Und noch ein persönlicher Konzerteindruck:
ERWARTUNGEN ERFÜLLT
Die Wiener Philharmoniker mit Gustavo Dudamel und Lang Lang in der Münchner Philharmonie im Gasteig, 23.4.2016
Schwindelerregend hohe Preise, selbst die billigsten Plätze über 100 Euro, und trotzdem wird der Konzertsaal voll – die Namen ziehen halt. Einer der Pultstars von heute, der Starpianist schlechthin und das in München zuletzt immer sehr freundlich begrüßte Wiener Starorchester, dazu zwei „Abräumer“ des Konzertrepertoires – da gehen die Erwartungen in Richtung kompakter Klangluxus und pianistisch gekonnte Brillanz. Die Wiener Philharmoniker sind im 21. Jahrhundert angekommen, nun auch in München auf Tournee mit der Konzertmeisterin Albena Danailowa als "Anführerin" – im vorigen Jahrhundert war das lange Zeit undenkbar. Und alle erfüllen die Erwartungen. Lang Lang spielt Pjotr I. Tschaikowskys Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 b-Moll op. 23 (in dieser Besetzung nur in München!) souverän, das hat er drauf, das kann er auskosten, blitzsauber donnernd oder einschmeichelnd verträumt, er zieht alle Register und gibt dem Publikum den Zucker, den es für das teure Eintrittsgeld haben will. Das Orchester steht ihm klangsatt kompakt zur Seite, es lässt die Orchesterfarben zwischen Wiener Streicherschmelz und sanften Holzbläsern aufblühen. Die nach wie vor schreckliche Akustik im Gasteig, die zu wenig ausstrahlt, müssen alle hinnehmen, sie machen das Beste daraus. Dudamel steuert klug – dem Star am Klavier nicht die Show stehlen, aber sehr wohl Wert legen auf kompaktes Zusammenspiel. Jubelsturm nach dem Schlussakkord! Blumen für den Star auch aus dem Publikum. Die Zugabe gibt sich romantisch, erinnert mich an die „Love Story“. Tourneegerecht plastisch, man geht innerlich durch die Ausstellung mit, durchaus auch knallig (Hütte der Baba Yaga) und kräftig auftrumpfend (Das große Tor von Kiew) ziehen Modest Mussorgskijs/Maurice Ravels »Bilder einer Ausstellung« vorbei. Wenn das Orchester groß aufdreht, strahlt es sogar im Gasteig im „Surround Sound“ aus. Erneut großer Jubel, und Dudamel gönnt jeder Instrumentengruppe Spezialapplaus. Die Zugabe? Herabfallende Tonleiter, wieder rauf, rein in den Dreivierteltakt (aber sowas von wienerisch, keinerlei Sorge fürs Neujahrskonzert 2017), eine elegische Melodie – ah ja, Tschaikowsky noch mal, der berühmte Walzer aus „Schwanensee“. Wienerisch, russisch, Weltmusik. Erwartungen erfüllt.