MILLÖCKER: Der Bettelstudent – Kommentierte Diskographie

  • MILLÖCKER: Der Bettelstudent – Kommentierte Diskographie

    Meine Lieben,

    Maßstab ist auch in diesem Fall Robert Stolz, aber heute gilt es einer anderen Aufnahme älteren Datums, leider ganz ohne Dialoge:

    Anton Paulik, Chor und Orchester der Wiener Volksoper, 1955
    amadeo nostalgie 2002

    Palmatica Gräfin Nowalska.......................Rosette Anday
    Laura........................................................Wilma LIpp
    Bronislawa................................................Ester Réthy
    Oberst Ollendorf........................................Kurt Preger
    Symon Rymanowicz..................................Rudolf Christ
    Jan Janicki................................................Eberhard Wächter
    Enterich.....................................................Karl Dönch
    Onuphrie/Rittmeister v.Henrici...................August Jaresch

    Pauliks gelegentlicher Hang zum Knalligen tritt hier stärker hervor (und daß ihm das Schwebende, Leichte, das doch für die Wiener Operette so wesentlich ist, nicht so liegt, beweist er bedauerlicherweise auch in der Walzerserie, die als Bonus die Aufnahme ergänzt - Ziehrer, Komzak, Waldteufel, Rosas etc. bringt Paulik recht derb, woran auch die schlechte Form der Orchestermusiker teilweise schuld sein mag). Temperament und Schwung allein genügen nicht, wenn's dahinter ein bißchen hohl wird.
    .
    Bei den Herren hören sich die Sänger ein wenig trocken an. An Kurt Preger sind Wortdeutlichkeit und korrektes Singen zu loben, aber er wirkt zu ernst, Rudolf Christ singt brav, aber nicht mit dem gewohnten Schmelz, auch Eberhard Waechter verläßt sich mehr auf Operntöne. Karl Dönch konnte zumindest damals noch nicht richtig sächseln und deutet das nur so nebenbei an, damit verpufft seine Wirkung allerdings zu sehr, auch wenn er mit voller Stimme beeindruckt (dabei dürfte der Enterich ruhig ein bißchen krächzen). Rosette Anday gibt sich von solider Qualität, nicht mehr.

    Man soll diese ausgesprochen melodienreiche und raffinierte Musik nicht unterschätzen; für mich waltet hier etwas zu viel Routine und zu wenig Tiefe. Das Resultat bedeutet nicht mehr als Durchschnitt. Nur Lipp und Réthy, nicht zu vergessen den Chor, demonstrieren hier wirklich Operettenkunst.

    Liebe Grüße
    Waldi

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    Homo sum, ergo inscius.

  • Lieber Waldi!

    Obwohl Hilde Güden den "Bettelstudenten" erst spät eingesungen hat, hier ist Robert Stolz der Dirigent, ist sie als Laura, glaubhaft, jung.

    Rudolf Schock als Symon wirkt alt und Peter Minich hat auch schon bessere Operettentage gesehen - und gesungen.

    Es nützt nicht wenn man Fritz Ollendorff heißt, um den Ollendorf zu singen und zu bringen.

    Auch hier sind die Damen besser, Lotte Schädle als Bronislawa und die ur-komische Hilde Konetzni als Gräfin Palmatica.

    Kurt Pratsch-Kaufmann ist auch kein so besonders guter Enterich.

    Robert Stolz, der Alt- Meister der Operette, dirigiert die Berliner Symphoniker- und man kann sagen - alles stimmt.

    Jedoch hat diese Aufnahme, die ich noch als 2er LP habe, Prosa und das ist gut so, denn das Libretto zum "Bettelstudenten", ist wohl eines der besten Operettenlibretto.

    Liebe Grüße sendet Dir Peter. :wink: :wink:

  • Meine Lieben,

    mein Lieblings-Bettelstudent ist immer noch eine alte 45er-LP, d.h. ein Querschnitt aus den 50er Jahren mit Peter Anders und Rita Streich von Polydor. Das war so schwungvoll gespielt und gesungen, daß es eigentlich bis heute meine Lieblingsoperette geblieben ist.

    Dann kenne ich noch den nicht so besonders gelungenen Spielfilm, auch aus den 50ern,

    da glaube ich mich zu erinnern, daß zumindest Gerhard Riedmann selber gesungen hat, aber die Gesangsleistungen waren irgendwie bei allen nichts. In sehr negativer Erinnerung habe ich Gunther Philipp als albernen Jan.


    Liebe Grüße

    Kristin

    Vom Ernst des Lebens halb verschont ist der schon der in München wohnt (Eugen Roth)

  • Hallo zusammen,

    meine Lieblingseinspielung des Bettelstudenten ist diese.


    Jan - Gerhard Unger
    Symon - Nicolai Gedda
    Gräfin Nowalska - Gisela Litz
    Bronislawa - Renate Holm
    Laura - Rita Streich
    Oberst Ollendorf - Hermann Prey
    Enterich - Karl H. Bennert (Dialoge: Max Mairich)
    von Wangenheim - Horst Sachtleben
    von Schweinitz - Peter Brand

    Chor des Bayerischen Rundfunks unter Leitung von Josef Schmidhuber

    Symphonie-Orchester Graunke
    Dirigent: Franz Allers

    Zum Dirigat möchte ich nur kurz schreiben: Meiner Meinung nach, hätte etwas mehr Schwung dieser Einspielung die Krone aufgesetzt.

    Diese Einspielung ist vor allem wegen der hervorragenden Sänger/innen eine Empfehlung.

    Die drei Frauen geben einen hinreißenden Einstand beim "Einkäufe machen".

    Rita Streich - Ihr strahlender Sopran begeistert mich immer wieder.

    Gisela Litz - eine überzeugende "Alt"e Gräfin. Sehr vornehm und herrlich blasiert.

    Nicolai Gedda - Wenn dieser Symon das Herz seiner Angebeteten nicht erweichen kann, dann kann es keiner. :juhu: :juhu: :juhu: Ich bewundere stets mit welcher unter die Haut gehenden Hingabe Nicolai Gedda auch die vermeintlich leichten Operettenarien interpretiert.
    Einen Kritikpunkt gibt es dennoch. Die gesprochenen Rollenteile empfinde ich bei Gedda fast immer zu perfekt.

    Gerhard Unger und Renate Holm fasse ich absichtlich zusammen, da mir ihr Duett "Durch diesen Kuß sei unser Bund geweiht" ganz besonders gut gefällt. Ungers etwas kräftigeres Timbre passt mE nach gut zur Rolle wie auch zu der warmen Stimme Renate Holms.

    Hermann Prey - ein hervorragender Ollendorf . Mir gefällt an seiner Interpretation der Rolle, dass er die Trotteligkeit des Oberst nicht übertreibt. Es bleibt immer etwas Obrigkeit übrig.

    Karl H. Bennert singt den Enterich herrlich schrullig, mit interessantem sächsischem Akzent. :thumbup:

    LG

    Maggie

    Wenn Einer kümmt un tau mi seggt, Ick mak dat allen Minschen recht, Dann segg ick: Leiwe Fründ, mit Gunst, O, liehr'n S' mi de swere Kunst. - Fritz Reuter

  • Hier eine schon ältere aber dafür sehr gute Aufnahme mit Dialogen.

    1956 aus München, mit Wilma Lipp mit ihrer jugendlichen Stimme als strahlend glanzvolle Laura, Rosl Schwaiger als Bronislawa und Hertha Töpper als großartige Palmatica. Karl Terkal als Symon mit strahlendem Tenor, leider konnte er halt nicht spielen, Kurt Böhme als stimmkräftiger Ollendorf, Kurt Wehofschitz als Jan Janicki u.a. Dirigent ist Werner Schmidt-Boelke.

    Wie immer wird die Prosa nicht von den Sängern gesprochen, warum weiß keiner, denn sie hatten alle gute Sprechstimmen [außer Karl Terkal, der zutzelte = stieß mit der Zunge beim S an].

    Hier wird gezeigt mit welchen Kräften man, damals, Operette einspielte um an Samstag Abenden im Radio - als das Fernsehen noch nicht dabei war - das Publikum erfreute.

    Liebe Grüße Euer Peter. :wink: :wink:

  • WALHALL 2007 (München 1956)

    Wie Peter schon angedeutet hat, sicher eine empfehlenswerte Aufnahme, freilich mit ein paar Schönheitsfehlern.

    Werner Schmidt-Boelcke dirigiert routiniert und angemessen, allerdings auch etwas zackig-direkt und die Feinheiten nicht so sehr achtend (gemesssen an den Maßstäben der Aufnahmezeit; heute wäre ich weniger streng). Wie Rideamus aber so richtig feststellt, ist Oberflächlichkeit hier nicht unbedingt angebracht.
    Die Sänger sind größtenteils österreichischer Herkunft und lassen deswegen mehr Walzerseligkeit spüren, als der Dirigent versprüht. Die Palmatica Herta Töpper (stammte aus Graz) und Rosl Schwaiger (stammte aus Saalfelden), die Bronislawa, waren allerdings fest im Münchner Opernensemble verankert. "Importiert" wurden Karl Terkal (Symon) und Wilma Lipp (Laura). Alle Genannten sind nach meinem Dafürhalten als Spitzenbesetzungen zu werten, auch wenn nicht nur in punkto Sprechkultur mir die Stolz-Einspielung mit Schock und Güden überlegen vorkommt.
    Die Dialogregie ist trotz betonter und erfreulicher Wortdeutlichkeit überhaupt ein Problem. Nicht nur daß man einige merkwürdige inhaltliche Veränderungen vornahm, deren Ursache teilweise rätselhaft scheint (aus dem Fürsten Wybicki wurde ein Herzog der Abruzzen! - Wo bleibt da Polen????), teils allzu willkürlich hat man auch diverse Passagen auf deutschen Klamauk und pseudopreußischen Humor hingetrimmt, sodaß man sich an das oft problematische Filmlustspielniveau der 1950er Jahre erinnert fühlt. Daß einige sonst meist gestrichene Stellen zu hören sind, sei dankbar akklamiert, tröstet aber nicht ausreichend.
    Kurt Böhme als Ollendorf ist zwar sehr gut bei Kehle, wird aber zu sehr zum Outrieren verführt oder getrieben, was letztlich auch seine stimmliche Leistung ins Derbe schwenken läßt. Man hört ihm daher sowohl mit Begeisterung, häufig aber auch mit sehr gemischten Gefühlen zu. Otto Storr, ein weiterer Münchner aus Österreich, überrascht als Enterich mit guter Stimme, hält jedoch den sächsischen Tonfall nicht ganz durch; man hört das Süddeutsche immer wieder durchwachsen.

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    Homo sum, ergo inscius.

  • Da gibts ja diesen Schmäh über Millöcker. Es ist gut, dass er keinen Marsch geschrieben hat, sonst hieße der womöglich "Millöcker-Marsch". Wenn man das schnell ausspricht klingt es ein bisschen wie "Mi leck am Arsch". Funktioniert aber nur im Dialekt :pinch:

  • Es ist aber doch wieder gut, das Carl Millöcker auch Märsche geschrieben hat. Auf die Schnelle fallen mir zwei ein:

    1. Der Marsch aus dem "Bettelstudenten", wo die gesamte Gefängnisgeselschaft reinspaziert.

    2. Der Marsch aus dem "Armen Jonathan".

    So jetzt wieder weg, bis zum 5. oder 6. 6.. Bitte alle gesund werden oder gleich bleiben wünscht Euch Peter aus Wien. :wink: :wink:

  • Maggies Lieblingseinspielung ist heuer neu aufgelegt worden (in der Reihe Electrola Collection), und ich kann Maggies Enthusiasmus gut nachvollziehen. Das ist eine Aufnahme, die auch neben Robert Stolz und seinem Team bestehen kann. Allenfalls könnte man monieren, daß Hermann Prey für den Ollendorf zu jugendlich und sympathisch wirkt, aber was wiegt dieser Einwand gegen eine solche Stimme in Traumform! Nichts, gar nichts. Da gibt es keinen schwachen Punkt, bei keinem der Mitwirkenden. Franz Allers liefert ein außergewöhnlich gutes und subtiles Dirigat - ich vermisse hier kein bißchen Schwung, alles paßt herrlich.
    Natürlich wird man ein bißchen nostalgisch, wenn man bedenkt, wie großartig man vor fast einem halben Jahrhundert Operette interpretieren konnte. Denn: Mit diesen Stimmen kann es die Gegenwart momentan nur hin und wieder aufnehmen. In dieser Dichte war das seinerzeit schon einmalig (und doch: warum soll es nicht wieder so werden? Die Operette ist alles andere als tot, man muß nur an sie glauben).

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    Homo sum, ergo inscius.

  • TELDEC 1999

    Die Querschnitte von "Bettelstudent" und "Gasparone" stammen aus dem Jahr 1966. Carl Michalski dirigiert das Orchester des Bayerischen Rundfunks. Querschnitt stimmt allerdings nicht so ganz, ich würde eher von Einführungen mit musikalischer Untermalung sprechen - etwas, was ich eigentlich nicht sehr gustiere. Da aber die Sprecher hier Fita Benkhoff und Karl Schönböck sind, verstummt meine Kritik sofort, denn die höre ich zu gerne.
    Musikalisch ist das Niveau recht hoch, nur gerät der "Bettelstudent" zu opernhaft. Kurt Böhme als Ollendorff singt zwar eindrucksvoll, aber trotzdem wie ein Sarastro im falschen Fach (er bleibt trotzdem hörenswert). Erika Köth als Laura trifft den operettigen Stil am besten. Reinhold Bartel in der Titelrolle wirkt mir auch eine kleine Spur zu steif - ich wiederhole aber ausdrücklich: das ist Bemäkelung auf sehr hohem Niveau.

    Hundertprozentig gelungen hingegen sind die Ausschnitte aus "Gasparone", vor allem dank der großartigen Sari Barabas als Gräfin und Heinz Maria Lins als Nasoni, aber auch Michalski und seine Musiker ziehen alle Register.

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    Homo sum, ergo inscius.

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