Die Klaviermusik von Sergei Prokofiev

  • Dank auch an Lionel. Allerdings: Ich habe mich bezüglich Pollini und Argerich auf die Achte bezogen. Die Einspielungen der Siebten kenne ich; sie sind ja auch federführend. Mag sein, dass ich mich im Kontext undeutlich ausgedrückt habe. Vielleicht wollte Lionel auch nur die entsprechenden Cover einstellen. Auf jeden Fall passt es in den Thread.


    Tschuldigung, das war dann ein Missverständnis meinerseits, weil ich dachte, dass sich die Frage bezügl. Argerich und Pollini auf die Sonate Nr. 7 bezog. Aufnahmen der beiden von der Sonate Nr. 8 habe ich nicht gefunden. Die von Tastenrabe gepostete LP-Box enthält, soweit ich das sehen konnte, auch nur die Sonate Nr. 7.

    "Musik ist für mich ein schönes Mosaik, das Gott zusammengestellt hat. Er nimmt alle Stücke in die Hand, wirft sie auf die Welt, und wir müssen das Bild zusammensetzen." (Jean Sibelius)

  • Dann komme ich mal doch ein wenig zur Siebten. In Portiönchen, denn da finde ich sogar sechs [EDIT: sieben] Einspielungen im Schrank.

    Murray McLachlan (1989): Er spielt durchwegs in einem meines Erachtens vollauf angemessenen Tempo. Ebenso gelingt es ihm durchwegs, das Maschinenhafte in einem kalten Non-legato wiederzugeben, dort wo das vorgeschrieben ist. Den Mittelsatz könnte ich mir geheimnisvoller und bedrohlicher vorstellen, denn auch hier will der Schotte sich nur selten zu einem echten Piano oder Pianissimo durchringen, was mich im ersten Satz nicht so sehr stört. obwohl es vielfach nicht von der Hand zu weisen ist. Das Precipitato gelingt in beharrlich gleichbleibendem Metrum, gerät auch am Ende nicht ins Hudeln oder Stocken, setzt Akzente vergleichsweise weich; es fehlt vielleicht doch die grandiose Unerbittlichkeit, die man sich wünschen würde; dazu ist der Anschlag eine Nuance zu fett und - dieser Eindruck beherrscht eigentlich die Gesamtaufnahme - sind die dynamischen Kontraste und Sforzati vielfach zu dezent. Eine ordentliche, gewiss nicht überragende Einspielung. [Cover siehe weiter oben.]

    Bernd Glemser (1994): Der Kopfsatz weist fast auf die Sekunde genau die gleiche Dauer auf; es sieht aber so aus, als würden die eröffnenden Passagen ein wenig schneller dargeboten, die langsameren Teile behutsamer, ausdrucksvoller, auch sanglicher. Generell ist Glemsers Dynamikspektrum größer, ist sein Duktus schlanker, sein Impetus unmittelbarer und differenzierter. Dies gilt auch für den sanglicher empfundenen zweiten Satz, dessen brachiale Elemente im Mittelteil schärfer akzentuiert erscheinen. Das Precipitato wird insgesamt zehn, fünfzehn Sekunden schneller gespielt. Ich habe nicht den Eindruck, dass Glemser sich Temposchwankungen gestatten würde; dennoch wirkt der Schluss überzeugender, das heißt, mindestens so präzise und transparent wie bei McLachlan, aber infernalischer dem brutalen Finaltakt entgegenhämmernd. Eine sehr gute Einspielung, die vielleicht doch eher deutsch als russisch klingt. [Cover siehe weiter oben.]

    Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Andrej Gavrilov (1992): Er erzählt mir eine Geschichte, und es muss keineswegs eine seiner politischen Heimat sein, wie er sie im Booklet für die achte Sonate bereithält, aber möglicherweise eine russische. Der Etüdencharakter (im besten Sinne des Wortes wie bei Chopin, Liszt oder Rachmaninov auch) des Kopf- und des Finalsatzes wird zurückgedrängt zugunsten einer bemerkenswerten Vielfalt an thematischen Charakteren und Farben. Den ersten Satz spielt er um eine Minute schneller als Glemser und McLachlan, und das gilt tendenziell für alle Abschnitte. Auch sein Non-Legato ist weicher und gestischer. Der langsame Satz erscheint ungemein ausdrucksvoll, ohne dass die Schärfen und auch die dynamischen Gegensätze im Mittelteil eingeebnet werden - oder vielleicht gerade deshalb; zügig wird er allenthalben angegangen. Das Precipitato strahlt eine überraschende Ruhe aus; das Tempo ist allenfalls geringfügig zurückgenommen, einen markanten Schlusspunkt setzt Gavirlov nicht anders als Glemser. Eine sehr schöne Einspielung - das Adjektiv fällt mir hier leichter als bei den meisten anderen Aufnahmen. [Cover siehe weiter oben.]

    Svjatoslav Richter (1964): Seine Geschichte ist eine russische und vielleicht auch eine politische. Der Zugriff ist unbarmherzig vom ersten bis zum letzten Ton und dieser Zugriff ist meines Erachtens auch deutlich eher monochrom als bei Gavrilov. Im zweiten Satz ordnen sich alle Teile bei zweifellos distinkter dynamischer Gestaltung und eines rapiden Tempos mit mancher Steigerung im Mittelteil einer gleichbleibend dunklen Grundfärbung unter; stärker als bei Gavrilov ist es ein nordischer Balladenton. Der Kopfsatz hat auch bei Richter jegliche Nähe zur Etüde verloren, aber seine Sicht ist die des Kampfes, des Widerstands. Das Precipitato wiederum in seiner motorisch-drängenden Geste gepaart mit einer recht kraftvollen Basisdynamik kann sich am Ende noch einmal steigern; es ist eine wahrlich brutale Apotheose. Ohne jeden Zweifel eine hoch bedeutende Einspielung, der man ihr Alter allerdings deutlicher anhört als zu erwarten.

    [Meine CD hat ein anderes Cover und zusätzlich zum gleichen Inhalt eben auch noch die Sonate. Vielleicht ist jemand schlauer und kann einen korrekten Link geben.]

    Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Andrej Gavrilov: ... Das Precipitato strahlt eine überraschende Ruhe aus;...


    Lieber andréjo/Wolfgang,

    diese Aussage erstaunt mich nun ganz außerordentlich.
    Als "Ruhe ausstrahlend" kann ich Gavrilovs Interpretation des Precipitato nun ganz und gar nicht erleben.
    Als souverän ja - aber ansonsten würde ich sein Precipitato als eine durch und durch motorische Interpretation bezeichnen,
    mit einer sukzessiven Steigerung von Tempo, Spannung und Lautstärke,
    bei der Akzente knallhart gesetzt werden und der Anschlag gegen Schluss ins deutlich Perkussive geht.

    Fast habe ich den Eindruck, Du hättest eine andere Scheibe eingelegt.
    Könntest Du mir zuliebe das Precipitato mit Gavrilov noch einmal nachhören?

    Liebe Grüße,
    Berenice

    Colors are like music using a short cut to our senses to awake our emotions.

  • Das mache ich am Ende des Durchlaufs, liebe Berenice! Ich habe Ruhe in keiner Weise abwertend gemeint. Aber es ist ein gänzlich anderer Ton als bei Glemser und erst recht Richter, wie ich meine.

    :cincinbier: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Ich habe Ruhe in keiner Weise abwertend gemeint

    ... und ich habe das auch nicht als abwertend empfunden, nur eben für mich persönlich als nicht stimmig - bzw. als "höchst erstaunlich" ...
    Mais - vive la différence!

    Und ganz herzlichen Dank für Deine vergleichende Analyse!
    Du siehst, es liest und hört jemand mit ... ;)

    Und (selbstverständlich ;) ) ist auch bei der 7. Sonate meine Empfehlung,
    Grigory Sokolov mit seiner Pariser live Aufnahme
    - 4. 11. 2002 Théatre des Champs-Elysées -
    in den Vergleich mit einzubeziehen:

    => "

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    "

    Liebe Grüße,
    Berenice

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  • Es freut mich natürlich sehr, dass Du hier mitliest, werte Berenice, und eben auch mal staunst über meine Ansicht. Vielleicht staunst Du zu Recht, vielleicht kann ich mich auch zur Wehr setzen, notfalls mit dialektischen Finten. :D Der Sokolov kommt natürlich auch noch dran! (Da bin ich mir aber diesmal sicher, dass ich auf Deinen Link zurückgreifen muss - herzlichen Dank dafür!)

    Aber zunächst zu:

    Martha Argerich (1978): Hier erleben wir einen Live-Mitschnitt aus dem Concertgebouw Amsterdam. Den ersten Satz empfindet die große Argentinierin zunächst als verhuschte, clowneske Über-Etüde, die sie, hin und wieder ohne Rücksicht auf Verluste, im Extremtempo exerziert, dabei in anerkennenswerter Weise durchaus nicht vordergründig laut, sondern sogar nicht selten im Pianissimo, besonders im Mittelteil, wo sie auch die lyrischen Momente durchaus herauspräpariert - ob immer mit Blick auf das große Ganze, sei dahingestellt. Dennoch empfinde ich ihre Interpretation als zu effekthascherisch; nicht alle agogischen Freiheiten erscheinen mir motiviert, nicht alle romantizistischen Vorhalte berechtigt. Auch der zweite Satz enthält mir zu viel Willkür in der Gestaltung, wobei das Raffinement vieler Details nicht in Abrede gestellt werden soll. Das Precipitato macht zweifellos Eindruck, erscheint auch homogen in seiner maschinenhaften Brutalität, hat nichts Tänzerisches, kann sich aber bis zum Schluss steigern, wobei diverse Unsauberkeiten wohl in der Tat der Situation geschuldet sind und jedem anderen Weltklassepianisten vermutlich genauso unterlaufen könnten. Insgesamt also ein glanzvolles Live-Erlebnis, das im Studio sicherlich reinlicher ausgefallen wäre, aber wohl nicht die gleiche radikale und bisweilen manieristische Emphase aufweisen würde.

    [Bei mir ist statt Warner EMI zu lesen. Und auf die Tatsache, dass es diverse weitere Einspielungen dieser siebten Sonate mit der Argerich gibt, muss man vermutlich nicht hinweisen; weiter oben hat Lionel zwei abgebildet, und das werden nicht alle sein ...]

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Maurizio Pollini (1971): Diese gerne zur Referenz erklärte Einspielung besticht durch ihre erstaunliche Homogenität, den rational begründeten, nüchternen Zugriff, der Ausdrucksvielfalt nicht als Charaktervielfalt begreift, sondern als Nuancierung im Rahmen einer unmissverständlichen Deutungsauffassung. (Ich habe mir diese Formulierungen sicher nicht angelesen, vielleicht schwingt einst Gelesenes halb bewusst mit - es ist in der Tat meine Empfindung nach dem dritten oder vierten Hören dieser Aufnahme; andere, nicht nur McLachlan, habe ich schon viel öfters gehört.) Was heißt das konkret? Der Kopfsatz beginnt - und das ist beinahe das Einzige, wo ich andere Einspielungen, etwa Glemser, in der Tat vorziehe - nicht wirklich in einem Non-legato-Unisono. auch wenn er dies später durchaus beherrscht. Ansonsten prägen äußerste Präzision und Notentreue diesen Satz, ohne dass ich etwas vermissen würde. Dann gelingt Pollini das Kunststück, auch den Balladenton bei aller Genauigkeit der Darstellung als zwingende Folgerung aus dem Kopfsatz und als zwingende Voraussetzung des Finales zu interpretieren. Vielleicht gefällt mir der Satz als Unikum bei anderen noch besser, nicht aber seine organische Position. Schließlich zum Precipitato: Ich kenne natürlich nur einen Teil der geläufigen Einspielungen und werde es - bis morgen, dann kommt noch Sokolov ^^ - wahrscheinlich dabei belassen, kann mir aber fast nicht vorstellen, wie man den Finalsatz noch bezwingender gestalten kann: bei Rekordtempo bis zum Schluss souveräne Durchsichtigkeit und Präzision, souveräne, bisweilen verblüffend abrupte Kontraste in der Dynamik, gnadenlose Motorik, unerbittliche Härte ohne Forcierung (Pollini ist kein Russe!). Genial! (Die Argerich oben war genialisch!) [Cover: siehe weiter oben]

    Und jetzt für heute noch kurz zu Berenice' Einwand bezüglich des Finales bei Andrej Gavrilov: Ich empfinde den Beginn zurückhaltender als bei anderen Einspielungen. Dadurch entstand bei mir der Eindruck einer gewissen Ruhe; dass Gavrilov wiederum stärker als andere den Satz zunehmend dramatisiert, empfinde ich als durchaus persönliche Deutung des Russen, den ich hier als ausgeprägten Antipoden zu Richter erfahre - dürfte er wohl auch als Mensch gewesen sein .... Vielleicht hat Berenice mich auch ein wenig missverstanden, vielleicht meinen wir auch mit "Ruhe" und "Motorik" nicht ganz genau das Gleiche. Ich denke jedenfalls, dass wir so weit nicht auseinanderliegen. :) Und jetzt hör ich mir den Satz zum Trotz auch noch einmal an. :P


    EDIT ein paar Minuten später:
    Ich ersetze dann mal "Ruhe" durch "slawische Gelassenheit" oder "russische Italianitá" oder so. Sag mal, Berenice: Soll ich auch bei der Siebten (wie bei der Achten ... und wahrscheinlich bei der Dritten) den Gavrilov zu meiner Lieblingseinspielung erklären? Das wollte ich doch gar nicht ...

    :thumbup: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Zwei junge Star-Pianistinnen mit Prokofieff

    Weiter oben habe ich diese junge Pianistin bereits genannt - bezüglich eines Konzerts in Würzburg war das Precipitato nach Mozart ihre Zugabe. Leider bestätigt sich mein Eindruck im Folgenden überdeutlich - Effekthascherei, interpretatorische Konzeptlosigkeit und erschreckend viele falsche Noten. Angehört habe ich mir nur den dritten Satz:

    https://www.youtube.com/watch?v=RqgkmbRm1rY

    Schon eher gelten lassen kann man, meine ich, den folgenden Vortrag:

    https://www.youtube.com/watch?v=zSGQ5D56NiA

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Beide Interpretationen finde ich grauenvoll. Viel zu schnell, und den 3. Satz unsauber hingehauen. Ich habe noch nie einen Hehl daraus gemacht dass ich Kathia Buniatishvili für eine Showpianistin halte, die durch ihre Verbindung zu Renaud Capucon, der wiederum ein "Gschpusi" von Martha Argerich ist, zu allgemeiner Medienaufmerksamkeit gelangt ist. Ich kenne keine Aufnahme mit ihr die mich auch nur annähernd befriedigen würde. Im Gegenteil, ihre Liszt Sonate finde ich geradezu abstossend. Aber in Sachen Prokofiev ist sie ja auch verzichtbar, da gibt es genug exemplarische Einspielungen, wie wir weiter oben lesen können.

    Peter

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Nun, gut finde ich Lisitsa auch nicht; es ist in der Tat hingehauen, und wenn ich bisweilen das Mienenspiel von Pianisten als störend oder affektiert empfinde, so kämpft Lisitsa spürbar mit ihrer gesamten Physiognomie. Man ist gewillt, das nicht als Show abzutun - :D . Im Vergleich halt zu der Georgierin kann man sie "gelten lassen". Denn was jene macht, ist schlicht unredlicher Unfug - unredlich, weil ja das Publikum wie zu erwarten spontan darauf abfährt.

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Was gäbe es denn noch für Aufnahmen der Klavierwerke jenseits der Sonaten?
    Oben wird nur eine CD mit frühen Werken erwähnt und eine GA. Ich habe die Visions fugitives als "Zugabe" in der Beroff-GA der Klavierkonzerte, sowie ein paar einzelne als Stücke mit Richter als Füller (Prokofieff/DSCH-Folge der "The Master"-Reihe), vermutlich auch die Toccata irgendwo, aber etliche Lücken. (Bei den Sonaten habe ich außer einzelnen Aufnahmen mit Richter, Gilels, Pollini, Argerich, die GA mit Yakov Kasman, die enthält aber keine "Füller".)

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Nun ja, es gibt eben die 3 Gesamtaufnahmen (Sandor, Chiu und Marshev s.o.), und dann haben natürlich viele Pianisten einzelne Werke eingespielt. Bei Naxos war mal eine Gesamtaufnahme mit der Pianistin Eteri Andjaparidze geplant. Es gibt aber nur ein ein Vol. mit der Toccata, den Stücken op.12 und op.4, sowie den Sarkasmen op.17 und den Visions fugitives op.22. Richter hat Prokofiev häufig in seinen Programmen aufgeführt, und so gibt es auf den zahlreichen Mitschnitten immer mal wieder kürzere Stück jenseits der Sonaten zu hören. Man findet aber häufig Stücke als "Beifang" auf diversen Recital Aufnahmen.

    Neben der Toccata sind es vor allem die Visions fugitives und die Bearbeitungen zu Romeo und Julia, die aufgenommen wurden. Ich hatte neulich mal versucht eine Diskografie der Klavierwerke zusammenzustellen, aber das ist sehr aufwändig. Bei Discogs wird man aber fündig, oder man macht sich die Mühe bei amazon die Aufnahmen durchzusehen. Dort habe ich auch noch eine weitere Gesamtaufnahme der Sonaten mit Yakov Kasman (Calliope) gefunden. Aber die Pianisten beschäftigen sich weit mehr mit den Klaviersonaten- und Konzerten als mit den anderen Stücken. Im Falle der Pensées op., den Coses en soi op.45 oder den Stücken op,52 ist das aber nicht so recht nachvollziebar.

    Als Zugaben sehr beliebt sind der Marsch aus "Die Liebe zu den 3 Orangen" und die "Suggestion Diabolique" aus op.4.

    Wenn ich demnächst dazu komme auch zu den anderen Werken etwas zu schreiben, werde ich auf einzelne Einspielungen Bezug nehmen.
    Peter

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Abschluss des Vergleichs von Aufnahmen der siebten Sonate (aus meiner Sicht)

    Ich muss noch fertigmachen. :)

    Wladimir Horowitz (1945): Ihm verdanken wir die amerikanische Erstaufführung, halbprivat im Jahre 1944. Die folgende Produktion hat natürlich - vor allem am Schluss - ihre Altersspuren hinterlassen, erscheint aber nicht wesentlich mangelhafter als die längst zu Stereozeiten produzierte Mono-Aufnahme mit Richter, die ich weiter oben besprochen habe. Horowitz erweist sich zweifellos auch als Virtuose, vor allem aber als Gestalter dreier doch recht unterschiedlicher Charaktere. Der im Tempo leicht zurückgenommene, dynamisch meist recht differenzierte Kopfsatz wird keinesfalls gleichförmig musiziert, trägt aber durchwegs die Zeichen eines tragischen Geschehens, eines offenen Kampfes. Der zweite Satz beginnt bemerkenswert sanglich, ja friedfertig, um diese Stimmung auch wieder zu wechseln - es ziehen dunkle Wolken auf, es deutet sich Aggression an. Stets aber verfolgt Horowitz melodisch geprägte Stränge, eröffnet dabei mehr Stimmen im Binnenraum, als man von manch anderer gelungener Einspielung kennt - wobei der Ton bei Weitem weicher und dunkler ist als etwa bei Gavrilov. Den dritten Satz wiederum legt er Sieg der Motorik an - ich würde von einem russischen Pollini sprechen. Die Aufnahme erfüllt moderne Hörerwartungen rein klangtechnisch nicht, ihres Schöpfers als eines der größten Pianisten aller Zeiten erweist sich allenthalben würdig.

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Nicht zu schnell ist glaube ich Glenn Gould. Der dritte Satz beginnt bei 16:10.

    https://www.youtube.com/watch?v=xgW80gZ2424


    Dass ich kein Gould-Verehrer bin, tut hier nichts zur Sache; ich schätze seinen Bach als genial-genialisch und bin bei manchem Mozart, manchem Beethoven und vor allem bei Skrjabin befremdet. Aber diese Sonate kann er schon auch. Ein eher kühler, eher distanziert-analytischer Ansatz, allenthalben souverän, keineswegs herablassend. Überzeugend!

    :cincinbier: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Meister Eusebius - welche der Gesamtaufnahmen soll ich mir zulegen (zwei gibt's nicht; es muss auch mal Schluss sein. :P )? Sandor - oder?

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Grigori Sokolov, 2002 live in Paris

    https://www.youtube.com/watch?v=uDpQhvOQ-DU

    Den Link hat weiter oben Berenice gepostet.

    Auch das ist für mich eindeutig eine Referenzeinspielung - was mich nun wenig überrascht. Manche Kommentatoren bei yt unterstellen insbesondere dem Precipitato zu viel Behutsamkeit; auch andere Kritikpunkte werden formuliert. Mag bis zu einem gewissen Grad wohl so sein - wobei der Schluss der Sonate doch nichts zu wünschen übrig lässt an Sturz und Stürzen, sondern nur an Hektik, Panik, Pedal und Lärm. Ich finde die Einspielung ungemein ehrlich, genau, transparent - das Individuum des Deutenden unmissverständlich hinter das Werk zurücktreten lassend (eine Phrase bisweilen - aber hier ist sie absolut berechtigt, wie ich meine). Man hört hier in der Tat Prokofieff und nicht die Bilder, die Prokofieff möglicherweise vor Augen hatte, möglicherweise auch nicht. Vielleicht sollte man neben Sokolov schon auch unbedingt Richter und Pollini (dem er auf seine Art meines Erachtens am nächsten kommt) und Gavrilov kennen - und ich auch Glemser ( ;) ). Aber gerade wenn man eine Buniatishvili vernommen hat (und meines Erachtens auf einem höheren Niveau auch eine Argerich ...), braucht es eine solche Wiedergabe zu Zwecken der Katharsis ...

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Lieber Wolfgang,

    die Integralen scheinen allesamt nicht leicht zu beschaffen zu sein.

    Mir ist neben Sandor, Chiu, Marshev und Kasman (Dank an Eusebius für diesen Hinweis) noch eine weitere bekannt,
    die 9 Volumes umfassende Einspielung von Boris Berman
    http://www.borisberman.com/bio/
    http://www.borisberman.com/discography/
    wobei derzeit wohl keine preiswerte Box zu bekommen ist.

    Bei JPC sind nur Einzel-Volumes (bis auf Nr.2) zum Stückpreis von knapp 20 Euro erhältlich -
    ein teures Vergnügen ...

    Frédéric Chiu kann man hier ein wenig probehören:
    http://www.allmusic.com/album/prokofie…no-mw0001836061

    P.S.
    Herzlichen Dank für Deine intensive Arbeit beim Vergleichen von Einspielungen der 7.Sonate!
    :verbeugung2:
    Obwohl bekennender "Pollini-Fan" (vor allem seiner frühen Chopin-, Schumann- und Schubert-Aufnahmen) bin ich mit seiner Auffassung des "Precipitato" nie glücklich geworden.
    Ich empfinde das nicht als Prokofiev, sondern als "Prokofievetto, Prokofievino, Prokofievelli"... "molto italiano e troppo elegante".

    Pollini ist kein Russe!.

    Davvero!

    Liebe Grüße,
    Berenice

    Colors are like music using a short cut to our senses to awake our emotions.

  • Danke, werte Berenice! Ich schaue auch selbst noch mal, aber wenn nicht einigermaßen preisgünstig zu erwerben, werde ich mir wohl doch keine Gesamtaufnahme zulegen. Die geläufigeren Nummern - Visions fugitives, Ballettmusik-Auszüge, die Toccata und einiges andere - finde ich ohnehin als Beiwerk in zugkräftigen Einspielungen, zum Teil mehrfach!

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

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