dieser Sinfonien erhältlich, aber die Gergiev-Aufnahmen zähle ich nicht dazu. Erstens ist der Klang distanziert, und zweitens sind die Interpretationen im großen und ganzen nicht mitreißend. Das es, wie gesagt, viele gute Aufnahmen gibt, ist die Welt durch diese Aufnahmen nicht reicher geworden. (Disclaimer: Natürlich ist das alles subjektiv.) Dann habe ich (achja!) noch die Doppel-CD der "Nase"; auch hier ist der Klang recht entfernt; nimmt man das mal hin, ist es aber m. E. eine gute Aufnahme.

    Ich habe mehrere Gergiev CDs mit dem LSO: Mahler 4, 6, 7, 9, sowie die Doppel-CD mit Prokofjews "Romeo und Julia". Hier ist das Klangbild generell deutlich direkter und präsenter als bei beim Mariinski. Und auch die Interpretationen finde ich wirklich gut. Die Frage, ob man deswegen sagen könnte, dass das LSO besser ist als das Mariinsky, wage ich nicht zu beantworten. Die Aufnahmen jedenfalls sind m. E. besser.

    maticus

    Social media is the toilet of the internet. --- Lady Gaga

    Ich lieb‘ den Schlaf, doch mehr noch: Stein zu sein.
    Wenn ringsum nur Schande herrscht und nur Zerstören,
    so heißt mein Glück: nicht sehen und nicht hören.
    Drum leise, Freund, lass mich im Schlaf allein.
                       --- Michelangelo Buonarroti (dt. Nachdicht. J. Morgener)

  • Zitat

    Ich dachte, das Roschdestwenskij-Kultusministeriumorchester wäre eine Spezialanfertigung für ihn gewesen. Wars aber nicht.


    Das Sinfonieorchester des Kultusministeriums der UdSSR wurde 1957 gegründet.


    erster Chef: Samuil Samosud (1957-1964), dann Juri Aronowitsch
    (1964-1971), dann Maxim Schostakowitsch (1971-1981), dann
    Roschdestwenskij bis zur Auflösung des Orchesters 1992.

    Hallo ThomasBernhard,
    bist Dur dir sicher, daß Du da nicht etwas verwechselst?

    Aronowitsch war jedenfalls Chef beim Moskauer RSO, ebenso M.Schostakowitsch, und dann kam Fedosejew.

    Ich fürchte, hier geht es ein wenig drunter und drüber........ ;+)

  • Lieber Michael,

    der englische und deutsche wikipedia-Artikel (zu Maxim) behauptet, dass er Chef des Radio/TV-Orchesters gewesen sei, mit dem er die 15te uraufgeführt hat. Insofern hättest Du recht.
    Das widerspricht aber glaube ich der russischen Wikipediaseite zu Maxim. Aber da muss ich nachher meine Übersetzungsversuche verifizieren lassen. Ja, gemäß russischer wikipedia sei er Chef des Kultusministeriumorchesters gewesen.

    Ins Gebüsch verliert sich sein Pfad, hinter ihm schlagen die Sträuche zusammen.

  • Zitat

    Ja, gemäß russischer wikipedia sei er Chef des Kultusministeriumorchesters gewesen.

    Lieber ThomasBernhard,
    da muß ganz eindeutig ein Übersetzungsfehler vorliegen.
    Es stimmt halt nicht......genausowenig wie die Auflistung der Chefdirigenten des Moskauer RSO........

    Überhaupt muß hier ein Fehler vorliegen, denn russische Spitzendirigenten gibt es nach wie vor.

    Und die russischen Orchester mußten tatsächlich in den 80er und 90er Jahren einen Qualitätsverlust durch Abwanderung in den sog. "Westen" hinnehmen.

    Das ist bekannt und sollte mittlerweile ad acta gelegt sein.

    Insoferne sind Hinweise auf nicht solch gute Aufnahmen aus den späten 80er Jahren und den 90er Jahren eigentlich vernachlässigbar.
    Wobei es da auch sehr gute gab, nichtsdestostrotz.

    Die Herabwürdigung auf "Naxos-Orchester"...na ja....
    Mag ja im einzelnen stimmen, leider.

    Aber:

    Immerhin wurde dort Literatur eingespielt, welche man nicht so ohne weiteres hören konnte.

    Und nicht so preisgünstig.
    Und das betrifft nicht nur russische Orchester, denn bei Naxos wird betont schnell produziert..........
    Das geschieht alles auf den Rücken der Musiker dort, damit hier irgendjemand seinen hochwohlgeborenen Senf dazu geben kann.

    Ich meine, die spielten ja extra nicht ganz so gut in den 80er und 90er Jahren, die hatten keinen Hunger und keine miserablen Instrumente.Nö........natürlich nicht.Das war alles first Class. :thumbdown: :-I

    Ich war 1995 in St.Petersburg, damals hat man beim Mariinsky-Orchester 250.- DM im Monat verdient, als Solist.....supertoll!

    Nein, das Mariinsky-Theater, so groß es ist....es klingt einfach muffelig, jedenfalls damals...es mag sich geändert haben.
    Leider kann man das bei vielen der dort damals produzierten Aufnahmen hören...............
    Aber:

    Das Orchester ist großartig, Spitzenklasse........also ich habe das live gehört und kenne mich ein wenig aus.....

    Und es gibt Aufnahmen von diesem Orchester, z.B. die Prokofieff-Klavierkonzerte aus Finnland, die sind mir die Referenz.

    Bei weitem!

    Zitat

    Ich habe die Naxos-Aufnahmemreihe mit den Symphonien Malipieros,
    gespielt vom "Moscow Symphony Orchestra" unter dem Dirigenten Almeida
    (vermutlich ein Gastdirigent).

    Das war z.B. die womöglich erste Aufnahme dieses damals neugegründeten Orchesters unter Antonio de Almeida, "http://en.wikipedia.org/wiki/Antonio_de_Almeida_(conductor)" , der 1997 bereits verstorben ist..........
    sowas gehört m.E. wirklich nicht in eine Diskussion über die russischen Orchester heute.

    Sorry,
    Michael

  • Was hier häufiger anklingt --- z. B. derzeit in einem aktuellen Faden über Schostakowitschs Elfte --- ist eine subjektive Bevorzugung russischer Orchester bei bestimmten (russischen) Kompositionen. Es ist dann häufig von der "russischen Seele" die Rede, die von "westlichen" Orchestern unerreicht sei.

    Nun habe ich selbst ein Faible für viele Dinge russischer Kultur. Nicht nur musikalisch steht sie bei mir subjektiv im Mittelpunkt, ich schätze auch sehr russische Literatur (besonders Tschechow und Dostojewski, unter den vielen erstklassigen Schriftstellern des Landes). Insofern bezweifle ich kaum die Existenz einer "russischen Seele".

    Dennoch frage ich mich, und das passt nun in diesen Faden, ob nur russische Orchester in der Lage sind bzw. waren, diese zu verkörpern. Oder ist dies eher ein Mythos, wie der Begriff "russische Seele" ansich etwas mythisches an sich hat, wenn nicht gar spirituelles, wenn man den Begirff nicht auf die Vorliebe von Wodka beschränken will. Unbestritten ist für mich, dass Russland (bzw. die frühere Sowjetunion) sehr herausragende Dirigentenpersönlichkeiten hatte, von denen ich nur Mravinsky, Kondrashin , Swetlanov und Roshdestwensky erwähnen will, von den solistischen Stars mal ganz abgesehen.

    Wenn es diesen unvergleichlichen Klang russischer Orchester je gab, war er dann eher auf diese Persönlichkeiten zurückzuführen? Oder spielte jeder einzelne Musiker damals noch "um sein Leben"? Und wenn es ihn gab, gibt es ihn immer noch oder nicht mehr? ("Was taugen russische Orchester heute noch?") Ich selbst habe Schwierigkeiten, bei neueren Aufnahmen [1] russischer Orchester einen grundsätzlichen Unterschied zu Aufnahmen aus dem sog. Westen auszumachen. Ich bin daher etwas unsicher, ob hier nicht ein Ideal hochgehalten wird, was es vielleicht so nie gegeben hat. Ich lasse mich aber gerne eines besseren belehren.

    maticus

    [1] Nachtrag: Ich habe das Leningrader/Petersburger PO und das Mariinsky auch schon live gehört, und dafür gilt das gleiche.

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