Was ist schön im 20. Jh.?

  • Aber zum Beispiel finde ich Schönbergs Phantasie für Violine und Klavier weder schön noch mitreißend.


    Nichtmal die Stelle von 2:49 - 3:33?

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne deine Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklärst du dich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Für mich ist die Phantasie unglaublich mitreißend und mindestens die erwähnte Stelle unglaublich schön... :wink:

  • Ich bin jetzt brav bei 2:49 eingestiegen, fand es aber ab 4:47 besonders schön.
    :thumbup:

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Irgendwann weiter oben [EDIT: vor Beitrag 14] wurde ja gesagt - ich glaube, von putto -, ihm sei nicht recht klar, warum Lachenmann nicht "schön" sein sollte, wenn man das für Bartok oder Schostakowitsch beansprucht. Und im Sinne der Schönheit des Elgar'schen Cellokonzerts [oben war es Rodrigo :P ] käme keiner dieser drei Komponisten wirklich zur Geltung - woraus man nur nicht schließen dürfe, sie sei wirklich "schöner" [meine Deutung jetzt, wahrscheinlich]. Ich habe dann kurz meine Zustimmung formuliert.

    So wie die Lehre der Ästhetik nicht nach äußerer Schönheit fragt, sondern nach innerer, im Sinne von Geschlossenheit, Form, Individualität des Stils und was der Attribute mehr sein mögen - die rezeptionsästhetischen dürfen hinzukommen -, könnte man sich in der Tat streiten, was Schostakowitschens Leningrader, was Beethovens Wellingtons Schlacht - :hide: - nun schöner macht als ein Werk von Lachenmann.

    Es ist wie so oft eine Frage der Terminologie. Aber die wollen und müssen wir nicht lösen. ;+) :)

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Georgische Volksmusik ist geschriene Gotik.
    :hide:


    Das vokale Schönheitsideal der Gotik soll "laut und hoch" gewesen sein - paßt also bestens.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Dagegen ist für mich viele elektronische Musik oder solche mit "extremen Spieltechniken" erst einmal eine ziemlich Hürde. [...]

    Am besten kann ich mich darauf einlassen, wenn ich mir es als etwas anderes und neuartiges zusammenreime. Es gibt so ein Stück von Xenakis, "Polytope", das bei einer Weltaustellung zusammen mit einer Light-Show gebracht wurde und das klingt wie ein "künstliches Gewitter". Das mag faszinieren, ist aber für mich nicht mehr ohne weiteres "schön".


    Wobei es aufschlussreich ist zu wissen, dass Lachenmann Schönheit gerade als "Verweigerung von Gewohnheit" definiert.

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • Moin,

    ich habe mal in Xenakis's Persepolis und Polytope reingehört, das finde ich spannend, wenn auch nicht auf den Punkt gebracht. Ein stringentes elektronisches Gewitter gibt es übrigens von Robert Henke ('Signal to noise'). Auf der anderen Seite gibt es auch Vieles, was mir nicht gefällt - ich habe hier eine fast unhörbare CD vom "Collectief & Cie" - das lässt sich in meinen Ohren nur als "Elektronik-Müll" bezeichnen - dabei klingt es nicht schräg, sondern einfach nur langweilig, gekünstelte l'art pour l'art (zählt wohl zur Avantgarde, ist aber nur Avon Gard).

    Atonalen Wohlklang kenne ich vor Allem von Morton Feldman, ich nenne mal 'Ixion' und 'For Bunita Marcus'. Das Violinkonzert von Chin Un-suk finde ich übrigens auch phänomenal gut.

    Womit ich mich noch nie anfreunden könnte, sind aggressive Klänge. Andere würden es als fetzig bezeichnen; mich nervt es nur. Strawinskis Sacre ist für mich schon auf der Grenze...

    Links:
    Signal to Noise "http://www.discogs.com/Robert-Henke-S…e/master/489672
    Collectif & Cie "http://www.discogs.com/Various-Granulation/release/489916
    Ixion "http://www.discogs.com/Morton-Feldman…release/1502103
    For Bunita Marcus "http://www.discogs.com/Morton-Feldman…s/master/188942
    Chin Violinkonzert "http://www.discogs.com/Unsuk-Chin-Roc…release/6665991

    Helli

  • "Gewitter" war meine persönliche Interpretation, vielleicht ist das auch eher fragwürdig. Es hat wohl nicht den Spannungsbogen eines Gewitters.
    Ich bin insgesamt kein allzu großer Freund elektronischer Musik und auch nicht des Geräuschhaften. Gestern abend habe ich zufällig kurz vor 12 im Radio (hr 2) irgendwelchen Free Jazz? gehört, bei dem mit Trompeten sehr eigentümliche Geräusche hervorgebracht wurden; auch so etwas finde ich meistens nervend und unattraktiv (leider finde ich auf der hr2-Seite noch nicht, was das gewesen ist).

    Gegen "traditionell aggressiv", von Beethoven bis Stravinsky und Schostakowitsch habe ich nichts einzuwenden, das ist oft meine Lieblingsmusik ;+). Aber wenn ich nicht mehr unterscheiden kann, ob "emotional aggressiv" oder nervtötend brutal und laut, lieber nicht.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Ich habe jetzt in die Fantasie für Violine und Klavier von Schönberg, wie von Melione verlinkt, noch einmal reingehört und kann eher bei der von putto angeführten Stelle "schönes" finden. Insgesamt spricht mich das Stück aber leider immer noch nicht an. Mir scheint das Werk, im Gegensatz zu den Bartokschen Violinsonaten, auch nicht so spezifisch für Geige gedacht zu sein, denn viel typisch geigerisches höre ich nicht. Schrille Töne könnte man ja auch auf der Klarinette darstellen. Naja, vielleicht wird es noch mal was. Zurzeit gefallen mir die Orchestermusik von Schönberg und zumindest die Streichquartette besser......

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Ich habe gestern brav in Bartóks 2. Klavierkonzert reingehört, langsamer Satz, die Harmonik ist natürlich sehr schräg im Gegensatz zur homogen-samtenen pianissimo-Streicherbesetzung. Man kann das also auch als "Klänge" statt "Akkorde" hören, dann hat es vielleicht eine Art "Wohlfühlfaktor". Aber für Otto Normalverbraucher ist das immer noch "Hurz".

    Mir persönlich liegt einfach Lachenmann mehr, da ziehen mich die "Klänge" mehr in ihren Bann und somit kommt das dann subjektiv als "schöner" rüber, bei Bartóks Stücken muss ich einfach etwas mehr "üben".

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Man kann das also auch als "Klänge" statt "Akkorde" hören, dann hat es vielleicht eine Art "Wohlfühlfaktor".


    Genau so würde ich das sehen. Deshalb finde ich nicht, dass Bartok so superpolyphon denkt. Oft sind die Klänge selbst viel bedeutender (gerade in der mittleren Phase), und das Klangliche finde ich oft faszinierend. Natürlich hat Bartok fallweise auch dicht kontrapunktisch geschrieben aber so ein Fugenfex wie Hindemith war er nicht.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Atonalen Wohlklang kenne ich vor Allem von Morton Feldman, ich nenne mal 'Ixion' und 'For Bunita Marcus'. Das Violinkonzert von Chin Un-suk finde ich übrigens auch phänomenal gut.

    Womit ich mich noch nie anfreunden könnte, sind aggressive Klänge. Andere würden es als fetzig bezeichnen; mich nervt es nur. Strawinskis Sacre ist für mich schon auf der Grenze...

    Dann wäre dir möglicherweise ziseliertes Mäandern vom Cageschen Klavierkonzert nicht so fern: „http://www.youtube.com/watch?v=piuQxyIsGbY“

    ..oder zart geschichtete Mini-Ameisenhäufchen seiner Freeman-Etudes:
    http://www.youtube.com/watch?v=YflfGMo3O2Q“

    oder das fein gesponnene Violinkonzert von Mark Andre:
    http://www.youtube.com/watch?v=_GIJlv9iswk“

    ich persönlich mag’s allerdings auch sehr, wenn Mucke wütend in die Lauscherchen reintritt/foult ..... diese aggressive Gestalt von Schönheit fetzt ebenso wie Cage
    z.B. geile Aggro-Mucke wäre:

    Kopfsatz von Schönbergs 3. Streichquartett
    http://www.youtube.com/watch?v=9TDlBCrK56E“
    (leider ist Link mit Aron Quartett tote Hose, da kommt 1. Satz vehementer + geschärfter rüber)

    der Beginn und Reprise seines Streichtrios (siehe auch Thread )
    http://www.youtube.com/watch?v=L_yCNlXjJGo“

    schneidend auch Ferneyhoughs hammermäßige Sonatas for Stringquartet:
    http://www.youtube.com/watch?v=mS1kt3v7itU“

    ...was vielleicht mal als schön galt, kann zum Hässlichen werden:
    bei sog. tonaler Mucke z.B. weichgespülte Eckel-Hintergrundsbeschallung beim Shoppen (inklusive beim Scheißen auf Kunden-Lokus), überzuckerter Rutter-Sound oder anbiedernde gleichförmige Rhythmen beim Techno......
    Schön gerät dann Mucke, die solch Einheitsbrei konsequent-abweisend ihren Arsch zuwendet und sich nicht ohne weiteres einschlürfen lässt...

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann


  • Genau so würde ich das sehen. Deshalb finde ich nicht, dass Bartok so superpolyphon denkt. Oft sind die Klänge selbst viel bedeutender (gerade in der mittleren Phase), und das Klangliche finde ich oft faszinierend. Natürlich hat Bartok fallweise auch dicht kontrapunktisch geschrieben aber so ein Fugenfex wie Hindemith war er nicht.

    Gibt es da Aussagen Bartóks dazu? Ich bin etwas skeptisch. Bei Langgaards Sphärenmusik stimmt das wohl so, bei Bartók würde ich die Harmonik und Stimmführung nie ganz ausblenden wollen. Allerdings - wenn Du's ausblendest - hast Du ohnehin eine Klangfarbenmelodie (siehe Schönbergs op. 16) und keine harmonischen oder polyphonen Hörhilfen, dann solltest Du auch mit Lachenmann zurechtkommen, eigentlich, oder mit Grisey etc. etc.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Gibt es da Aussagen Bartóks dazu? Ich bin etwas skeptisch.


    Aussagen von Bartok dazu kenne ich jetzt nicht, aber sein Biograph Tadeusz Zielinski, der sehr analytisch das Werk Bartoks durchleuchtet, zeigt auf, dass bspw. die Nachtmusik aus der Klaviersuite "Im Freien" praktisch reine Klangmusik ist. Ich habe übrigens noch nichts von Lachenmann gehört - vielleicht gefällt er mir ja. Schönbergs op. 16 finde ich jedenfalls genial.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.


  • Jetzt hab ich endlich all die geilen Links aus deinem Eingangspost angehört, jetzt kommst du schon wieder mit Links... :D

  • Bei Ferneyhough vielleicht doch besser ein reiferes Streichquartett nehmen ...

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Besonders "klangorientiert" ist die Musik des Spektralismus, als Hauptwerk gilt vielleicht "Les Espaces Acoustiques" (1974-85) von Grisey:

    (Ich habe die andere Aufnahme, aber die hat derzeit Mondpreise.)
    Allerdings finde ich "knochentrocken strukturierte" Musik genauso schön. ;+)

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Herrlich :D :D :D :D :juhu: :juhu: :juhu: :juhu: :thumbup: :thumbup: :thumbup:

    "

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne deine Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklärst du dich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.
    "

    Herzliche Grüße
    AlexanderK

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!