Maurice Ravels Teufelsmusik: "Gaspard de la nuit"
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Genau, und deshalb finde ich, dass der Interpret bei Ravel eine gewisse emotionale Distanz, fast Kühle braucht. Diese Musik ist zwar in ihrer Art höchst emotional, aber zugleich anti-romantisch. Ihr Ausdruck ist im wahrsten Sinne des Wortes "objektiv", denn er entspringt der Konstruktion der Werke selbst, nicht dem Gefühlsleben des Interpreten.
Wie zeigt sich denn für dich so eine bewusst gewählte Distanz? Geht sowas über reine Texttreue, oder muss man als Pianist seinen eigenen Vorstellungen und Wünschen bewusst Schranken setzen oder wie macht man das? (an anderer Stelle ist ja mal der Gedanke aufgekommen, dass "nicht-interpretieren" nicht geht, irgendeine Haltung muss man ja einnehmen..) Ich staune bsw. gerade über Francois' Prelude zum Tombeau de Couperin, das ist sehr schnell, fast schon unsensibel. So, als würde er auf gar keinen Fall den lieblichen Charakter aufkommen lassen wollen, den viele andere Pianisten entwickeln und der wohl auch ein bisschen drin steckt.. -
Wie zeigt sich denn für dich so eine bewusst gewählte Distanz? Geht sowas über reine Texttreue, oder muss man als Pianist seinen eigenen Vorstellungen und Wünschen bewusst Schranken setzen oder wie macht man das? (an anderer Stelle ist ja mal der Gedanke aufgekommen, dass "nicht-interpretieren" nicht geht, irgendeine Haltung muss man ja einnehmen..)
Eine schwer zu beantwortende Frage... Im Ergebnis zeigt sich diese Distanz z.B. in größtmöglicher Klarheit, in präzise kalkulierten Proportionen und Balancen, in der grundsätzlichen Einbindung und Begrenzung des Emphatischen durch das Strukturelle. Aus Interpretensicht erfordert das, die Schönheit und Ausdruckskraft der Strukturen als den eigentlichen Kern der Werke zu begreifen, anstatt diese im Sinne der Darstellung eigener Empfindungen zu "deuten". Der Hörer soll nicht erfahren, was der Interpret bei der Musik empfindet, sondern er soll selbst empfinden. Das ist dennoch kein "Nicht-Interpretieren", denn auch diese Interpretationshaltung ist ja eine bewusst gewählte Auswahl aus zahllosen Möglichkeiten. Ich vertrete sie bei Ravel deshalb, weil meines Erachtens schon die Partituren von den oben genannten Eigenschaften (Klarheit, kalkulierte Proportionen usw.) geprägt sind. Das sieht man übrigens in aller Deutlichkeit an Ravels Handschriften, die geradezu ein Wunder an Klarheit und Präzision sind.
Christian
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Meines Wissens gibt es min. 5 Einspielungen des Gaspard von Michelangeli. Ich kenne nur die früheste-BBC- und letzte aus dem Vatikan , die sind schon sehr verschieden. Wer kennt die anderen Aufnahmen , wie hat sich Michelangelis Interpretation verändert? 1 Mann, 5 Gaspards ?
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Aloysius Bertrand: Ondine
. . . . . . . . Je croyais entendre
Une vague harmonie enchanter mon sommeil,
Et près de moi s’épandre un murmure pareil
Aux chants entrecoupés d’une voix triste et tendre.
Ch. Brugnot. — Les deux Génies- " Ecoute ! - Ecoute ! - C'est moi, c'est Ondine qui
frôle de ces gouttes d'eau les losanges sonores de ta
fenêtre illuminée par les mornes rayons de la lune ;
et voici, en robe de moire, la dame châtelaine qui
contemple à son balcon la belle nuit étoilée et le beau
lac endormi." Chaque flot est un ondin qui nage dans le courant,
chaque courant est un sentier qui serpente vers mon palais,
et mon palais est bâti fluide, au fond du lac, dans le
triangle du feu, de la terre et de l'air." Ecoute ! - Ecoute ! - Mon père bat l'eau coassante
d'une branche d'aulne verte, et mes soeurs caressent de
leurs bras d'écume les fraîches îles d'herbes, de nénu-
phars et de glaïeuls, ou se moquent du saule caduc et
barbu qui pêche à la ligne ! "*
Sa chanson murmurée, elle me supplia de recevoir son
anneau à mon doigt pour être l'époux d'une Ondine, et
de visiter avec elle son palais pour être le roi des lacs.Et comme je lui répondais que j'aimais une mortelle,
boudeuse et dépitée, elle pleura quelques larmes, poussa
un éclat de rire, et s'évanouit en giboulées qui ruisse-
lèrent blanches le long de mes vitraux bleus. -
Aloysius Bertrand: Le Gibet
Que vois-je remuer autour de ce gibet?
FAUST.Ah! ce que j'entends, serait-ce la bise nocturne qui glapit, ou le pendu qui pousse un soupir sur la fourche patibulaire?
Serait-ce quelque grillon qui chante tapi dans la mousse et le lierre stérile dont par pitié se chausse le bois?
Serait-ce quelque mouche en chasse sonnant du cor autour de ces oreilles sourdes à la fanfare des hallalis?
Serait-ce quelque escarbot qui cueille en son vol inégal un cheveu sanglant à son crâne chauve?
Ou bien serait-ce quelque araignée qui brode une demi-aune de mousseline pour cravate à ce col étranglé?
C'est la cloche qui tinte aux murs d'une ville, sous l'horizon, et la carcasse d'un pendu que rougit le soleil couchant.
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Aloysius Bertrand: Scarbo
Mon Dieu, accordez-moi, à l’heure de ma mort, les prières d’un prêtre, un linceul de toile, une bière de sapin et un lieu sec.
Les patenôtres de Monsieur le Maréchal.
« Que tu meures absous ou damné, marmottait Scarbo cette nuit à mon oreille, tu auras pour linceul une toile d’araignée, et j’ensevelirai l’araignée avec toi !
— Oh ! que du moins j’aie pour linceul, lui répondais-je, les yeux rouges d’avoir tant pleuré, — une feuille du tremble dans laquelle me bercera l’haleine du lac.
— Non ! — ricanait le nain railleur, — tu serais la pâture de l’escarbot qui chasse, le soir, aux moucherons aveuglés par le soleil couchant !
— Aimes-tu donc mieux, lui répliquai-je, larmoyant toujours, — aimes-tu donc mieux que je sois sucé d’une tarentule à trompe d’éléphant ?
— Eh bien, — ajouta-t-il, — console-toi, tu auras pour linceul les bandelettes tachetées d’or d’une peau de serpent, dont je t’emmailloterai comme une momie.
» Et de la crypte ténébreuse de Saint-Bénigne, où je te coucherai debout contre la muraille, tu entendras à loisir les petits enfants pleurer dans les limbes. » -
Ich höre mir gerade die Orchesterfassung des "Gaspard" an, die der rumänisch-französische Komponist und Dirigent Marius Constant erstellt hat und die mir spontan sehr gut gefällt. Hier dürfen die Duisburger Philharmoniker mal zeigen, was sie für eine tolle Truppe sind. Sehr zu empfehlen!
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Cheers,
Lavine
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Das ist ein sehr schöner Thread über den Gaspard. Vielen Dank, El Duderino.
Mir war der Thread bislang entgangen, bin ja nicht so der große Klavierhörer. Die letzten Tage allerdings höre ich das Stück immer wieder. Grund dafür ist die Aufnahme Aimards.
Viele Jahre besaß und kannte ich allein die Aufnahme Pogorelichs. Eine großartige Aufnahme, für sich betrachtet. Höchste Klavierkunst. Pianistische Zauberei. Als solche habe ich dann auch das Stück wahrgenommen.
Vor einigen Wochen kam die Aufnahme Aimards dazu. Ich bin fast vom Stuhl gefallen, als ich sie hörte. Während Pogorelich ein pianistisches Feuerwerk abbrennt, das mich als solches immer noch begeistert, hat Aimard über die technischen Schwierigkeiten hinaus auch die Gestaltung des Werks vollständig im Griff. Unendlich scheinen Aimards Möglichkeiten der Klanggestaltung, der Färbung, des Anschlags. Allein die Glocke … Ich wusste nicht, dass man so spielen kann. Für mich ist, so weit lehne ich mich aus dem Fenster, hier ein Niveau erreicht, das nicht mehr zu toppen ist. Aufnahmen, die man mit offenem Mund hört, auf der Stuhlkante, für die einsame Insel. All dies. Kaufen! Unbedingt!
Zugelegt habe ich mir aus Vergleichsgründen kürzlich die Einspielung von Rogé. Ja, auch sehr gut, deutlich erdenschwerer als Pogorelich und weniger feuerwerkend, mehr an Stimmungen interessiert. Ein Grundrauschen bei der Aufnahme ist vorhanden, stört aber nicht sehr.
Abschließend, und das ist mir hier wichtig: Jeder Pianist, der das spielen kann, wird von mir aufrichtig bewundert. So möchte ich die Kritik an denen verstanden wissen, die ich hinter Aimard einordne. Auch die auf den Plätzen sind unfassbar gut.
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Vor einigen Wochen kam die Aufnahme Aimards dazu. Ich bin fast vom Stuhl gefallen, als ich sie hörte. Während Pogorelich ein pianistisches Feuerwerk abbrennt, das mich als solches immer noch begeistert, hat Aimard über die technischen Schwierigkeiten hinaus auch die Gestaltung des Werks vollständig im Griff. Unendlich scheinen Aimards Möglichkeiten der Klanggestaltung, der Färbung, des Anschlags. Allein die Glocke … Ich wusste nicht, dass man so spielen kann. Für mich ist, so weit lehne ich mich aus dem Fenster, hier ein Niveau erreicht, das nicht mehr zu toppen ist. Aufnahmen, die man mit offenem Mund hört, auf der Stuhlkante, für die einsame Insel. All dies. Kaufen! Unbedingt!
Ich habe mir die Aufnahme gerade über Spotify angehört und finde sie ebenfalls ausgezeichnet. Höhepunkt war für mich "Le Gibet", wo die verschiedenen klanglichen Ebenen so klar voneinander abgesetzt sind, dass man fast meint, verschiedene Instrumente zu hören. Scarbo war für meinen Geschmack vielleicht eine Spur zu weich, nicht "gespenstisch" genug. Viele Stellen müssen da für mich eher trocken, skelettartig, makaber klingen. Aber das ist natürlich Geschmacks- bzw. Interpretationssache.
Christian
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Nicht vergessen sollte man die Aufnahme mit Werner Haas, der sowohl Ravel als auch Debussy ja bei Philips in Gänze eingespielt hat. Diese "distanzierte Haltung" wie sie weiter oben beschrieben wurde macht auch er sich zu eigen. Mein Favorit des Zyklus ist Ondine, und hier müssen die Akkord-Repetitionen sehr sauber und klar ausgeführt werden. Es ist auch das am Meisten poetische Stück der 3, und die allgegenwärtige "Wasserwelt" äussert sich in den glasklar zu spielenden Läufen und Auszierungen. Das gelingt Haas m.E. ganz ausgezeichnet. Es klingt wirklich wie kristallin, und man kann sich die im Wasser herumtollende Nixe gut vorstellen. Das alles in einer wunderbaren Schattierung der diversen Pianissimo-Anweisungen.
Auch der bedrückende Gestus des Le Gibet wird großartig eingefangen. Den Scarbo nutzen ja viele meist jüngere Pianisten als Bravourstück, um zu zeigen was sie drauf haben. Mein schlimmstes Erlebnis in dieser Hinsicht war einmal Nikolay Tokarev in Mönchengladbach vor vielen Jahren. Es war mehr eine Hinrichtung des Stückes als eine mitreissende Darbietung.
Haas betont weniger den virtuosen Charakter, obgleich er der geforderten Virtuosität bei diesem Stück nichts schuldig bleibt. Aber die technischen Möglichkeiten sind eben absolut vorhanden und werden nicht zur Schau gestellt. Es kommt alles wie ganz einfach daher, und die Kapriolen des Scarbo werden zu einem auch klanglichen Abenteuer. Die eher trockene und unromatische Art das Stück zu spielen erweist sich als großer Vorteil, denn dadurch werden die Strukturen offengelegt. Und das Ravel ein Faible für Präzision hatte, geht bestimmt auf den Beruf seines Vaters zurück, der ja Ingenieur und Tüftler war.
Ich besitze noch die Ertausgabe auf LP, also ohne die nachträglichen Digitalisierungsbemühungen, welche nicht immer von Vorteil sind. Die Aufnahme klingt aber auch so hervorragend... so wird sie derzeit angeboten. Auch der Rest ist eine der Besten Ravel-Darstellungen die ich kenne.
Peter
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.. so wird sie derzeit angeboten.
Wem nur am Gaspard gelegen ist, kann hier sparen , sofern 'Gebraucht' kein Ausschlußkriterium ist :
[Blockierte Grafik: https://images-na.ssl-images-amazon.com/images/I/51WtKUn6UkL.jpg] ASIN B00008FJH5 ( da klappte wieder was nicht)
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P.S.: es gibt noch keinen Faden zu diesem Komponisten
Zum Komponisten allgemein nicht, aber zu Werkgrupppen und Einzelwerken, neben dem Faden hier noch dieses:
Ravel: Der Boléro - ein musikalisches Meisterwerk ohne Musik?
Ravel: Klavierkonzert G-Dur
Ravel: Klavierkonzert für die linke Hand - mehr als nur Show
Ravel: Kammermusik
RAVEL: L'Enfant et les sortilèges
Ravels LiederschaffenDie Aufnahmen von Tharaud und Aimard kenne ich übrigens nicht.
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Zum Komponisten allgemein nicht, aber zu Werkgrupppen und Einzelwerken, neben dem Faden hier noch dieses:
Danke für den Hinweis.
Die kenne ich schon und mir gefällt der zur Kammermusik am Besten.
Ich finde es nur bemerkenswert, dass der Wikipedia-Artikel als exzellent eingestuft wurde, es hier aber keinen Faden gibt.
Eigentlich bin ich auf der Suche nach »Referenz«-Aufnahmen der Kammermusik – aber das gehört in den entsprechenden Faden.Pau
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