ROSSINI: Il barbiere di Siviglia – Kommentierte Diskographie
Meine Lieben,
Da ein Thread zu einer der meisteingespielten Opern doch nicht fehlen darf, mache ich wieder den Anfang und benütze die Gelegenheit gleich, um mit der Vorstellung der rumänischen Aufnahmen mit dem Personal der Bukarester Oper fortzufahren.
Das ist eine verhältnismäßig frühe Einspielung von 1960/61, 1996 remastered, 1998 in der Serie der Cantus Classics herausgekommen. Das Datum macht sich gelegentlich in leichten Beeinträchtigungen der Tonqualität bemerkbar, im großen und ganzen ist die aber trotzdem gut.
Was bei den Rumänen immer wieder so beeindruckt, ist die Fülle an prachtvollem Stimmaterial, obwohl nur wenige Sänger auch bei uns bekannt geworden sind. Gleicherweise attraktiv ist das große Reservoir von kompetenten Kapellmeistern. Auch Mihai Brediceanu gefällt mir sehr und ist absolut rossinifest. Er hätte nur mehr proben sollen, denn seine – engagiert wirkenden - Sänger sind das nicht immer und haben auch manchmal ein paar Schwierigkeiten mit der italienischen Sprache, aber auch mit der für Rossini so wesentlichen Leichtigkeit. Um diese bemühen sie sich zwar, aber es hört sich doch immer wieder recht verdihaft an. Die Musik bekommt dadurch ein Gewicht und ein Pathos, das leicht stilwidrig wirkt. Es hört sich zwar interessant an, doch das Komödiantische gerät etwas zu schwer.
Valentin Teodorian als Almaviva wirkt auf mich wie ein nicht fertig geschliffener Diamant. Er hat sehr gute Momente, aber dann wieder kann er nicht verbergen, welche Mühe ihm seine Partie bereitet. Ein paar Mal singt er auch ein wenig daneben. Nicht tragisch, aber einige Abstriche muß man machen. Weniger Naturburschenhaftigkeit und bessere Technik wären da nötig, denn das Organ an sich ist sehr ansprechend.
Magda Ianculescu (Rosina) würde man gerne eine Traumstimme zubilligen, die sie teilweise auch unter Beweis stellt, aber mit ihrem künstlichen und falsch wirkenden Koketterieton bringt sie sich leider wiederholt um die Wirkung, bekommt mit kleinen Rückfällen die Partie aber mit der Zeit immer besser in den Griff. Bei "Una voce poco fa" schwankt man zwischen Begeisterung und leisem Bedauern.
Nicolae Herleas Superstimme eignet sich nicht ideal für den Figaro, bleibt aber immer höchst bemerkenswert. Das Verdihafte trifft auf ihn und Teodorian am meisten zu.
Ausgesprochen prächtig klingt das Organ von Valentin Loghin als Basilio, der recht ernsthaft und nicht so spaßig wirkt wie die meisten seiner westlichen Kollegen. Beeindruckend auch Constantin Gabor als Bartolo, der ebenfalls den fast brutalen Widerling betont, aber eine Kleinigkeit steifer wirkt, was aber zu dieser Rollenauffassung paßt.
Trotz gewisser Zwiespältigkeiten eine beeindruckende Aufnahme, nicht für Einsteiger passend, aber als bessere Reserve und Liebhaber dramatischer Stimmen zu empfehlen.
Liebe Grüße
Waldi