PUCCINI: Tosca – Kommentierte Diskographie
Meine Lieben,
Da ich mit den rumänischen Operneinspielungen nun schon einmal begonnen habe, spüre ich eine gewisse Verpflichtung, das fortzusetzen (und Rideamus' sanfter Stoß in diese Richtung hilft. meine Trägheit zu überwinden).
Cantus Classics 1998 (der Cover zählt zu den gelungensten dieses Labels)
Während die erste Rumänen-Serie aus den 1960er Jahren stammt, entstand diese "Tosca" erst 1977. Das macht sich in einer doch leicht verbesserten Tonqualität bemerkbar, andererseits gibt es mit den Stimmen jetzt schon einige Probleme, die früher vermutlich so nicht toleriert worden wären.
Die Kritik gilt jedoch nicht für das Dirigat: Cornel Trailescu holt aus dem Bukarester Opernorchester sehr viel heraus, setzt auch zartere Nuancen und bietet eine vorzügliche Leistung, mit der er sich vor den berühmten Italienern nicht zu verstecken braucht. Auch Nicolae Herlea als Scarpia hält absolutes Spitzenniveau, wirkt einerseits perfekt abgefeimt, andererseits gestaltet er den stilvollen Edelmann, dessen verführerische Ausstrahlung durch alle Intrigen spürbar wird. Von seiner Kraft und seiner Stimmfärbung hat er gegen früher nicht das Geringste eingebüßt und behauptet souverän und stilsicher seine Position als einer der besten Baritone überhaupt.
Leider kann man das von Virginia Zeani nicht behaupten: Die Arme hat wirklich Pech: Ihre Voletta kam seinerzeit etwas zu spät, weil sie da nicht mehr ganz jugendlich klang, und diese Tosca hätte sie überhaupt nicht mehr singen sollen. Die Abnützung dieser vordem wundervollen Stimme ist bedauerlicherweise nicht zu überhören. Zeani verfällt mitunter ins Schrille und versucht, sich durch übertriebenes Schluchzen über einige Schwierigkeiten zu retten, was nicht gelingen kann. Zwar verfügt sie über genügend Routine, aber es funktioniert halt nicht mehr durchgehend.
Corneliu Fanateanu als Cavaradossi schafft auch kein einheitliches Niveau. An sich eine schöne und kräftige, dabei reife Stimme mit leicht heldischer Färbung, die auch in der Mittellage gut anspricht - insofern sind das sehr gute Voraussetzungen, und wenn es nicht zu sehr in die Höhe geht, gefällt er mir auch sehr. Es scheint aber, als ob er mehr mit "Natur" singt und weniger mit Technik, denn sehr schmiegsam ist das Organ nicht, und bei den "Vittoria"-Rufen geht es denn auch nicht gut. Das Duett im letzten Akt verhauen sowohl Tenor wie Sopran. Das ist schade. Ich weiß natürlich nicht, ob das für die zwei damals einfach nicht zu schaffen war, aber für mein Gefühl hätte man es ein paar Mal öfter probieren müssen (aber vermutlich war von den Kosten her nicht möglich).
Nachtrag: Nach einer Information Haralds im zurückgelassenen Bereich war Fanateanu gar nicht vorgesehen, sondern sprang an Stelle eines aus dem Westen nicht mehr heimgekehrten Tenors ein. Unter diesen Umständen ist etwas Nervosität sicher verzeihlich.
Die Bässe - Gheorghe Crasnaru als Angelotti und Constantin Gabor als Sagrestano - erweisen sich nach wie vor als Stärke der Osteuropäer, Nicolae Andreescu als Spoletta dagegen ist eher untermittelmäßig, ebenso Emilia Oprea als Hirt.
Eine sehr durchwachsene Aufnahme also, Trailescu und Herlea vermitteln Sternstundengefühle, aber dazwischen rutscht man vom Opernhimmel doch in ungewohnt dissonanteTon-Regionen.
Liebe Grüße
Waldi