Was ist, was soll, was darf Opernregie? Und was nicht?

  • Es gab Jenufa von Janacek, eine Oper, deren Musik ich ganz großartig finde. Und ich habe meinen Augen zunächst gar nicht trauen wollen :stern: , aber auf der Bühne sah man tatsächlich weitgehend das, was man sich nach Kenntnis des Orts und der Zeit der Handlung erst einmal vorstellen würde!


    Das ist mir letztes Jahr in der Hamburger Oper ebenso ergangen. Die Regie von Olivier Tambosi hat sich sehr eng am Libretto orientiert, so dass die Details verständlich waren. Z.B. das rote Käppchen des getöteten Kindes. Daran wird es ja unter dem Eis erkannt. Wenn man das weglässt fehlt m.E. ein wichtiges Element. Klar könnte man das auch anders lösen, aber der Librettist hat sich ja etwas dabei gedacht. Und vor allem: Die Inszenierung kam ohne spektakuläre Effekte aus, und hat einfach die Geschichte illustriert. Man konnte sich so auf die Musik konzentrieren. Ich gehe schließlich in die Oper um Musik zu hören. Sonst gibt es ja auch noch das Theater. Da gehe ich hin um ein Stück zu sehen. Nur wüten da mitunter auch Regisseure. Aber das ist eine andere Geschichte. Man kann (und soll) es ja auch nicht allen Recht machen. Aber ich freue mich trotzdem wenn ich eine Oper mal wiedererkenne, ohne befürchten zu müssen im falschen Stück gelandet zu sein.

    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Ich gehe schließlich in die Oper um Musik zu hören.


    Merkwürdig. Ich gehe in die Oper, um Musik zu hören und dazu eine szenische Aufführung zu sehen. Ansonsten würde es ja reichen, wenn ich einfach ins Konzert ginge.

    Auch beinhalten die meisten mir bekannten Opern szenische Komponenten. Ich finde es nicht sonderlich "werktreu" ;+) , diese für obsolet zu erklären.

    Andererseits: wenn man nur für die Musik in die Oper geht, kann es einem doch eigentlich auch egal sein, ob Märchengestalten oder Nazis im Ledermantel über die Bühne rennen.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Dann sollte ich präzisieren: Ich gehe in erster Linie in die Oper um Musik zu hören. Natürlich ist der szenische Teil nicht zu vernachlässigen und gehört dazu (wenngleich man so manche Oper wegen des schwachen Librettos doch lieber nur konzertant hören sollte).
    Und da ich ja nicht die Augen schliesse, ist es mir eben nicht egal was auf der Bühne passiert.

    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • In FonoForum August 2015 finden sich zwei Texte von Peter Konwitschny; der eine ist eine hochsubjektive Inhaltsangabe zu "La Traviata", der andere eine Zusammenstellung von zehn Thesen unter dem Titel "Lebendiges oder totes Theater".

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • gibt's dazu irgendein Link oder was ähnliches ? weil der TV-Mitschnitt der Konwitschny-Traviata (ich glaub aus Graz) ganz vorzüglich rüberkam....

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • gibt's dazu irgendein Link oder was ähnliches ? weil der TV-Mitschnitt der Konwitschny-Traviata (ich glaub aus Graz) ganz vorzüglich rüberkam....

    Leider nicht, zumindest nicht auf der Webseite von FonoForum ...

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Leider nicht, zumindest nicht auf der Webseite von FonoForum ..

    wenn du dir die Mühe machst (trotz Hitze und so), Konwitschnys Thesen irgendwie zusammenzufassen oder auf den Punkt zu bringen, das wär echt mega-cool, würde mich also sehr interessieren..

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Aus dem Thread zur Lagerung von Datenträgern hierher kopiert.


    audi

    wir könnten ein Kollektiv gründen.

    auf den Versuch käme es an.
    Wobei ich dafür alle interessierten User hier in C. ermuntern würde, sich uns anzudocken. :thumbup:
    Aufteilung der User in einzelne Mini-Kollektive für die unterschiedlichen Opern-Projekte wäre sinnvoll.
    Es muss ja nicht bloß Tannhäuser sein. Denn ich hätte auch echt supertolle Ideen zur szenischen Umsetzung von Wagners Tristan, Lohengrin, Dallapiccolas Ulisse und Humperdinck Hänsel + Gretel..
    .. aber bisher dazu jeweils kein vollständiges Konzept => auf sachkundige + fruchtbare Unterstützung angewiesen ..sowieso alles dann rt-like (nebenbei: erst seit den geilen Threads im größten Klassik-Forum kann ich überhaupt was mit dem Begriff RT anfangen).

    Meinst Du, uns engagiert eine Bühne?

    Ob uns eine Bühne engagieren würde ?( .. tja .. da könnten Agenturen angefragt werden oder am besten gleich direkt bei z.B. Laura Berman, Barrie Kosky oder Albrecht Puhlmann anklopfen.. Vorlaufzeit dann viellleicht ca. 3- 5 Jahre .... bei Peter Gelb hätten wir super-geilen Streukreis durch Kino-Übertragung.. aber Konzepte sollten bereits stehen..

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • aber bisher dazu jeweils kein vollständiges Konzept

    wie wär's denn damit: Die Wartburgbewohner kennen sich gar nicht aus dem echten Leben, sondern nur aus Internet-Chats und -foren und sitzen nur isoliert in ihrem unfreundlichen Kämmerchen vor dem Bildschirm und theoretisieren und besserwissern dort... und der Tannhäuser war der einzige, der mal draußen im Stadtpark und in in'ner Eckkneipe war und das echte Leben kennt. Und das macht ihm jetzt Angst. Aber irgendwie findet er's trotzdem toll...
    Oder Oper in der Oper: Tannhäuser ist Regisseur und inszeniert den Venusberg, Und seine lieben Freunde sind allesamt militante Regietheatergegner. Und dann kommt auf, daß er derjenige welcher ist.... OK, da müßte man noch Hirnschalz verspritzen.

    By the way: die Elisabeth ist ja gar nicht so heilig, wie sie Wolfram und Consorten gerne hätten. Die traut sich nur nicht! ("...ist zu schüchtern....", schreibt der Wagner in der Partitur...)

    hey, Admins, ich glaube, das passt hier jetzt wirklich nicht mehr rein, sollte man das nicht irgendwohin verschieben, wo's besser passt?

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • @ Audiamus
    könnten Mods diese RT-Postings in entsprechenden Thread kopieren ? Damit wär allen geholfen.

    und der Tannhäuser war der einzige, der mal draußen im Stadtpark und in in'ner Eckkneipe war und das echte Leben kennt. Und das macht ihm jetzt Angst. Aber irgendwie findet er's trotzdem toll...

    Wobei dann der Umschlag eintreten sollte, dass Tannhäuser von der Zweierkiste mit Venus die Schnauze echt dicke hat.
    Zweierkisten funzen weder bei Tannhäuser noch überhaupt in Wagners Opern.
    Ich hatte mir mal den Video-String vom 1. Akt des NYC- Tannhäusers reingezogen. Kein Wunder, dass Tannhäuser bei dieser laaaaangweiligen Choreographie (wie ödes TV-Ballet) kein Bock mehr auf Venusberg hatte.

    NYC passt also, wie München. Denn Fotos von Castelluccis Fleischberg lassen vermuten, wie Tannhäuser total angenervt ist, sich weiterhin von Venus vögeln zu lassen.

    Oder Oper in der Oper: Tannhäuser ist Regisseur und inszeniert den Venusberg, Und seine lieben Freunde sind allesamt militante Regietheatergegner. Und dann kommt auf, daß er derjenige welcher ist.... OK, da müßte man noch Hirnschalz verspritzen.

    Etwa so stell ich mir das auch vor.
    Wichtig, dabei nicht vergessen, herauszuarbeiten, wie Tannhäuser dem dummdreisten Biterwolf vokal so richtig ihm eins auf seine Wichsgriffel knallt. Bringt coolen Joke.

    bustopher:
    wieso hat eigentlich noch kein Regisseur den 2. Aufzug Tannhäuser ... in einem RT-Thread spielen lassen?

    hab endlich jetzt Idee, wie das Vermittlungsproblem deiner Thread-Chat-Chose zu lösen wär. Während also wütende Anti-RT-Salafisten versuchen Tannhäuser zu killen, laufen im Hintergrund simultan videomäßig Threads und Chats von Anti-RT-Psychos.. (z.B. auch über den Düsseldorf-Tannhäuser)

    Dann: der Muckenfluss 2. Akt wird unterbrochen, weil aus dem Publikum wütende Proteste gegen die Tannhäuserinszenierung laut werden (siehe Asterix und der Kupferkessel) Anschließend Interviews mit Verbal-Empörungsorgien von Besuchern vor laufenden Kameras. Könnte auch nach dem 2. Akt zur Pause fortgesetzt werden.
    Das Publikum stimmt ab wie mit Tannhäuser zu verfahren ist:
    Etwa so:

    1. Lynchen
    2. Knast
    3. Schadensersatz
    4. feuern, (You're fired); soll also seinen Scheiß woanders inszenieren
    5. ihn als bloß „Arschloch“ beleidigen

    => 4: Tannhäuser wird gezwungen sich zu verpissen kriegt natürlich die meisten Likes

    3. Akt:
    Pilger sind Anti-RT-Salafisten, die öffentliche Bücher- und DVD-Verbrennung organisieren. Dabei auch Videoprojektion (Zeitlupe ?) nötig, damit hinten im Parkett und von oberen Rängen genau zu erkennen ist, was da überhaupt verbrannt wird. z.B.:
         

    Tannhäuser kehrt zurück. Seine diesmal „werkgetreue“ Inszenierung in einem italienischen Opernhaus (Rom, Scala, Turin ?) fiel beim Publikum + Kritik total durch.

    Statt grünenden Stab wächst Message rüber, dass das Tannhäuser RT-Inszenierung den Preis Regie-Musiktheater gewonnen hat.

    By the way: die Elisabeth ist ja gar nicht so heilig, wie sie Wolfram und Consorten gerne hätten. Die traut sich nur nicht! ("...ist zu schüchtern....", schreibt der Wagner in der Partitur...)

    So isses .. sie haust gezwungener Maßen gleichsam „Diesseits des Lustprinzips“, findet ja Tannhäusers erste Performance im 2. Akt auch sau-geil. .
    Tannhäuser hat aber 0-Bock weiterhin als Regisseur zu reüssieren. Also verzieht er sich mit Elisabeth, Venus und Wolfram, und sie gründen einen Swinger-Club, diesmal ohne Zweierkisten-Knast.. aber so’n Ende könnte zu versöhnlerisch rüberkommen..

    Irgend ein skandalträchtiger, widerlicher Knaller muss dabei sein, um schwarze Provinzpolitiker zu animieren, indirekt nach Zensur zu blöken, wie weiland beim Hannover-Freischütz (Kamensek, Voges, Bärenklau). Würde Besucherzahlen deutlich empor schnellen lassen.

    Wär cool, wenn sich weitere User hier fruchtbar mit Ideen einbringen... auch Widerspruch erwünscht. .. leider in C. dazu keine willkommene Begleitmucke (wie anderswo) wahrscheinlich; gespickt aus Wortprügeln wie „Verunstaltungstheater, Opernzerstörer, Dreck, Zersetzung, entartet.... .“

    hey, Admins, ich glaube, das passt hier jetzt wirklich nicht mehr rein, sollte man das nicht irgendwohin verschieben, wo's besser passt?

    Entweder Postings an diesem RT-Thraed ankleben
    oder neuen Thread einrichten (Regie-Ideen oder so, keinen passenden Titel auf Schirm). Gegen neuen Thread spräche Risiko der Unübersichtlichkeit durch zu viele RT-Threads...

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • @ Audiamus
    könnten Mods diese RT-Postings in entsprechenden Thread kopieren ? Damit wär allen geholfen.

    @ Amfortas: Hoffe, so ist allen geholfen.

    "...es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen." - Johannes Brahms

  • Die Tannhäuser-Inszenierung v. Sasha Waltz, die ja, wie ich neulich mal in einem anderen Forum erfahren habe, für Ballett-Inszenierungen bekannt sein soll, ist die einzige Opern-DVD mit Peter Mattei, die ich nicht besitze (und das heißt schon mal was, da ich ja ein "Peter Mattei"-Fan bin ...). Diese "Tai Chi"-ähnlichen Tanzbewegungen finde ich einfach nur furchtbar:

    https://www.youtube.com/watch?v=f8yYSMOt-0Y

    Ich bin ja sehr offen, was RT anbelangt, aber das ... :neenee1:

    "Welche Büste soll ich aufs Klavier stellen: Beethoven oder Mozart?" "Beethoven, der war taub!" (Igor Fjodorowitsch Strawinsky)



  • Die Tannhäuser-Inszenierung v. Sasha Waltz, die ja, wie ich neulich mal in einem anderen Forum erfahren habe, für Ballett-Inszenierungen bekannt sein soll, ist die einzige Opern-DVD mit Peter Mattei, die ich nicht besitze (und das heißt schon mal was, da ich ja ein "Peter Mattei"-Fan bin ...). Diese "Tai Chi"-ähnlichen Tanzbewegungen finde ich einfach nur furchtbar:

    https://www.youtube.com/watch?v=f8yYSMOt-0Y

    Ich bin ja sehr offen, was RT anbelangt, aber das ...

    meinst du so ab 00:44 ?
    http://www.youtube.com/watch?v=yGe8ixJ7PSA

    Okay, okay.. könnte irgendwie gerettet werden, indem Tannhäuser sich dabei von der Show gelangweilt abwendet und lustlos in einem Gay-Magazin bzw. ganz ollen Playboy mit Pin-up-Fotos von Kati Witt rumblättert....

    .. dein Hinweis auf Sasha Waltz aus Hertha-Stadt bringt einen endlich auf die Idee die Schnittstelle zwischen Akt 1 und Akt 2 unseres gemeinsamen Konzeptes zu schließen:
    Akt 1 :
    Tannhäuser zieht sich eine ziemlich öde „werkdienliche“ Inszenierung rein, die Venus allerdings voll geil findet. Er will sich aus der laufenden Vorstellung verpissen, weil er gerade kein Netz zum Daddeln mit Smart-Phone findet. Sie wird tierisch sauer auf ihn .

    Welche Gestalt könnte diese von ihm ungeliebte Inszenierung finden ?
    a. entweder eben wie Sasha Waltz oder
    b. etwas konwitschny-like; also Tannhäuser total genervt durch triefende Schmalzorgie in Ludwig-II-„Ästhetik“ (z.B. Venusgrotte von Schloss Lindenhof) bzw. Bühnebild aus kitschigsten Klischees abgefeuert aus „Romantik“-Rohr z.B. Nymphen im Barbie-Outfit..
    .. röhrende Hirsche passen eher zur 3. Szene... hab dazu aber kein Konzept ...

    Allerdings Show/Oper in Oper – Theater im Theater ist nun nicht besonders neu. Finden wir ja z.B. in Ariadne, Lulu (1. Akt 3. Szene, Alwa) oder Faust I + II (Mummenschanz), Sommernachtstraum, Hamlet.. und.. und.. und .. vielleicht hat einer von euch dazu alternative Vorschläge..

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann


  • Das geht ja noch, wie ich finde. Nein, ich meinte schon konkret das Video, das ich gepostet hatte (Peter Mattei: "Wie Todesahnung ... O du, mein holder Abendstern"):

    https://www.youtube.com/watch?v=f8yYSMOt-0Y

    Einfach nur zum ... :sessel1: Passt einfach überhaupt nicht zu ihm ...

    "Welche Büste soll ich aufs Klavier stellen: Beethoven oder Mozart?" "Beethoven, der war taub!" (Igor Fjodorowitsch Strawinsky)



  • Das geht ja noch, wie ich finde. Nein, ich meinte schon konkret das Video, das ich gepostet hatte (Peter Mattei: "Wie Todesahnung ... O du, mein holder Abendstern"):

    http://youtube.com/watch?v=f8yYSMOt-0Y

    Einfach nur zum ... Passt einfach überhaupt nicht zu ihm ...

    Ach so. Selbst wenn sich diese Passage vermutlich erst aus dem Zusammenhang der kompletten szenischen TH-Umsetzung erschließt, kommt mir das szenisch momentan ebenso gar nicht dolle rüber... no Schimmer, ob das irgendwie zu retten ist.... kompletter YT-String existiert anscheinend nicht
    (nebenbei, vermutlich so wie du Peter Matteis Kunst verehrst, geht’s mir mit Fischer-Dieskau)

    Darauf hin mir mal zwei andere Strings mit Wolfram-Monolog reingezogen:

    Aus Monte Carlo. .. Audio-String hatte ich mir gesichert, weil geiles Raritäten-Feeling mit französischer Wagnerei.

    http://www.youtube.com/watch?v=ljvvbdx4Ldw ~ 2: 29: 42

    Schöne opulente Farben. Bühnenbild kommt gleichermaßen wie Casper David Friedrich und Wieland Wagner rüber. Winterambiente passt m.E. sehr gut zur Szene. Was mir aber auf den Sack geht, sind Schneeflocken a la Weihnachts-Kitsch-TV-Bilder, denn es täuscht vor, das es überhaupt noch so was wie „Leben“ in der Bude gibt . .. Choreographie extrem minimalistisch, Darbietung eher wie konzertanter Liederabend ...mir aber lieber als Tai-Chi-Waltz aus Hertha-Stadt

    Aus Lagunen-City, wo der Meister 1883 auscheckte

    http://www.youtube.com/watch?v=rRaIiH3emkw ~ 2: 39:56

    da ist mir szenische Umsetzung sehr viel näher (auch näher als Himmelmann/Hannover-TH, weil schärfer in Gestaltung und Ausdruck, bloß Kacke, dass ich da Biganzoli/Bielefeld-TH jetzt nicht mehr ganz auf Schirm habe, weil dieser TH insgesamt in guter Erinnerung ).
    Wolfram hält Halstuch von Elisabeth so bang, als ob es ihm entgültig zu entgleiten droht.... irgendwie passt das sehr schön zum fetzigen Holzbläserpart der Mucke... und in dem er in der Erde rumwühlt, nimmt er quasi Elisabeths Auschecken vorweg, also das sie zum Fraß/Nachtmahl der Würmer mutiert ... er legt sich am Ende schier verzweifelt flach .. hätte das mir sogar drastischer gewünscht, weniger gepflegt, also etwa dass Wolfram so richtig obsessiv sich in Erde reinwühlt, reinkrallt, seine Visage damit beschmiert ...

    Musss mir beide Strings jedoch in Bälde mal komplett reinziehn, um Chose im Gesamtzusammenhang adäquat zu checken.

    Passt beides leider nicht zum bisher entwickeltem TH-Konzept von quasi RT im RT. .. das soll ja auch - im Gegensatz zu diesen beiden Strings - mit Trash + Joke rüberkommen...
    . für die Wolfram-Passage bisher keine dazu passende Idee auf Schirm .. vielleicht bringen sich weitere User ein...

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Wie wäre es mit Tannhäuser im barocken Südamerika: Venus eine Indio-Maid, Tanni ein entlaufener Priester, aber die Holde ödet ihn an, weil er ihr Heidenglaube abstoßend findet. Am Ende sucht er das Weite, zurück in die christliche Zivilisation. Dort wird er von den Wartburg-Behörden mißtraurisch beäugt - durch dem inquisitorischen Kammergericht (= der Contest) bricht aus ihm heraus, was ihn eigentlich zu Venus getrieben hatte: daß sein Galube ins Wanken geriet, weil er mit der Indian Inquisition Symphony seitens der Behörden nicht klarkam. Er haut ab, um Buße zu tun.

    Nur was? Vielleicht ein Schiff übern Berg ziehen? Das Floß nehmen, um Eldorado zu suchen?

    Da muß ich noch überlegen... :jaja1:

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Sehr interessant das alles!
    Aber - 2 Fragen dazu die mir schon lange auf der Seele brennen.
    Erstens: Warum schreiben die RT-Macher nicht eine eigene Oper, die sie dann nach Herzenslust verhunzen können? Eigene Musik, eigener Text! Warum muß das Werk eines lange verstorbenen Künstlers, der sich nicht mehr wehren kann, derart mißbraucht werden. Reichen die künstlerischen Fähigkeiten nicht für eine eigene Schöpfung, so das man Werke der Vergangenheit fleddern muß?
    Zweitens: Warum muß ich als Steuerzahler diese "künstlerischen Selbstverwirklichungen" bezahlen? Ich hätte ja gar nix dagegen, wenn diese "Künstler" das aus eigener Tasche zahlen oder private Sponsoren auftreiben, aber warum soll ich diesen Sch... bezahlen um den ich nicht gebeten habe und den ich auch nicht sehen will?

    Was heißt hier modern? Betonen Sie das Wort mal anders! Richard Strauss

  • Warum schreiben die RT-Macher nicht eine eigene Oper, die sie dann nach Herzenslust verhunzen können? Eigene Musik, eigener Text! Warum muß das Werk eines lange verstorbenen Künstlers, der sich nicht mehr wehren kann, derart mißbraucht werden. Reichen die künstlerischen Fähigkeiten nicht für eine eigene Schöpfung, so das man Werke der Vergangenheit fleddern muß?

    Ich finde es sehr gut und und auch mutig, dass diese Frage gestellt wird. Sie ist außerdem auch sehr originell. Man wundert sich doch, dass das bisher keiner gefragt hat (wenn man von den Tausenden absieht, die auch immer wieder sehr stolz darauf sind, diese wichtige Frage gestellt zu haben).

    Allerdings erheben sich da zwei weitere Fragen, die, weil diese hier so neu und originell ist, noch nicht geklärt sein können, aber doch gestellt werden müssen. Nämlich:

    1. Was ist denn eigentlich »Regietheater«, inwiefern ist dieser Begriff sinnvoll und sinnvoll gebildet, und wie heißt denn der Gegensatz dazu, von dem er sich absetzt?

    2. Wer sagt denn, dass die Theatermacher keine eigenen Werke schaffen? Es dürfte ja immerhin unstrittig sein, dass die Inszenierung, die man sieht, unter gar keinen Umständen von Wagner sein kann, weil der zu lange tot ist.

  • Wie wäre es mit Tannhäuser im barocken Südamerika: Venus eine Indio-Maid, Tanni ein entlaufener Priester, aber die Holde ödet ihn an, weil er ihr Heidenglaube abstoßend findet. Am Ende sucht er das Weite, zurück in die christliche Zivilisation. Dort wird er von den Wartburg-Behörden mißtraurisch beäugt - durch dem inquisitorischen Kammergericht (= der Contest) bricht aus ihm heraus, was ihn eigentlich zu Venus getrieben hatte: daß sein Galube ins Wanken geriet, weil er mit der Indian Inquisition Symphony seitens der Behörden nicht klarkam. Er haut ab, um Buße zu tun.

    Nur was? Vielleicht ein Schiff übern Berg ziehen? Das Floß nehmen, um Eldorado zu suchen?

    Da muß ich noch überlegen...

    Dein Konzept blldet interessante Alternative zu RT in RT.... Frage: muss es unbedingt in Südamerika verortet werden ? Vielleicht gibt es auch im Europäischen Areal dafür Möglichkeiten: Statt Indio-Girl irgend eine heidnische Zigeunerin oder so ...
    Interessant dein Hinweis auf religiöse Implikationen im TH.. als TH sich von Venus Stalkerei total genervt wähnt, ruft er nach Maria:
    Venus
    Nie wird Vergebung dir zuteil, -
    Kehr wieder, schließt sich dir das Heil!

    Tannhäuser
    Mein Heil! mein Heil ruht in Maria!

    Furchtbarer Schlag. Venus ist verschwunden.

    Mir drängt sich dabei auf, dass "Maria" ebenso als THs weiblicher quasi Idealtypus fungieren könnte. Würde auch mit erklären, dass er mit dauerhaften quasi "realtypischen" Zweierkisten nix am Hut hat (nebenbei: vorstellbar, dass Marienkult sich vom Venuskult ableitet, dazu müssten Religionswisseschaftler mal gefragt werden)

    Und Inzwischen hat glücklicherweise dieser Thread mehr Action bekommen :thumbup: Juhu !!!!

    Sehr interessant das alles!

    danke fürs Feedback !

    Zweitens: Warum muß ich als Steuerzahler diese "künstlerischen Selbstverwirklichungen" bezahlen? Ich hätte ja gar nix dagegen, wenn diese "Künstler" das aus eigener Tasche zahlen oder private Sponsoren auftreiben, aber warum soll ich diesen Sch... bezahlen um den ich nicht gebeten habe und den ich auch nicht sehen will?

    Steuern sind im Gegensatz zu Gebühren (z.B. für Reisepaß, Baugenehmigung) Zwangsabgaben an den Staat ohne direkte Gegenleistung. D.H. ich finanziere mit Steuer-Moppen z.B. jede Menge Mucke die mich überhaupt nicht interessiert z.B. Alpensinfonie, Heldenleben, Britten, Orff, Poulenc-Mucke, Messiaens Franziskus-Oper(die mir absolut ätzend rüberkommt) .. So what ? ich würde mir sehr viel lieber mehr fetzige Schönberg-, Nono-, Cagerei-Mucke, endlich mal Geilheiten wie z.B. Nunes Das Märchen, Klebes Jakobowski, Dallapiccolas Ulisse, Dessaus Leonce, Kreneks Sardakai, Wuorinens Brokeback Mountain, Lachenmanns Schwefelhölzer und nicht bloß überweigend übliches Wiederkäuer-Repertoire richtig live einschmeißen.. aber leider oft tote Hose ...

    1. Was ist denn eigentlich »Regietheater«, inwiefern ist dieser Begriff sinnvoll und sinnvoll gebildet, und wie heißt denn der Gegensatz dazu, von dem er sich absetzt?

    ich weiß auch nicht, was eigentlich RT ist, weil bisher kein Muckendrama/ Oper ohne Regie mir eingeschmissen habe ...
    .. aber seit Lektüre zahlreicher höchst unterhaltsamer RT-Threads im großen Forum(en) mit lustigen Wortprügeln wie z.B. "Schrumpfform linker Ideologie" kommt viel Spaß mit dem Begriff RT rüber. Keine TV-Seifenoper bietet vergleichbaren Gaudi. :thumbup: Vor allem wenn User sich dabei auf speedigen Fetzigkeits-Level zoffen.. :thumbup:

    Wer sagt denn, dass die Theatermacher keine eigenen Werke schaffen?

    am besten das mal auch im großen Forum(en) nach-checken. Da kannste in diversen RT-Threads öfters lesen, dass Regiesseure - im Gegensatz zu z.B. Geigen- Tasten- oder Notenquälern - gar keine Künstler, sondern bloß "Handwerker" sind.. :thumbup:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann


  • Warum schreiben die RT-Macher nicht eine eigene Oper, die sie dann nach Herzenslust verhunzen können? Eigene Musik, eigener Text! Warum muß das Werk eines lange verstorbenen Künstlers, der sich nicht mehr wehren kann, derart mißbraucht werden. Reichen die künstlerischen Fähigkeiten nicht für eine eigene Schöpfung, so das man Werke der Vergangenheit fleddern muß?

    Zunächst mal: Ich finde es schade, wenn mit einem solch abwertenden Vokabular argumentiert wird. Kann man einem Regisseur nicht zumindest erst einmal unterstellen, dass er er sich Gedanken macht und ein Werk nicht »verhunzen« oder »missbrauchen« will, sondern durchaus lautere Absichten haben könnte?

    Ein Theaterstück mit dem niedergeschriebenen Text, eine Oper mit Partitur und Libretto, eine Sinfonie mit den Noten liegt nicht unveränderlich und fertig vor, sondern wird erst durch die Aufführung zum Leben erweckt. Libretto oder Partitur lassen stets Spielraum. Ist es nun eine Missachtung des Willens des Komponisten, wenn man Brahms mit modernen Instrumenten spielt (Brahms wollte, dass seine Werke wegen des anderen Klangs mit Darmsaiten aufgeführt werden)? Oder allgemeiner: »Darf ich ein Stück oder Musik in einer anderen Ästhetik voretragen, als sie der Komponist eigentlich vertreten hat? […] Aber wir haben das Problem letztlich auch, wenn jemand Beethoven oder Mozart "romantisch" interpretiert oder einen Romantiker wie Chopin neusachlich.« (So Dr. Holger Kaletha in einem anderen Forum:
    http://www.tamino-klassikforum.de/index.php?page…d&postID=585702, Beitrag Nr. 584.)

    Dass ein lange verstorbener Künstler sich nicht mehr wehren kann, halte ich im Übrigen nicht für ein besonders überzeugendes Argument angesichts der Tatsache, dass es für diese Komponisten selbstverständlich war, ihre Werke je nach Aufführungsbedingungen umzuschreiben. Johannes Roehl hat dazu in einem anderen Forum ausführljch dazu geschrieben (http://tamino-klassikforum.de/index.php?page…d&postID=492357, Beitrag Nr. 72). Und er kommt zum Fazit: »Die Überlegung soll nur zeigen, dass es beim Theater, egal ob traditionell oder provokant, nicht um die Umsetzung einer Vorlage gehen kann, sondern um das Entstehen eines neuen Kunstwerks.«

    Das ist mein größter Einwand gegen Musik, dass Österreicher darin exzelliert haben.
    (Arno Schmidt: Das steinerne Herz)

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