Johannes Brahms: Streichquartett Nr. 1 c-Moll, Op. 51/1 - "Technisch enorm schwer und auch sonst nicht leichten Gehalts"
„Lieber Freund!
Ich bin im Begriff, nicht die ersten, aber zum ersten Male Streichquartette herauszugeben.
Es ist nun nicht nur der herzliche Gedanke an Dich und Deine Freundschaft, der mich dem ersten Deinen Namen voraussetzen läßt; ich denke Dich einmal so gern und mit so besonderem Plaisir als Geiger und „Sextettspieler“. Ein Heft riesig schwerer Klaviervariationen würdest Du gewiß freundlicher annehmen und Deinem Verdienst gerechter finden? Das hilft nun nichts, Du mußt Dir die Widmung auch mit dem kleinen lustigen Hintergedanken gefallen lassen.
[…]
Ich darf Dir eigentlich nicht verraten, daß das betreffende Quartett aus dem berühmten C-Moll geht, denn wenn Du nun abends daran denkst und darin phantasierst, wirst Du es gar zu leicht überphantasieren und hernach – gefällt Dir das zweite besser. [...]“
So Johannes Brahms in einem Brief im Juli 1873 an Theodor Billroth.
„Nicht die ersten“. Brahms hatte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von Op. 51 bereits über zwanzig Streichquartette komponiert und verworfen. „Es ist schwer zu komponieren. Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen.“ oder auch „Ach was, die ersten Hunde ertränkt man.“ Nicht ganz so lang wie bei seiner ersten Symphonie, doch immerhin wohl auch um die acht Jahre arbeitete Brahms vor der Veröffentlichung an seinen Quartetten. Joseph Joachim hatte bereits 1865 nach der Fertigstellung eines c-Moll-Quartetts 1865 gefragt.
Joachim hatte ursprünglich wohl Op. 51/2 zugeeignet werden sollen. Das einige Jahre währende Zerwürfnis zwischen ihm und Brahms seit eben 1873 führte dann offenbar dazu, dass auch das ungleiche Schwesterwerk Billroth gewidmet wurde.
Der lange Weg lässt es erahnen: Op. 51/1 ist alles andere als ein ungestümer Erstling.