Mendelssohn Bartholdy, Felix: Lieder und Duette

  • Mendelssohn Bartholdy, Felix: Lieder und Duette

    Liebe Freunde des Kunstliedes,


    im alten Forum hatte ich erst einmal mit dem op. 19a angefangen, bevor ich mich ein erstes Mal mit der Bedeutung der Klavierlieder beschäftigte. Da ich nun einige Einspielungen mehr habe, vor allem die jpc-Sendung mit der 4. CD der bisher hervorragenden Gesamteinspielung erwarte, mit denen ich die bisherigen Besprechungen noch gerne ergänze.

    Es gibt eine verbreitete abschätzige Haltung gegenüber diesem Teil seines Werkes, die mir nicht gerechtfertigt scheint.


    In Eric Werners Monographie Mendelssohn. Leben und Werk in neuer Sicht Zürich/Freiburg i. Br. 1980 findet sich folgende Passage:


    Alle Ästhetik und Spekulation kann aber den Tatbestand nicht ändern: die Lieder - es gibt deren über 80 - repräsentieren den schwächsten Teil von Mendelssohns Gesamtwerk. Die melodische Begabung, die hohe Geistigkeit, der ausgesprochen lyrische Charakter seines Talents, all dies schien einen Liederkomponisten großer Statur zu versprechen. Aber Mendelssohn ist, mit einigen bemerkenswerten Ausnahmen, in seinen Lieder durchaus mittelmäßig geblieben. Ein paarmal ist er sogar zu Banalitäten herabgesunken. Wie läßt sich diese Schwäche erklären? (Werner, S. 148f.)

    Interessanterweise gehören gleich drei Lieder des op. 19a, einem noch relativ früh entstandenen Zyklus, nämlich "Das erste Veilchen", "Gruß" und "Neue Liebe" zu den Ausnahmen. Das sollte doch zu denken geben. Wenn man sich so auf den ästhetischen Richterstuhl setzt, so muss man doch fragen, was man und nach welchen Gesetzen man dieses
    beurteilt. Werner hat eine bestimmte Vorstellung des Kunstliedes, die möchte er eingelöst haben. Mendelssohn entspricht nicht dieser Vorstellung, also wird er abgeurteilt. Aber die die Vorstellung Werners die Mendelssohns? Ist es die der Zeit Mendelssohns? Beides ist zu verneinen.


    Die Lieder Mendelssohns waren im Biedermeier populär. Also benutzt man die Vorurteile gegenüber dem Biedermeier, um Mendelssohn zu treffen. Aber sind die Lieder nun tatsächlich seicht, sentimental, oberflächlich, biedermeierlich oder gar kitschig- so das Sündenregister, das Kunold aus der Literatur zusammen stellt.

    Für keines der sechs Lieder des op. 19a trafen diese Vorwürfe zu. Dabei sind sie doch parallel zu dem ebenso angefeindeten op. 19 - den Liedern ohne Worte - entstanden, auch jene populäre Kompositionen, die sogleich eine ganze Anzahl von Nachahmern fanden.


    Mendelssohn schrieb (um nun endlich mal die richtige Zahl festzuhalten) 102 Gesänge für eine Singstimme und Klavier (Kunold, S. 247), differierende Zahlen ergeben sich u.a. durch unveröffentlichte Lieder aus den Jahren 1820 bis 1823, 48 hat er selbst veröffentlicht, 17 Lieder erschienen mit Opuszahlen aus dem Nachlass, die 79 Lieder, die in den traditionellen Ausgaben zu finden sind, enthalten noch fünf Lieder von Fanny Mendelssohn, die damals ohne Namensnennung Fannys mitveröffentlicht wurden. Wenn man die Zahl der Lieder mit denen Schubert und Schumanns vergleicht, jenen beiden Komponisten, die ihm zeitlich nahestehen, so zeigt sich, dass die Liedkomposition nicht in
    dem Maße für Mendelssohn Mittelpunkt der kompositorischen Auseinandersetzung war wie für den ihm vorangehenden Schubert oder den ihm folgenden Schumann. Dass er von der zeitlichen Korrespondenz auch eher mit Schubert als mit Schumann verglichen werden kann (Mendelssohn starb 1847), sei nur einmal im Vorübergehen festgestellt.

    Der entscheidende Unterschied ist allerdings, dass Mendelssohn von anderen ästhetischen Voraussetzungen ausging, andere ästhetische Ziele hatte. Viele seiner Lieder sind als persönliche Gabe, als Geschenk an seine Freunde entstanden, sie sind für musizierende Dilettanten gedacht, nicht für den Konzertsaal.

    Im nächsten Beitrag werde ich versuchen, die ästhetischen Vorstellungen der zweiten Berliner Liederschule darzustellen, mit der Mendelssohn persönlich eng verbunden war, und die Konsequenzen für seine Liederkompositionen.


    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Aus dem Thread "Felix Mendelssohn- wie bedeuteend war er wirklich " hierherkopiert


    (....)

    Kunstlied ist Kammermusik. Zwei Teilnehmer, komplexe Zusammenarbeit, vokaler und musikalischer Anspruch über dem Laienniveau , mehr oder weniger explizite Ausdeutung des Textes durch die Begleitung. Alles klar? ;+)

    Ich dachte, soweit wäre bisher jeder Capriccio von meinen nicht endenden missionarischen Bemühungen sozialisiert worden. Pustekuchen :cry:


    Mendelssohn war ien serh fruchtbarer Liedkomponist und hat u.A. Clara und Robert Schumann stark beeinflusst. Dass er sich die Lieder seiner Schwester Fanny auch autorenmâssig unter den Nagel gerissen hat, wollen wir mal ausnahmsweise verzeihen.

    Etliche Lieder sind zwar von gut ausgebildeten Amateuren zu singen,(besonders auch die Lied-Duette) aber trotzdem keine Volkslieder!(ich habe gar ncihts gegen Volkslieder, im Gegenteil, das nur prophylaktisch :hide: )

    Und es sind wahre Juwelen dabei- ich denke mal an "Neue Liebe" oder "Schilflied" oder "Venezianisches Lied" oder "Suleika" oder oder oder .

    Hier im Forum in der Unterabteilung Kunstlied (nicht Volkslied!!!!!!!!) bald und teilweise schon jetzt zu lesen.

    Wie serh Mendelssohn der gesanglichen Melodielinie verpflichtet war, zeigen ja auch die erwähnten "Lieder ohne Worte". Wenn es nur um deutsche Liedkomponisten geht ist 8 von 100 noch fast zu wenig. Irgendwo zwischen 5 und 8 sagen wir mal.... :rolleyes:


    F.Q.

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Mendelssohn: Lieder op. 19a


     

    Eine bezaubernd zarte heitere D-dur-Melodie entwickelt sich über einem Teppich von 16teln in der Begleitung, um in einer vokalisenähnlichen melismatischen Wendung zu enden. Die zweite Strophe verdichtet im Aufwärtsstreben der Melodielinie die Ekstase, die die Sehnsucht ausdrückt, der Geliebten in den Armen zu liegen.

    Die Aufnahme mit Nathan Berg lässt gerade in der Zartheit des Vortrags die phonetischen Schwächen (etwas süsse statt süße) hervortreten, immerhin weiß man von Berg her, was Fischer-Dieskau zu singen unternimmt. Ein Geschenk ist die einfühlsame Interpretation von Peter Schreier.

    In dem Walde süße Töne
    Singen kleine Vögelein,
    Auf der Aue Blumen schöne
    Blühen gen des Maien Schein.

    Also blüht mein hoher Mut
    Im Gedanken ihrer Güte,
    Die mir reich macht mein Gemüte,
    Wie der Traum dem Armen tut.


    Peter Brixius

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Felix Mendelssohn: Das erste Veilchen op. 19a Nr. 2

     

    Das zweite Lied aus op. 19a ist ein Meisterstück, schon auf der Höhe von Schubert. Wie auch das erste ist es von einem schwärmerischen Gefühl durchdrungen, ohne sentimental zu werden. In der dreitaktigen Einleitung findet man das gesamte Material des Liedes, das wie die Nr.1 zweiteilig ist. Der erste Teil schildert das Erleben des ersten Veilchen, das mit den Farben und dem Duft des Frühlings beglückt. Weite Bögen in der Gesangsstimme werden von einer duftigen Begleitung unterstützt. Wie dann etwa das Wort Duft innerhalb eines solchen Bogens im sf aufblüht, sich das Wort Lust ausschwingen kann, zeigt das kompositorische und poetische Vermögen Mendelssohns. Am Ende der ersten Strophe stockt die Bewegung, nach einer deutlichen Pause wechselt die Stimmung von F-dur nach f-moll. Fast tonlos im p kommen die Worte "Der Lenz ist vorüber, das Veilchen ist tot". Die fließende Bewegung des ersten Teils hat sich in eine stockende, von Pausen zerrissene verwandelt. Da ereignet sich in der Mitte das Wunder: Ein Blütentraum erwacht (wieder F-dur), die Achtelfigur, die in der Einleitung noch im Diskant eine Sekundreibung vierfach festhielt, erfüllt sich in vollen Akkorden im pp, worauf das Lied leise ausschwingt.

    Die Leistung von Fischer-Dieskau zu beschreiben, macht bei der Größe des Sängers eher traurig. Die kunstvollen weiten Bögen atmen bei ihm nicht, da er über die Pausen hinwegsingt, die Syntax, die dynamischen Vorgaben nicht beachtet. Die feingetönte Stimme von Danemann zeigt, welche Poesie in dem Lied steckt, sorgfältig ihre Artikulation, meisterhaft ihre Pausengestaltung.


    Als ich das erste Veilchen erblickt,
    Wie war ich von Farben und Duft entzückt!
    Die Botin des Lenzes drückt' ich voll Lust
    An meine schwellende, hoffende Brust.

    Der Lenz ist vorüber, das Veilchen ist tot;
    Rings steh'n viel Blumen blau und rot,
    Ich stehe inmitten, und sehe sie kaum,
    Das Veilchen erscheint mir im Frühlingstraum.

    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Winterlied op. 19a Nr. 3

     
     

    Das dritte Lied nach einem balladenhaften Text aus Schweden hält die künstlerische Höhe, die uns in dem Zyklus des jungen Mendelssohn begegnet. Ohne Vorspiel setzt eine schlichte e-Moll-Melodie ein. In der ersten Strophe bittet die Mutter ihren Sohn zu Hause zu bleiben und nicht im Wald seine verirrte Schwester zu suchen. Im Piano gesungen gipfelt die Gesangslinie in dem G (auch piano gesungen!) bei "[findest du] nimmermehr", dem die flehentliche Bitte der Mutter folgt. In der zweiten Strophe spricht der Sohn. Es ist eine nur gering variierte Wiederholung der ersten Strophe des Liedes. Hier gipfelt die Gesangslinie im festen Glauben, die Schwester wiederzufinden: "[die Schwester find ich fanz] gewiß" (auch hier piano gesungen!). Nun spricht der Erzähler. die Strophe beginnt mit einem Unisono, die Melodie muss sich erst finden. Wenn nun der Gipfelpunkt erreicht wird ("[die] Nacht"), steht nun das erste Forte. Während nun die Gesangsstimme die Melodie weiterführt, blüht die Begleitung in einer Sechzehntelbewegung auf. Schwester und Bruder sind nicht aus der Schneenacht wiedergekehrt, aber die Natur erblüht im Frühling. Die Note f auf [Sonnen]schein verlängert sich über der Figuration in der Begleitung auf eine ganze, die Note D auf "[über]all" sogar über drei Takte. Dazu kommt in der Harmonik durch die Chromatik Farbe. Allumfassend ist die Blütenpracht, das Leben der Natur. Mit einem Ritando wendet sich wieder der Blick auf die zurückgebliebene Mutter. Die Melodie wird wieder aufgenommen, die Begleitung führt zu einem lakonischen Ende:
    die Mutter bleibt allein, ihre Kinder kehren nicht wieder zurück.

    Sängerisch sind alle mir vorliegenden Einspielungen befriedigend, nur Fischer-Dieskau besteht auf seinen Eigenheiten (wozu auch ein stolzes Forte bei den Spitzentönen gehört). Daneman und Schreier verstehen es meiner Meinung nach am besten, dieses schöne Lied sängerisch zu formen.


    Mein Sohn, wo willst du hin so spät? Geh' nicht zum Wald hinaus,
    Die Schwester find'st du nimmermehr, O bleib' bei mir im Haus!
    Da draußen ist's so kalt, so rauh, und heftig weht der Wind;
    Bist ganz allein im weiten Wald, o bleib' bei mir, mein Kind!

    O Mutter, Mutter, laß mich zieh'n, trockne die Trän' im Blick,
    Die Schwester find' ich ganz gewiß und bring' sie uns zurück.
    Bis ich sie find', ist doch kein' Rast, ist doch kein' Ruhe hier;
    Den Schnee und Wind bin ich gewohnt, bald kehr' ich heim zu dir.

    Die Mutter sah ihm lange nach, er ging zum Wald hinaus;
    Der Wind ward still, die Nacht verging, doch er kehrt' nicht zum Haus.
    Und der Schnee zerschmolz, der Wind verweht', kam wieder Sonnenschein
    Und Blüt' und Blätter überall: die Mutter blieb allein.


    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Felix Mendelssohn: Neue Liebe op. 19a Nr. 4

     
     
     

    Das vierte Lied des Zyklus, "Neue Liebe", finde ich bei jeder meiner Einspielungen, was ein Zeichen für die Populärität ist. Diese geht wohl am meisten von den Anklängen an die Sommernachtstraum-Musik, die sich hier in einer feinen, immer piano gehaltenen Elfenmusik wieder findet. Ein leichtfüßiger Zug reitet an dem Zuhörer vorbei, mit Hörnerklängen und Glöckchengeklingel. Punktierte Rhythmen stellen den leichten Hufschlag der Pferde dar - die Elfen und ihre Königin reiten durch den Wald. Im Vorüberreiten lächelt die Elfenkönigin dem Erzähler zu, während die Hufe verklingen wird der Gesang stockend, verharrt in einer schmerzlich-chromatischen Geste: "Galt das meiner neuen Liebe? Oder soll es Tod bedeuten?" Doch schon erklingen wieder die Elfenglöckchen und lassen die Frage in ihrem Presto verhallen.

    Das ganze Lied ist ein wunderschönes Charakterstück für das Klavier, der Sänger bzw. die Sängerin muss eine fast atemlose Gesangslinie im Presto und im Piano bewältigen, nur ein Forte ("ihre Hörner hört ich klingen"), sonst nur ein gelegentliches Sforzato. Die Schnelligkeit überfordert vor allem die schweren Stimmen, es macht schon einen Unterschied, ob das Lied 1:59 oder 1:55 dauert. Mir hat bei diesem Lied Peter Schreier am besten gefallen, weil er virtuos das Tempo hält, das Lied mit seinen dynamischen Schwankungen zu gestalten weiß und sehr sorgfältig artikuliert. Bei den meisten ging immer mal wieder ein Konsonant in der Schnelle verloren.



    In dem Mondenschein im Wald
    Sah ich jüngst die Elfen reuten;
    Ihre Hörner hört ich klingen,
    Ihre Glöckchen hört ich läuten.

    Ihre weißen Rößlein trugen
    Güldnes Hirschgeweih und flogen
    Rasch dahin, wie wilde Schwäne
    Kam es durch die Luft gezogen.

    Lächelnd nickte mir die Köngin,
    Lächelnd, im Vorüberreuten.
    Galt das meiner neuen Liebe,
    Oder soll es Tod bedeuten?


    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Nur ganz wenige Ergänzungen aus sängerischer Sicht, da ich dieses Lied schon selbst gesungen habe.

    Es ist neben "Auf Flügeln des Gesanges" Mendelssohns Lied-Hit schlechthin und wie Peter schon sagt- eines der am meisten eingespielten und in Konzerten gesungenen. Leider ist es von den mir bekannten lieder gleichzeitig auch das schwierigste. Neben den grossen Anforderungen, die das Tempo an die Atemführung und Artikulation stellt,gibt es noch die Tessitur, die sich zwischen c1 und a2 aufhält und grosse Intervallsprünge(Oktaven im rasenden Tempo) verlangt. Ganz besonders schwierig ist auch die Schluss phrasse in tiefer Mittellage, langsam und in Gegensatz zu dem atemlosen Ritt als tragische Vorahnung zu singen- und all das auf einem Raum, der ncihtmal zwei Minuten Zeit gibt!

    Wenn nochmal jemand glaubt, Lied sei etwas für Anfänger und viel leichter als Oper zu singen, soll er sich mal neue Liebe vornehmen!


    Für mich steht hier übrigens das Schicksalhafte der Begegnung und ein vorgeahntes und verhängnisvolles Gruseln und Grauen im Vordergrund. Das Leichtfüssige ist nichts als schöner Schein- die Wahrheit dahinter grausig.

    Man(n) begegnet solchen Wesen nciht ohne schwerwiegende Folgen und das Ambivalente im Charakter der Elfenkönigin bringt Mendelssohn wunderbar zum Ausdruck.

    Übrigens ist der Pianist hier genauso gefordert wie der Sänger und hat einige Klippen zu schaffen.

    Und das Zusammenspiel der beiden ist besonders haarig.

    Mich erinnert Schumanns Waldesgespräch aus dem opus 39 stimmungsmässig sehr an "Neue Liebe".

    Barbara Bonney gefällt mir hier besonders gut.

    Dank an Peter für dieses grosse Unterfangen, alle Mendelssohn Lieder einzeln vorzustellen. :klatsch: Ich hatte irgendwo mal eine Einführung zu Mendelssohns Liedschaffen geschrieben, soll die hier nachtrâglich noch eingefügt werden oder ist das zu spät?

    F.Q.


    P.S. Lieber peter, was ist mit deinem freunlcihen Avatar passiert? Dein Vorbild-Ritter schaut dagegen eher grimmig aus.....

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)


  • Ich hatte irgendwo mal eine Einführung zu Mendelssohns Liedschaffen geschrieben, soll die hier nachtrâglich noch eingefügt werden oder ist das zu spät?

    Liebe Fairy,

    Deine Einführung kommt nie zu spät, setze sie hier dazu. Ich habe ja auch nicht mit den ersten Liedern angefangen (die werden nach Abschluss des Zyklus op. 19a nachgeliefert), sondern bin erst einmal mitten hinein gesprungen, um dann bei den früheren (und unbekannteren Liedern) den Weg zu verfolgen bis zu op. 19a. Das Schwesternwerk sind die Lieder op. 19. Wenn sich da jemand noch im Mendelssohnjahr fände, diese ein wenig ausführlicher vorzustellen, wäre das schön.

    Traurigerweise sind, seit ich mich das letzte Mal mit den Mendelssohn-Liedern beschäftigte, einige Einspielungen aus dem Katalog verschwunden, z.T. habe ich Probleme. vernünftige Cover zu finden (die doch sehr hörenswerte Schreier/Olbertz-CD gehört dazu).

    Zitat

    Lieber peter, was ist mit deinem freunlcihen Avatar passiert? Dein Vorbild-Ritter schaut dagegen eher grimmig aus.....

    Freundlichkeit scheint hierzulande dazu zu verführen, dass man Unfreundlichkeiten einheimst. Ein eigenes Bild wird hinterher wohl noch als Personenkult ausgelegt ...

    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Nun gut, dann hier mal meine erste Einführung, die ich für einen Mendelssohn-Lied-Thread konzipiert hatte udn die noch ergänzt werden muss, wenn es um die einzelnen Lieder geht:


    Mendelssohns "Lieder ohne Worte" sind als eigene Gattung in die Musikgeschichte eingegangen, 48 an der Zahl. Die 78 Lieder(wir warten derzeit gespannt auf weitere 40 neu entdeckte!!!) die er komponiert hat, werden im Wikipedia Artikel über den Komponisten nicht einmal erwähnt!


    Selbst Liebhaber und Kenner Mendelssohns sind mit den Liedern selten vertraut
    Eine typische Ignoranz der Stieffkind-Gattung "Kunstlied" gegenüber ?

    Typisch für das Werk Mendelssohns, den Liedern so wenig bzw gar keine Bedeutung zu geben?
    Oder sollte etwa eine minderwertige Qualität diese Werke zurecht in Abseits gestellt haben?

    Letzteres kann ich guten Gewissen kategorisch verneinen, Ersteres muss ich wohl mit Zähneknirschen eingestehen.
    Den mittleren Punkt möchte ich gerne etwas näher unter die Lupe nehmen.

    Mendelssohn hat seit seiner frühen Jugend Lieder komponiert und auch selbst mit offenbar ansprechender Tenorstimme in den regelmässigen Hausmusiken der Familie gesungen. Er stand lange der Berliner Singakademie seines Musiklehrers Zelter nahe und Vokalkompositionen nahmen im Raum eines jeden Komponisten, der damals nach Ruhm und Anerkennung strebte, einen grossen Raum ein. Mendelssohn wurde von grosser Sehnsucht gedrängt, eine erfolgreiche Oper zu schreiben und dass ihm das Zeit seines Lebens nicht gelingen sollte, war sowohl für ihn als auch für seine Eltern eine herbe Enttäuschung.
    Er selbst schreibt an seinen Freund, den Schauspieler Devrient
    "ich sehne mich jeden Tag neu danach, eine Oper zu schreiben"
    Und noch im vorletzten Brief seines Vater steht klar und deutlich der "Befehl" :
    "Du musst eine Oper schreiben".

    Mendelssohns berümt gewordene Vokalwerke sind aber bekanntlich geistlicher Natur (wengleich der Elias und der Paulus für mich durchaus Operncharakter haben!) und darin spiegelt sich auch ein grosser Teil seiner inneren "Biographie" .


    Robert Schumann hat seiner Clara zur Hochzeit den Liederkreis "Myrthen" gewidmet( darin das empathischste aller Liebeslieder "Widmung"), Mendelssohn dagegen komponierte für seine Braut Cécile den Psalm 42.

    Die Auseinandersetzung mit reiligiösen Themen spielte in seinem Werk eine weitaus grössere Rolle als die Vertonung weltlicher Texte und das hängt gewiss unmittelbar mit seiner reiligiösen und gesellschaftlichen Identitäts-Suche als konvertierter Jude zusammen.
    Wie zweischneidig dieses Schwert schon zu Mendessohns Lebzeiten gewesen ist (erst recht danach! Man lese nur Wagners Auslassungen über ihn und die Verfemungen der Nationsozialisten), soll nur ein Zitat aus einem Brief Zelters an Goethe zeigen, mit dem Zelter 1821 den Besuch des Knaben Felix Mendelssohn bei Goethe ankündigt:
    Er komme mit einem 12 jährigen munteren Knaben, seinem Schüler, dem Sohn des Herrn Mendelssohn. Dieser sei zwar ein Judensohn, aber kein Jude. Der Vater habe mit bedeutender Aufopferung seine Söhne nicht beschneiden lassen und erziehe sie, wie es sich gehört "es wäre einmal eppes wirklich Rores, wenn aus einem Judensohn ein Künstler würde".( zitiert nach Th. Lackmann "Das Glück der Mendelssohns")

    Goethe war übrigens von diesem "himmlischen und göttlichen Knaben" begeistert und blieb ihm als väterlicher Freund verbunden.

    Neben den herausragenden geistlichen Vokalwerken Mendelssohns bleiben seine Lieder tatsächlcih eher eine Marginalie, in absolutam sind sie es allerdings keineswegs, denn sie begleiten seinen gesamten Weg als Komponist.

    Man hat Mendelssohn vorgeworfen, er sei zu glücklich gewesen, um tiefgründige Musik zu komponieren und demzufolge kämen auch seine Lieder in Tiefe und Bedeutung nicht an die wegweisenden Werke eines Schumann oder Schubert heran.
    Abgesehen davon, dass ich es als sarkastischen Hohn empfinde, glûckliche Schönheit für minderwertig zu halten, sehe ich Mendelssohns Lieder als ein notwendiges Bindeglied zwischen Klassik und Romantik an.
    Von Beidem haben sie das Beste in sich und sind ganz bezaubernde Perlen der Gesangsliteratur.
    Mendelssohns melodoscher Einfallsreichtum, sein Sinn für die Schönheit einer Gesangslinie, die ja auch in den Liedern ohne Worte so eklatant zum Ausdruck kommt sind einzigartig.
    Dass er die Klavierbegleitung noch nicht so differenziert in den Dienst der Textausdeutung stellt wie das Schubert und vor allen dingen Schumann nach ihm getan haben, ist noch der klassischen Lied-Begleit-Kultur verschuldet, über die er jedoch bereits ein gutes Stück hinauswächst(siehe z.B. "Neue Liebe" oben).
    Die Lieder sind aber ncith deswegen minderwertig , weil sie noch nciht den letzten Schritt zur romantischen Epoche vollzogen haben.
    Mozarts Oper würde auch niemand im Vergleich mit Wagners Opern als minderwertig bezecihnen- oder etwa doch ? ?(

    F.Q.

    P.S. Lieber Peter, ich fröne fröhlich weiter meinem Personenkult und habe deswegen in DIESEM Forum noch nie eine Unfreundlichkeit eingeheimst. :shake: :angel:

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Felix Mendelssohn: Gruß op. 19a Nr. 5

     
     


    John Haylack will in seiner Einführung im Booklet der Daneman/Asti-CD Fanfarenklänge am Anfang von "Gruß" op. 19a Nr. 5 hören. Was da aber am D-dur-Akkord entlang andante und piano mit Quinten und Terzen vom Bass emporsteigt, um am Ende mit einem kleinen Seufzer wieder auf D-F zu landen, sind eher Hörnerklänge. Ein ruhiges, verträumtes Strophenied, in dem nach der stimmungsvollen Einleitung die Töne des D-dur-Dreiklangs auf und abschweben. Ein Lied, das von Frühling und von Liebe spricht, was sollten wohl da die Fanfaren suchen?

    Leider hat wohl Sophie Daneman die Bemerkung von Haylack gelesen, sie bewältigt entsprechend die 15 Takte des Liedes in einer Rekordzeit. Von den gehörten Einspielungen hat mir wiederum die von Peter Schreier am besten gefallen (auch der sensiblen Begleitung von Walter Olbertz wegen). Während Daneman das Lied in 1:15 singt, lässt es Peter Schreier in 1:49 mit dem ganzen Frühlingsduft atmen.


    Leise zieht durch mein Gemüt
    Liebliches Geläute,
    Klinge, kleines Frühlingslied,
    Kling hinaus ins Weite.

    Kling hinaus bis an das Haus,
    Wo die Blumen sprießen,
    Wenn du eine Rose schaust,
    Sag, ich laß sie grüßen.

    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Zitat

    ='FairyQueen', Etliche Lieder sind zwar von gut ausgebildeten Amateuren zu singen,(besonders auch die Lied-Duette) aber trotzdem keine Volkslieder!(ich habe gar ncihts gegen Volkslieder, im Gegenteil, das nur prophylaktisch :hide: )

    Und es sind wahre Juwelen dabei- ich denke mal an "Neue Liebe" oder "Schilflied" oder "Venezianisches Lied" oder "Suleika" oder oder oder .

    F.Q.

    Liebe Fairy und lieber Peter,

    habe gerade mit großer Begeisterung und Interesse Eure Beiträge gelesen, denn seit des ARD-Wettbewerbs bin ich ja ein totaler Kunstlied-Fan geworden. Die Müllerin läuft jetzt fast ununterbrochen, aber mein tägliches Gutenachtlied ist eben Mendelssohns Schilflied. Inzwischen singe ich schon mit, da wirklich wunderschön und ein richtiger Ohrwurm, auch nicht zu kompliziert.

    Am Montag Abend wird Falko Hönisch dieses Lied im Gasteig live singen und darauf freue ich mich natürlich unglaublich. Muss dann aber ein :stumm: auf meinen Mund kleben, denn alleine hört er sich natürlich viel besser an :D

    :wink: Ingrid

  • Ich erlaube mir, diesen Threads wieder aus der Versenkung zu holen ;+)

    :wink: :wink:

    Christian

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Habe vor einiger Zeit, die hier schon genannte Schreier/Olbertz-Aufnahme auf Platte für nen Groschen erstanden und zu Hause natürlich auch angehört, nachdem ich so begeistert von Schreiers Müllerin war.
    Beim Hören blieb ich allerdings etwas ernüchtert zurück.
    Nun, das mag an vielem liegen, an mir, an Schreiers Interpretation oder daran, dass mir Mendelssohns Lieder nicht liegen. Außer seinem "Sommernachtstraum" bin ich auf dem Gebiet sowieso völlig grün. Da ich bisher noch keinen Vergleich habe, kann ich schlecht einschätzen, was das "Problem" ist.
    Mir erscheint die Platte unspannend und rieselt so vor sich hin. Auch ist mir keines der Lieder in größerer Erinnerung geblieben.

    "Allwissende! Urweltweise!
    Erda! Erda! Ewiges Weib!"

  • Mir gefallen die Mendelssohn-Lieder in den Aufnahmen von Josef Protschka:
    und
    (zur Zeit als Second Hand auf dem Marktplatz noch erschwinglich).

    Schreier/Olbertz habe ich noch als LP, kann mich aber nicht richtig daran erinnern.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Der Verlassene

    Schade, dass ich diesen Thread erst heute entdeckt habe, denn sonst hätte ich sicherlich schon früher etwas hier beigetragen. Die von Peter eingangs zitierte Passage aus Eric Werners Machwerk "Eine Lanze für Felix Mendelssohn", das eher "Eine Lanze auf Felix Mendelssohn" heißen sollte, ist sehr charaktersitisch. Werner wollte unbedingt Mendelssohn zu einem jüdischen Beethoven stilisieren. Dass Mendelssohn nicht komponieren wollte wie Beethoven und zudem tiefgläubiger Christ war, hat Werner nur peripher interessiert. Die Liste an von Werner denunziierten Mendelssohnwerken ist lang und es überrascht nicht, dass dessen Lieder auch darunter sind. Wer gerne Klavierlieder mit schönen Melodien hat, wird bei Mendelssohn bestens bedient. Wer Schumanns doppelbödige Ironie schätzt, wird hingegen nur fallweise bei Mendelssohn auf seine Kosten kommen. Soviel dazu.
    Ein Lied, das ich hier vorstellen möchte, ist "Der Verlassene". Dieses höchst bemerkenswerte Stück ist auf einen Text unbekannter Herkunft komponiert (möglicherweise von Mendelssohn selbst gedichtet) und ist von einer Schwärze, die Mendelssohn erst wieder im f-Moll Streichquartett erreicht. Was mich jedes Mal fassungslos zurücklässt, ist die erwähnenswerte Tatsache, dass Mendelssohn erst 12 (!) Jahre alt war, als er dieses Lied komponierte. Es entstand also vor Schuberts "Schwanengesang, dessen Heineliedern es mir sehr verwandt erscheint. Hört selbst die Aufnahme von Fischer-Dieskau und Hartmut Holl:

    "

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    Meine Lieblingsaufnahme ist allerdings die von Stephan Loges und Eugene Asti:

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Ein Lied, das ich hier vorstellen möchte, ist "Der Verlassene". Dieses höchst bemerkenswerte Stück ist auf einen Text unbekannter Herkunft komponiert (möglicherweise von Mendelssohn selbst gedichtet) und ist von einer Schwärze, die Mendelssohn erst wieder im f-Moll Streichquartett erreicht. Was mich jedes Mal fassungslos zurücklässt, ist die erwähnenswerte Tatsache, dass Mendelssohn erst 12 (!) Jahre alt war, als er dieses Lied komponierte. Es entstand also vor Schuberts "Schwanengesang, dessen Heineliedern es mir sehr verwandt erscheint

    Ein spannendes Stück, das jenseits seiner Schönheit zu unterschiedlichen Assoziationen führt.
    Ich weiß nicht, ob es im Original für Baßstimme gedacht war, aber die melodische Linie und das Verhältnis zum Klavier lassen an Lieder denken, die Schubert ca 1818 für die am Belcanto geschulte Baßstimme des Grafen Esterházy komponierte, etwa Das Abendrot.
    Die Harmonie schaut aber auch nach vorne und so findet man sich unerwarteterweise an Hugo Wolf erinnert.
    Kantable Linie, sparsame aber effektive Begleitung charakterisieren auch ein Schumann-Lied, das sich beim Anhören vom Verlassenen in die Erinnerung drängt: Requiem op. 90 Nr7, hier auch mit Fischer-Dieskau:
    "

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    Als Schumann es komponierte, war Mendelssohn bereits zwei Jahre tot.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Ich habe mir jetzt "Das Abendroth", D627, endlich anhören können und stimme zu, dass es streckenweise an Mendelssohns "Der Verlassene" erinnert. Allerdings empfinde ich das Stück insgesamt mehr morbide als verzweifelt. Auf jeden Fall ist es aber erstaunlich, dass das Lied so unbekannt geblieben ist!

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Nachtlied, op. 71/6

    Mein Lieblingslied von Mendelssohn ist sicherlich das "Nachtlied", welches Mendelssohn als letztes Lied des Hefts op. 71 kurz vor seinem Tod veröffentlichte. Das Gedicht stammt von einem Dichter, den Mendelssohn besonders gerne vertont hat: Joseph von Eichendorff.

    Vergangen ist der lichte Tag;
    Von ferne kommt der Glocken Schlag.
    So reist die Zeit die ganze Nacht,
    Nimmt manchen mit, der's nicht gedacht.

    Wo ist nun hin die bunte Lust,
    Des Freundes Trost und treue Brust,
    [Des Weibes]1 süßer Augenschein?
    Will keiner mit mir munter sein?

    Da's nun so stille auf der Welt,
    Ziehn Wolken einsam übers Feld,
    Und Feld und Baum besprechen sich, --
    O Menschenkind, was schauert dich?

    Wie weit die falsche Welt auch sei,
    Bleibt mir doch Einer nur getreu,
    Der mit mir weint, der mit mir wacht,
    Wenn ich nur recht an ihn gedacht.

    Frisch auf denn, liebe Nachtigall,
    Du Wasserfall mit hellem Schall!
    Gott loben wollen wir vereint,
    Bis daß der lichte Morgen scheint!

    Von den fünf Strophen vertonte Mendelssohn nur die ersten beiden und die letzte. An einer Stelle ist der Text verändert ("des Weibes" in der zweiten Strophe wird zu "der Liebsten"), allerdings ist nicht bekannt, ob der Text in der ursprünglichen Version aus 1845 auch verändert war. Mendelssohn bearbeitete das Lied nämlich in 1847 nach dem Tod seiner Schwester noch einmal, und mir drängt sich der Gedanke auf, dass auch dieses Lied eine Art Requiem für Fanny sein könnte. Wenige Wochen vor seinem Tod ließ sich Mendelssohn dieses Lied mehrmlas hintereinander von Jenny Lind vorsingen und brach in Tränen aus.
    Die Stimmung des Liedes erinnert mich stark an die Spätromantik und eigentlich wäre das Stück sehr geeignet für eine Orchesterbearbeitung. Die ersten beiden Strophen sind musikalisch identisch. Die Singstimme wird vom Klavier mit Figurationen begleiet, die atark an Glocken erinnern, wodurch eine Art Trauerstimmung erzeugt wird. Die dritte Strophe weicht völlig von den ersten beiden ab: ein leidenschaftlicher Aufruf, in einem Wechsel aus Dur und Moll, Gott zu loben, verstummt sogleich wieder, den Blick bereis auf das Jenseits gerichtet. Ein Abschied von der Welt.

    Die ergreifendste Einspielung dieses Liedes ist wohl Janet Baker zusammen mit Geoffrey Parsons gelungen. Baker nimmt sich fast einenhalb Minuten mehr Zeit als alle anderen - unglaublich. Mahler steht da schon an der Ecke.

    Wirklich sehr schön ist aber auch die Aufnahme von Maria Stader, die bei youtube zu finden ist:

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  • Das Waldschloss

    "Das Waldschloss" auf ein Gedicht von Eichendorff ist ein Sonderfall in Mendelssohns Liedschaffen, denn das 1835 entstandene Lied erinnert textlich und athmosphärisch sehr stark an Schumanns Liederkreis op 39. Die Klavierbegleitung besteht im wesentlichen aus beständig wiederholten Hornrufen und ihren Echos, während dem stark deklamatorischen Gestus der Singstimme der typisch mendelssohnsche Melos völlig abgeht.

    Wo noch kein Wandrer gegangen,
    Hoch über Jäger und Roß
    Die Felsen im Abendrot hangen
    Als wie ein Wolkenschloß.

    Dort zwischen Zinnen und Spitzen
    Von wilden Nelken umblüht
    Die schönen Waldfrauen sitzen
    Und singen im Winde ihr Lied.

    Der Jäger schaut nach dem Schlosse;
    "Die droben, das ist mein Lieb".
    Er sprengt von dem scheuenden Rosse –
    Weiß keiner, wo er blieb.

    Diese Szene, mit ihren Sujets der Waldes- und Ritterromantik, hätte ohne weiteres sehr gut in Schumanns op. 39 gepasst. Mich hat das immer sehr frappiert und ich fragte mich, ob Schumann dieses Lied ohne Opuszahl bei Mendelssohn in Leipzig gehört haben könnte, bevor er sich an die Komposition seines Liederkreises gemacht hatte. Leider wurde ich weder in den Begleittexten diverser CDs (das Lied wurde recht häufig eingespielt) noch in Larry Todds Biographie fündig. Kürzlich erwarb ich jedoch die Gesamteinspielung der "Sammlung von Musikstücken alter und neuer Zeit", die Schumann in mehreren Heften seiner "Neuen Zeitschrift für Musik" in den Jahren 1838-1841 beilegte. Und siehe da: "Das Waldschloss" ist gleich die allererste Beigabe und wurde also von Schumann selbst im Jahre 1838 publiziert (zwei Jahre vor der Komposition seines op. 39). Mendelssohn hatte Schumann das Lied zur Publikation überlassen.


    Auf Youtube gibt es die Aufnahme von Fischer-Dieskau und Sawallisch zu hören:

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