Meyerbeer: In den Himmel gelobt – zur Hölle gewünscht

  • Meyerbeer: In den Himmel gelobt – zur Hölle gewünscht

    O Fortuna velut luna statu variabilis!

    Die Anfangszeilen aus Carl Orffs "Carmina Burana", welche über die Wechselhaftigkeit des Schicksals klagen, könnten auch als Motto über der Geschichte des Werkes von Giacomo Meyerbeer stehen. Der 1791 nahe der preußischen Hauptstadt Berlin geborene Komponist amalgamisierte die kompositorischen Traditionen Deutschlands, Frankreichs und Italiens zur Form der über ein halbes Jahrhundert in ganz Europa beispiellos erfolgreichen "Grand Opéra". Im Zuge nationalistischer Tendenzen und des um sich greifenden Antisemitismus wurde der jüdische Kosmopolit daher zur Zielscheibe von Hass und Spott, zudem legte sich der lange Schatten des Wagnerschen Musikdramas über Meyerbeers Oeuvre. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden seine Werke schon immer weniger gespielt, so dass die Ächtung durch die Nationalsozialisten nach 1933 lediglich als ideologischer Nachvollzug des Verlöschens einer ganzen Opernepoche erschien.

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    Der als Jakob Meyer Beer geborene Sohn eines Zuckerfabrikanten und Bankiers galt in seiner frühen Jugend als eine Art musikalisches Wunderkind, das bereits im Alter von 9 Jahren als Pianist in der Öffentlichkeit konzertierte (einer seiner Lehrer war der Komponist Muzio Clementi). Seine kompositorischen Studien vervollständigte er bei Carl Friedrich Zelter und ab 1810 bei Abbé Vogler in Darmstadt, wo Carl Maria von Weber sein Mitschüler wurde. Nach einigen kirchenmusikalischen Kompositionen wandte er sich seiner eigentlichen Berufung, der Schöpfung dramatischer Werke, zu.

    Dem Erstling "Jephtas Gelübde" war 1812 in München allerdings kein großer Erfolg beschieden, ebenso wie seinem Bühnenwerk "Die beiden Kalifen", das er nach einem längeren Studienaufenthalt bei Antonio Salieri in Wien komponiert hatte. In Paris und Italien lernte Meyerbeer 1814/15 die Musik Gioacchino Rossinis kennen, unter deren Einluss sein Stil gefälliger, extrovertierter und effektvoller wurde. In Italien schrieb er daraufhin eine Reihe von Opern, von denen heute allerdings nur noch "Margherita d´Anjou" und "Il Crociato in Egitto" eine gewisse Bekanntheit beanspruchen können.

    Nach seinen italienischen Lehr- und Wanderjahren ließ sich Meyerbeer 1824 in Paris nieder. Dank seines Librettisten Eugène Scribe - Meister der "pièce bien faite", einer Gattung von fließbandartig produzierten, publikumswirksam konstruierten Erfolgsstücken - und seiner ebenso publikumswirksamen, effektvoll-packenden Kompositionsweise wurde der 1831 uraufgeführte "Robert le Diable" zum Durchbruch Meyerbeers auf den Bühnen von Paris und ganz Europas. Seinen Siegeszug setzte er 1836 mit seinem wohl bis heute bekanntesten Werk "Les Huguenots" (Libretto ebenfalls von Scribe) fort, in dem er seine kompositorischen und dramatischen Mittel perfektionierte und das Werk so zu einem Höhepunkt der französischen "Grand Opéra" machte.

    Friedrich-Wilhelm IV. ernannte Meyerbeer 1842 zum Nachfolger Spontinis als preußischer Generalmusikdirektor. Nach kleineren Gelegenheitswerken, die sein Amt als GMD mit sich brachte, sowie der Oper "Das Feldlager in Schlesien" (1844) wurde 1849 seine dritte große Oper "Le Prophète" in Paris sehr erfolgreich uraufgeführt. Die letzten Lebensjahre Meyerbeers (er war von seinem GMD-Pflichten auf unbegrenzte Zeit beurlaubt worden) waren von einem ständigen Pendeln zwischen Paris und Berlin geprägt. Sein "Feldlager" arbeitete er für Paris zur Oper "L´étoile du nord" um, daneben schrieb er noch die komische Oper "Dinorah", die 1856 aus der Taufe gehoben wurde.

    Inmitten der Vorbereitung für die erste Aufführung seiner "L´Africaine", die er bereits 1844 fertiggestellt, aber bislang nicht veröffentlicht hatte, starb Meyerbeer überraschend am 02. Mai 1864. Ein Jahr nach seiner Beisetzung, die seinem letzten Willen entsprechend nicht in Paris, sondern in Berlin stattfand, gelangte das Werk an der Pariser Oper unter dem Dirigenten François-Joseph Fétis zu seiner triumphal gefeierten Premiere.

    Es gibt sicherlich mehrere Gründe dafür, daß Meyerbeer seit Ende des 1. Weltkriegs weitgehend von den nationalen wie internationalen Spielplänen verschwunden ist:

    - Wandel in der Ästhetik:

    Die "Grand Opéra" als auf theatralische Wirksamkeit hin komponierter großer Bilderbogen, in dem spektakuläre Massenaufmärsche direkt neben intimen Liebesszenen stehen, wurde durch das Aufkommen des Wagnerschen Musikdramas verdrängt und als überholt betrachtet. Wagners Konzept von der Verschmelzung von Wort und Musik zum "Drama" mit tendenziell gesellschaftsverändernder Absicht fußt auf völlig anderen Ideen und Voraussetzungen als die Kunst Meyerbeers. Und so legte die Musikkritik (insbesondere in Deutschland) Anfang des 20. Jahrhunderts fälschlicherweise die Wagnersche Meßlatte an und kam zu dem negativen Urteil, das Wagner bereits in seinem für Meyerbeer tödlichen Verdikt von der "Wirkung ohne Ursache" gefällt hatte. Hier als Kostprobe ein paar Ausschnitte aus dem berühmten Buch "Die Oper" von Oskar Bie (erstmals erschienen 1913, S. 287 f.):

    "Aber nun, da wir in die Regionen Meyerbeers eintreten, wird es bedenklicher. Hier lehnt sich etwas in uns auf... Aber Meyerbeer war ein so großer Verführer, daß er das Genre vor allen Gewissenhaften kompromittieren mußte... Er kennt kein Prinzip als: das äußerlich Dankbare. Seine Texte sind raffinierte Möglichkeiten schlagender Wirkungen, wie ein Varietéprogramm zusammengesetzt aus Effekt auf Effekt... Je größer der Aplomb dieser historischen Opern war, je anspruchsvoller sie bedeutende Bilder der Geschichte zu malen vorgaben, desto windiger war ihr Druck, eine Luftbewegung, die alles niederriß, und doch nur Luft blieb... Damals fühlte das fast niemand, man warf sich bäuchlings vor diesem Doppelmoloch auf den Boden. Wagner hat zuerst im großen Stile das Opfer geweigert, etwas heftig, aber doch aus einem ehrlichen und tiefen Ekel, der zuletzt mehr gilt als aller Schaubudenlärm."

    - Meyerbeer, der Jude:

    Meyerbeer stammte aus einer wohlhabenden jüdischen Familie in Berlin, reiste viel in seiner Jugend in Europa herum, verbrachte kompositorische Studienjahre in Italien, hatte den allergrößten Erfolg in der kulturellen Hauptadt des 19. Jahrhunderts (Paris) und wurde dann auch noch in seiner Geburtsstadt preußischer Generalmusikdirektor. Ein kosmopolitischer Komponist also, der in seiner Person und Musik die drei wichtigsten europäischen Operntradtionen vereinigte. Und damit genau das Feindbild des auch in der Musik aufkommenden Nationalismus.

    Robert Schumann hielt ihn für einen Stil-Eklektiker von höchster Nicht-Originalität und es empörte den gläubigen Protestanten zutiefst, daß Meyerbeer in seinen "Hugenotten" den Luther-Choral "Ein feste Burg ist unser Gott" als musikalisches Ausgangsmaterial verwendet hatte. Der Dichter Ludwig Rellstab wiederum geißelte Meyerbeer als "Franzosenfreund", der keine deutsche Musik schreiben könne. Wagner führte Meyerbeer in seiner Hetzschrift "Das Judentum in der Musik" schließlich als Prototypen des Juden vor, der zu keiner originär deutschen Kunst fähig sei. Ein Diktum, das nachwirkte. Als der Antisemitismus im Nationalsozialismus von der Theorie in mörderische Praxis umgesetzt wurde, bedurfte es kaum noch eines offiziellen Verbotes wie im Fall Mendelssohn. Meyerbeer wurde ohnehin nicht mehr gespielt.


    - Meyerbeers technisch anspruchsvolle Musik:

    Meyerbeers Opern erfordern nicht nur szenisch einen hohen Aufwand, sondern sie sind auch extrem schwierig zu singen. Meyerbeers Musik bedarf, mehr noch als andere, der genauesten Befolgung der Vortragsbezeichnungen, sonst kann sie flach und sentimental wirken (wie in einigen italienisch gesungenen Aufnahmen der 50er und 60er Jahre). Schließlich komponierte er seine Opern zur Hochzeit des "Canto fiorito", des verzierten Gesanges ("Belcanto" im engeren Sinne), als die Sänger und Sängerinnen in der Lage waren, komplizierte Läufe, Koloraturen, Triller etc. nicht etwa bloß technisch zu bewältigen, sondern sie mit großem Aplomb publikumswirksam darzubieten. Nicht umsonst waren diese Opern beliebte Vehikel der damaligen Gesangsstars, um ihre technischen Fähigkeiten auf brillianteste Art und Weise unter Beweis zu stellen. An der Pariser Oper wurden z.B. die "Hugenotten" in den 64 Jahren bis 1900 über 1000 mal gegeben und in den 1890er Jahren konnte man an der MET Aufführungen der "Hugenotten" erleben, in denen an einem Abend Nellie Melba, Lillian Nordica, Jean und Edouard de Reszke, Victor Maurel und Pol Plancon zusammen auf der Bühne zu hören waren!

    Doch nach dem 1. Weltkrieg wandte man sich auf der Opernbühne dann von den Zugpferden der "Belle Epoque" ab, Wagner, Verdi und die Veristen beherrschten die Szene. Gesangstechnisch dominierte der naturalistische Verismo-Stil und die Sänger verloren durch eine veränderte Ausbildung weitgehend die Fähigkeiten, die für den Vortrag des "Canto fiorito" notwendig waren (daher nicht nur das Verschwinden von Meyerbeer, sondern auch das von Rossini, Bellini und Donizetti von den Spielplänen). Während heute wieder - etwa dank der Pionierarbeit von Maria Callas, Joan Sutherland, Richard Bonynge und Marilyn Horne seit den 50ern/60ern - Rossini, Bellini und Donizetti regelmäßig und in hoher Qualität zu hören sind, muß Meyerbeer noch auf seine Wiederentdeckung warten. Zwar gab es mittlerweile einige Wiederbelebungsversuche, doch die Resultate waren eher durchwachsen: die Sänger sind mit dem Stil nicht durchgehend vertraut, zudem werden die Werke meist mit erheblichen Strichen gegeben (um es den Sängern leichter zu machen), was aber deren inneren Aufbau zerstört und den Opern einiges an Wirkung nimmt. Aber man sollte die Hoffnung ja nie aufgeben...

    Abschließend noch ein paar CD-Tips. Die Opern, die den Grundstock einer Sammlung bilden sollten, sind:

    - "Les Huguenots"
    - "Le Prophète"
    - "L´Africaine".

    Bei den "Hugenotten" bieten sich folgende Einspielungen an:

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    Orchestre de Montpellier, Dir.: Cyril Diederich

    Eine (bis auf den allerdings hervorragenden amerikanischen Tenor) fast komplett französische Produktion, m.E. die beste Allround-Aufnahme in Stereo. Leider momentan gestrichen.

    Daher als Alternative die immer noch greifbare Decca-Produktion von 1970:

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    New Philharmonia Orchestra, Bonynge

    Sehr gute Aufnahme. Einziger, allerdings fataler Schwachpunkt ist das "Tenörchen" Vrenios, der sich undramatisch durch die Partie säuselt. Zwar sollte der Raoul kein strimmprotzender Kraftlackel sein, wie ihn etwa Corelli auf italienisch an der Scala gegeben hat, aber Vrenios verfällt ins andere Extrem.

    Daher als Ergänzung zur Bonynge-Aufnahme:

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    ORF-Symphonieorchester, Ernst Märzendorfer

    Diese Live-Aufnahme von 1971 (Stereo, allerdings mit erheblichen Strichen) hat den wunderbarsten Raoul aller Gesamtaufnahmen, Nicolai Gedda, einen Sänger, der sowohl technisch als auch stilistisch keine Wünsche offen läßt. Neben Gedda agiert ein hervorragendes bis befriedigendes Ensemble unter einem kompetenten Dirigenten.

    Bei "Le Prophète" (der Oper um die Münsteraner Wiedertäufer und ihren Anführer Jan van Leyden) gibt es keine große Auswahl. Zunächst wäre da die einzige Studio-Aufnahme, die aber momentan nicht erhältlich ist:

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    Royal Philharmonic Orchestra, Henry Lewis

    Star dieser Aufnahme ist eindeutig Marilyn Horne, die in ihrer Rolle als Fides wahrlich eine kaum glaubliche "Tour de force" hinlegt. McCracken singt den Jean zwar engagiert, aber stilistisch falsch. Die Aufnahme ist gekürzt.

    Daher als Ergänzung unter demselben Dirigenten:

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    Orchester der RAI Turin, Henry Lewis

    Man muß Gedda in dieser Rolle gehört haben, um zu wissen, wie die Partie des Jean gesungen werden sollte. Eine notwendige Ergänzung der Studioaufnahme.

    Schließlich "L´Africaine":

    Meyerbeer erlebte die Uraufführung seiner Oper nicht mehr und hinterließ Aufführungsmaterial, aus dem dann die (gekürzte) Uraufführungsversion von 1865 wurde. Auch wenn die Oper heute kaum mehr gespielt wird, gehört die Arie des Vasco da Gama "O paradis" bzw. "Oh, paradiso" seit jeher zum Repertoire bekannter Tenöre.

    Die vollständigste aller Aufnahmen ist dieser Münchner Mitschnitt von 1977:

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    Orchester der Bayerischen Staatsoper, Gerd Albrecht


    Wer noch mehr "Star Power" (Domingo, Verrett) braucht, dem sei dieser (gekürzte) Mitschnitt empfohlen:

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    San Francisco Opera, John Perrison


    Wer sich genauer über Meyerbeer belesen will, dem sei diese Biographie empfohlen (gibt´s allerdings wieder nur antiquarisch):

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    Anmerkung: Bei diesem Beitrag handelt es sich um die überarbeitete und erweiterte Fassung eines in einem anderen Forum bereits veröffentlichen Postings.

    "Er war verrückt auf Blondinen. Wäre Helga auch noch adlig gewesen, der gute Teddy wäre völlig durchgedreht."

    Michael Gielen über Theodor W. Adorno, der versucht hatte, Gielen seine Frau auszuspannen.

  • Meine Lieblingsaufnahme von den "Hugenotten" ist diese hier:

    Schon wegen Franco Corelli und Giulietta Simionato.

    Liebe Grüßesendet Dir Peter aus Wien. :wink: :wink:

  • Interessanter Beitrag. Dennoch würde mich interessieren:
    Dass Meyerbeer in Deutschland und Italien von Wagner und Verdi (sowie den Veristen) verdrängt wurde, ist erklärbar. Aber warum wird er nicht mal in Frankreich mehr gespielt? Ich vermute, seine Werke sind zu sehr zeitgebunden. Gibt es bessere Erklärungen?


    Thomas Deck

  • Interessanter Beitrag. Dennoch würde mich interessieren:
    Dass Meyerbeer in Deutschland und Italien von Wagner und Verdi (sowie den Veristen) verdrängt wurde, ist erklärbar. Aber warum wird er nicht mal in Frankreich mehr gespielt? Ich vermute, seine Werke sind zu sehr zeitgebunden. Gibt es bessere Erklärungen?


    Thomas Deck

    Schade, dass ich gerade jetzt so sehr mit anderen Aufgaben beschäftigt bin, aber zwei Dinge möchte ich jetzt schon mal einwerfen, bevor ich mich später gerne intensiver mit Meyerbeer befasse.

    1. zu Thomas' Frage:

    Meyerbeer wird in Frankreich wieder mehr aufgeführt, und der eine oder andere Mitschnitt wird sicher auch noch auf den Markt kommen, aber man muss sich vergegenwärtigen, dass seine Opern ungeheuer aufwändig sind und das Publikum für französische Opern jenseits der Dauerbrenner und neuerdings der Barockoper auch in Frankreich erst wieder heranwachsen muss. Da wenigstens Berlioz' TROYENS endlich öfter auf den Spielplänen stehen und wohl auch vom Publikum wahrgenommen werden, gibt es aber Hoffnung. Zeitgebunden finde ich Meyerbeers Opern nicht besonders - jedenfalls nicht mehr als die von Gounod oder Thomas.

    2. ROBERT LE DIABLE

    Meyerbeers Durchbruchoper, die Berlioz nicht von ungefähr besonders schätzte, ist bisher etwas kurz gekommen. Sie wird auch wieder öfter gegeben. Ich habe noch einen (technisch miserablen) hochinteressanten Mitschnitt einer Pariser Aufführung von 1985 unter Thomas Fulton mit June Andreson, Robert Blake und Samuel Ramey, und vor nicht all zu langer Zeit führte Minkowski das Werk auch konzertant in Berlin auf, und mein Mitschnitt davon macht Berlioz' Begeisterung durchaus verständlich.

    Offiziell gibt es leider nur einen mehr ordentlichen als befriedigenden Lückenbüßer mit Roberto Palumbo am Pult:

    Durchaus anhörbar ist die Aufnahme zwar, aber mehr leider auch nicht und dafür schlicht zu teuer.

    Bei den HUGENOTTEN sollte man auch die einzige DVD nicht ganz aus dem Auge verlieren:


    Die ist zwar auch stark gekürzt, aber dank des superben Richard Leech absolut diskutabel - trotz des arg pauschalen Dirigats von Stefan Soltesz. Die australische DVD mit einer Joan Sutherland, die bei der Aufnahme schon weit über ihren Zenith hinaus war, kann man wahrscheinlich vergessen, aber gesehen habe ich sie auch nicht. Den viel gerühmten Scala-Mitschnitt in italienischer Sprache kann ich aus rein klangtechnischen Gründen nur mit einiger Bewunderung für die straffen Tempi Gavazzenis und das Ensemble großer, wenn auch total unidiomatischer Stimmen, wegen des schlechten Klanges wie aus den Tiefen eines überdmensionalen Spaghettitopfes aber nicht mit Vergnügen hören.

    :wink: Rideamus


    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • Ich denke, es sind zwei Gründe, die bei Meyerbeers Opern ein Problem sind.

    Erstens sind die Opern sehr aufwändig, was auch nicht überrascht, wenn man bedenkt, dass Meyerbeer seine Hauptwerke für die Grande Opera Paris komponiert hat. Zudem dürfte er selber auch Ansprüche gestellt haben, wie zum Beispiel der Umstand zeigt, dass er zunächst auf die Uraufführung des "Propheten" verzichtete, weil der Impresario für die weibliche Hauptrolle eine Sängerin vorgesehen hatte, die für diese Rolle nicht geeignet war. (Er war offensichtlich nicht bereit, die Partie so zu verändern, dass sie diese Dame hätte singen können.) Für den Reperatoire-Alltag ist das keine gute Voraussetzung.


    Das zweite Problem ist, dass Meyerbeers Opern heute relativ unbekannt sind, und das zahlenden breite Publikum bei Raritäten doch eher Zurückhaltung zeigt, was den Besuch betrifft. Bei Meyerbeer mögen noch Vorurteile hinzukommen, die zwar nicht zutreffen, aber über Jahrzehnte existiert haben und daher sogar von Fachleuten ernst genommen werden, von denen erwartet werden sollte, dass sie es besser wissen.

    Wie die Aufführung von "Le prophete" in Wien an der Staatsoper in den 1990er-Jahren gezeigt hat, habe ich die Kritiken in den österreichischen Zeitungen gelesen und es hat mir damals sehr zu denken gegeben, dass keiner dieser Herren sich die Mühe gemacht hatte, sich zuvor mit der Oper ein wenig zu beschäftigen. (Was wiederum bedeutet, dass ihnen die Oper unbekannt gewesen sein muss.)

    Woran das zu merken war - alle hielten die Handlung für unsinnig, aber keinem war aufgefallen, dass dies der Regie von Neuenfels anzukreiden war und keineswegs dem Libretto. Diese Aufführung trug wesentlich dazu bei, alle möglichen Vorurteile gegen den Komponisten zu bestätigen. Die Oper war nicht sonderlich gut besucht und wurde bald nicht mehr aufgeführt. Es hat auch seither in Wien keinen weiteren Versuch mehr gegeben, eine weitere Oper von Meyerbeer aufzuführen.

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    Il mare, il mare! Quale in rimirarlo
    Di glorie e di sublimi rapimenti
    Mi si affaccian ricordi! Il mare, il mare!
    Percè in suo grembo non trovai la tomba?


  • Ich kenne von Meyerbeer leider sehr wenig, was vor allem daran liegt, dass seine Werke einem sowohl im Konzertleben als auch beim Stöbern in CD-Geschäften recht selten über den Weg laufen - und wenn man Aufnahmen von Werken Meyerbeers findet, sind sie zumeist extrem hochpreisig. Was ich von meyerbeer aber kenne, finde ich absolut großartig! Ich möchte da vor allem eine Lanze brechen für den "italienischen" Meyerbeer, den die oben gezeigte CD präsentiert. Bevor er in Paris mit Grand Opéras Karriere machte, versuchte Meyerbeer sich mit gar nicht einmal so geringem Erfolg in Italien als Konkurrent der Platzhirsche Rossini, Donizetti, Pacini etc., und wer die auf dieser CD versammelten Ausschnitte aus Meyerbeers italienischen Opern hört, wird die Musik nicht von der eines Donizetti oder Bellini unterscheiden können. Es ist frappierend, wie perfekt der Deutsche diesen uritalienischen Stil beherrschte und wie phantasievoll und ideenreich er damit umgehen konnte. Wer sich für die italienische Belcanto-Oper begeistern kann, sollte auf jeden Fall auch einmal den frühen Meyerbeer probieren. Dessen Arien und Duette stehen denen des großen Dreigestirns des Becantos meiner Einschätzung nach kaum nach.
    Warum so wunderbare opern wie "L esule di Granada" kaum, oder besser gesagt gar nicht, gespielt werden, liegt allerdings nun wiederum auf der Hand. Belcantoopern verlangen viel musikalischen Aufwand und laufen beim Publikum nicht immer gut, für Viele ist das sowohl musikalisch als auch in der Handlung einfach zu weit weg. Das gilt vor allem für die Opere serie, die ja auch bei Rossini und Donizetti erst in den letzten jahren nach und nach - und eher auf der CD als auf der Bühne - wieder entdeckt werden. Die "zweite Garde" wie Meyerbeer oder Pacini muss da natürlich noch länger warten und zurückstehen. Wenn man sich schon an eine solche Oper traut, dann eher an eine, die zumindest ein auch heute noch prominenter Komponistenname ziert.

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Ich kenne von Meyerbeer leider sehr wenig, was vor allem daran liegt, dass seine Werke einem sowohl im Konzertleben als auch beim Stöbern in CD-Geschäften recht selten über den Weg laufen - und wenn man Aufnahmen von Werken Meyerbeers findet, sind sie zumeist extrem hochpreisig.


    Das ist ja einer der Vorteile, wenn man in einer Großstadt wohnt: es gibt noch Läden, in denen es soetwas wie Auswahl gibt! Mir ist in Hamburg vor einem Jahr zufällig folgende CD über den Weg gelaufen:

    Gekauft habe ich sie, weil ich bisher nichts von Meyerbeer besaß, der Preis selbst bei einem Fehlkauf zu verschmerzen ist, und die Aufnahme aus Bad-Wildbad stammt. Dort habe ich vor ein paar Jahren auf den Rossini-Festspielen in dem einerseits etwas im Baumarktstil renovierten aber trotzdem sehr schnuckeligen Opernhaus eine unbekannte Oper gesehen (muss mal das Programmheft suchen), und bin direkt danach noch mit dem Auto zurück nach Hamburg gefahren, um am nächsten Tag morgens wieder bei der Arbeit zu sein. Sowas "verbindet"...

    Zur Aufnahme selbst: wenn ich mich recht erinnere ein Live-Aufnahme, was aber nicht störend ins Gewicht fällt, spritziges Orchester, gutes Gesangsensemble. Aber wie das bei mir immer so ist, wenn ich Opern nur von CD höre, fehlt mir die gesamte dramaturgische Ebene. Bleibt die Musik, die ist mir sehr positiv in Erinnerung geblieben.

    Schön, dass es überhaupt jemand wagt, diese Stücke wieder auf die Bühne zu bringen.
    Schade, dass es so selten passiert.

    Parrot

    In "Lohengrin" gibt es hübsche Augenblicke, aber bittere Viertelstunden.
    (Gioacchino Rossini)

  • Eine Oper, die leider nur kurz erwähnt wurde, aber zumindest im Preußenjahr erneute Aufmerksamkeit verdient hätte, ist Meyerbeers EIN FELDLAGER IN SCHLESIEN über eine Episode aus dem schlesischen Krieg, während der Friedrich II vor der Entdeckung und Gefangennahme durch ungarische Soldaten von einem als Zigeunerin verkleideten Mädchen namens Vielka gerettet wird. Dabei hilft es ihm, dass er sich dank seines gekonnten Flötenspiels als Musiker ausgeben kann. Schwierig war dabei nur, dass Friedrich nicht persönlich auf der Bühne dargestellt werden durfte.

    Dieses "Festspiel" verfertigte Meyerbeer zu Ehren seines Gönners Friedrich Wilhelm IV, der das Werk zur Einweihung des neuen Opernhauses bestellt hatte, nachdem das alte, auf Wunsch von Friedrich II von Knobelsdorff gebaute, abgebrannt war. Wegen der Konzeption als "Bühnenweihfestspiel" (selbst das hat Wagner sich bei Meyerbeer abgeguckt) wurde das Werk bewusst nicht als Oper deklariert und auch nicht gedruckt. Interessant ist aber nicht nur die Oper selbst, sondern auchdie Geschichte ihres Librettos. Meyerbeer wollte nämlich unbedingt den bestmöglichen Text für diese besondere Gelegenheit haben und gab ihn bei seinem Leiblibrettisten Eugène Scribe in Auftrag. Da dieser Tantiemen aber nur für Opern erhielt, die in Paris aufgeführt wurden, musste ihn Meyerbeer fürstlich bezahlen und ihm zudem das Versprechen honorieren, nie zu verraten, dass er das Libretto verfasst hatte, weil diese preussische Geschichte unmöglich von einem Franzosen stammen durfte um in Deutschland ernst genommen zu werden. So erhielt Meyerbeers gestrenger Kritiker Ludwig Rellstab den Auftrag, die deutsche Fassung in Verse zu bringen. Als das Werk, nicht zuletzt dank Jenny Linds Darstellung der Rolle der Vielka, eine Zeitlang mit großem Erfolg gespielt wurde, entblödete sich Rellstab nicht, sich des Librettos zu berühmen, dessen Komponisten und Librettisten er so häufig geschmäht hatte und auch künftig kaum schonen sollte. Meyerbeer machte solche Erfahrungen schon zu Lebzeiten immer wieder, und Wagners Verrat an seinem einstigen großen Gönner ist nur der bekannteste, war aber bei weitem nicht der einzige.

    Da das "Festspiel" nie gedruckt wurde, konnte Meyerbeer es später in Paris umarbeiten. Dabei wurde aus Friedrich II Peter der Große, der nun auch selbst auftreten durfte, und von dieser Fassung unter dem Titel L'ÉTOILE DU NORD gibt es immerhin diese sehr empfehlenswerte Aufnahme unter der Stabführung von Vladimir Jurowski

    Die Musik muss ich selbst erst noch besser kennen lernen, aber schon beim ersten Hören klingt sie des Komponisten ihrer Vorgängerin, der HUGUENOTS, absolut würdig.

    Der Erfolg dieses Werkes sollte übrigens auch Verdi irritieren, der, wie so viele Komponisten nach ihm, Meyerbeer hörbar viel zu verdanken hat ohne das je einzuräumen. So beschwerte er sich indirekt über die geschickte Publicity für Meyerbeer: "Ich war bei der Premiere seines ÉTOILE DU NORD, und ich verstand so gut wie nichts, während das Publikum schon alles verstand und alles wundereschön, superb oder göttlich fand. Dasselbe Publikum, das nach 25 oder 30 Jahren immer noch nicht Rossinis GUILLAUME TELL verstanden hat. Deshalb wird diese Oper heute nur noch verstümmelt und verkorkst aufgeführt, mit nur drei Akten statt fünf, und mit einer ihrer unwürdigen Inszenierung. Und das an dem bedeutendsten Opernhaus der Welt!"

    Vom FELDLAGER IN SCHLESIEN gibt es leider bislang nur einen - immerhin recht gelungenen - Rundfunkmitschnitt aus dem Jahr 1984 mit dem Symphonischen Orchester Berlin unter Fritz Weise und den Solisten Norma Sharp, Ruthild Engert, Josef Hopferwieser und Helmut Krebs. Zwar hat der leider keine Dialoge, ist es ansonsten aber wert, dass man eine Kopie sucht.

    :wink: Rideamus

    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • Hallo Meyerbeer Liebhaber !

    Es gibt eine neue GA von "Robert le Diable "

    Robert, Bryan Hymel
    Raimbaut, Martial Defontaine
    Alice, Carmen Giannattasio
    Isabelle , Patricia Ciofi
    Bertram, Alastair Miles usw.

    Dir. Daniel Oren
    Brillant CLASSICS
    Sehr preiswert bei 2001 für 8,95 € 3CD's

    Zu Robert le Diable von Heinrich Heine:

    Es ist ein großen Zauberstueck
    voll Teufelslust und Liebe;
    Von Meyerbeer ist die Musik
    Der schlechte Text von Scribe !

    LG palestrina

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

  • L'Africaine / Vasco de Gama

    Die aus dem Nachlass gekürzt herausgegebene L'Africaine gibt es inzwischen in einer bei Ricordi herausgekommenen historisch-kritischen Ausgabe, bei der die Oper Vasco de Gama betitelt ist.

    Diese fast fünfstündige Fassung wird gerade am rührigen Opernhaus von Chemnitz erstaufgeführt. Bei cpo soll ein Mitschnitt auf CD erscheinen. Zudem wird am 9. und 10. März auf Deutschlandradio Kultur eine Aufführung in zwei Teilen übertragen. Auch das Libretto steht auf der Website des Chemnitzer Theaters als Download bereit. Näheres hier:

    "http://www.theater-chemnitz.de/sparten/oper/r…co_de_gama.html"


    Außerdem eine Rezension von Eleonore Büning in der FAZ:

    "http://www.faz.net/aktuell/feuill…s-12052345.html"


    Ausschnitte aus weiteren Rezensionen:

    "http://www.theater-chemnitz.de/sparten/oper/p…sco_presse.html"


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Diese fast fünfstündige Fassung wird gerade am rührigen Opernhaus von Chemnitz erstaufgeführt. Bei cpo soll ein Mitschnitt auf CD erscheinen.

    Ich war bei der Premiere in Chemnitz dabei. Eine wahrhaft außergewöhnliche Aufführung! Schließlich wurde das Werk nach fast 150 Jahren erstmals so gezeigt, wie es wohl auf die Bühne gekommen wäre, wenn Meyerbeer die Uraufführung erlebt hätte. Das Ganze war mit 5½ Stunden Spielzeit (einschließlich 2 Pausen) eine „Grand opéra“ im wahrsten Sinne des Wortes.
    Später sah ich mir auch die nicht minder beeindruckende Inszenierung der Deutschen Oper Berlin an, aber hier wurden bereits Kürzungen vorgenommen.
    Die 4-fach CD der Chemnitzer Aufführung habe ich mir auch gekauft. Es handelt sich hier um keinen Live-Mitschnitt. Die Aufnahme erfolgte wohl im Opernhaus, aber ohne Publikum. Das ist mir so auch lieber, denn auf „Platte“ stören mich die diversen Nebengeräusche, die vor Ort gerade für die besondere Atmosphäre sorgen.

    Weiß eigentlich jemand, ob es von „Vasco da Gama“ anderortsweitere Aufführungen gab oder ob so etwas geplant ist?

    Viele Grüße aus Sachsen
    Andrea

  • Hallo lieber Philbert, das werde ich mir im nächsten Jahr gönnen, das war vor allem ein Grund wegen Spyres, den ich ja des öfteren in Bad Wildbad gehört habe und kennenfelernt, ein höchst angenehmer Zeitgenosse! :)

    LG palestrina

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

  • Weiß eigentlich jemand, ob es von „Vasco da Gama“ anderortsweitere Aufführungen gab oder ob so etwas geplant ist?

    2015 hatte "Vasco di Gama" an der Deutschen Oper Berlin Premiere, u.a. mit Carico, Machaidze, Alagna, Dirigent: Mazzola, Regie: Nemirova.

    Überhaupt produziert die Deutsche Oper Berlin den z.Zt. wohl ambitioniertesten Meyerbeer-Zyklus, mit Dinorah (2014; nur konzertant), Vasco di Gama (2015) und Les Huguenots (2016; u.a. mit Ciofi, Golovneva, Flórez, Jerkunica, Dirigent: Mariotti, Regie: D. Alden). Ab 26.11.17 gibt's die Neuproduktion von Le prophète (u.a. mit Kunde, Margaine, Carico; Dirigent: Mazzola, Regie: Py).

    :wink:

    .

  • Z. B. Oper Frankfurt, ab 25.02.2018

    Danke für den Hinweis! Ich habe mir gleich mal den 16.3.2018vorgemerkt. Da gibt es nach der Vorstellung unter dem Motto „Oper lieben“ nocheine Diskussionsrunde mit Mitwirkenden dieser Neuproduktion. Das wird bestimmtgenauso interessant wie die Aufführung selbst.

    Überhaupt produziert die Deutsche Oper Berlin den z.Zt. wohl ambitioniertesten Meyerbeer-Zyklus, ...

    Eine sehr lobenswerte Initiative, (fast) vergesseneKomponisten und deren Werke aus der „Versenkung“ zu holen. Ich habe, wie ichweiter oben schrieb, aus dieser Reihe bereits „Vasco da Gama“ gesehen. Am9.12.2017 bin ich wieder in Berlin, diesmal bei „Le prophète“.
    Ich glaube, jetzt habe ich mich als Meyerbeer-Liebhaberingeoutet. Das ist zwar nicht mein Lieblingskomponist, aber meines Erachtenseiner der am meisten unterschätzten.

    Viele Grüße aus Sachsen
    Andrea

  • Inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher, ob ich mir die Frankfurter Inszenierung von „Vasco da Gama“ bzw. „L’Africaine“ ansehe. Laut Webseite der Oper soll diese auf der Chemnitzer Fassung von 2013 basieren und ca. 4 Stunden (einschl. 2 Pausen) dauern. In Chemnitz ging das Ganze seinerzeit aber über 5½ Stunden (ebenfalls mit 2 Pausen). Ich frage mich nun, was nach derart massiven Kürzungen von so einem wunderschönen Werk noch übrigbleiben soll?
    Ich habe diesbezüglich bei der Frankfurter Oper mal nachgefragt. Dort ist man der Auffassung, dass die Kürzungen notwendig seien, weil man die 5½-Stunden-Fassung weder den Mitwirkenden noch dem Publikum zumuten möchte. Für mich war das seinerzeit allerdings alles andere als eine Zumutung, sondern einer meiner beeindruckendsten Opernabende. Von anderen Besuchern hörte ich ähnlich positive Reaktionen. Wie es Sängern, Musikern und anderen Mitwirkenden erging, kann ich nicht beurteilen.
    Vielleicht mache ich mir hier auch nur unnötig Gedanken. Da ich mich nicht an jedes Detail erinnern kann, würde ich die Kürzungen während der Aufführung höchstwahrscheinlich gar nicht mitbekommen, höchstens wenn ich hinterher auf die Uhr schaue. Aber der Gedanke, nur ein „Fragment“ gesehen zu haben, hinterlässt dann doch irgendwie ein ungutes Gefühl.

    Viele Grüße aus Sachsen
    Andrea

  • Das Argument mit der Zumutbarkeit hört man des öfteren als Grund für Kürzungen bei den "Trojanern" von Berlioz oder auch bei "Guillaume Tell" von Rossini. Bei den "Meistersingern" oder der "Götterdämmerung" wird es nie angebracht, obwohl die mit zwei Pausen auch bis zu 5 1/2 Stunden dauern können.

    Gut, die Geschichte der Grand opéra ist auch immer eine Geschichte der Kürzungen gewesen. Insofern finde ich dramaturgisch und musikalisch begründete Kürzungen nicht per se verwerflich. Meist gibt es aber kein Halten mehr und man streicht dann oft ein Drittel der Partitur...

    :wink:

    .

  • Wagner- in all seiner Herrlichkeit- kann nicht gekürzt werden. Das wäre ein Sakrileg! :alter1:

    Gib dich nicht der Traurigkeit hin, und plage dich nicht selbst mit deinen eignen Gedanken. Denn ein fröhliches Herz ist des Menschen Leben, und seine Freude verlängert sein Leben.

    Parsifal ohne Knappertsbusch ist möglich, aber sinnlos!

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