Der Konzertsaal in München

  • Bei allem Respekt vor den hier geäusserten Meinungen bitte ich einmal zu berücksichtigen, dass ein Oberbürgermeister bei seinen Entscheidungen die gesamte Bevölkerung im Blick haben sollte. Und die Freunde klassischer Musik sind nun mal eine sehr kleine Menge in einer Stadt wie München. Wenn es nichts gäbe könnte ich die Aufregung ja noch verstehen, aber so ist es ja nicht. Ich kenne die Philharmonie nicht, und es mag ja sein das die Akustik dort nicht so berauschend ist. Ob das allerdings eine hohe Investition in einen vollkommen neuen Konzertsaal rechtfertigt darf man ruhig mal in Frage stellen. Wir erwarten, dass die Allgemeinheit wie selbstverständlich in einen Kulturbetrieb investiert, den sich die meisten gar nicht leisten können, selbst wenn sie wollten.

    Warum akquiriert man nicht Sponsoren, die dann einen großen Anteil an den Kosten übernehmen? Anstatt ihr Geld in der Schweiz vor dem Fiskus zu verstecken könnten sie so doch mal etwas nützliches damit anfangen. Und Steuererleichterungen gäbe es ja trotzdem noch, nur eben legal.

    Mein Paradebeispiel ist die Philharmonie in Essen. Dort gab es früher den Saalbau, den ich noch kenne, und in dem es gar nicht gut klang. Dann wurde das Gebäude in 2 Jahren komplett umgebaut. Das hat ca. 75 MIO € gekostet. Danach hatten wir einen superben Konzertsaal, der in jeder Hinsicht vorbildlich ist. Ich habe da jedenfalls eine Reihe von unvergesslichen Konzerten, vom Soloklavierabend bis zu Grossveranstaltungen (Mahler 8, Gurrelieder etc.) erlebt. Bei uns in Hamburg musste etwas ganz Großes gebaut werden. Andere Kommunen klotzen auch eher anstatt zu kleckern, oder versagen beim Projektcontrolling. Vielleicht sollte man bei der Planung derartiger Kulturstätten mal etwas bescheidener auftreten. Man könnte ja auch eine Bürgerbefragung veranstalten. Aber dann wird es bitter für die Befürworter eines neuen Konzerthauses werden, denn ich halte es für eher unwahrscheinlich dass sich für Neubaupläne eine breite Zustimmung finden liesse.

    Man sollte auch nicht vergessen dass hohe Einmalinvestitionen die Mittel an anderer Stelle verknappen. Mir wäre es jedenfalls wichtiger, dass Orchestermitglieder anständig bezahlt werden, anstatt einen super Konzertsaal zu haben, der ja auch noch unterhalten werden muß.

    Um hier kein Missverständnis aufkommen zu lassen: ich halte Investitionen in den Kulturbetrieb für unverzichtbar und wichtig, aber genauso wichtig finde ich es, dass die vorhandenen Mittel sinnvoll eingesetzt werden, und dass man einen möglichst breiten Konsens schafft.

    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Wir erwarten, dass die Allgemeinheit wie selbstverständlich in einen Kulturbetrieb investiert, den sich die meisten gar nicht leisten können, selbst wenn sie wollten.

    Ich bezweifle, dass sich die meisten keine Konzert- oder Opernkarte leisten könnten. Bei den meisten Orchestern kriegt man für rund 20 Euro gute Plätze, bei Opern vielleicht für 30, Einstiegspreise sind meist deutlich darunter. Das ist vergleichbar z.B. mit den Eintrittspreisen für ein Bundesliga-Spiel von Schalke 04: Stehplatz 15,50, Sitzplatz von 26 bis 52 Euro. Mir ist bei Bundesligaspielen noch nicht aufgefallen, dass sich da nur die Upperclass trifft (schon gar nicht auf Schalke :pfeif: ). Bei Kammermusik-Konzerten liegen die Eintrittspreise in der Regel eher auf der Höhe eines Kino-Besuches.
    Ansonsten: Ja, ich erwarte, dass die Allgemeinheit Kultur finanziert. Genauso wie ich als Steuerzahler auch Sportplätze oder Schwimmbäder finanziere, die ich beide nicht nutze.

    Christian

    (Übrigens noch mal zum Publikum auf Schalke: http://www.youtube.com/watch?v=1s18JWprcVg)

  • Genauso wie ich als Steuerzahler auch Sportplätze oder Schwimmbäder finanziere, die ich beide nicht nutze.

    Das Argument ist ja richtig, aber die Dimension der öffentlichen Zuschüsse im Vergleich zu den Nutzniessern ist hier deutlich niedriger. Und der Vergleich mit Karten für ein Bundesligaspiel hinkt leider auch, denn das sind ja kommerzielle Veranstaltungen. In der Oper hingegen werden die Kartenpreise ja schon extrem bezuschusst. Ein Opernhaus erwirtschaftet etwa 30% seines Etats über den Kartenverkauf und Sponsoren. Wäre es eine rein kommerzielle Angelegenheit wären die Karten somit deutlich teurer.

    Es geht ja auch gar nicht um die öffentlichen Suventionen in den Kulturbetrieb an sich, sondern darum dass eine hohe Einzelinvestition den meisten Steuerzahlern nicht mehr vermittelbar ist. Sie ist sogar kontraproduktiv, da sie als Argument für die Gegner von öffentlichen Subventionen willkommen ist, um auf Verschwendung in großem Stil hinzuweisen. Die Elbphilharmonie ist dafür das beste Beispiel. Dadurch haben die Gegner öffentlicher Kultursubventionen ordentlich Auftrieb erhalten. Und was noch entscheidender ist, dadurch werden die Mittel auf eine Spielstätte fokussiert, anstatt der Breite des Kulturgeschehens zu Gute zu kommen. Ich bin hier in einem Förderverein, der ein Mal im Jahr ein Kammermusikfest organisiert (Kartenpreise 20 €, also für jeden erschwinglich). Die Kulturbehörde hatte im letzten Jahr angeboten dafür 500 €! zu spendieren. Der Veranstalter hat dankend abgelehnt.

    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • die Dimension der öffentlichen Zuschüsse im Vergleich zu den Nutzniessern ist hier deutlich niedriger.

    Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Steuern zwar von allen bezahlt werden, aber die damit finanzierten Dinge nicht allen zugute kommen. Eigentlich braucht man Steuern sogar nur für solche Fälle. Von der Förderung der Deutschen Sporthilfe profitiert nur eine winzige Minderheit (zur Zeit etwa 3800 Athleten), aber ich habe nicht den Eindruck, dass Sportler deshalb ein schlechtes Gewissen gegenüber dem Steuerzahler hätten. Warum auch?

    Und der Vergleich mit Karten für ein Bundesligaspiel hinkt leider auch, denn das sind ja kommerzielle Veranstaltungen.

    Ja, aber Du hattest behauptet, die meisten könnten sich die Teilnahme am Kulturbetrieb gar nicht leisten, und das ist angesichts der Preise für andere Freizeitvergnügen doch sehr zu bezweifeln. Was hat das damit zu tun, ob ein Bundesliga-Ticket bezuschusst wird oder nicht?

    Christian

  • Man darf bei der ganzen Diskussion nicht vergessen, dass in der Philharmonie nicht nur die Philharmoniker und das BR-Orchester auftreten. Dort gibt es durchaus nicht nur Klassik zu hören, sondern auch Pop-Musik und anderes.
    Schließt man den Gasteig auf lange Zeit ohne Ausweichmöglichkeit, wird man bei vielen privaten Konzertveranstaltern ordentlich Arbeitsplätze gefährden.
    Außerdem wird nach der Restaurierung/Renovierung/Sanierung dort kein Platz mehr für die Musik-Hochschule sein. Die fliegt raus.
    Es handelt sich hier also nicht nur um die Debatte, ob München sich Klassik leisten will oder nicht. (Kulturbetrieb sollte nichts für Eliten sein.) Zwei Säle mehr oder weniger gleichzeitig umzubauen und die Platzanzahl zu reduzieren, kann für niemanden eine Lösung sein, nicht für Klassik- und nicht für Pop-Publikum.

  • Nach wie vor sind die Fronten bei diesem Thema klar verteilt. :D

    Ja, aber Du hattest behauptet, die meisten könnten sich die Teilnahme am Kulturbetrieb gar nicht leisten, und das ist angesichts der Preise für andere Freizeitvergnügen doch sehr zu bezweifeln. Was hat das damit zu tun, ob ein Bundesliga-Ticket bezuschusst wird oder nicht?


    Du hast natürlich Recht. Leisten können sich die Tickets die meisten Bürger, denn man kann natürlich so öffentlich finanzieren, dass auch eigentlich schweineteure Projekte den Zuschauer nichts mehr kosten. Hinter Eusebius' Feststellung stand wohl eher ein anderer Gedanke, nämlich der, dass ein halbwegs nachvollziehbares Verhältnis von öffentlicher Finanzierung und der Anzahl der Nutznießer (und deren Finanzkraft) im Fall eines Konzertsaalneubaus schwer zu erkennen wäre.

    Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Steuern zwar von allen bezahlt werden, aber die damit finanzierten Dinge nicht allen zugute kommen. Eigentlich braucht man Steuern sogar nur für solche Fälle. Von der Förderung der Deutschen Sporthilfe profitiert nur eine winzige Minderheit (zur Zeit etwa 3800 Athleten), aber ich habe nicht den Eindruck, dass Sportler deshalb ein schlechtes Gewissen gegenüber dem Steuerzahler hätten. Warum auch?


    Vielleicht, weil die 3800 Sportler im Jahr mit 10 bis 12,5 Millionen € gefördert werden ("https://www.sporthilfe.de/Wie_wir_foerdern.dsh"). Macht 3300 € pro Sportler pro Jahr.

    Allein die Münchner Philharmoniker bekommen im Jahr von Stadt und Land 12 bis 20 Millionen €, die Oper bekommt 54,3 Millionen € im Jahr ("http://www.sueddeutsche.de/muenchen/subve…tzung-1.1855702"). Das ist für mich nicht die gleiche Liga.

    Man darf bei der ganzen Diskussion nicht vergessen, dass in der Philharmonie nicht nur die Philharmoniker und das BR-Orchester auftreten. Dort gibt es durchaus nicht nur Klassik zu hören, sondern auch Pop-Musik und anderes.


    Wie wäre das eigentlich bei einem Neubau? Gibt es da schon Vorstellungen, wie der genutzt werden sollte? Bei der Elbphilharmonie ist das ja schön in die Hose gegangen, denn die kann gar nicht anders als für Klassikkonzerte genutzt werden. Daher werden da auch auf lange Sicht kräftig Ausgaben fällig werden.
    Dass die Musikhochschule rausflöge, ist echt doof. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es ein riesiger Erkenntnisgewinn ist, wenn man die Hochschulorchesterprojekte in einem richtigen Konzertsaal spielen kann. Andererseits gibt es in der MuHo ja auch einen großen Saal.

  • Auch wenn es eine Frage der Präferenzen ist, wofür man sein Geld ausgibt, so ist doch ein erheblicher Teil unserer Bevölkerung von kulturellen Veranstaltungen weitgehed ausgeschlossen. Ich will hier gar nicht von Hartz 4 Empfängern reden. Aber bei einer Durchschnittsrente von ca. 1000 € im Monat, oder einem Mindestlohn von 8,50 € ist selbst ein bezuschusstes Ticket von 20 € häufig nicht drin. Zumal wenn man davon 2 oder mehr für eine Familie benötigt. Von regelmäßigen Konzertbesuchen mal ganz zu schweigen. In Detmold mag ja das Preisniveau noch niedrig sein, aber hier in Hamburg werden andere Preise verlangt, zumal wenn es kommerzielle Veranstaltungen sind. Wenn ich hier in der Oper halbwegs anständig sehen und hören möchte kostet mich das mindestens 50 €. Im mittleren Parkett zahle ich 85€, aber mir ist es das Wert und ich kann das auch bezahlen. In Lübeck zahle ich allerdings nur die Hälfte. Man kann natürlich auch für 12 € einen Stehplatz bekommen.

    Hinzu kommt, dass gerade in boomenden Städten wie München oder Hamburg die Lebenshaltungskosten extrem gestiegen sind. In München können sich Normalverdiener kaum noch eine Wohnung leisten, und müssen ins Umland ausweichen. Auch wenn wir ein reiches Land sind, so sind doch die Einkommen höchst unterschiedlich verteilt. Ich gebe gerne zu, dass es für eine Mehrheit hierzulande durchaus erschwinglich ist Konzerte zu besuchen, und viele z.B. für Rauchwaren ein Vielfaches ausgeben. Aber man kann auch nicht die zunehmende Verarmung ganzer Bevölkerungsschichten übersehen. Man muß sich dazu nur einmal den jährlichen Armutsbericht anschauen. Daher steigen auch die Sozialetats der Kommunen von Jahr zu Jahr an. Vor dem Hintergrund muß ein Stadtkämmerer schon mal abwägen was ihm wichtiger ist. Wenn dann demnächst noch die Schuldenbremse kommt wird es ganz eng.

    Übrigens kann man das Fussballticket deswegen nicht mit einem Opernticket vergleichen, weil die 50 € bei einem Opernticket eben wegen dem öffentlichen Zuschuss einem deutlich höheren Wert entsprechen. Das ist für den Käufer zwar egal, denn er bezahlt ja den gleichen Preis, aber die Kosten für die Gesellschaft sind andere.

    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Ja, aber Du hattest behauptet, die meisten könnten sich die Teilnahme am Kulturbetrieb gar nicht leisten, und das ist angesichts der Preise für andere Freizeitvergnügen doch sehr zu bezweifeln. Was hat das damit zu tun, ob ein Bundesliga-Ticket bezuschusst wird oder nicht?

    Du hast natürlich Recht. Leisten können sich die Tickets die meisten Bürger, denn man kann natürlich so öffentlich finanzieren, dass auch eigentlich schweineteure Projekte den Zuschauer nichts mehr kosten. Hinter Eusebius' Feststellung stand wohl eher ein anderer Gedanke, nämlich der, dass ein halbwegs nachvollziehbares Verhältnis von öffentlicher Finanzierung und der Anzahl der Nutznießer (und deren Finanzkraft) im Fall eines Konzertsaalneubaus schwer zu erkennen wäre.


    Zum Vergleich mit dem Bundesliga-Ticket (und einigen anderen Dingen) nochmal ein paar Gedanken:

    1) Auch das Bundesliga-Ticket ist bezuschusst, allerdings ist der Zuschuss deutlich schwerer erkennbar. Er besteht im Wesentlichen in den (in den meisten Bundesländern) nicht-kostenpflichtigen Polizeieinsätzen zur Sicherstellung der Durchführbarkeit der Spiele. Aus irgendeinem mir nicht ersichtlichen Grund ist der Fussball-Sport (den ich sehr mag!) für viele Leute nur im Vollsuff erträglich, weshalb die Sicherheit bei den Spielen ein ständiges Problem darstellt. Weitere vedeckte Zuschüsse: Betreuung von Bahnfahrten der Fans zu den Spielen (Reinigung der Züge etc.), Beteiligung von Kommunen an Stadion-Bauvorhaben etc.

    2) Wie groß ist denn die Anzahl der Nutznießer im Bundesliga-Fussball? Bei einem Bundesliga-Spiel des HSV in Hamburg kommen etwa 50 000 Personen zum Zuschauen, die Stadt hat aber ca. 1.7 Millionen Einwohner. Der Hamburger Steuerzahler finanziert also Polizeieinsätze, damit ca. 3 % der eigenen Bevölkerung Bundesliga-Fussball live genießen dürfen. Selbst die Einschaltquoten für Sportschau und Co. liegen deutlich unter der 10-Millionen-Marke. Man sollte also mal festhalten, dass Fussball - WM und EM ausgenommen! - ein Minderheiten-Vergnügen darstellt, allerdings ist diese Minderheit von allen sportbegeisterten Minderheiten in Deutschland klar die größte.

    3) Bis zu welcher Grenze ist denn ein Verhältnis von öffentlicher Finanzierung und der Anzahl der Nutznießer "nachvollziehbar"? Man könnte es ja auch mal so sehen, dass das Kulturleben in Deutschland ohne öffentliche Finanzierung so gut wie beseitigt wäre. Ohne diese Finanzierung gäbe es dieses Angebot also schlicht nicht. Die Fussball-Bundesliga gäbe es hingegen auch dann noch, wenn die Vereine die Polizeieinsätze zahlen müßten. Sie hätten dann ganz einfach weniger Geld zur Verfügung, um internationale Top-Spieler einzukaufen und zu bezahlen, schlimmstenfalls würde also das sportliche Niveau in der Liga leicht absinken. Hier zahlen wir alle für die Qualität, aber nicht für die Existenz eines Angebots. Was soll man höher einstufen - die oben angeführte Verhältnismäßigkeit einer Finanzierung oder ihre integrale Bedeutung für die Existenz eines bestimmten Bereichs des öffentlichen Lebens? Ich persönlich neige dazu, letzterem Ansatz den Vorrang zu geben.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Die klassische Musik ist essentiell für das internationale Image Deutschlands und Oesterreichs. Beide Länder werden in allergrösstem Masse mit ihr assoziiert, was bedeutende Konsequenzen für den Tourismus und die Attraktivität als Wohnplatz für Spitzenkräfte hat. Mit Hartz IV hat das nichts zu tun, ausser dass sozial Schwache indirekt vom Tourismus profitieren.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Man darf bei der ganzen Diskussion nicht vergessen, dass in der Philharmonie nicht nur die Philharmoniker und das BR-Orchester auftreten. Dort gibt es durchaus nicht nur Klassik zu hören, sondern auch Pop-Musik und anderes.
    Schließt man den Gasteig auf lange Zeit ohne Ausweichmöglichkeit, wird man bei vielen privaten Konzertveranstaltern ordentlich Arbeitsplätze gefährden.
    Außerdem wird nach der Restaurierung/Renovierung/Sanierung dort kein Platz mehr für die Musik-Hochschule sein. Die fliegt raus.
    Es handelt sich hier also nicht nur um die Debatte, ob München sich Klassik leisten will oder nicht. (Kulturbetrieb sollte nichts für Eliten sein.) Zwei Säle mehr oder weniger gleichzeitig umzubauen und die Platzanzahl zu reduzieren, kann für niemanden eine Lösung sein, nicht für Klassik- und nicht für Pop-Publikum.


    Ja: das ist genau einer der wesentlichen Kritikpunkte.
    Es gibt in dem ganzen Konzept nicht nur für die Zeit des Umbaus keine Planung für eine adäquate Ausweichspielstätte für den "großen Saal", sondern auch nicht für die drei kleinern Säle im Gasteig (zusammen 3500 Plätze), keine Lösung, wo in dieser Zeit die HMT unterkommen soll, was in dieser Zeit mit der Stadtbibliothek, insbesondere mit der Musikbibliothek geschehen soll und wo die Volkshochschule untergebracht wird. Insgesamt finden im Jahr ca. 1800 Veranstaltungen statt, davon 800 im Klassikbereich und allein 300 im großen Saal - die müssen erst einmal untergebracht werden. Es geht dabei nicht nur um Veranstaltungskapzität, sondern auch um Probenräume. Es gibt auch keine Anschlußplanung, was mit den genannten Institutionen nach einem erfolgten Umbau geschehen soll. Wenn also Minister Spänle von 200 - 300 Mio € für den Umbau redet, dann ist das NUR der Betrag für den Umbau. Da kommen dann auch noch Kosten für die dann notwendigen anderweitigen Räumlichkeiten für HMT, Stadt-/städtische Musikbibliothek und die Volkshochschule hinzu. Das sind aber jeweils andere Finanzierungstöpfe, und damit verschwinden diese Kosten aus der "Konzertsaalrechnung".
    Klar: man könnte die Bestände der Stadtbibliothek auf die Stadtteilzweigstellen aufteilen - für die Musikbibliothek wäre das aber fatal, denn die "funktioniert" als Fachsammlung ja nur dadurch, daß sie an einem Ort zugänglich ist.

    Zitat

    Das Argument ist ja richtig, aber die Dimension der öffentlichen Zuschüsse im Vergleich zu den Nutzniessern ist hier deutlich niedriger. Und der Vergleich mit Karten für ein Bundesligaspiel hinkt leider auch, denn das sind ja kommerzielle Veranstaltungen. In der Oper hingegen werden die Kartenpreise ja schon extrem bezuschusst. Ein Opernhaus erwirtschaftet etwa 30% seines Etats über den Kartenverkauf und Sponsoren. Wäre es eine rein kommerzielle Angelegenheit wären die Karten somit deutlich teurer.


    Das ist etwas unscharf. Eine kommerzielle Veranstaltung ist eine Opern- oder Konzertaufführung auch - sie wird halt nur subventioniert. Für die Überlegung eines potentiellen Besuchers, ob er sich eine einschlägige Karte leisten kann, ist das aber unerheblich, da der nur seinen Tickelpreis sieht.

    Und das Argument , daß bei Schwimmbädern etc. die Dimension der öffentlichen Zuschüsse im Vergleich zu den Nutzniessern deutlich niedriger läge, unterstellt, daß im speziellen Fall z.B. des Gasteigs dieser nicht kostendeckend zu betreiben wäre. Zum Glück stellt die Stadt München als alleinige Gesellschafterin der Gasteig GmbH einen jährlichen Bericht über ihre Beteiligungen zur Verfügung, auch wenn dieser nicht leicht zu finden ist. Dem kann man aber entnehmen, daß der Betrieb NACH Abzug der Finanzhilfen von ca. 3-6 Mio € p.a. mindestens seit 2007 jeweils einen jährlichen ÜBERSCHUSS von ca. 2.5 - 5 Mio erwirtschaftet...
    Wilde Annahmen sind in solch einer Diskussion nicht wirklich zielführend.

    Was tatsächlich ein Zuschußbetrieb ist, sind die Münchner Philharmoniker, aber nicht deren Spielstätte!

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Übrigens kann man das Fussballticket deswegen nicht mit einem Opernticket vergleichen, weil die 50 € bei einem Opernticket eben wegen dem öffentlichen Zuschuss einem deutlich höheren Wert entsprechen. Das ist für den Käufer zwar egal, denn er bezahlt ja den gleichen Preis, aber die Kosten für die Gesellschaft sind andere.


    Die prozentuale Leistung der Allgemeinheit für das Absichern des (relativ) niedrigen Ticketpreises für die Oper mag eine andere sein, aber weil die "Hochkultur" nunmal ein Minderheiten-Vergnügen ist, ist die Gesamtleistung des Staates in diesem Bereich sehr überschaubar. Würde die Hamburgische Staatsoper ab morgen keinen Cent öffentlichen Geldes mehr erhalten, wäre sie in absehbarer Zeit zwar so gut wie erledigt, aber es würde im Gegenzug keiner Präkariats-Familie aus Mümmelmannsberg auch nur einen Deut besser gehen.

    Du hast es bereits angedeutet: der Mechanismus des Ausschließens besteht hier nicht im Preis pro Ticket, sondern in der fehlenden Verankerung dieser Art von Kultur in entsprechenden sozial schwierigen Millieus. Deshalb finde ich es im Sinne gesellschaftlicher Teilhabe auch wichtig, in den Schulen guten Musikunterricht anzubieten. Das ist aber nicht gerade die Stoßrichtung aktueller Politik...

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Du hast natürlich Recht. Leisten können sich die Tickets die meisten Bürger, denn man kann natürlich so öffentlich finanzieren, dass auch eigentlich schweineteure Projekte den Zuschauer nichts mehr kosten.

    Ja. Das wird zum Beispiel bei Schulen so gemacht. Die sind schweineteuer, aber der Besuch ist kostenlos. Korrigiere mich, wenn ich falsch liege, aber Konzerte und Opern kosten meines Wissens im Gegensatz dazu in aller Regel Eintritt.

    Hinter Eusebius' Feststellung stand wohl eher ein anderer Gedanke, nämlich der, dass ein halbwegs nachvollziehbares Verhältnis von öffentlicher Finanzierung und der Anzahl der Nutznießer (und deren Finanzkraft) im Fall eines Konzertsaalneubaus schwer zu erkennen wäre.

    Dazu müsste man natürlich wissen, was der Neubau kosten würde, wie im Vergleich dazu die Kosten für die Philharmonie-Entkernung samt aller Übergangslösungen wären usw.. Ich habe dazu keine Informationen und kann deshalb auch nichts zur Verhältnismäßigkeit der öffentlichen Finanzierung sagen. Sicherlich hast Du da nachprüfbare Zahlen, oder? Und zur Finanzkraft der Konzertbesucher: Einerseits hört man immer (z.B. von Dir), dass die Orchester und Opernhäuser doch alles tun sollten, um junge Leute anzusprechen, andererseits heißt es dann (z.B. wieder von Dir), angesichts der überdurchschnittlichen Finanzkraft der Besucher stimme das Verhältnis zur öffentlichen Finanzierung nicht. Beide Überlegungen widersprechen einander zwar offensichtlich, aber egal, für den Fall, dass ein Argument nicht funktioniert, kann man dann wenigstens auf das entgegengesetzte verweisen.

    Vielleicht, weil die 3800 Sportler im Jahr mit 10 bis 12,5 Millionen € gefördert werden ("https://www.sporthilfe.de/Wie_wir_foerdern.dsh"). Macht 3300 € pro Sportler pro Jahr.

    Allein die Münchner Philharmoniker bekommen im Jahr von Stadt und Land 12 bis 20 Millionen €, die Oper bekommt 54,3 Millionen € im Jahr ("http://www.sueddeutsche.de/muenchen/subve…tzung-1.1855702"). Das ist für mich nicht die gleiche Liga.

    "Nutznießer" der Zuschüsse sind natürlich nicht ausschließlich - und nicht einmal in erster Linie - die Musiker sondern die Zuhörer. Und da haben allein in München die öffentlichen und privaten Veranstalter klassischer Konzerte mehr als 40000 Abonnenten. Tendenz steigend.

    Christian

  • Auch wenn es eine Frage der Präferenzen ist, wofür man sein Geld ausgibt, so ist doch ein erheblicher Teil unserer Bevölkerung von kulturellen Veranstaltungen weitgehed ausgeschlossen. Ich will hier gar nicht von Hartz 4 Empfängern reden. Aber bei einer Durchschnittsrente von ca. 1000 € im Monat, oder einem Mindestlohn von 8,50 € ist selbst ein bezuschusstes Ticket von 20 € häufig nicht drin.

    In Frankfurt zB gibt es eine Kulturinitiative für "Sozialschwache". Manchen ist der eine (!) Euro freilich immer noch zu teuer.

    http://www.kulturpass.net/25-0-Musik.html

    Man setzt Prioritäten. Wer sich Kultur nicht leisten will, soll es sich halt eingestehen und bleibenlassen.

    Ins Gebüsch verliert sich sein Pfad, hinter ihm schlagen die Sträuche zusammen.

  • Dazu fällt mir dann das hier ein:
    "http://superar.eu/
    aber das ist schon leicht OT ...

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • @ Symbol: Sicher, auch Fußballspiele verlangen hohe öffentliche Aufwendungen. Ich kann Bremen gut verstehen, wenn es (angesichts horrender Spieler- und Spielerberatergehälter und hoher Einnahmen) die Vereine an den Polizeieinsätzen beteiligen möchte (ist da was draus geworden?). Aber du schreibst ja richtig, dass beim Fußball eine große Minorität auf den Beinen ist. 50.000 Menschen sind 25 voll ausverkaufte Konzertsäle einer Großstadt. Dein dritter Punkt macht für mich nicht ganz Sinn: die Frage ist ja nicht, ob Finanzierung ja oder nein, sondern in welchen Dimensionen.

    bustopher: Dass die Gasteig GmbH Gewinn macht, ist ja eine spannende Info. Aber das Plus ist doch sicher die Folge einer klugen Mischkalkulation? Die Frage wäre natürlich, wie Programme in einem komplett neuen Konzertsaal (Weinbergbau? Teure Klassikakustik? Oder eher multifunktional?) gestaltet würden und wie rentabel sie wären.

    @Christian: Schulen fallen aber doch auch in den Bereich der pflichtigen Selbstverwaltungsausgaben, Kulturangebote sind freiwillige.

    Ich will mich auf keinen Fall zu sehr in die Diskussion über München einmischen, weil ich da weder gute Infos kenne, noch das Münchner Konzertleben. Ich wollte nur wiedergeben, wie ich Eusebius verstanden habe.

    Was aber die Finanzkraft des gesamten Publikums mit der Förderung junger Zuhörer zu tun, weiß ich nicht. Ich verlange doch nicht, dass Konzertveranstalter junges Publikum hauptsächlich über niedrige Preise ansprechen soll. Die gibt es doch schon überall. Stattdessen fände ich ein reizvolleres Rahmenprogramm, sowohl für junge wie wohlhabende Gäste, eine gute Idee. Das Festspielhaus Baden-Baden macht das seit Jahren ja sehr erfolgreich, bietet privaten Großspendern verhältnismäßig günstige Zusatzangebote (Treffen mit den Künstlern, eine Lounge, Häppchen in der Pause, eine güldene Spendertafel im Foyer etc.) und gleichzeitig Studi-Karten für 10 Euro mit guten (Online-)Einführungen. Geld kostet das nicht so viel, dafür aber Kreativität, ein Bewusstsein für die sich wandelnde Kulturlandschaft und den Willen, auch selbst etwas zu tun.

  • Auch wenn es eine Frage der Präferenzen ist, wofür man sein Geld ausgibt, so ist doch ein erheblicher Teil unserer Bevölkerung von kulturellen Veranstaltungen weitgehed ausgeschlossen. Ich will hier gar nicht von Hartz 4 Empfängern reden. Aber bei einer Durchschnittsrente von ca. 1000 € im Monat, oder einem Mindestlohn von 8,50 € ist selbst ein bezuschusstes Ticket von 20 € häufig nicht drin. Zumal wenn man davon 2 oder mehr für eine Familie benötigt. Von regelmäßigen Konzertbesuchen mal ganz zu schweigen. In Detmold mag ja das Preisniveau noch niedrig sein, aber hier in Hamburg werden andere Preise verlangt, zumal wenn es kommerzielle Veranstaltungen sind.

    Auch in Hamburg gibt es z.B. eine Musikhochschule mit einem reichhaltigen kostenlosen Konzertangebot (welches natürlich ebenfalls nur existieren kann, weil die Hochschule öffentlich finanziert wird). Es stimmt, dass dennoch ein Teil der Bevölkerung von kulturellen Veranstaltungen de facto ausgeschlossen ist, aber die Gründe dafür sind weit komplexer als die angeblich zu hohen Eintrittspreise. Und selbst wenn diese verantwortlich wären: Dann wäre das gerade ein Grund für die verstärkte öffentliche Finanzierung.

    Christian

  • Dazu müsste man natürlich wissen, was der Neubau kosten würde, wie im Vergleich dazu die Kosten für die Philharmonie-Entkernung samt aller Übergangslösungen wären usw.. Ich habe dazu keine Informationen und kann deshalb auch nichts zur Verhältnismäßigkeit der öffentlichen Finanzierung sagen.


    Ich kenne die Münchener Verhältnisse leider zu wenig, um hierzu konkrete Aussagen machen zu können, aber aus meinem beruflichen Umfeld weiß ich, dass Kernsanierungen meistens sehr aufwendige, zeitraubende Optionen sind, die häufig noch nicht mal kostengünstiger als Neubauten sind. Insofern wundere ich mich schon ein wenig, warum diese Variante immer noch ihre Anhänger hat, wenn das zu sanierende Gebäude nicht gerade von erheblichem historischen Wert ist. Eine rationale Begründung für die Kernsanierung könnte (allgemein gesprochen) sein, dass man das Gebäude unbedingt am bisherigen Standort erhalten möchte oder dass es Probleme gibt, attraktive alternative Standorte zu finden.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Auch in Hamburg gibt es z.B. eine Musikhochschule mit einem reichhaltigen kostenlosen Konzertangebot (welches natürlich ebenfalls nur existieren kann, weil die Hochschule öffentlich finanziert wird). Es stimmt, dass dennoch ein Teil der Bevölkerung von kulturellen Veranstaltungen de facto ausgeschlossen ist, aber die Gründe dafür sind weit komplexer als die angeblich zu hohen Eintrittspreise. Und selbst wenn diese verantwortlich wären: Dann wäre das gerade ein Grund für die verstärkte öffentliche Finanzierung.

    Ich denke dass alle hier vom Nutzen öffentlicher Kulturförderung überzeugt sind (wenn nicht hier wo dann?). Ich habe ja auch den Status Quo beschrieben. Das es Maßnahmen genug gäbe diesen Zustand zu ändern steht auch ausser Frage. Wenn man sich bemüht gibt es hier reichlich Möglichkeiten auch für wenig Geld etwas Gutes zu finden, z.B. auch in der Musikhochschule. Aber das verdanken wir auch vielen kleinen Initiativen und Enthusiasten, die mit hohem persönlichen Einsatz tätig sind. Es bedarf jedoch der inneren Bereitschaft des potentiellen Publikums. Und an der Förderung von Nachwuchs zu arbeiten und das finanziell zu unterstützen halte ich für eine immens wichtige Aufgabe. Wichtiger noch als schöne Konzertsäle zu bauen (wenn es denn um entweder oder geht). Die Kommunen hängen leider viel zu sehr an sog. "Leuchturmprojekten", weil sich die spektakulärer vermarkten lassen, anstatt sich mit der Breitenförderung zu beschäftigen. Wir benötigen z.B. dringend mehr Musikpädagogen. Was hätte man mit all den Millionen die für die Elbphilharmonie verplempert wurden alles sinnvolles machen können? Statt dessen träumt man hier von Olympischen Spielen. Es geht immer nur um Mega Events. Es ist zum Verzweifeln ..

    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

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