Kissinger Sommer 2017

  • Kissinger Sommer 2017

    Im Fränkischen Bad Kissingen findet seit dreißig Jahren von Mitte Juni bis Mitte Juli ein kleines aber feines Musikfestival „KissingerSommer“ statt.
    Zahlreiche inzwischen etablierte Musiker haben, dank der umtriebigen Gründungs-Intendantin Kari Kahl-Wolfsschläger ihre Deutschland-Karriere von diesem Festival gestartet.
    Dazu gehören die Geiger Nikolaj Znaider und Baiba Skride, die Pianisten Arcadi Volodos und Lang Lang sowie der Cellist Andrei Ioniţă.
    2017 erwarten den Besucher 59 Konzerte von der Barock-Musikbis zum Rock auf dem Cembalo.
    Die Dirigenten Paavo Järvi, Andrés Orozco, Sakari Oramo,Franz Welser-Möst, Francesco Ivan Ciampa, Manfred Honeck, Johannes Moesus, Jakub Hrůša und Kent Nagano werden das deutsche Symphonieorchester Berlin, die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, das HR-Sinfonieorchester, das BBC Symphonieorchester, das Württembergische Kammerorchester und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks leiten.
    Dazu sind viel Kammermusik und Lieder-Konzerte mit etablierten und jungen Musikern vorgesehen.
    Christian Gerhaher, Hilary Hahn, Arcadi Volodos, Vesselina Kasarova, Andreas Scholl, Renaud Capuçon, Thomas Zehetmair, Ramón Vargas, Ute Lemper, Katja Riemann, Julia Fischer ,Grigory Sokolov, Nigel Kennedy und viele andere werden erwartet, um den Max-Littmann-Saal mit dessen im Mittelparkett wunderbaren Akustik sowie den Rossini-Saal mit ihrer Musik zu füllen.
    Daneben sind eine Reihe anderer Veranstaltungsorte vorgesehen.
    Dabei erlaubt die räumliche Konzentration im Kurort auch Begegnungen mit den Künstlern.

  • Quo vadis, Kissinger Sommer?


    Der erste Eindruck von der „Revolution beim Kissinger Sommer“ war etwas irritierend.

    Nach dem Wechsel der Intendantur fehlte beim Empfang des Oberbürgermeisters nach dem Eröffnungskonzert die Vielzahl der Mitglieder des Fördervereins. War es die Entlassung der sehr populären Gründungsintendantin Kari Kahl-Wolfsjäger, die über 30 Jahredie „Seele des Festivals“ war?

    Auch wurde die Veranstaltung neben dem Oberbürgermeister vom Kulturdirektor, der neuen Kuratorin Dorothee Bär und dem neuen Intendanten Tilman Schlömp geprägt.

    Der langjährige Schirmherr des Festivals und frühere Kulturminister des Freistaates Professor Hans Maier hatte zwar den Konzertauftakt gegeben, blieb aber im Verlauf des Abends kaum beachtet.

    Wir waren beim Empfang zufällig an den gleichen Tisch geraten, aber Professor Maier äußerte sich nicht zu seinen ersten Eindrücken und sprach mit uns nur über belangloses. Erst bei einem der folgenden schlecht besuchten Liederabende eines Nachwuchs-Baritons äußerte er gedämpften Unmut, dass man bei dem schlechten Vorverkauf nicht rechtzeitig reagiert habe.

    Die Idee eines Residenz-Orchesters hatte uns zunächst irritiert. Aber die lediglich drei Konzerte der „Deutschen Kammerphilharmonie Bremen“ und die Mitwirkung von Orchestermitgliedern an drei anderen Veranstaltungen lässt ausreichen Platz für Konzerte anderer Gastorchester.

    Dabei ist der Bremer Klangkörper eine außergewöhnliche Truppe. Nicht nur, dass die Orchestermitglieder unter Paavo Järvi engagiert musizieren und sich auch kommunikativ in der Stadt bewegen. Die etwa vierzig Musiker sind Gesellschafter der als Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführten Gliederung und damit unmittelbar auch am wirtschaftlichen Erfolg der Konzerttätigkeit beteiligt.

    Deshalb wurde auch das Orchester mit einem Gründerpreis für besondere unternehmerische Leistungen geehrt.

    Dank des bescheidenen Einsatzes des Residenzorchesters bleibt natürlich ausreichend Gelegenheit weitere Spitzenorchesters nach Bad Kissingen einzuladen, so das BBC Symphonieorchesters mit Sakiri Oramo, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks mit Franz Welser-Möst und das Deutsche Symphonieorchester Berlin mit Kent Nagano.

    Dazu krönen hervorragende Solisten, wie Hilary Hahn, Arcadi Volodos, Christian Gerhaher, Vesselina Kasarova, Patricia Kopatchinskaja, Andreas Scholl, Ramón Vargas, Grigory Sokolov, Jörg Widmann, das Streichquartett Cuarteto Casals und viele andere, das Festivalprogramm.

    Der langjährigen Tradition des Festivals folgend, stellen jüngere, noch nicht so bekannte Künstler, den größten Teil der Interpreten.

    Dem Bad Kissinger Publikum entsprechend sind Kompositionen von Mozart, Beethoven und Brahms am häufigsten vertreten. Schon die Kombination der Lieder von Robert Schumann mit dem Namen Hanns Eisler reichte, um den Rossini-Saal nur zu einem Drittel zu füllen, obwohl der junge Bariton Michael Daub mit seinem Mentor und Begleiter Eric Schneider ein außergewöhnlich intelligentes Konzert geboten haben.

    Ein mitternächtliches Gespräch mit dem Intendanten auf dem Kissinger Marktplatz erbrachte auch, dass sich Tilman Schlömp klar ist, dass es nur langsam gelingen wird, in den nächsten Jahren auch jüngere Komponisten beim Kissinger Sommer anzubieten.

    Neu sind auch die etwas ausführlicheren Programmhefte und die Vielzahl der aus der Kissinger weiblichen Jugend rekrutierten Hostessen.

    Dankenswerterweise ist es 2017 auch erstmalig gelungen, drei Gaststätten zu gewinnen, ihre Küchen bis nach den Veranstaltungen offen zu halten.

    Nun ist nur zu hoffen, dass zwischen den Mitgliedern des Fördervereins und der neuen Intendantur keine Entfremdung entsteht, denn letztlich sind auch diese die treuesten und interessiertesten Besucher der Veranstaltungen.

    Auch hatte sich beim Abschlussempfang im vergangen Jahr Valerie Gergiev begeistert über die Arbeit des Fördervereins geäußert, er kenne kein vergleichbares Festival, bei dem die Sponsoren-Beiträge aus derart vielen kleineren Quellen erschlossen werden.

  • Dem Bad Kissinger Publikum entsprechend sind Kompositionen von Mozart, Beethoven und Brahms am häufigsten vertreten.

    Dankenswerterweise ist es 2017 auch erstmalig gelungen, drei Gaststätten zu gewinnen, ihre Küchen bis nach den Veranstaltungen offen zu halten.

    Das sind so Sätze, die Bad Kissingen irgendwie sehr treffend charakterisieren. Ich war mal zur Kur dort und das genügt. :|

    Dabei sind die Musiker, die Du aufzählst, durchaus allererste Sahne! Ein merkwürdiger Kontrast.

    Danke für Deinen informativen Bericht, lieber thomati!

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • ...und ich bin auch noch keine 500m vom zentralen "KG.Sommer"-Veranstaltungsort entfernt geboren: da ist wohl nachvollziehbar,
    dass mich "Kissinger Merkwürdigkeiten" immer wieder mal umtreiben . . .

    Mein letzter Leserbrief** ist immerhin (vor c. 3 Wochen) auf der zweiten Lokalseite gut platziert gewesen und wortwörtlich abgedruckt worden . . .
    <= stilistisch war ich schon besser, aber da anzunehmen war, dass rigoros weggekürzt wird, was über zwei knappe Absätze hinausgeht, hab ich mich halt selbst "zusammengestrichen" ...
    <= mangels Fähigkeit, diesen** hier zu verlinken, zitiere ich mich mal eben selbst . . .

    betr. "Herausforderung für den Neuen" (Mainpost Nr. 123, S. 25)

    Darf man noch anfügen, dass Bad Kissingen über einen akustisch vorzüglichen Max Littmann Saal verfügt, und es m. E. zur Grundversorgung gehören sollte,
    diesen zu Festival-Zeiten nicht zuletzt mit Mahler- und Brucknersinfonien zu ehren?
    Vor inzw. sechs Jahren hat S. Bychkov hier (am Ende heftigst bejubelt!) Mahlers "Sechste" dirigiert... Seitdem Mahler Pustekuchen! Und bzgl. Bruckner dürfte es ähnlich aussehen...
    In diesem Sommer wird man für Bruckner bis Würzburg und Meiningen, für Mahler gar bis Nürnberg oder Kassel reisen müssen, was soll man machen...
    Und: ist jemanden mal aufgefallen, dass in den letzten zwanzig Jahren "Kissinger Sommer" (über die Jahre davor fehlt mir, zugegeben, der Überblick) kein einziges Mal Schlüsselwerke
    der
    beginnenden Moderne wie Bergs Altenberg-Lieder oder Weberns Orchesterwerke op. 6 zu hören gewesen sind?
    Bzgl. abendländischer Kunstmusik staubt es im Max Littmann Saal derart nach vorvorigem Jahrhundert, dass man nur noch darauf wartet, dass eines Abends noch Bismarck
    höchstselbst
    um die Ecke biegt!

    Was das alles mit dem oben erwähnten Mainpost-Artikel zu tun hat?
    Nun, das war jetzt der soundsovielte den "Kissinger Sommer" behandelnden Artikel ohne eine einzige Erwähnung eines derjenigen, zu deren Pflege ein solches Festival eigentlich gedacht
    sein sollte - ohne eine einzige Erwähnung eines Komponistennamens!
    Das erhärtet meinen traurigen Verdacht, dass zu viele an programmatischen Überlegungen wie den obigen kaum bis gar nicht interessiert sind!
    Hauptsache, es kommt ordentlich Kohle in die Stadt, Hauptsache, der Ruhm von Deutschlands Weltbad Nummer Eins wird grösser und grösser!

    8)

    Das TV gibt mehr 'Unterhaltung' aus, als es hat - in der bürgerl. Gesetzgebung nennt man das 'betrügerischen Bankrott' Werner Schneyder Es ging aus heiterem Himmel um Irgendwas. Ich passte da nicht rein. Die anderen aber auch nicht. FiDi über die Teilnahme an seiner ersten (und letzten) Talkshow

  • Gehört der Thread nicht eher in "Institutionen, ..."?

    Das sind so Sätze, die Bad Kissingen irgendwie sehr treffend charakterisieren.

    Aber die Salinen sind toll. Und die Architekturen von Gärtner und Littmann mag ich auch.

    Ansonsten empfehle ich zu Bad Kissingen die vierte Erzählung aus W. G. Sebalds "Die Ausgewanderten".

    :wink:

    Habe den Thread hier in "Institutionen, Orchester, Ensembles und Chöre" verschoben.
    Lionel - Für die Moderation -

    .

  • Eine Unterstützung für den Kissinger Sommer

    Wir sind vor 22 Jahren beim Kissinger Sommer regelrecht gestrandet.

    Als ehemalige Leipziger, von Franz Konwitschny geschult und von Kurt Masur verwöhnt, waren wir aus beruflichen Gründen in eine nordhessische Kulturwüste gespült worden.

    Eine Woche Bad Kissingen im Jahr entsprach unseren damaligen zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten. Auch hatte uns die Gründungsintendantin Kari Kahl-Wolfsschläger freundschaftlich behandelt, so dass wir uns umgehend beim Förderverein des Festivals engagierten.

    Natürlich hatte uns das differenzierte Niveau des Festivals vom Beginn unserer Besuche befremdet.

    Andererseits hatte uns das Klangerlebnis des Max-Littmann-Saals und desRossini-Saals gefangen genommen und die Vielzahl junger Musiker, die in Bad Kissingen die Möglichkeit erhielten, Konzerterfahrungen zu sammeln, auch gefallen.

    Einige Künstler, die sich später im Hochkulturbetrieb etabliert haben, hatten hier ihre Kariere befeuert.

    Besonders gern erinnern wir uns an das Bürschchen Lang Lang, das Christoph Eschenbach beim Festival präsentierte und mit dem man sich dann beim Abendempfang mittels des beiderseits schlechten Englisch unterhalten konnte.

    Arkadi Volodos, Cecilia Bartoli und viele andere waren der Intendantin freundschaftlich verbunden und waren für die Mitglieder des Fördervereins auch ansprechbar.

    Erst im vergangenen Jahr konnte ich unmittelbar erleben, wie sich eine Partnerschaft zwischen Valery Gergiev und dem jungen rumänischen Cellisten Andrei Ioniṱẳ anbahnte, die inzwischen zu gemeinsamer Konzerttätigkeit geführt hat.

    Nach Beendigung der Berufstätigkeit nach Dresden übersiedelt, werden wir dort von der Staatskapelle verwöhnt.

    Trotzdem haben wir unser Kissinger Engagement durch eine Woche Kissinger Sommer weiter geführt, schon um auch andere Sichtweiten des Konzertbetriebes im Blick zu behalten.

    Schon deshalb sind wir an der Entwicklung des Kissinger Sommers interessiert.

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