Legenden der Musikgeschichtsschreibung 1: Die Krise der tonalen Musik

  • Argumente zu Sibelius sind: Er ist epigonal. Das war's.


    Hm. Mir fällt dazu Adornos nicht ganz freundliches Bild ein, der irgendwo den Sibeliusschen Themen unterstellt, sie seien wie vom Wickeltisch gefallene Säuglinge, die mit zertrümmerten Rückgraten auf dem Boden lägen. Aber auch sowas muß man erst einmal hinkriegen...

    :S

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Tonal muss nicht unbedingt Romantik oder Spätromantik heißen. Hier schätze ich mal, dass man 1910 noch lange nicht so weit war, um solche Unterschiede rauszuhören aus den Werken. Nordische Komponisten dürften noch relativ "fremd" gewesen sein, Mahler lebte zum Zeitpunkt, als das Buch geschrieben wurde noch, und Bruckner war gerade mal 15 Jahre zuvor erst verstorben.

    Sibelius, Nielsen, aber auch die Briten wie Vaughan-Williams oder Delius hatten eine eigene Tonsprache, die man kaum mehr der "reinen Romantik" zuordnen kann. Delius knüpft eindeutig an Debussy an, und der war bekanntermaßen kein Romantiker, aber schrieb trotzdem tonal.

    Man muss sich eben davon loslösen, "tonal" und "romantisch" immer zusammen in den Topf zu werfen, dann kann man auch anderen Komponisten eine Menge abgewinnen. Hier sei mal Karol Rathaus erwähnt, der im Grunde meiner Meinung nach an Mahler anknüpft, ohne ihn auch nur im Ansatz zu kopieren.

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Man muss sich eben davon loslösen, "tonal" und "romantisch" immer zusammen in den Topf zu werfen,


    Wer macht denn sowas?

    Und was soll "Romantik" eigentlich genau heißen? Gehört die Einleitung zur "Schöpfung" schon dazu - die Instrumentierung (Kopplung tiefer Bläser: Klar/Hrn/Fag à la Wolfsschlucht) und die Harmonik gehen über das etwa in Haydns Londoner Sinfonien Übliche hinaus? Oder Beethovens Mondschein-Sonate? Oder Schuberts 11. Streichquartett nicht, das 12. aber schon?

    Sind Verdi und Wagner beides "Romantiker"? Aber die klingen doch völlig anders ... was also wäre gewonnen, wenn man beide als Romantiker bezeichnete?

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Tonal muss nicht unbedingt Romantik oder Spätromantik heißen. Hier schätze ich mal, dass man 1910 noch lange nicht so weit war, um solche Unterschiede rauszuhören aus den Werken. Nordische Komponisten dürften noch relativ "fremd" gewesen sein, Mahler lebte zum Zeitpunkt, als das Buch geschrieben wurde noch, und Bruckner war gerade mal 15 Jahre zuvor erst verstorben.

    Hm, die Bücher, die ich meinte, wurden so um 1980 geschrieben.

    Zitat

    Sibelius, Nielsen, aber auch die Briten wie Vaughan-Williams oder Delius hatten eine eigene Tonsprache, die man kaum mehr der "reinen Romantik" zuordnen kann. Delius knüpft eindeutig an Debussy an, und der war bekanntermaßen kein Romantiker, aber schrieb trotzdem tonal.

    Die Krise wird ja auch der späten Moderne zugesprochen, also den Komponisten Mahler, Schönberg, Strauss, etc. - Als Gemeinschaftseigenschaft habe ich da jetzt so circa: Monumentalität mit Differenzierung und komplexer kammermusikalischer Durchorganisation großer Werke mit großem inhaltlichen Anspruch (weltumfassend) behalten.

    Zitat

    Man muss sich eben davon loslösen, "tonal" und "romantisch" immer zusammen in den Topf zu werfen, dann kann man auch anderen Komponisten eine Menge abgewinnen. Hier sei mal Karol Rathaus erwähnt, der im Grunde meiner Meinung nach an Mahler anknüpft, ohne ihn auch nur im Ansatz zu kopieren.

    Nun, Zemlinskys Lyrische Sinfonie wird ja eher lobend erwähnt, als späte Fortsetzung eines eigentlich 1910 gestorbenen Stils. Ob Rathaus drin ist, müsste ich prüfen.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Ich verstehe einigermaßen gut, dass man z.B. Sibelius nicht so toll finden kann (obwohl mich nach wie vor interessiert, worin die krassen Vorwürfe Adornos, Sibelius sei rein technisch völlig mangelhaft, könne nicht einmal korrekt einen vierstimmigen Choral setzen, gründen). Ebenso unterkomplex, nicht fortschrittlich (in einem sehr bestimmten, engen Sinne).
    Aber "epigonal" verstehe ich eigentlich gar nicht. Denn eine eigene und recht spezifische Klangwelt/Tonsprache kann man Sibelius doch kaum absprechen, oder? Wessen Epigone soll Sibelius denn sein?
    (Nielsen würde ich dagegen eher "eklektisch" nennen, aber unoriginell ist der auch nicht.)

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Dabei würden mich ja mal die Argumente für die Modernität Schoecks und Pfitzners einerseits und die Epigonalität Sibelius' und Nielsens andererseits näher interessieren

    Dass auch Schoeck und vor allem Pfitzner von Danuser tendenziell der Moderne zugerechnet werden, lässt auf eine starke Orientierung am musikalischen "Material" schließen, also an rein kompositorischen, immanenten Faktoren - denn Pfitzner gerierte sich bekanntlich ideologisch durchgehend als Antimodernist par excellence. Er hat aber in den 20ern diverse Werke komponiert, die stark an der Tonalität kratzen, einem "linearen" Stil verpflichtet sind (z.B. Streichquartett cis-moll, "Tod als Postillon" aus der Eichendorff-Kantate), was ihn in dieser Lesart - gegen seine Intention - an der "Moderne" teilhaben lässt. (Schoeck ist in den 20er Jahren m.W. expliziter "modern" als Pfitzner, hat aber später - wie Hindemith - eine konservative Wende vollzogen.)


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Wenn er dann sagt, dass Mahler der letzte Repräsentant der Romantik ist, erwähnt er immerhin Sibelius und Nielsen, bezeichnet sie aber als Epigonen. Sie sind sozusagen so unwichtig, dass mit Mahler um 1910 Schluss ist mit der Romantik. Im Gegensatz zu Schoeck oder Pfitzner, denen er ausreichend modernistische Aspekte abgewinnen kann, bekommt Sibelius auch kein bisschen nähere Besprechung oder Analyse, der wird nur ein paarmal kurz erwähnt, dass es ihn auch gab, oder wann er seine letzten Werke geschrieben hat, oder dass er für amerikanische Komponisten vorbildgebend war,


    ich denke, man muß hier die Disposition des Neuen Handbuchs ... berücksichtigen.
    Es geht wohl von einem "langen" 19. Jh. aus, das bis 1914 geht. Bd. 6 (von Carl Dahlhaus) endet dort, während Bd. 7 von Danuser das 19. Jh. in der Einleitung aufnimmt, um in Kap. 1 1914 einzusetzen.
    In dieser Disposition hat Sibelius seinen Platz in Bd. 6, wo er S. 309f. m.E. weder marginalisierend noch abwertend behandelt wird (maßgebliches Beispiel ist die 4. Sinfonie) . Das ändert an Danusers beiläufige Einstufung "epigonal" natürlich nichts.

    edit:
    der Sinfoniker Schumann kommt bei Dahlhaus schlechter weg als Sibelius...

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Aber "epigonal" verstehe ich eigentlich gar nicht. Denn eine eigene und recht spezifische Klangwelt/Tonsprache kann man Sibelius doch kaum absprechen, oder?


    das hat nichtmal Adorno meiner Erinnerung nach getan, sondern Sibelius einen "eigenen Ton" zugebilligt.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


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    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).


  • das hat nichtmal Adorno meiner Erinnerung nach getan, sondern Sibelius einen "eigenen Ton" zugebilligt.

    Es geht da wohl eher um programmatische, auch ideologische Elemente: Die Orientierung an der "Natur" bei Sibelius, sein national grundierter programmusikalischer Konservatismus (finnische Sagenwelt), die Betonung des "Nordischen" zeugten aus der Sicht (nicht nur) Adornos von einer tiefen "antimodernen" Verwurzelung in den entsprechenden Stilrichtungen des 19. Jahrhunderts. Dazu Sibelius' vorgeblich konservative Harmonik, seine ebenfalls als konservativ empfundene Orchesterbehandlung usw.


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Hm. Mir fällt dazu Adornos nicht ganz freundliches Bild ein, der irgendwo den Sibeliusschen Themen unterstellt, sie seien wie vom Wickeltisch gefallene Säuglinge, die mit zertrümmerten Rückgraten auf dem Boden lägen. Aber auch sowas muß man erst einmal hinkriegen...

    Ich habe mal den trefflichen Satz gelesen, das Adorno um alles den Fortschritt, die Verbesserung wollte (was immer das auch sein mag)---in Sibelius Vorstellung gab es keinen Fortschritt,
    nur das mal beglückende, mal bedrückende Auf und Ab der Natur.
    Ich finde, wenn man sich die Entwicklungsgeschichte unserer Spezies mal genauer betrachtet, dann liegt Sibelius damit ziemlich richtig! :evil:
    Und was Adorno angeht und seinen "Hass" gegen Sibelius Musik (was etwas an die vehemente Ablehnung Bruckners durch Brahms erinnert),
    da spielte wohl auch eine art von Enttäuschung mit,der Form das sich der "Fortschritt" seiner Vorstellung nicht so recht durchsetzen mochte, wohingegen sich Sibelius größter Beliebtheit erfreute (und dies immer weiter tut ^^ )


    Herzliche Grüße:
    KALEVALA :wink:

    Die Wahrheit ist hässlich: wir haben die Kunst, damit wir nicht an der Wahrheit zugrunde gehen. (Nietzsche)


    Es gibt nichts Überflüssigeres und Schädlicheres als wie Musik. Wenn ein Mensch eine gewisse Zeit lang Musik hört, wird sein Gehirn faul und unseriös. (Ayatollah Khomeini)

  • Der Sibelius-Experte Tomi Mäkelä hat darauf hingewiesen, dass man Adornos Invektiven gegen Sibelius im Kontext betrachten müsse: die Glosse von 1938 war die Reaktion auf das Buch Sibelius: A Close-Up (1937) von Bengt de Törne, in dem sich dieser als Sibelius-Schüler ausgab und mit gegen die deutsche Musiktradition gerichteten gefälschten Sibelius-Zitaten operierte. Später nahm Adorno vor allem Anstoß an der Popularisierung Sibelius', z.B. durch Henry Wood in England und Toscanini in den USA, die zur Folge hatte, dass 1935 New Yorker Rundfunkhörer Sibelius zum "besten Komponisten der Gegenwart" wählten. Sibelius geriet so für Adorno - ungerechterweise - in die Nähe der "Kulturindustrie".

    Mäkelä betont aber auch, dass den Angriffen Adornos gegen Sibelius auf der anderen Seite häufig ein aggressiver finnischer Nationalismus und ein bis ins Abstruse getriebener Sibelius-Kult in Finnland gegenüberstanden. So berichtet Esa-Pekka Salonen, dass er als junger Mann vor dieser Form der Sibelius-Verehrung aus Finnland nach Italien, in eine "Sibelius-free zone" geflohen sei und erst dort, aus der Distanz, nach und nach Sibelius zu schätzen gelernt habe.


    Viele Grüße

    Bernd

    .


  • ich denke, man muß hier die Disposition des Neuen Handbuchs ... berücksichtigen.
    Es geht wohl von einem "langen" 19. Jh. aus, das bis 1914 geht. Bd. 6 (von Carl Dahlhaus) endet dort, während Bd. 7 von Danuser das 19. Jh. in der Einleitung aufnimmt, um in Kap. 1 1914 einzusetzen.
    In dieser Disposition hat Sibelius seinen Platz in Bd. 6, wo er S. 309f. m.E. weder marginalisierend noch abwertend behandelt wird (maßgebliches Beispiel ist die 4. Sinfonie) . Das ändert an Danusers beiläufige Einstufung "epigonal" natürlich nichts.

    edit:
    der Sinfoniker Schumann kommt bei Dahlhaus schlechter weg als Sibelius...

    Ah - das 19. Jahrhundert habe ich noch nicht ausgepackt ...
    Immerhin beginnt Danuser nicht 1914 sondern 1907 oder so - insofern wäre zeitlich auch die 4. von Sibelius in diesem Band logischer, aber im Grunde ist es ja egal, solange sie nicht ins 18. Jahrhundert rutscht.
    :hide:

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  • Mäkelä betont aber auch, dass den Angriffen Adornos gegen Sibelius auf der anderen Seite häufig ein aggressiver finnischer Nationalismus und ein bis ins Abstruse getriebener Sibelius-Kult in Finnland gegenüberstanden.

    Ohne diesen "Nationalismus" rechtfertigen zu wollen, aber für diese damals noch junge Nation, welche sich von Osten den Begehrlichkeiten des sowjetischen (russischen) Nachbarn ausgesetzt sah, war der "Patriot" Sibelius schon eine wichtige Integrationsfigur.
    Ja und wenn man den früheren Kult um Wagner in Deutschland betrachtet...so kann man doch zu recht sagen, dass es in beiden Ländern deutlich ruhiger geworden ist ^^


    Herzliche Grüße:
    KALEVALA :wink:

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  • Immerhin beginnt Danuser nicht 1914 sondern 1907 oder so - insofern wäre zeitlich auch die 4. von Sibelius in diesem Band logischer, aber im Grunde ist es ja egal


    wie gesagt, Kapitel 1 setzt bei Danuser 1914 ein, die Zeit vorher wird nur rückblickend einleitend behandelt.

    ---
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    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


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  • Also Danusers Buch gliedert sich in 4 Großabschnitte. Der erste ist 1907-1920. Die ersten beiden Kapitel behandeln die ausgehende Moderne und mystische Konzepte, also Mahler, Skrjabin, Ives und so, vor allem Musik vor 1914. Dann kommt Schönberg und Schule, z.B. Pierrot lunaire (1912). Später kommt dann Ballett, der Sache ist von 1913. Also von einem "ab 1914" kann keine Rede sein, das wäre auch völlig sinnlos in einer Musikgeschichte.

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  • Also Danusers Buch gliedert sich in 4 Großabschnitte. Der erste ist 1907-1920.


    ja, da hab ich einen ganz blöden Fehler gemacht, in Dahlhausens Bd. ist das 1.Kapitel "1814 - 1830", da hab ich "1914" hineingelesen und die Bände verwechselt .
    Dahlhaus endet aber definitiv 1914, so daß es ein Überschneidungszeit bei den Bänden gibt

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    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


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  • Dabei würden mich ja mal die Argumente für die Modernität Schoecks und Pfitzners einerseits und die Epigonalität Sibelius' und Nielsens andererseits näher interessieren

    Also zu Sibelius steht, Elgar, Vaughan-Williams und Sibelius bauten weiterhin auf die Tragfähigkeit großer tonaler Formen. Das ist das Argument für deren Epigonalität.

    Ich persönlich kann damit nicht viel anfangen, denn Schönbergs atonale zwölftönige Werke bauen auch auf die Tragfähigkeit großer tonaler Formen und Prokofieff und Schostakowitsch sowieso. Man müsste das wirklich detaillierter angehen. Aber da ich ja weder Elgars Cellokonzert (1919) noch die Sinfonien von Sibelius oder Vaughan-Williams als zu altmodisch oder gar epigonal ansehe oder -höre, schüttele ich lieber über diese kurze Abqualifikation den Kopf und lese weiter.

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  • Also zu Sibelius steht, Elgar, Vaughan-Williams und Sibelius bauten weiterhin auf die Tragfähigkeit großer tonaler Formen. Das ist das Argument für deren Epigonalität.


    Bin nicht überzeugt ... Schumann, Mendelssohn und Bruckner bauten zu ihrer Zeit ebenfalls "weiterhin auf die Tragfähigkeit großer tonaler Formen". Waren die auch epigonal?

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Schönbergs atonale zwölftönige Werke bauen auch auf die Tragfähigkeit großer tonaler Formen und Prokofieff und Schostakowitsch sowieso.

    Naja, genauer wäre wohl zu sagen, dass die großen Formen auf die Tragfähigkeit von Tonalität bauen, was sie bei Schönberg dann ja nicht mehr tun.
    Allerdings findet Sibelius einen ganz eigenen Zugang zu Tonalität und Form und deren komplexer Wechselwirkung.

    Aber diese pauschalen Urteile, von einer begrenzten Lebzeit von Tonalität ausgehend (dabei sind tonale Zentren in... schätzungsweise 99%? der heutzutage lebendig praktizierten Musik so selbstverständlich wie das Salz in der Suppe), scheinen mir sowieso überholt.
    In der Einleitung zum neuen Musik-Konzepte Band über Benjamin Britten wird dieser übrigens gleich im ersten Satz als zweifelsohne bedeutendster britischer Komponist des 20. Jahrhunderts gerühmt. Und das ausgerechnet in dieser von Heinz-Klaus Metzger gegründeten Zeitschrift, fast schon eine Provokation! Noch vor wenigen Jahren hätte sich wahrscheinlich kein Autor dieser Zeitschrift getraut, den Namen jenseits einer sarkastischen Randbemerkung in den Mund zu nehmen...

  • ad Mauerblümchen
    Äh, es geht ja darum, dass ab 1910 man eben nicht mehr so einfach auf die Tragfähigkeit großer tonaler Formen bauen dürfe, auch deshalb, weil Mahler diese quasi bis an ihre Grenzen weiterentwickelt hat (analysiert werden das Lied von der Erde und die 8. Sinfonie). Die Idee, die dahinter steht, ist, dass man nachher nicht so tun dürfe, als wäre da nichts "passiert".

    Aber ich bin auch nicht überzeugt.

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