Keineswegs. Du hast nur nicht gelesen, was ich schrieb. Ich schrieb (und Du wirst es kaum bestreiten können), dass die Art und Weise der Messung und der Bezeichnung der Ergebnisse willkürlich und kulturell geprägt ist. Eine Temperatur ist weder größer noch kleiner, auch nicht höher oder tiefer, mit diesen Wörtern bezeichnet man nämlich räumliche Ausdehnungen oder Positionen, die die Temperatur nicht haben kann. Es handelt sich um metaphorische Verwendungen dieser Wörter, die zustandekommt, weil die Messgeräte, die wir normalerweise benutzen, eine gewisse Gestalt haben. Hätten sie eine andere, wären die Bezeichnungen andere. Das dürfte eigentlich keiner Diskussion bedürfen.
Es gibt aber z. B. auch hohe und tiefe Felder, ohne dass entsprechende Messgeräte eine "metaphorische" Verwendung dieser Begriffe nahelegen würden. Die Begriffe "hochfeld-verschoben" und "tieffeld-verschoben" sind jedenfalls Fachbegriffe in der NMR-Spektroskopie, obwohl die damit korrespondierende Skala der chemischen Verschiebung üblicherweise horizontal aufgetragen wird, eine räumliche Metaphorik also nicht gegeben ist.
Physikalische Größen werden durch die Kombination "Zahl plus Einheit" angegeben, wobei die Einheit durch das SI-System definiert ist (was aber nicht ausschließt, dass es auch gebräuchliche Einheiten geben kann, die nicht SI-Einheiten sind). Solange die Einheit angegeben ist, kann also unmittelbar abgelesen werden, ob die physikalische Größe im Fall A "größer" oder "kleiner" als im Fall B ist - weil Zahlen "größer" oder "kleiner" sein können (1000000 ist eine Zahl, die größer als die Zahl 10 ist). Bei manchen physikalischen Größen haben sich dann noch die Begriffe "höher" und "tiefer" eingeschlichen - von mir aus mögen Sprachwissenschaftler untersuchen, wie das zustande gekommen ist, eine eindeutige Korrelation zur Gestalt von Messgeräten gibt es aber offensichtlich nicht (siehe mein obiges Gegenbeispiel).
Aber vielleicht ist es besser, zu den Opernlibretti zurückzukehren.
LG