Beeinträchtigt das Schreiben eines Theaterstücks die Kreativität des Autors mehr als das eines Romans?

  • Beeinträchtigt das Schreiben eines Theaterstücks die Kreativität des Autors mehr als das eines Romans?

    Hallo!

    Es geht um folgendes: ich habe mich gefragt, ob das Schreiben eines Theaterstücks für einen Autor (damit sind natürlich auch Frauen gemeint) generell die Kreativität mehr einschränkt als das Schreiben eines Romans, eines Buches.


    Der Hintergrund ist der: ich denke mir, wenn ich ein Theaterstück schreibe (egal in welcher Zeitepoche), dann muss ich mehr darauf achten, ob es spielbar ist, ob das, was ich schreibe, den Schauspielern zuzumuten ist, usw.

    Umgekehrt kann der Autor eines Romans quasi "alles" schreiben, weil echte Menschen das nicht spielen müssen. Die Figuren können machen was sie wollen, der Autor kann quasi alles mögliche aufschreiben.

    Da frage ich mich doch, ob ein Theaterstück die Kreativität eines Autors nicht irgendwie beeinträchtigen, "stören" könnte.

  • Die von Dir erwähnten Einschränkungen könnten ja die Kreativität ja auch besonders stimulieren - vorausgesetzt, man will ein aufführbares Stück verfassen. Probleme regen schließlich die Gehirntätigkeit normalerweise mehr an als das, was hierzulande als "g'mahte Wiesn" bezeichnet wird...

    ______________________

    Homo sum, ergo inscius.

  • Einschränkendes (Formprobleme) hast du in allen Gattungen denke ich. Und Aufführbarkeitsprobleme dürften eher ein geringeres sein; sind infolge der Trennung Dramatiker (als Autor des Text) / Regisseur (als Autor der Aufführung) eh bisschen im Verantwortlichkeitsbereich des letzteren gelandet. Goethe, der da eigentlich sehr pingelig war, ist am Schluss jedenfalls auch nicht davor zurückgeschreckt im zweiten Faust einen Aufstieg in den Himmel, eine 'verdunstende' Helena, eine Klassische Walpurgisnacht usw. zu verlangen. Und von den erst einmal szenisch zu erschließenden Textblöcken Elfriede Jelineks oder dem Splatter-Realismus bei Sarah Kane (abgetrennte Geschlechtsteile usw.) will ich gar nicht erst reden. Ähnliches findet sich übrigens schon im Elisabethanischen (Titus Andromedus) und v. a. Post-Elisabethanischen Theater. Ich selbst durfte mich mal mit der eigentlich unspielbaren Szene herumschlagen, in der Giovanni am Schluss von "Schade dass sie eine Hure war" mit dem Herzen seiner Schwester auf einen Dolch gespießt vor die versammelte Hochzeitsgesellschaft tritt.. ;+)

    ________________________________________________________________________________________________________

    Musica est exercitium metaphysices occultum nescientis se philosophari animi

  • Auf die Frage bin ich ja gekommen, weil ich gestern von einem Theaterstück erfahren habe, das mich interessiert; zunächst dachte ich aber fälschlicherweise, dass es sich um ein Buch handelt, also um einen Roman.

    Und da habe ich festgestellt, dass ich das ein bisschen bedauere, dass es KEIN Roman ist, weil da sicher mehr Dinge möglich sind, als beim Theater. Ich weiß ja nicht, ob die Autorin vielleicht gedacht hat "DAS wäre eine tolle Szene, so wäre es ideal ... aber das kann man so nicht aufführen, das macht kein Schauspieler, deswegen schreibe ich das lieber um".


    Oder andere Dinge, die ein Problem sein könnten ... das ist jetzt kein tolles Beispiel, aber ein Romanautor kann ohne Weiteres schreiben, dass eine Figur 500 Liegestütze macht, weil es für die Geschichte und seine Kunst gerade total notwendig ist. Er schreibt es auf, der Leser liest es, stellt es sich vor, und fertig.

    Will er so eine Szene aber in einem Theaterstück haben, dann wird es schwierig, weil er eingeschränkt wird dadurch. Denke ich zumindest.

  • Nicht "ohne Weiteres". Er müsste dass ggf. schon beglaubigen, sofern sich der Roman 'realistisch' erzählt, z. B durch eine extreme Sportlichkeit der Figur. Und das heißt er muss die gesamte Figur so anlegen mit allen Konsequenzen. Das ist u. U. nicht weniger einfach bzw hat nicht weniger Auswirkungen, als einen Schauspieler zu finden der so sportlich ist das zu machen. Wiederum ist der bloße VERSUCH, 500 Liegestütze zu machen, auf dem Theater extrem event-verdächtig/spektakulär und eines Szenenapplauses gewiss, während ich mir bei nem Roman erstmal keine besondere Wirkung des Satzes "Er macht 500 Liegestütze" ausmale (im Vgl. etwa zu 50 Liegestützen).

    ________________________________________________________________________________________________________

    Musica est exercitium metaphysices occultum nescientis se philosophari animi

  • Gut, das mit den Liegestützen war jetzt nur so ein Beispiel auf die Schnelle. Vielleicht wäre eine Szene wie in "Der Unbeugsame" denkbar, wo die Figur wegen einer Wette 40 (glaube ich) Eier isst.

    In einem Roman kann man das darstellen, auch im Film, aber ich weiß nicht ob der Autor eines Theaterstücks sowas einfach verlangen kann - da wäre er eben eingeschränkt.


    Mir ist noch eine Zwischenfrage eingefallen: aus welchen Gründen entscheidet man sich eigentlich, ein Theaterstück oder einen Roman zu schreiben?


    Möchte man das Stück von realen Personen gespielt sehen? Glaubt er vielleicht nicht an die Vorstellungskraft der Leser, jetzt ganz überspitzt formuliert?

  • ich habe mich gefragt, ob das Schreiben eines Theaterstücks für einen Autor (damit sind natürlich auch Frauen gemeint) generell die Kreativität mehr einschränkt als das Schreiben eines Romans, eines Buches.


    Eigentlich nicht.

    wenn ich ein Theaterstück schreibe (egal in welcher Zeitepoche), dann muss ich mehr darauf achten, ob es spielbar ist, ob das, was ich schreibe, den Schauspielern zuzumuten ist, usw.


    Nein.

    Umgekehrt kann der Autor eines Romans quasi "alles" schreiben


    Auch nicht.

    Vielleicht hülfe dir ein Einblick ins Theater- und Verlagswesen.
    Diese generellen Fragen, wie du sie stellst, sind (so meine langjährige Erfahrung) völlig bedeutungslos.
    Ob das zu bedauern ist... ich weiß es nicht.
    :wink:

    Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere.

  • Na, da bin ich doch froh, dass du uns mit so präzise formulierten Erklärungen wie

    Zitat von Alberich

    Eigentlich nicht

    Zitat von Alberich

    Nein.

    Zitat von Alberich

    Auch nicht.

    eine kleine Kostprobe deiner jahrelangen Erfahrung gegeben hast. Es wäre doch sehr schade, auf solche Beiträge verzichten zu müssen! "Nimmer trüg ich den Verlust!", wie es Max im Freischütz sagen würde!

  • Der Hintergrund ist der: ich denke mir, wenn ich ein Theaterstück schreibe (egal in welcher Zeitepoche), dann muss ich mehr darauf achten, ob es spielbar ist, ob das, was ich schreibe, den Schauspielern zuzumuten ist, usw.


    Vielleicht sollte die Frage etwas anders formuliert werden :hide: . In der jetzigen Fassung lässt die Frage an das sogenannte "Lesedrama" denken (der deutschsprachige Eintrag in Wikipedia ist nur sehr kurz, der englische ein wenig ausführlicher). Bei dieser Form ist eigentlich alles erlaubt.
    Gruss. Minuetto
    :wink:

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!