Schönberg, Arnold: Die Streichquartette

  • Werd's demnächst nochmal durchhören und dann ggf. mir "verdächtige" Stellen nennen.


    Gerade zwei Stellen mit den LaSalles gefunden, bei denen es mir in den Ohren schmerzt: Stimmt da wirklich was nicht oder höre ich Gespenster?

    Nr. 1, op. 7: Das Cello in Takt 30, Einsatz in 1:02 (hier liegt mir die Partitur vor, ich könnte weitere Stellen nachsehen).

    Nr. 2, op. 10, 1. Satz: Einsatz der Bratsche ab 0:22.

    Soweit ich mich erinnere (mag aber grad nicht weiterhören), ist das bei der Bratsche, besonders in op. 10, kein Einzelfall (über den man großzügig hinwegsehen könnte). Sicher bin ich mir aber nicht.

    :S

    PS: Weniger klar finde ich in op. 10, 1. Satz, die Bratschenstellen ab 3:25 und 4:52.

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • :wink:

    Im Faden der Neuerscheinungen wurde die Einspielung des Asasello Quartetts schon erwähnt. Am 8. August sendet der Deutschlandfunk einen Bericht über diese Produktion, von 21.05 bis 22.50 Uhr.

    Gruß, Frank

    Gruß, Frank

    Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu.

  • Im Faden der Neuerscheinungen wurde die Einspielung des Asasello Quartetts schon erwähnt. Am 8. August sendet der Deutschlandfunk einen Bericht über diese Produktion, von 21.05 bis 22.50 Uhr.

    wär echt supi vom DLF wenn sie zu diesem Termin deren Alternativeinspielung von Schönbergs 3. Quartett, sowie das 1. und 2. Quartett komplett senden könnten. Außreichend Zeit ist für alle 4 Streichquartette vorhanden.

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Anderthalb Jahre später hab ich jetzt auch das vierte Quartett vergleichsgehört. :) Zur Erinnerung, es ging um zwei historische Aufnahmen: einmal die des Juilliard-Quartetts (1951/1952) und einmal die des Kolisch-Quartetts (1936/1937). Letztere entstand unter der Aufsicht Schoenbergs (überlieferteweise auswendig gespielt) und im Falle des vierten Quartetts wenige Tage vor der Uraufführung.

     

    Die Juilliards kamen zuerst dran. Ihre Aufnahmen des dritten und vierten Quartetts finde ich deutlich besser als diejenigen der ersten beiden. Was die gerade im vierten Quartett an Drive und Spannung aufbieten, ist einfach wunderbar. Vor allem der zweite und vierte Satz sind absolut herrlich. Schönberg wäre begeistert gewesen - behaupte ich jetzt mal. :)

    Erster Gedanke bei den Kolischs: Ich hatte vergessen, wie krass es im "Hintergrund" knistert und knackt. Hintergrund in Anführungszeichen... Die Nebengeräusche sind ungefähr so laut wie die Musik selbst. Man muss hier schon einigermaßen abstraktionswillig sein.

    Zweiter Gedanke: Und trotzdem kann ich nachvollziehen, warum ich sie bei den ersten drei Quartetten den Juilliards vorgezogen habe. Der erste Satz ist schon bei den Juilliards fantastisch, aber die Kolischs spielen diesen Satz mit soviel Hingabe und Inspiration, dass ich mir fast nicht vorstellen kann, dass man das für meinen Geschmack noch besser interpretieren kann. Kein Wunder, dass Schoenberg von ihnen sagte, sie seien die "idealen Interpreten" seiner Musik. Muss man echt gehört haben.

    Beim zweiten und vierten Satz würde ich das Ganze umgekehrt sagen. Obwohl die Kolischs auch hier erste Sahne abliefern, scheint den Juilliards die Musik in Fleisch und Blut übergegangen zu sein. Dieser Drive, dieser Esprit! Ich hatte ja bei den ersten drei Quartetten gesagt, dass ich den "Klang" der Kolischs als Ensemble vorziehe, weil sie "weicher" und "romantischer" klingen. Im vierten Quartett will ich aber keine weiche Romantik. Die Juilliards dürfen hier zupacken, soviel sie mögen, der Mucke tut das bei diesem Quartett meiner Ansicht nach nur gut. (Womit ich jetzt nicht sagen will, dass sie undifferenziert "wild" spielen. Die leisen Stellen klingen so unheimlich und geisterhaft, wie man sie sich nur wünschen kann.)

    Tatsächlich finde ich auch die "Spannungsbögen" bei den Juilliards in diesen beiden Sätzen besser nachhörbar und mehr "gestaltet" als bei den Kolischs. Nochmals: Die Kolisch-Einspielung ist nicht nur keinesfalls schlecht, sondern für sich genommen ebenfalls toll, aber die Juilliards spielen diese Musik so selbstverständlich, dass ich nicht sicher bin, ob das für mich zu toppen ist. Interessant, dass ich das beim ersten Satz andersherum höre.

    Der dritte Satz spricht bei beiden Ensembles nicht wirklich zu mir. Das liegt aber glaube ich vor allem am Satz selber, der mir irgendwie wenig sagt. Weiß nicht, ob ihn mir eine andere Interpretation entschlüsseln und nahebringen könnte. (Wobei mir hier in beiden Aufnahmen die Unisono-Stellen zu geschmeidig-samtig rüberkommen, bei den Kolischs noch mehr als bei den Juilliards. Das würde ich mir schroffer wünschen. Immerhin stehen hier forte und fortissimo mit martellati und sforzati.) Der zweite und dritte Satz sind übrigens bei den Kolischs hörbar langsamer als bei den Juilliards. Im zweiten Satz finde ich das schade, im dritten ist es mir egal.

    Für die ersten drei Quartette sind also die Kolischs meine Go-To-Aufnahme, für den vierten stelle ich mir einen Mix zusammen: Satz 1 von den Kolischs; 2 und 4 von den Juilliards; 3, da mir beide Aufnahmen gleich wenig sagen, der Balance wegen von den Kolischs.

    Ich habe das vierte Quartett in einem früheren Post als mein Lieblings-Schoenberg-Quartett nominiert, aber ich glaube, der dritte Satz macht mir das ein bisschen kaputt. Hier mein neues Ranking:

    2 - Luft von anderen Planeten.
    4 - Schönberg, wie man ihn sich vorstellt. Einfallsreich und markant.
    1 - Unglaublich, wie er im Prinzip aus einem Thema ein dreiviertelstündiges Quartett webt, das mich von Anfang bis Ende mitnimmt.
    3 - Für mich langweilig, ohne, dass ich benennen könnte, warum, von einzelnen Stellen abgesehen (das fetzige Ostinato am Anfang des ersten Satzes, die letzten sechs Takte des zweiten).

    Und jetzt will ich eure Rankings sehen! Am besten auch mit kurzer Begründung :wink:

    Dodekaphon grüßt
    - Philipp

  • Ich möchte mich an dieser Stelle noch bei Mauerblümchen für die tollen Einleitungen in das nullte und erste Streichquartett bedanken. Vielleicht hole ich das mal in ferner Zukunft für Quartett zwei bis vier nach. :wink:

  • Zweiter Gedanke: Und trotzdem kann ich nachvollziehen, warum ich sie bei den ersten drei Quartetten den Juilliards vorgezogen habe.

    Kolisch habe ich mir lange nicht mehr reingezogen.. Quartette 3 + 4 sind mir mit Kolisch näher als mit Julliards... mit Julliards und Schönberg hab ich weiterhin Schwierigkeiten (ich hatte es mal mit Julliards und Nr. 1 versucht, funzte bei mir leider gar nicht) ..

    Zur Zeit bevorzuge ich bei Quartette 3 + 4 folgende Mitschnitte: Parrenin (aus den 60zigern, Werder Bremen), Quatuor Diotima (2012, Paris), Nr. 4 Asasello (22.06.12, Kölle).. sowie folgende Studiokonserven Nr. 3 + 4 mit Aron Quaret, Nr. 4 mit Wihan Quartett... ... bleibe sehr fixiert auf Quartett Nr. 3 + 4 , momentan vor allem die Kopfsätze ... aber Mitschnitte zieh ich mir lieber rein...

    Ranking mit kurzer Begründung .. "uff, uff" (Karl May) :ohnmacht1: ich versuchs trotzdem mal ?( Schwerpunkt vor allem Kopfsätze von 3 und 4

    Nr. 4 stärker kommuniziert sonatig stärker, klarer mit den Lauscherchen und das ist mir diesmal lieb => kriegt es momentan den ersten Platz unter den Vieren...

    Nr. 3 ist stachliger, es tritt einen beim Reinziehn heftiger in die Fresse als Nr. 4 .. vor allem wie das Ostinato zu Beginn die Löffel schnellfeuerartig aggro-mäßig tackert, dazu das schneidende Violinenthema, das hat was .. => kriegt es den 2. Platz von den Vieren..

    die Dichte beider Quartette macht einen sehr an und dabei quasi wie zum Kontrast schier ohrwurmartige Themengestalten ..

    Nr. 2 funzt bisher bei mir bloß in den ersten beiden Sätzen, bei Satz 3 und 4 kommen mir Sopran und Saitenquäler im Verhältnis bisher zu unausgewogen rüber.. würde Mucke mir mal gerne ganz ohne Singstimme reinziehn.. (hat übringens Scherchen mit "Erwartung" mal gemacht, sowas kommt auch geil rüber) => 3. Platz

    Nr. 1 wäre vier. Bisher auf diesen String fixiert:
    http://www.youtube.com/watch?v=PMrYHw2mfv4

    SF-Conservatory of Music

    Chamber Music Masters Series: Norman Fischer, cello
    November 18, 2011

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Und jetzt will ich eure Rankings sehen! Am besten auch mit kurzer Begründung

    Ich kenne die Streichquartette von Arnold Schönberg noch nicht gut genug, vor allem mit den letzten beiden tue ich mich nach wie vor schwer. Insofern ist das 1. Quartett bis auf weiteres mein Lieblingsquartett, dicht gefolgt von dem 2.
    Ich besitze schon lange die Aufnahmen mit dem LaSalle Quartett und dem Juilliard Quartett (die spätere Steroaufnahme). Von Nr. 4 habe ich tatsächlich auch die Monoaufnahme als LP. Die Box mit dem Kolisch Q habe ich kürzlich irgendwo günstig bekommen, aber noch nicht gehört. Seit kurzem habe ich die sehr hörenswerte letztes Jahr erschienene Aufnahme durch das exzellente Asasello Quartett. Daraus habe ich heute morgen SQ 4 gehört, den dritten Satz fand ich ganz großartig. Also muss ich dies Quartett wohl noch öfter hören. Interessanterweise ordnet das Asasello Quartett die Quartette auf den beiden CDs auch in rückwärtiger Folge an.

    Sie schreiben im Booklet-Text:

    „Die Arbeit an den Schönberg-Streichquartetten war so etwas wie ein Tauchgang. Ruhig bleiben und gleichmäßig atmen, wenn man an den Riffen entlang zieht und diese farbige Miniaturwelt bestaunt: kleine Korallenbäumchen mit winzigen Fischen im Geäst, dann den Kopf wenden, den Blick ins unendliche Blau, ein Napoleonfisch zieht majestätisch vorbei, Mikrokosmos / Makrokosmos alles gleichzeitig und von allem zu viel, weil das Leben so ist.“

    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

  • Vielen Dank für den Hinweis! Bin gerade mittendrin - interessant.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Nur als kleine Ergänzung:

    Die fünf Schönberg-Quartette mit dem LaSalle-Quartett sind nochmals von der DG selber neuveröffentlicht worden. Zusätzlich sind auch die Werke von Berg, Webern, Zemlinsky und Apostel dabei. Eine gute Möglichkeit, in die Welt der Wiener Neuen Schule einzutauchen.

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Habe jetzt endlich auch begonnen. Die Einzelsätze und die Nr. 0 (1897) kommen noch, die letzten Tage war jetzt mal Nr. 1 op. 7 dran.

    Persönliche Eindrücke:

    Erster Hördurchgang, emotional, Arditti Quartet:
    Der 1. Satz (Nicht zu rasch) changiert zwischen Brahms-Greifbarkeit und Wagner-Chromatik. Der 2. Satz (Kräftig) ist für mich ein Scherzo mit Schanigarten-Fantasie in alle Richtungen zwischen Idylle und Hölle, incl. polyphone Verdichtungen wie in Beethovens Spätwerken. Auch Schubert klingt durch. Eine Offenbarung ist für mich der 3. Satz (Mäßig), ein großer lyrischer inniger Satz voll wehmütig-süßer Harmonie. Der 4. Satz (Mäßig - Heiter) gibt sich trotzig und kämpferisch, findet dann aber zu einem ganz friedlichen, harmonischen Ende. Das Arditti String Quartet verbeißt sich faszinierend in die Musik. Bin also trotz der Länge und Dichte schon mal "dabei".

    Zweiter Hördurchgang, analytisch, Aron Quartett:
    Es lohnt sich, wenigstens einmal im Leben die ungemein subtile thematische Feinarbeit und Verarbeitungstechnik Schönbergs mit all den diffizilen Querbezügen mitzuverfolgen. Hier ein ganz großes Dankeschön an Mauerblümchen für die Detailaufschlüsselung. Die Anhaltspunkte haben mir supergut geholfen, im dichten Gestrüpp das Wichtige durchzuhören, also: I. Teil (Hauptsatz, Überleitungsgruppe, Seitensatz, 1. Durchführung, Hauptthema in cis-moll, Überleitung zum Scherzo), II. Teil (Scherzo) (Thema Ges-Dur, abgeleitet vom zweiten Thema der Überleitung, Trio-Abschnitt (Bratsche!), Scherzo-Reprise, Zweite Durchführung, Reprise des Hauptthemas in d-moll), III. Teil (Langsamer Satz) (Erstes Thema, Zweites Thema, Durchführungsartiger Abschnitt, Quasi Reprise, Überleitung, Dritte Durchführung, Reprise des Seitensatzes), IV. Teil (Rondofinale) (4x Refrain, 3x Couplets, dann verklärende, befriedende Coda) – alles mit thematisch vielfach aufeinander bezogenen Details. Das Aron Quartett (Preiser Records 2003) evoziert für mich mit seinem weicheren Streicherklang interpretatorisch „noch mehr Wien“. Interessant hier für mich auch der Aufnahmevergleich, den Gurnemanz zu den beiden Aufnahmen hier im Thread geschrieben hat.

    Dritter Hördurchgang, wieder emotional, mit etwas geschärftem Blick auf die Themen und den Aufbau, LaSalle Quartet:
    Die LSalles tigern sich auch gleich ganz und gar rein in das aufwühlende wie so durchdacht strukturierte Geflecht des Werks. Diese LaSalle Aufnahmen waren ja bahnbrechend – toll, wie auch sie die Emotion zwischen Wienabgrund und Wehmut aus dem Werk herausholen. Insgesamt meine ich, bei diesem über dreiviertelstündigen Werk hilft es durchaus, sich wenigstens einmal mit Mauerblümchens Detailverlaufsschilderung auf all die kompositorischen Finessen einzulassen, jenseits des natürlich auch möglichen rein emotionalen, aber vielleicht dabei überfordernden Hörens.

    Herzliche Grüße
    AlexanderK

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