Bohuslav Martinu---The Epic of Gilgamesh (Gilgamesch Epos) H 351 für Sopran-, Tenor-, Baritonsolo, Bassrezitativ, gemischten Chor und Orchester

  • Bohuslav Martinu---The Epic of Gilgamesh (Gilgamesch Epos) H 351 für Sopran-, Tenor-, Baritonsolo, Bassrezitativ, gemischten Chor und Orchester

    Zu den hervorragendsten Kompositionen des Tschechen Bohuslav Martinu (1890-1959) zählt das dreiteilige Oratorium The Epic of Gilgamesh (Das Gilgamesch Epos) H 351
    für Sopran-, Tenor-, und Baritonsolo, Bassrezitativ, gemischten Chor und Orchester,
    welches der Komponist 1955 vollendete.
    Das Werk basiert auf den, mehr als 3500 Jahre alten, altbabylonischen Schriften ( akkadisch und sumerisch) welche zu den frühesten Werken menschlicher Dichtung gehören.
    Martinu ging schon seit ca. 1940 mit der Idee für das Werk schwanger und ließ sich von dem mit ihm befreundeten Schweizer Dirigenten Paul Sacher ein Buch über Gilgamesch schicken.
    Freilich war Martinu das Gilgamesch Epos schon lange bekannt und seine private Bibliothek zierte die englische Ausgabe in der Übersetzung von R. Campbell Thompson
    und schon ab 1918 hatte er an seiner Istar (eine sumerische Hauptgöttin, unter anderem Kriegsgöttin und Göttin des sexuellen Verlangens...) Ballett-Dichtung gearbeitet...
    Während seiner Arbeit am Gilgamesch lernte Martinu, der damals in Nizza wohnte, den von ihm hoch geschätzten Nikos Kazantzakis kennen von dessen Alexis Sorbas er begeistert war und den er plante als Oper zu vertonen---auf anraten Kazantzakis wendete er sich aber dessen Roman Griechische Passion zu, einem Flüchtlingsdrama (daraus wurde die Oper The Greek Passion),
    mit dem gleichen Anliegen, der künstlerischen Gestaltung von existenziellen Problemen, wie im Gilgamesch Epos.
    Anfangs bedeutete das Epos für Martinu "Folklore,irgendeine alte volkstümliche Vorstellung", das änderte sich allerdings als er auf die Moderne tschechische Übersetzung von L. Matous aufmerksam wurde, diese war metrisch orginalgetreuer als die Hexameter R.C. Thompsons---leider konnten diese besonders schönen Passagen nicht mehr in das Werk einfließen, da es praktisch fertig war.
    Die Sintflut, mit dem "Ur-Noah" Ut-Napischtim, welche Anfangs der Initialfunke für Martinu war sich mit dem Epos zu beschäftigen, fiel ganz heraus.
    Wie bereits erwähnt ist das Oratorium in drei etwa gleich lange Teile von je knapp 20 Minuten gegliedert,
    Teil 1 "Gilgamesch" umfasst Episoden der Tafeln I und II:
    Die Handlung kurz zusammengefasst:
    In der Stadt Erech herrscht der grausame und einem Gott gleich verehrte und gefürchtete König Gilgamesch,
    dieser läßt seine männlichen Untertanen eine Mauer um die Stadt bauen und untersagt ihnen jeglichen Verkehr mit den weiblichen Bewohnern, aus "Sorge" ihre Kräfte könnten geschwächt werden.
    Die so zurückgesetzten Frauen bitten darauf zu den Göttern, die ihre Bitten erhören und ihnen den Heros Enkidu, einen ursprünglichen, behaarten und ohne die Kenntnis von Gut und Böse,
    mit den Tieren lebenden "Naturburschen" senden.
    Gilgamesch, der den "gefährlichen" Rivalen zu überwinden sucht, schickt Enkidu eine jungfräuliche Priesterin des Istar-Tempels,
    diese verführt ihn und sie verbringen 6 Tage und Nächte miteinander, Enkidu verliert seine Unschuld und die Tiere verlassen ihn,
    er empfindet Schwäche und Einsamkeit, fühlt aber etwas was er vorher nicht kannte, Verstand,
    er begibt sich mit der Priesterin in die Stadt, da er die Nähe der Menschen sucht,
    er isst und trinkt Wein und es wird ordentlich gefeiert.
    Schließlich nimmt er den Kampf mit Gilgamesch auf, welchen aber keiner von den beiden für sich entscheiden kann...und so werden sie schließlich Freunde
    Musikalische Kontraste prägen das Werk, berauschende Abschnitte mit großer Besetzung wechseln mit Passagen von inniger Zwiesprache
    Harry Halbreich (Musikwissenschaftler und so in etwa der Köchel Martinus) nannte es:"Jene atemberaubende Erforschung der letzten Dinge, wo die sterbenden Klänge zum Schluss mit der Stille des Unendlichen verschmelzen"

    Teil 2 umfasst die Tafeln VII, VIII, und X,
    der Tod Enkidus---im grellen Kontrast zum einleitenden Teil 1, meditativ und Schatten des Todes Enkidus besingend, ernst und gedankenvoll besingt der Chor die Unsterblichkeit der Menschen.
    Ein Baritonsolo unterstreicht das Pathetische in Gilgameschs Klage nach dem Tod seines "Freundes", der Chor antwortet:"Das Leben, das du suchtest, vermagst du nicht zu finden..."
    Im Schluss-Chor des zweiten Teil wandelt sich der Schrecken zu Frieden und Versöhnung.
    Teil 3 "Invocation" (Tafel XII)
    Eine lange Orchestereinleitung überbrückt die lange "Irrfahrt" Gilgameschs durch aller Herren Länder bis zu seiner Rückkehr, er ist Mut- und Kraftlos :"Was soll ich tun, wo soll ich hin?"
    Sopran und Chor antworten in wortloser Klage.
    Gilgamesch hat das Geheimnis des ewigen Lebens nicht erkannt,
    er beschwört den toten Enkidu und schließlich Gott Enlil
    Soli und Chor wiederholen einige Male "Weder das Meer noch Gott, sondern die Erde allein"
    Die dramatisch Stimmung steigert sich ständig, Solisten und Chor "wachsen" beständig zusammen und rufen den Gott,
    Klavier, Streicher und Schlagzeug bauen sich massiv mit Ostinato-Figuren zu einem rasenden Presto auf,
    der Rezitator spricht:" Gott leiht sein Ohr den Bitten"
    und die Unterwelt öffnet sich und die Freunde fallen sich in die Arme,
    der Furcht erfüllte Gilgamesch fragt:" Sag mir mein Freund, was hast du gesehen in der Unterwelt. Er der fiel, sahst du ihn?"
    Enkidu antwortet:"Ja, ich sah ihn"
    "Er der vom Mast fiel? Den Helden der erschlagen ward im Kampf? Über ihm sein Weib in bitterem Weh? Dessen Leib in der Wüste liegt? Dessen Geist keine Ruhe findet?"
    "Ja, ich sah ihn!"
    Die düsteren Fragen werden von zwei Solisten vorgetragen, vom Chor kommentiert und ergänzt durch das Orchester.
    Das Werk endet in Aussichtslosigkeit.
    Das Werk wurde am 24. Januar 1958 in Basel uraufgeführt (in deutscher Sprache) und war einer der größten Erfolge Martinus.
    Der Text wurde von Martinu in englischer Sprache verfasst
    Es gibt auch eine tschechische Übersetzung , Epos o Gilgamesovi, verfasst von Ferdinand Pujman auf Grundlage der Übersetzung von Lubor Matous.
    Bei Martinu stehen philosophische Fragen im Focus, auf die Beschreibung der Sintflut oder der "Heldentaten" Gilgameschs und Enkidus wurde weitestgehend verzichtet
    Martinu selbst beschrieb seine Intention so:"Ich bin zu der Ansicht gelangt, das trotz unseres ungeheuren Fortschritts in Technik und Industrie die Gefühle und Fragen, die die Menschen bewegen, unverändert geblieben sind und in der Literatur der ältesten Völker, von denen wir Kenntnis haben, ebenso wie in unserer Literatur existieren.
    Das sind die Probleme der Freundschaft, der Liebe und des Todes.
    Im Epos von Gilgamesch ist die Sehnsucht nach Beantwortung dieser Fragen mit fast schmerzlicher Bangigkeit ausgedrückt, der Fragen,auf die wir bis heute noch keine Antwort gefunden haben."

    Discographisch sieht es recht übersichtlich aus,
    es gibt meines Wissen 3 Einspielungen, davon alleine 2 unter dem Dirigat von
    Jiri Belohlavek
    Prager Symphonie Orchester(1976) l-l


    BBC Symphony Orchestra and Chorus (kenne ich nicht)


    sowie die NAXOS Aufnahme mit
    Zdenek Kosler


    Slowakisches Philharmonisches Orchester und Chor( 1989) l-l


    Herzliche Grüße:
    KALEVALA
    :wink:






    Die Wahrheit ist hässlich: wir haben die Kunst, damit wir nicht an der Wahrheit zugrunde gehen. (Nietzsche)


    Es gibt nichts Überflüssigeres und Schädlicheres als wie Musik. Wenn ein Mensch eine gewisse Zeit lang Musik hört, wird sein Gehirn faul und unseriös. (Ayatollah Khomeini)

  • Ich danke Dir für die Eröffnung dieses Threads , und auch der sehr ausführlichen Vorstellung zu später Stunde.

    Es gibt noch eine Einspielung auf Supraphon mit dem Dirigenten Josef Veselka und wohl einem Tschechischen Kammerorchester aus Prag, was immer das für ein Orchester sein soll.

    Ich selbst habe die Naxos-Einspielung unter Zdenek Kosler, die auch einen sehr guten Eindruck macht. Diverse positive Bewertungen in diversen Fachmagazinen kann sie auch für sich beanspruchen, also warum nicht mal dort reinhören?

    Hier mal aus dem BBC-Music Magazine vom 07/2002 zitiert: "Z.Kosler favours a strong dramatic thread and directs a mostly strong team of soloists splendidly supported by the commitment of his Slowak choir and orchestra. Interpretation und Klnag: sehr gut

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Lieber Maurice,
    vielen Dank für die freundlichen Worte!

    Es gibt noch eine Einspielung auf Supraphon mit dem Dirigenten Josef Veselka und wohl einem Tschechischen Kammerorchester aus Prag, was immer das für ein Orchester sein soll.

    Ich selbst habe die Naxos-Einspielung unter Zdenek Kosler, die auch einen sehr guten Eindruck macht. Diverse positive Bewertungen in diversen Fachmagazinen kann sie auch für sich beanspruchen, also warum nicht mal dort reinhören?

    Ich denke Du hast da etwas verwechselt, Josef Veselka ist, unter anderem, auf der von mir genannten (Supraphon) CD mit Belohlavek und dem Prager Symphony Orchester der Chorleiter des Tschechichen Philharmonischen Chor.

    Die NAXOS Aufnahme braucht sich nicht zu verstecken, ist nach meiner Meinung der Belohlavek Einspielung ebenbürtig!


    Herzliche Grüße:
    KALEVALA :wink:

    Die Wahrheit ist hässlich: wir haben die Kunst, damit wir nicht an der Wahrheit zugrunde gehen. (Nietzsche)


    Es gibt nichts Überflüssigeres und Schädlicheres als wie Musik. Wenn ein Mensch eine gewisse Zeit lang Musik hört, wird sein Gehirn faul und unseriös. (Ayatollah Khomeini)

  • Zitat


    Ich denke Du hast da etwas verwechselt, Josef Veselka ist, unter anderem, auf der von mir genannten (Supraphon) CD mit Belohlavek und dem Prager Symphony Orchester der Chorleiter des Tschechichen Philharmonischen Chor.


    Danke für den Hinweis. Auf dem Cover war leider nicht mehr zu lesen, auch kenne ich diesen Namen überhaupt nicht, aber das hat sich nun ja geklärt.

    Zitat

    Die NAXOS Aufnahme braucht sich nicht zu verstecken, ist nach meiner Meinung der Belohlavek Einspielung ebenbürtig!

    Das ist doch gut zu hören. Als ich mir damals die Belohlavek-Einspielung kaufen wollte, ging der Preis ziemlich nach Oben. Da habe ich es sein lassen. Eine Einspielung zu haben, ist bei diesem Werk schon selten genug. :)

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Das ist doch gut zu hören. Als ich mir damals die Belohlavek-Einspielung kaufen wollte, ging der Preis ziemlich nach Oben. Da habe ich es sein lassen. Eine Einspielung zu haben, ist bei diesem Werk schon selten genug.

    Zwischen 6,33 und ... Euro ist derzeit alles dabei ^^
    Ich überlege gerade mir die BBC Einspielung zuzulegen (gibt es gerade ab 4,99 Euro), so aus reiner Neugier, dort wird wohl tschechisch gesungen, der Erzähler sprich aber wohl englisch!?!

    P.S.
    Es muss ja nicht immer der Messias sein, gibt so viele schöne Oratorien, fern ab des Mainstreams ^^

    Herzliche Grüße:
    KALEVALA :wink:

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  • Zitat

    Es muss ja nicht immer der Messias sein, gibt so viele schöne Oratorien, fern ab des Mainstreams

    Das sehe ich auch so. Ich habe, glaube ich, maximal EINEN Messias hier, mehr brauche ich davon auch nicht, da das nicht mein normales Hörgebiet ist.

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Eine neue Einspielung ist vor kurzem erschienen die sich durchaus anzuhören lohnt,
    erstmalig mit (original) Libretto in Englisch!
    Martinu, der damals in Amerika lebte, hatte, zwecks besserer Aufführbarkeit, das Libretto in englischer Sprache verfasst.
    Mir persönlich liegt die tschechische Version allerdings deutlich mehr :)


    Herzliche Grüße:
    KALEVALA :wink:

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