Tosca kann es eigentlich genau wie Norma nur Eine geben- sie wurde ja bereits hinreichend gelobt und die Szene mit Tito Gobbi ist unübertrefflich.
Mitnichten nur eine. Es überrascht mich, mit welcher Selbstverständlichkeit die Interpretationen der Maria Callas immer und immer wieder als Non plus ultra dargestellt werden. Ich finde die meisten ihrer Aufnahmen, was die darstellerische Kraft angeht, langweilig eintönig. Letztlich konnte Callas nur eine einzige Emotion in ihrem Gesang darstellen - das Leiden. Praktisch jede Figur, die sie unter die Stimmbänder bekam, verwandelte sie in eine starre Statue des ewigen weiblichen Elends, eine Feier des Schmerzenspathos und des unausweichlichen, immerwährenden Unglücks. Auch ihre Tosca klingt, als wisse sie schon im Ersten Akt genau, welch schweres Schicksal ihrer harrt. Dabei ist die Tosca des Ersten Aktes ja alles mögliche: in erotischer Vorfreude glühende Geliebte ("Non la sospiri..."), eifersüchtige Zicke, kapriziöse Diva - bloß zum Tragischen hat sie hier noch keinerlei Anlass. Tragödie funktioniert eben erst aus einer gewissen Fallhöhe, dafür gibt es schließlich erste Akte.
Hinzu kommt, dass der Callas mit Tito Gobbi hier (ich rede von der 1953er Studioaufnahme, die ja als die bessere gilt) ein Scarpia zur Seite gestellt wurde, der sich quasi mit zusammengebissenen Zähnen durch die Szenen knurrt und so die vokale Physiognomie eines Kleinkinderfernsehen-Bösewichtes vermittelt. Ich hatte jedenfalls beim Hören Disneys Kater Karlo vor Augen.
Übrigens sind es oft gerade die glühenden Callas-Fans, die Verdis oder Puccinis "Frauenbild" anprangern und behaupten, in deren Opern käme die Frau immer nur als Opfer des Mannes vor. Stimmt natürlich nicht. Die Callas singt es bloß immer so.
Grüße,
Micha