Stummheit / Schweigen / Verschwiegenheit in der Musik

  • Schubert, Mignon I (1. Bearb. d726, 2. Bearb. d877,2) Text von Goethe.

    Heiß mich nicht reden, heiß mich schweigen,
    Denn mein Geheimnis ist mir Pflicht;
    Ich möchte dir mein ganzes Innre zeigen,
    Allein das Schicksal will es nicht
    ...


    lg vom eifelplatz, Chris.

  • OCTAVIAN: Ich muß jetzt was reden, und mir verschlagt's die Red'
    Richard Strauss: Der Rosenkavalier, III.Aufzug

    ______________________

    Homo sum, ergo inscius.

  • Schubert, Mignon I (1. Bearb. d726, 2. Bearb. d877,2) Text von Goethe.

    Heiß mich nicht reden, heiß mich schweigen,


    ach ja, und Schumanns Vertonung op.98a Nr. 5

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Silentium! Ihr Leute, und höret mich! Seid stille, spitzt die Ohren!
    (Dulcamara in Donizetti, Liebestrank)
    Ok, die Übersetzung ist nicht korrekt:
    Udite, udite oh rustici! Attenti, non fiatate! - Hört, hört ihr Bauern! Passt auf, atmet nicht!
    Aber wer nicht atmet, kann ja wohl auch nicht reden, oder?

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • "Silentium, Silentium! Macht kein Reden und kein Gesumm"

    Chor in der Festwiesenszene Meistersinger 3. Aufzug

    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • SYMON: Soll ich reden? Darf ich schweigen? Teuer ist jetzt guter Rat

    Carl Millöcker: Der Bettelstudent

    ______________________

    Homo sum, ergo inscius.

  • Schönberg , op. 15 Nr. 11

    Als wir hinter dem beblümten Tore
    endlich nur das eigne Hauchen spürten,
    warden uns erdachte Seligkeiten?
    Ich erinnere, daß wie schwache Rohre
    beide stumm zu beben wir begannen,
    wenn wir leis nur an uns rührten
    und daß unsre Augen rannen.
    So verbliebest du mir lang zu Seiten.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Stör' ich eu'r Spiel,
    wenn staunend ich still hier steh'?

    Wagner, Rheingold

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Ruhe, ruhe, du Gott!

    Wagner, Götterdämmerung

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Ja, und es hat recht viele Pausen, wodurch es einen fragmentarischen Charakter bekommt. Der Titel "Fragmente, Stille" wäre von daher für dieses Werk auch nicht so abwegig.

    Ja durchaus, deshalb kommt einen ja die Schönberg-Trio-Mucke beim Reinzien auch gleichsam retardierend rüber, selbst wenn sie vom speedig-aggressiven Trio recherche gekratzt wird.

    Ansatzweise (also Pausen, auf die womöglich heterogenes Material folgt) gibt es das bereits im ersten Satz von Beethovens Streichquartett op. 130.

    Gefällt mir der Hinweis auf heterogenes Material bei op. 130.
    Als wir uns mal op. 132 mit dem Emrich Quartett richtig live reinzogen, wurde dabei im 4. Satz (Alla Marcia, assai vivace) plötzlich Aufmerksamkeit auf die achtel-halbe und achtel-viertel Pausen geschärft:
    http://www.youtube.com/watch?v=qYKKdHD24z0“ 00:03 und 00:15
    so als ob diese Pausen den Muckenverlauf brechen, um Schweigen beredt werden lassen.
    Das war geil, hatte ich nämlich bis dahin mir noch nie so reingezogen...

    Wenn ich mir die Pollini-Studiokonserven von Beethoven op. 101 bis 111 sowie Diabelli-Variationen einschmeiße, dann drängt sich unwillkürlich der – allerdings höchst subjektive ! - Eindruck auf, dass diese Beethoven-Mucke quasi ununterbrochen aus höchst rätselhaften Schweigen in Erscheinung tritt, dass quasi die Basis bildet und andererseits sich ständig dabei verbirgt, verhüllt....
    ..vermittelt durch Pollinis höchst subtile, oft sich zurücknehmende und dennoch intensivste Tastenquälerei.....

     

    Der einsilbigen Musik von Anton Webern sagt man ja auch eine große Nähe zum Schweigen bzw. Verstummen nach.

    Sollte jemand mal dazu einen eigenen Thread eröffnen.

    Wenn ich mich recht entsinne, erzählt Adorno irgendwo, dass er im Unterricht bei Berg mal mit seinem Lehrer eine Webern-Karikatur angefertigt hat: Eine Achtel-Pause, die noch mit allerlei Anweisungen (z.B. "morendo") versehen wurde.

    Ach ja, in Bergs Mucke gibt es auch fetzige Momente des Schweigens:
    Im ersten Satz (Präludium) aus seinen drei Orchesterstücken op. 6 entspringt Mucke aus Schweigen. Kulminiert zum Schrei/Klage, um wieder im Ungrund zu versanden.
    http://www.youtube.com/watch?v=hXSAN4tKQh8“ (00:00 – 04:32)
    (wenn ich’s irgendwie noch recht auf dem Schirm habe, fand Berg Teddies Feedback zu op. 6, dass die Orchesterstücke zwischen Mahler- und Schönberg (op. 16) verortete, echt geil)...

    Formal ähnlich, wie das Präludium, organisiert der 3. Satz seiner Lyrischen Suite (Allegro misterioso).
    http://www.youtube.com/watch?v=GU_HIvMXSM8“ 08:43
    Da entwindet sich quasi aus Stille zischelnde Mucke, dabei sich mehr und mehr spickend mit Thementrümmer und - partikel. Nach dem leidenschaftlich-aggressiven Trio (10:04 bis 10:49) bildet sie sich zurück und verschwindet..

    . und der 6.Satz (Largo desolato ) verendet, (27:19) indem, eingezwängt in zunehmend starrer Figur, die Instrumente nach und nach ihren Löffel abgeben, bis auf die Bratsche, die dann bloß noch abbricht.. erinnert mich auch etwas an die Schlusstakte vom Wozzeck... also das Orchester nach dem „Hopp hopp“.

    Und beim Tod Wozzecks mündet Mucke gleichfalls ins Schweigen (Doktor: „Stiller, . Jetzt ganz still.“ Hauptmann: „Kommen Sie ! Kommen Sie schnell“) ehe als Verwandlung zur 5. Szene die höchst passionierte Trauermucke ansetzt... „http://www.youtube.com/watch?v=uUkbjO8dkDI“ 1:36:24 .

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • "Schweigt stille, plaudert nicht..."

    Aus der "Kaffeekantate" von Bach :D

    ... Alle Menschen werden Brüder.
    ... We need 2 come 2gether, come 2gether as one.
    ... Imagine there is no heaven ... above us only sky

  • Vom Zeitgenossen Beethovens und seinerzeit sehr populären: Philipp Jakob Riotte
    gibt es eine parodierende Posse: Die geschwätzige Stumme von Nußdorf (1830)
    (vermutlich eine Persiflage der Auber Oper Die Stumme von Portici)

    Scheint aber nicht als Aufnahme vorzuliegen und auch Hörproben konnte ich keine finden...Schade! :S


    Herzliche Grüße:
    KALEVALA :wink:

    Die Wahrheit ist hässlich: wir haben die Kunst, damit wir nicht an der Wahrheit zugrunde gehen. (Nietzsche)


    Es gibt nichts Überflüssigeres und Schädlicheres als wie Musik. Wenn ein Mensch eine gewisse Zeit lang Musik hört, wird sein Gehirn faul und unseriös. (Ayatollah Khomeini)

  • Franz Schubert, Liedsammlung "Schwanengesang" - Heine-Lieder:

    Am Meer
    Das Meer erglänzte weit hinaus
    Im letzten Abendscheine;
    Wir saßen am einsamen Fischerhaus,
    Wir saßen stumm und alleine.

    Klemperer: "Wo ist die vierte Oboe?" 2. Oboist: "Er ist leider krank geworden." Klemperer: "Der Arme."

  • Lieben und Schweigen

    Ich flocht ein Kränzlein schöner Lieder,
    Ihr Name klang in jedem wieder,
    Ich schrieb ihn in Blätter und Blumen ein
    und wahrte sie lang in geheimem Schrein
    Ich grub ihn tief in dunkle Eichen,
    Ich liebte so schön und musste schweigen.
    ...
    Konstantin von Tischendorf (1815-1874)

    vertont von Felix Mendelssohn
    (Songs and Duets - 5, CD2 Track 10
    Hyperion Ausgabe)
    lg vom eifelplatz, Chris.


  • Johann Hermann Schein: Ich will schweigen. Motette nach Psalm 39, 10-12

    Ich will schweigen und meinen Mund nicht auftun;
    Herr, Du wirsts wol machen
    Wende deine Plage von mir;
    denn ich bin verschmacht von der Strafe deiner Hand.
    Wenn du einen züchtigst um der Sünde willen
    so wird seine Schöne verzehret von Motten.
    Ach wie gar nichts sind doch alle Menschen! Sela.

    So vermutlich noch in vielen Vertonungen des Psalms 39 mit diesen Versen.


    lg vom eifelplatz, Chris.

  • Webern:
    Kantate Nr. 2 op. 31

    Schweigt auch die Welt,
    aus Farben ist sie immer

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • "Gut wär's, den Schlund dir zu schließen.
    Dein Rachen reckt sich zu weit."

    Siegfried 2. Akt

    Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere.

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