Lieber Ingo, interessieren würde mich halt nur, inwiefern Du die Musik Silvestrovs für geeignet hältst, die Diskussion hier fortzusetzen. Was meinst Du?
:wink1:
Lieber Ingo, interessieren würde mich halt nur, inwiefern Du die Musik Silvestrovs für geeignet hältst, die Diskussion hier fortzusetzen. Was meinst Du?
:wink1:
Vielleicht lohnt es, diese Diskussion nicht abstrakt im Zusammenhang mit der vermutlich nicht sonderlich ertragreichen These dieses Threads sondern konkreter im Kontext von Silvestrov zu führen, zu dem es einen eigenen Faden gibt.
Ich bin nach wie vor ein Zuhörer, der spontanen Hörgefallen schätzt.
Nun, diesen hatte ich bei Silvestrovs Musik sofort empfunden, obwohl seine Musik so ist, wie im diesbezüglichen Thread beschrieben. Bisher habe ich in letzter Zeit sehr viel bei der Filmmusik gesucht, Silvestrovs Musik aber ist als rein symphonische Musik viel zwingender, da frei von kommerzieller Bindung. Frappierend: Die Vierte und Fünfte von Silvestrov sind mittlerweile auch schon 40 Jahre alt - ein Glück gibt es unser Forum, welches mich darauf gestossen hat...
Alles anzeigenWie ich schon weiter oben angedeutet habe halte ich die "moderne" oder besser "avantgardistische" Musik, insbesondere auch was einen dortigen Einsatz von atonalen und - oder seriellen Prinzipien betrifft nicht für einen Evolutionsfehler, denke aber weiterhin, dass der Selektionsdruck ausgelöst durch so etwas wie das Kriterium eines "spontanen Hörgefallen" hier bereits heute schon deutlich seine Spuren zeigt: Will sagen: "avantgardistische" Klänge dienen heutzutage eher als ein der Komposition an sich untergeordnetes Stilelement. Dafür verrichten sie aber meiner Meinung nach einen hervorragenden Dienst.
Das kann ich deshalb mit Hörerfahrung speisen, weil ich ja nach wie vor ein grosser Freund von Filmmusik bin.
Deren situationsbeschreibender / untermalender Charakter profitiert sehr von "avantgardistischen" Sounds...
Beispiele: Nun da verweise ich mal auf das bisherige Werk von Elliot Goldenthal - dieser Schüler von Aaron Copland ist momentan nicht sonderlich aktiv, hat aber bereits viele Filmmusiken mit spätromantischen Duktus hinterlassen. Es gibt auch ein sehr erwähnenswertes freies Werk: Sein Vietnam Oratorium, wobei es sich hierbei strenggenommen um eine gewaltige dreisätzige Chorsymphonie handelt.
Da meine Hörerfahrungen rein emotional sind kann ich leider nicht sagen, wieviel der in Goldenthals Werk vorhandenen dissonanten Spannungsmomente tatsächlich atonaler Natur sind. Nur klingen tun sie in meinen Ohren schon teilweise avantgardistisch.
Ich habe sehr lange daran geglaubt, dass Goldenthal die aktuelle Musikgeschichte noch entscheidend mit Werken füttern wird - momentan sieht es danach leider nicht aus.
Eines habe ich in den letzten Jahren aber auch gelernt: Neben der sogenannten "Klassik" findet man sehr sehr viel Musik, die mindestens ebenso wichtig für die aktuelle Musikgeschichte ist als unter "Klassik" oder "E-Musik" eingestufte Sachen.
Für mich gilt also folgendes Zwischenergebnis:
Sogenannte "moderne klassische Musik" insbesondere auch die mit atonaler oder serieller Kompostionstechnik ist für mich definitiv kein Evolutionsfehler, sondern scheint auch das Ergebnis eines Auslotens von Grenzen der kompositorischen Machbarkeit zu sein. Vorreiter dafür sind sicher Schönberg (der Erfinder? oder bessser Subsummierer des 12-Ton-Kompostionsprinzips), aber auch der hier schon oft genannte Karl Heinz Stockhausen und viele ander einschlägige Komponisten (Nono, Ligeti...). Ausloten von Grenzen: Nun da ist auf jedem Fall Wagners Tristan ein gutes Beispiel, der ja nur allzuschön zeigt, wie stark man es mit Chromatik treiben kann, dass die Tonalität an sich hier tatsächlich im Auflösungsprozess zu befinden scheint. (Was aber nicht bedeuten soll, dass der Tristan atonal ist, nein hier werden letztendlich immer alle Töne wieder "eingeräumt").
Es ist sicher ein Irrweg zu glauben, dass die Minimalistik eines Philip Glass an sich die Lösung des Konfliktes zwischen Avantgarde und Bedienung des Hörgefallens durch "erwarteten Wohlklang" darstellt, dazu ist diese Kompositionstechnik allein genommen zu wenig gehaltvoll, ja bisweilen austauschbar.
Wohl kann aber die Minimalistik neben der Technik des Kontrapunktes sehr interessante und komplexe Klangereignisse erzeugen, wie in vielen mir bekannten neueren Musiken (leider auch wieder überwiegend Filmmusiken) schon seit längerem angewendet wird.
Auch wenn ich mir mit meiner emotionalen Hörerfahrung hier wohl recht stark aus ein Hochhausfenster lehne:
Ich glaube immer mehr, dass zumindest für den "abendländischen" (europäisch/amerikanischen) Hörer letztendlich eine tonale Musik angereichert mit zumindest avantgardistisch klingenden Elementen, minimalistischen Elementen, Elementen des Jazz und natürlich auch anderen von vielen unter "U-Musik" subsummierten Klangereignissen die Richtschnur sein wird. Auch der elektronischen Musik (Stichwort Kraftwerk, Tangerine Dream...) kommt hier eine nicht unerhebliche Bedeutung zu.
Für mich erfüllen die Werke eines Elliot Goldenthal, aber auch die einer Björk Gudmundsdottir beispielsweise obenstehende These.
Desweiteren finde ich aber auch solche, leider eher lokalen Sachen wie das Jesus.Oratorium von Maria Scharwieß auf seine Art richtungsweisend. Dazu gibt es hier bereits einen Thread...
Als unverzichtbare bisherige Meilensteine der Musikgeschichte möchte ich basierend auf obenstehenden Ausführungen gemäss meiner Sichtweise noch benennen:
Johann Sebastian Bach; Ludwig van Beethoven; Richard Wagner; Arnold Schönberg; Philip Glass; John Lennon
Bin immer noch gespannt, wer der Nächste in dieser Reihe sein wird ... bisher hab ICH da noch keine richtige Idee.
David Bowie ist für mich ein weiterer Meilenstein.
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