PUCCINI: Tosca – Kommentierte Diskographie

  • Liebe Kristin,

    Nur zu verständlich. Ich verbreche auch doppelt so viele Tippfehler wie sonst. Aber Capriccio belebt meinen Kreislauf und lenkt mich von meiner inzwischen hinzugekommenen vereiterten Gurgel ab.

    Die Bari-"Tosca" profitiert sicher auch davon, daß Castiglione nicht nur inszenierte, sondern auch Bühnenbild und Kostüme gestaltete. Und daß er offenbar einen Ensemblegeist kreierte.

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    Homo sum, ergo inscius.

  • Lieber Waldi,

    mit diesem Tosca-Tipp wurde schlagartig auch mein Kreislauf angeregt.

    Hast Du noch Deine Mandeln? Unsere Jahrgänge haben die doch früher alle rausgeschnitten bekommen. Armer! :troest:


    Liebe Grüße und gute Besserung

    Kristin :wink:

    Vom Ernst des Lebens halb verschont ist der schon der in München wohnt (Eugen Roth)

  • Danke, liebe Kristin, mit den Mandeln habe ich einiges erlebt. Die erste Operation - ich war gerade frisch verheiratet - verlief ja noch normal, aber der Hals machte weiter Manderln. Bei der zweiten Tonsillektomie war so viel vereitert, daß der Arzt schnitt und schnitt und plötzlich merkte, daß nichts mehr da war, was er zusammennähen konnte. Dabei blutete ich angeblich wie ein angestochenes Schwein (glücklicherweise hatte man mir eine Vollnarkose verpaßt) und muß ausgeschaut haben wie Cavaradossi nach der Folterung (Bari-Version!). Irgendwie hat er es dann im letzten Augenblick geschafft, den Strom zu stillen, als ich schon im Entflattern war. Übrigens hat mein Hals bald wieder die gleichen Symptome entwickelt. In den letzten zwanzig Jahren hatte ich aber kaum mehr Probleme.

    LG
    Waldi

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    Homo sum, ergo inscius.

  • Hallo zusammen,

    den Text, den ich schon bei Lawrence Tibbett schrieb, setze ich jetzt vorsichtshalber auch hier noch mal rein, weil es irgendwie nicht untergehen sollte:

    "Heute ist anscheinend ein Tag der Puccini-Tipps. Ich suchte gerade bei Amazon nach der Oper "Il Tabarro" mit Lawrence Tibbett (angeregt durch Areios, danke) und fand folgendes zum superbilligen Download:

    TOSCA mit Lawrence Tibbett, Jan Peerce und Grace Moore (das Cover läßt sich leider nicht übertragen)

    Es ist eine Aufnahme von 1946 und sehr zu empfehlen, ich finde, vor allem wegen Lawrence Tibbett. Wenn auch die Stimme damals schon ziemlich beschädigt war, ist es doch ein unvergleichliches Ton-Dokument. Man hört, trotz brüchiger Stimme und irgendwie mehr sprechen als singen einen grandiosen Scarpia. Und das für das Geld.

    Ich habe die CD's vor Monaten erheblich teurer aus USA erstanden."


    Liebe Grüße

    Kristin

    Vom Ernst des Lebens halb verschont ist der schon der in München wohnt (Eugen Roth)

  • Liebe Kristin,

    habe diese Tosca leider nicht bei Amazon gefunden. Schaffst Du es evtl., sie hier reinzusetzen? Sie hätte ich gerne zum Vergleich.

    Lieber Waldi,
    wünsche Dir schnelle und gute Besserung, denn bei dieser Hitze noch krank zu sein, ist doppelt schlimm. Eis könnte vielleicht lindernd wirken. Habe mir gestern Abend (nach Carmélites) noch ein traumhaft gutes Orangenschokoladeeis auf dem, immer noch bacherlwarmen Marienplatz geleistet und das hat die Lebensgeister wieder aufgerichtet.

    :wink: Ingrid

  • Lieber Waldi,

    das ist ja eine Horror-Story, die irgendwie zur Tosca passt. Meine Mandeln haben sie mir im zarten Alter von sieben Jahren entfernt, ich kann mich noch gut erinnern, es war nur eine örtliche Betäubung. Ich möchte nicht weiter auf das Trauma eingehen, jedenfalls habe ich damals jede Menge Speiseeis zu Essen bekommen. Und nachgewachsen sind die Dinger nicht.

    Daß die nachwachsen habe ich auch noch nie gehört, zumindest nicht bei den Rachenmandeln.


    Einen schönen Tag ohne Halsschmerzen oder zumindest gute schmerzstillende Medizin

    wünscht Dir

    die Kristin :wink: :wink:

    Vom Ernst des Lebens halb verschont ist der schon der in München wohnt (Eugen Roth)

  • Liebe Kristin,
    danke für den guten Tipp. Habe ich zwar noch nie gemacht, aber schon lange vor, denn da kommt man ja oft an tolle Schnäppchen.
    :wink: Ingrid

  • Danke für Eure guten Wünsche. Die Dinge wachsen schon irgendwie nach, sonst wäre ich jetzt innen drinnen wohl Knochenmann. Aber damit Schluß mit Krankheiten und zurück zu den römischen Mordtaten. :D

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    Homo sum, ergo inscius.

  • Mag der Don auch toben, an erster Stelle steht bei mir auch die Studioaufnahme aus dem Jahre 53 mit Maria Callas. :) Einen Mitschnitt aus New York habe ich mit dem ganz wunderbaren Carlo Bergonzi, der bei uns unterschätzten (glaube ich jedenfalls) Eleanor Steber und George London als Scarpia. Kurt Adler dirigiert solide.


    Aufregender und glutvoller dirigiert Dimitri Mitropoulos eine Aufnahme mit Tebaldi, Tucker und Warren, die hier schon mehrfach erwähnt wurde. Allerdings wird auf meiner Aufnahme behauptet, daß es sich um einen Mitschnitt aus Rom mit dem Orchester della Rai di Roma vom 7. 1. 1956 handele. Das kann wohl nur ein Irrtum sein.

    Schöne Grüße von calisto

  • Lieber Waldi,

    Dein Tosca-Tipp mit Cura und Bruson ist vorhin bei mir angekommen. Innerhalb von 48 Stunden da, toll.

    Was ich bis jetzt kurz sehen konnte ist es eine "Tosca" ganz nach meinem Geschmack, Cura sang nicht schlecht und agierte gut, die Tosca gefällt mir auch und die angenehmste Überraschung ist Renato Bruson als Scarpia.

    In aller Kürze nochmals vielen Dank für den Super-Tipp.


    Liebe Grüße

    von Kristin :wink: :wink:

    Vom Ernst des Lebens halb verschont ist der schon der in München wohnt (Eugen Roth)

  • Danke für Eure guten Wünsche. Die Dinge wachsen schon irgendwie nach, sonst wäre ich jetzt innen drinnen wohl Knochenmann. Aber damit Schluß mit Krankheiten und zurück zu den römischen Mordtaten. :D

    Lieber Waldi!

    Auch von mir alles Gute - hoffentlich wirt Du bald wieder gesunden, hat man die Mandeln ist es schlecht, hat man sie rausgeschnitten bekommen, wie bei mir, sind sie nachgewachsen und es waren einige Operationen nötig, also baldige Besserung!

    Da sind ja noch am besten Krachmandel - Zuckerln.

    Ich bin eben beim Vorhangwaschen und da dachte ich mir, ich werde in der Wallmann Inszenierung anfragen ob ich nicht im 2. Akt die Tapeten reinigen könnte, wenn ich schon beim Großreinemachen bin.

    Die Schleppe der Tosca tut da einem gut zur Hand gehen, man braucht nicht den Boden mehr aufzuwischen. Scherz beiseite.

    Aber ich werde mir ein Eis besorgen gehen, falls ich dazukomme.

    Nach dem Motto "Ein kaltes Eis zur Tosca - Nachtzeit erspart dem Scarpia Unannehmlichkeit", denn sie könnte ihn ja mit dem Stanitzel aufspießen und ermordern. :klatsch: :klatsch: Oder im mit Erdbeereis das Rot ins Gewand machen. ^^ ^^

    Man sieht ich kann auch trotz Ärger mit Telekabel noch blödeln. :o: :pfeif: :pfeif:

    Liebe Grüße sendet Dir, der zur Zeit, Internetfreie, Peter. :wink:

  • Meine Lieben!

    Da mein Internet, komischerweise, noch funktiniert, ein Tosca, 1951 aus Wien, in italienischer Sprache, die ich hervorragend finde.

    Floria Tosca - Simona Dall'Arsine, ganz Primadonna und liebende Frau, ene wundervolle Stimme.

    Mario Cavaradossi - Nini Scattolini, ein Tenor, einmal zur Abwechslung, ist ja heute eher selten, mit strahlenden Spitzentönen,

    Scarpia - Scipio Colombo, ein eleganter Verführer von Frauen die er haben will, mit einer schönen Baßbaritonstimme.

    Mesner - Karl Dönch, durch Jahre hindurch, bis weit in die 1960er Jahre der Mesner [mit Erich Kunz auf diese Partie abbonniert]

    Spoleta - Waldemar Kmentt, der junge strahlende Tenor mit Zukunft.

    Angelotti - Alfred Poell, der einzige "Nicht - Italiener" hier, dem es schwer fällt in die italienische Diktion reinzukommen, aber die Partie ist ja net lang.

    Beschließer - Walter Berry, also die ganze hoffnungsvolle Sängerjugend war da vertreten.

    Der Wiener Akademie Kammerchor und das Orchester der Wiener Staatsoper unter dem Dirigenten - Argeo Quadri.

    Aufgenommen 1951 in Wien.

  • Ich gebe es zu, Puccini-Kenner bin ich nicht. Aber: die ein oder andere Aufnahme habe ich schon gehört, die ein oder andere Aufführung besucht. Darum lasse ich jetzt einmal alle Hemmungen fallen und stelle meine liebste "Tosca" vor, indem ich mich einfach einmal selbst mit einer Amazon-Rezension zitiere, die ich vor einigen Jahren einmal geschrieben (und hier nur minimal verändert) habe (lustig, mit dem Cover der Neuausgabe wurde dort das Datum der Rezension verändert). Ich muss dazu im Vorfeld sagen, dass ich kein großer Freund der Callas bin (shocking), zumindest nicht ihrer Stimme. Voilà, mein Favorit ist:

    Wenn es eine Partie der Opernliteratur gibt, die wahrhaft auf eine Primadonna zugeschnitten ist, dann ist es wohl die Tosca in Giacomo Puccinis gleichnamigen "Opern-Krimi". In einem zweiten Schritt wird diese Opernfigur immer wieder mit einer der größten Sängerinnen unserer Zeit - mit Maria Callas - in Verbindung gebracht. Warum dies so ist - man möge es mir verzeihen - ist mir bis heute ein Rätsel. Sicher muss die Callas auf der Bühne eine wunderbare Tosca gegeben haben - ihre kaum fassbare Bühnenpräsenz ist ja bis heute ein Topos -, gesanglich entspricht sie aber kaum jener Partie.
    Denn die gesamte Oper durchzieht - parallel zur Handlung - eine musikalische Zweiteilung. Da finden wir auf der einen Seite die rohe, ja bisweilen gewalttätige musikalische Charakterisierung des Militaristen Scarpia, auf der anderen indes den musikalischen Ästhetizismus des Malers Cavaradossi und Toscas. Während die Callas nun eine recht harte Tosca gibt, so akzentuiert die 1976 entstandene Philips-Einspielung die ästhetische Seite der Protagonistin. Und wen hätte Sir Colin Davis da besseres für in die Hauptrolle engagieren können, als Montserrat Caballé? Sicher, man mag sich die Sopranistin kaum in dieser Rolle auf der Bühne vorstellen. Auf CD geb(r)annt gibt sie jedoch eine herrliche Tosca. Durch und durch Diva, zickig, leidenschaftlich, sensualistisch, aber auch warm und weich und im rechten Moment voller Härte ("Muori, dannato! muori!! muori!!!" / "E avanti a lui tremava tutta Roma!"). Eine großartige sängerische und menschliche Leistung. Idealer Partner ist der junge José Carreras als Mario Cavaradossi. Carreras legt ihn als echten Künstler an, etwas verträumt, etwas weltfremd, idealistisch - ein echtes Opfer. Und so geht sein Tod am Ende der Oper, wenn er wie ein unschuldiges Lamm zur Schlachtbank geführt wird und voller Verzweiflung seine letzte Paradearie singt, wirklich nahe. Ein echter Kontrapunkt ist Ingvar Wixells Scarpia. Selten habe ich eine "widerlichere" Darstellung gehört, einen Mann so in seinen Machtgelüsten und seiner Brutalität gefangen, als hier. Da Colin Davis hier ein glänzendes Sängertrio beieinander hatte, war es wenig schwer, dem Ganzen den letzten Schliff zu verleihen. Zur Seite stand ihm hier das hervorragend disponierte Orchestra of the Royal Opera House Covent Garden, das samt dem Chor des Hauses exquisite Arbeit leistet, sei es in der herrlich gefühlvollen Gestaltung der Arien, sei es im bombastischen Te Deum. Ein hervorragender Wurf.

    *****
    Vielleicht würde ich heute das ein oder andere anders formulieren, der Tenor bliebe jedoch identisch. :D

    :wink: Agravain

  • Lieber Agravain!

    Im Jahr 1976 sang Montserrat Caballé unter Horst Stein in Wien die Tosca an der WStO, mit Carlo Bergonzi und Giampiero Mastromei und es war einzig gut.

    Montserrat Caballé war damals zwar auch nicht die Schlankste, aber ihr Spiel, ihr Gesang und ihre Bühnenpräsenz waren fulminant.

    Ich habe übrigens, auf DVD, eine Aufführung der Tosca aus Japan [Cover gibt es keines], wo sie mit dem wirklich, stimmlich schon gar nicht mehr auf der Höhe, Giuseppe di Sefano in Tokio 1975 ein Tosca sang und wie sie sich, kameradschaftlich, zurücknahm, war enorm vorbildlich.

    Auch könnten so manche Cavaradossis, heute, an Giuseppe di Stefano [1975] enorm viel lernen, er hat seinen "Ausflug in Land des Lächelns" bei mir total wetttgemacht.

    Liebe Grüße sendet, der sich über Telekabel wundernde, Peter aus Wien [wer weiß wie lange es funktioniert????] :wink: :wink:

  • Zwiespältig bleibt der Eindruck bei dieser Tosca:

    Es singen Daniela Dessi, Fabio Armiliato und Ruggero Raimondi; die Aufführung fand im Teatro Real zu Madrid statt.

    Dekoration und Konzeption gemahnen etwas an Goya und seine düsteren Zeichnungen; alles ist düster, sogar die Kleider der Tosca (oder streikte gerade der Kostümbildner? - alles ist nichts weniger als prächtig, paßt überhaupt nicht zum Stil im Palazzo Farnese).

    Das Orchester unter Maurizio Benini spielt tadellos und differenziert (soweit man Tosca differenziert spielen kann, es ist ja doch recht eigentlich ein Reißer ;+) )

    Am stimmigsten und beeindruckendsten ist natürlich wieder einmal Ruggero Raimondi. Es mag auch andere Scarpias geben, aber seine enorme Vielseitigkeit bei der Gestaltung gerade dieser Rolle dürfte unübertroffen sein. Der Regie gefiel es dieses Mal (o ungeheuer kritisches Konzept!) , Scarpia und seine Hilfstruppe als Geistliche auftreten zu lassen, wobei auch hier kostümlich nichts halbes und nichts ganzes geleistet wurde. Raimondi singt einen zwar immer noch abgrundtief bösen Scarpia (was auch sonst? Selbst meine Entschuldigungsversuche in einem anderen Forum sind mehr als Appell an die Milde des Gerichts nach bewiesener Schuld zu verstehen), aber er ist nicht ganz so dämonisch wie z.B. in der Verfilmung mit Georghiu / Alagna. Zwei kleine Details dieser Inszenierung gestaltet er schauspielerisch souverän: wenn er Tosca im ersten Akt mit seinen sotto voce geraunten halben Bemerkungen halb wahnsinnig vor Mißtrauen und Kummer gemacht hat, will sie sich instinktiv an seine Brust flüchten, und er scheint sie für den Bruchteil einer Sekunde auch in seine Arme nehmen zu wollen, aber ach: beide erschrecken. lassen voneinander ab, und die Geschichte nimmt ihren dramatischen Lauf. Und im zweiten Akt reißt sich Scarpia, bevor er sich auf Tosca wirft, mit einer entschlossenen Bewegung die angedeutete Priesterkrawatte vom Hals: so, als wolle er sein sündhaftes Tun nun völlig unbehindert von Stand und Verpflichtung ausleben . Mit dem 2. Akt ist dann auch nicht nur Scarpias Leben am Ende, sondern auch das dieser Inszenierung.

    Wahrscheinlich bin ich ungerecht. Aber ich sage es doch einmal: ich kann weder Daniela Dessis Tosca noch dem Cavaradossi ihres Ehemanns Fabio Armiliato viel abgewinnen. Dessi hat diesen leicht scheppernden Sopran, der sich gerne dramatisch gibt, weil das Publikum dann mehr stimmliche Sünden zu vergeben bereit ist als anderen Orts. Es gibt ein paar schöne Momente (wenige. Vissi d'arte ist wenigstens halbwegs anständig gesungen), aber überwiegend dröhnt es, selbst da, wo beinahe jede Tosca es schafft, ein bißchen Liebreiz zu verströmen, nämlich bei "Non la sospiri la nostra casetta" im 1. Akt, wenn sie Cavaradossi den kommenden Abend mit ihr in glühenden Farben schildert - das ist hier so wie alles andere im Einheitsforte gesungen. Schauspielerisch ist die Leistung überwiegend in Ordnung.

    Ein merkwürdiger Fall ist Fabio Ármiliato: er singt alles richtig, er hat hohe Töne, die nicht ertrotzt wirken, sondern wirklich gesungen, er versucht sogar eine differenzierte stimmliche und schauspielerische Leistung abzuliefern: aber irgendwo auf der Reise ist ihm das Temperament abhanden gekommen. Sein Cavaradossi wirkt über weite Strecken innerlich und äußerlich seltsam unbeteiligt. Selbst "Vittoria!" im 2. Akt, wo er sich definitiv mit revolutionärem Furor um Kopf und Kragen reden bzw. singen muß, wirkt blaß. Noch einmal: es gibt viel schlechtere Cavaradossis, aber einen Maßstab setzt Armiliato sicherlich nicht.

    Das Publikum in Madrid jubelte trotzdem. Vielleicht teilt sich bei einem Live-Auftritt da noch etwas mit, was die DVD nicht wiedergeben kann.

    Bei den Nebenrollen sei ein vortrefflich singender Sagrestano erwähnt (Miguel Sola). Notiz für Oper337: Der Hirte wird von einem volltönenenden Sopran gesungen (Eliana Bayón) und ist daher uninteressant.

    Grüße von

    Honoria

    die weiter auf der Suche nach der idealen Tosca ist.

    "...and suddenly everybody burst out singing." (Busman's Honeymoon)

  • Und im zweiten Akt reißt sich Scarpia, bevor er sich auf Tosca wirft, mit einer entschlossenen Bewegung die angedeutete Priesterkrawatte vom Hals: so, als wolle er sein sündhaftes Tun nun völlig unbehindert von Stand und Verpflichtung ausleben

    Liebe Honoria,

    diese DVD ist eine meiner liebsten von der "Tosca". Natürlich ist Raimondi der Beste der Sängerriege. Genau diese Szene im 2. Akt ist mir auch besonders aufgefallen. Es ist, als wolle er vor allem seinen geistlichen Stand abwerfen. Eigentlich hätte er danach gar nicht mehr weitersingen müssen, alles war klar (grins).


    Ein merkwürdiger Fall ist Fabio Ármiliato: er singt alles richtig, er hat hohe Töne, die nicht ertrotzt wirken, sondern wirklich gesungen, er versucht sogar eine differenzierte stimmliche und schauspielerische Leistung abzuliefern: aber irgendwo auf der Reise ist ihm das Temperament abhanden gekommen. Sein Cavaradossi wirkt über weite Strecken innerlich und äußerlich seltsam unbeteiligt. Selbst "Vittoria!" im 2. Akt, wo er sich definitiv mit revolutionärem Furor um Kopf und Kragen reden bzw. singen muß, wirkt blaß. Noch einmal: es gibt viel schlechtere Cavaradossis, aber einen Maßstab setzt Armiliato sicherlich nicht.

    Fabio Armiliato ist momentan einer meiner liebsten Tenöre im italienischen dramatischen Fach, jedenfalls was seine Stimme angeht. Mir gefällt sein weiches, warmes Timbre und seine mühelose Höhe sehr. Allerdings halte ich ihn nicht für den besten Schauspieler und auch ein bisserl temperamentslos. Aber alles kann man wahrscheinlich nicht haben, leider. Trotzdem würde ich ihn wegen seiner schönen und passenden Stimme für Jonas Kaufmann eintauschen, trotz dessen großen Schauspieltalents.

    So sind halt die Geschmäcker verschieden.


    Liebe Grüße

    Kristin :wink: :wink:

    Vom Ernst des Lebens halb verschont ist der schon der in München wohnt (Eugen Roth)

  • Liebe Kristin!

    Auch ich schätze diese Tosca besonders, Daniela Dessi und Fabio Amaliato sind gute Interpreten der beiden Partien und es ist doch schön endlich auch einen Cavaradossi zu hören und zu sehen, der ein Tenor ist, was an der Wiener Staatsoper im letzten Jahr kaum gelang [wenn ich von Herrn Kim absehe]. Ansonsten war José Cura und Neil Shicoff eine herbe Enttäuschung, über Frau Papain mag ich gar nicht reden, bzw. schreiben.

    Dass Ruggero Raimondi noch heute der weltbeste Scarpia ist hat sich auch in Wien bewiesen - leider sang er nur zweimal in der Frühjahrssaison diese Partie - bei ihm ist jeder Scarpia ein anderer, einmal ein Verführer und Despot mit Charisma, was auch in dieser DVD sich beweist.

    Liebe Grüße sendet Dir Peter aus Wien. :wink: :wink:

  • Mir geht es hier um ein kleines Detail von Puccinis Komposition. Im zweiten Akt zwingt Scarpia Tosca, sich ihm hinzugeben, wenn sie ihren Geliebten retten will. Darauf folgt Toscas berühmte Arie "Vissi d´arte". Die Arie ist eine an Gott gerichtete Klage, in der Toscas bisheriger empfindsamer und moralisch unbefleckter Lebenswandel ihrem großen Leid gegenüber gestellt werden. Ist dieser Preis für den geliebten Cavaradossi (Sex mit dem Peiniger) nicht zu hoch für eine untadelige Frau?

    Zur Arie selbst: Sie ist kompositorisch relativ einfach gehalten und beginnt mit einer kleinen Einleitung in es-Moll. Parallele abwärts geführte Sextakkorde erzeugen eine ruhige Atmosphäre, die nur durch ein crescendo und einen großen Sprung bei der Erinnerung Toscas an ihre Mildtätigkeit eine Emphase bekommt. Für die eigentliche Arie wechselt die Tonart in die Durvariante Es-Dur. Sie besteht aus zwei sehr ähnlichen Phrasen, bei denen die zweite durch Variieren der Melodie gesteigert wird. Der Schluss ist stärker abgewandelt, weil Toscas Gesang hier in Schluchzen übergeht. Die Harmonik beruht auf kadenzgebundenen, einfachen Akkorden, die der Arie eine Einheit geben. Interessant war für mich Puccinis Satzstruktur, mit der er den typischen Schmelz seiner Musik erzeugt: Nachdem Toscas Gesang durch Intensitätssteigerungen ihr tugendvolles Leben betont, führen Toscas Zweifel an der Gerechtigkeit Gottes den Spannungsbogen wieder zurück (sie scheint zu verzagen). Dazu erklingt eine zweite Melodie in Oktavparallelen (das ist wichtig, denn diese Parallelen eröffnen große Tonumfänge, die stets danach klingen, als wolle die Musik die ganze Welt umarmen). Auf dem Höhepunkt wird die Gesangspartie mit dieser zusätzlichen Melodie vereint und verstärkt. Ansonsten werden Taktschwerpunkte akzentuiert, Liegeklänge kommen nur sparsam zum Einsatz: damit die Akkordik nicht zu massiv wird, werden stattdessen lieber Akkordbrechungen eingesetzt.

    So weit, so Puccini. Nun zur Stelle auf die es mir ankommt: Die Arie endet, wie es sich gehört, auf der Tonika Es-Dur. Nach Toscas letzten Worten (etwa: "Warum, Herr, suchst du mich so schwer heim?") wird sie allerdings rüde von Scarpia unterbrochen ("Risolvi?" = deine Entscheidung?): im Angesicht von Toscas gebetsartiger Versenkung ein besonders brutales Vorgehen. Eingeleitet wird Scarpias Einwurf durch zwei Akkorde in tiefen Streichern, 1. und 2. Fagott sowie erstem Horn. Der Es-Dur-Schlussakkord wird hier durch einen Des-Dur-Dreiklang, dann durch einen Heses-Dur-Dreiklang (oder A-Dur-Dreiklang, Puccini verwendet die Vorzeichen nicht konsequent) abgelöst. Diese beiden Akkorde, die so gar nicht in die Tonart der Arie hineinpassen, transportieren Scarpias Brutalität in die Musik. Sie stehen allerdings im pianissimo. Dick aufzutragen hat Scarpia nicht nötig, er hat alle Trümpfe in der Hand. Genial, wie es weiter geht: nach diesen beiden Akkorden und Scarpias Einwurf wird der Es-Dur-Schlussakkord der Arie weitergeführt und klingt in angemessener Weise aus. Wie bei einem Filter wird der Es-Dur-Akkord getilgt um den beiden fremdartigen Akkorden Platz zu machen, dann wird der Filter wieder außer Kraft gesetzt und der Es-Dur-Akkord kann zuende klingen. Puccini gelingt es dadurch, Scarpias Erwiderung als kurze Bosheit darzustellen, die ein großes Gefühl unterbricht. Ich fand das einen hörenswerten, kompositorisch sehr feinfühlenden Moment.

    (Abschließend noch eine vages Gefühl: Solche Momente fallen schnell dem Pauschalurteil über einen Komponisten zum Opfer. Natürlich ist etwas dran, wenn man sagt, Puccini sei klangsprachlich süßlich und harmlos, seine musikalischen Mittel würden klischeehaft eingesetzt und seine gesamte musikalische Sprache sei eher rückwärts gewandt. Wenn man das aber zu sehr betont, macht sich vielleicht niemand mehr auf die Suche nach den Details. In letzter Zeit lese ich bei Capriccio viele allgemeine Urteile mit dem Anspruch auf objektiv feststellbare Richtigkeit. Das gefällt mir nicht. Wenn überhaupt finde ich so etwas erst im Sinne eines Fazits nach Detailanalysen statthaft.)

    Ach ja: Der Strang heißt "kommentierte Diskographie". Nagut. Meine Beobachtungen beruhen auf folgender Aufnahme:

    Tharon.

  • Lieber Tharon!

    Was Du über die Komposition des "Vissi d'arte" schreibst stimmt auffallend - nur war bei der "Urfassung" diese Arie gar nicht von Puccini vorgesehen.

    Sie wurde für die, etwas eitle, Sopranistin, damals - bei der Uraufführung, eingefügt,

    deshalb steht sie auch allein da, denn eine Arie im eigentlichen Sinn, passt, in der Linie der Komposition, gar nicht in den Verlauf des 2. Aktes, denn es singt ja eigentlich keiner eine Arie, weder Cavaradossi noch Scarpia. Man kann sich aber heute gar nicht vorstellen die Arie nicht zu hören, sie wurde zum "Schlager" der Oper.

    Liebe Grüße sendet Dir Peter aus Wien. :wink: :wink:

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