Volksentscheid über die Abschaffung der Rundfunkgebühren in der Schweiz angesetzt

  • Volksentscheid über die Abschaffung der Rundfunkgebühren in der Schweiz angesetzt

    Ich hoffe, folgender Beitrag ist in diesem Forum OK, auch wenn er die (kultur-)politische Sphäre berührt:

    In der Schweiz ist für den 4. März ein Volksentscheid für die Abschaffung der dortigen Rundfunkgebühren ("Billag") angesetzt. Dies würde faktisch auf eine Abschaffung des dortigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks (incl. Fernsehen) hinauslaufen:

    https://www.nzz.ch/schweiz/die-no…lick-ld.1328771

    Was das für Klassik- und Kultursender bedeuten würde, kann sich jeder selbst denken...

    Wer daher die Gegner der Gebührenabschaffung finanziell unterstützen will, kann das über folgende Website tun:

    https://nobillag.operation-libero.ch/de/spende

    Ich selbst habe - obwohl ich kein Schweizer bin und auch nicht in der Schweiz lebe - bereits einen kleinen Beitrag geleistet.

    Gruß,

    Normann

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • Mit den Gebühren gleich den öffentlichen Rundfunk abzuschaffen ist natürlich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet...
    Ich würde sofort für eine Abschaffung des deutschen sog. Rundfunkbeitrags in seiner gegenwärtigen Form und Höhe stimmen und ich bin auch für radikale Änderungen (einschl. massiver Kürzungen) in der Organisation, Programmgestaltung usw. des öffentl.-rechtlichen Rundfunk (bzw. besonders der Fernsehsender, die wohl den Löwenanteil der Mittel verschlingen). Sowohl die Höhe des Beitrags als auch die Selbstverständlichkeit, mit der diese Mittel für unglaublichen Mist, der ebensogut von privaten angeboten werden könnte, verschleudert werden, halte ich in der gegenwärtigen Form in D für eine skandalöse Unverschämtheit.
    Aber ich bin natürlich nicht für eine Abschaffung bzw. Privatisierung der öffentl.-rechtl. nach dem Muster dieses Vorschlags und anschließender "Berlusconisierung"...

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Ich bin ausdrücklich *für* eine öffentliche Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender (TV und Radio). Ob es in Form dieser Zwangsabgaben (GEZ) sein muss oder ob es bessere Steuermodelle gibt, darüber kann man natürlich diskutieren. Aber ich bin *strikt* gegen jedwede Form der Privatisierung. Das Beispiel Berlusconi wurde schon genannt. Wir sollten uns aber immer wieder im Klaren darüber sein, dass die meisten Länder von Sendern wie arte und 3sat nur träumen können. Und das ist nicht nur außerhalb Europas so. Und auch wenn uns viele Angebote von ARD, ZDF etc. nicht gefallen und wir ggfs. nicht dafür zahlen wollen, so muss man doch sehen, dass diese Sender (und deren Subkanäle) doch auch viel qualitativ Gutes zu bieten haben, besonders, was Nachrichten etc. angeht.

    maticus

    Social media is the toilet of the internet. --- Lady Gaga

    Ich lieb‘ den Schlaf, doch mehr noch: Stein zu sein.
    Wenn ringsum nur Schande herrscht und nur Zerstören,
    so heißt mein Glück: nicht sehen und nicht hören.
    Drum leise, Freund, lass mich im Schlaf allein.
                       --- Michelangelo Buonarroti (dt. Nachdicht. J. Morgener)

  • Ja klar wäre das eine naheliegende Option; das hatte ich in meiner Antwort auch schon erwähnt, habe es dann wieder gelöscht, um nicht noch ein Fass aufzumachen. Mutmaßung für einen tieferen Grund: Gebühren sind de facto degressiv (tun dem Wohlhabenden nicht weh, daher gibt es vermutlich auch so wenig öffentliche Debatte darüber) und man kann sie nicht hinterziehen optimieren, also letztlich eine Verschiebung der Finanzierung auf die "breite Masse", die sich schlecht entziehen kann.

    Und der noch offensichtlichere Grund: Mit dem gegenwärtigen Modell steht den RF-Anstalten ein riesiges Fass von Mitteln zur Verfügung, mit dem sie ziemlich frei schalten und walten können. Bei einer Steuerfinanzierung wären diese Mittel wie zig andere Posten weit schärferen Verteilungskämpfen ausgesetzt und keineswegs so garantiert, wie das momentan der Fall ist. Diese mangelnde (demokratische) Kontrolle ist ja eine weitere Unverschämtheit, die zum kopfsteuerartigen Zwang der überhöhten Gebühr und der bodenlosen Dummheit von 90% des Programms noch dazu kommt.

    Ich bin auch für eine öffentliche Finanzierung. Aber bitte nicht die Gebühren mit einem Federstrich verdreifachen (was mit der Abschaffung der "nur Radio"-Option geschehen ist), bitte nicht, um Seifenopern und anderen Mist im Stile der privaten zu produzieren, um mit Hofberichterstattung und anderen tendenziösen Sachen das Volk dumm machen, historisch bedingte Mini-Sender wie Radio Bremen auf jeden Fall zu erhalten, vom Sport auch fast nur Fußball und Formel 1 zu bringen usw.
    Die öffentl.-rechtl. sollen das bringen, was die privaten nicht so ähnlich eh schon bringen, nicht dasselbe in etwas fader und mit weniger Werbung.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Ich bin für den Öffentlichen Rundfunk, aber gegen den Öffentlichen Rundfunk in seiner derzeitigen Form.

    Ich bin dafür, den Öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern vorzugeben, dass sie allein senden dürfen, was im privaten Rundfunk nicht gesendet wird, mit anderen Worten für eine Erfüllung des Bildungs- und Informationsauftrags unter Geltung des Subsidiaritätsprinzips,
    d. h.:

    Ich bin gegen Unterhaltung im Öffentlichen Rundfunk (keine Vorabendserien, Krimis etc.; noch nie verstanden habe ich, weshalb ARD und ZDF es als Erfüllung ihres Auftrags ansehen können, dass sie Blockbuster senden).

    Ich bin gegen Profisportinhalte im Öffentlichen Rundfunk.

    Ich bin gegen Werbefinanzierung des Öffentlichen Rundfunks, auch gegen Gebühren, weil ich es ungerecht finde, dass Arme dasselbe zahlen müssen wie Reiche, also für Steuern.

    Ich bin für eine Begrenzung der Fernseh- und Radiosenderanzahl pro Rundfunkanstalt.

  • Ein paar Zahlen zur Verbindung von öffentlich-rechtlichen Sendern und klassischer Musik in Deutschland (überwiegend aus einem älteren Beitrag von mir entnommen):

    Der Löwenanteil der Gelder, die Rundfunkanstalten für klassische Musik ausgeben, landet nicht bei ein paar Redakteuren und der notwendigen technischen und sonstigen Ausstattung, sondern bei den Rundfunkorchestern und -chören. Der Bayerische Rundfunk gibt allein für seine drei Klangkörper pro Jahr knapp 30 Mio. Euro aus. Das sind immerhin 25,9% des Etats der gesamten Hörfunkredaktion und 3,1% des Gesamtetats des BR (Quelle, dort S. 35). Wenn man das vorsichtig hochrechnet (vermutlich wendet der BR im Vergleich zu anderen Anstalten überproportional viel Geld für diesen Bereich aus), dann landen 2,5% (ca. 200 Mio.) des Gesamtetats aller ARD-Rundfunkanstalten bei den Klangkörpern. Hinzu kommt wohl noch einmal ein zweistelliger Millionenbetrag für sonstige Klassik-Aktivitäten der Sender - man denke daran, wieviele Festivals und Konzerte von den Rundfunkanstalten finanziert oder mitfinanziert werden: Donaueschingen, musica viva München, Wittener Tage für neue Kammermusik, Tage Alter Musik in Herne usw. usw. (allein beim kleinen Saarländischen Rundfunk gibt es zwei Festivals für Neue und Alte Musik).

    Die Rundfunkanstalten decken einen nicht unerheblichen Teil des klassischen Musiklebens in Deutschland ab. Ca. 2,5-3% des Gesamtetats der Sender für Klassik steht ein vermutlich winziger Bruchteil der Gebührenzahler gegenüber, die diese Klassik-Angebote nutzen. Ich habe den Eindruck, dass diese Zahlen von den Verantwortlichen meist unter der Decke gehalten werden, aus gutem Grund. Wer einmal (bei einem Artikel in der Bild-Zeitung über die SWR-Orchesterfusion) erlebt hat, welcher Volkszorn losbricht, wenn diese Ausgaben einer größeren Öffentlichkeit bekanntwerden, weiß eines: wenn die Rundfunkgebühren einmal, in welcher Weise auch immer, erheblich gekürzt oder gar abgeschafft werden sollten, sind die Investitionen in klassische Musik das erste, was bluten muss - nicht Seifenopern oder Fußballübertragungen. Gegen die dann anstehenden Sparmaßnahmen wird die Affäre um die SWR-Orchesterfusion nur ein laues Lüftchen gewesen sein.

    Ich bezahle meinen monatlichen Beitrag von 17,50 € freiwillig und ohne Murren - auch weil ich weiß, dass ungefähr 50 Cent davon bei Investitionen in klassische Musik landen.


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Ich stimme im Wesentlichen den Ausführungen von Knulp zu. Eine Steuerfinanzierung gibt es de facto jetzt schon, da man sich von den Abgaben nicht befreien kann, selbst wenn man überhaupt keine Angebote nutzt. Der einzige Unterschied besteht darin, dass jeder den selben Betrag zahlen muß. Aber eine öffentliche Finanzierung über Steuergelder halte ich für falsch, weil der öffentlich rechtliche Rundfunk keine hoheitliche Aufgabe ist, und auch nicht der Daseinsvorsorge dient.
    Ich könnte aber auch gut auf diese Form des Rundfunks verzichten, denn wenn auch 50 Cent in klassische Musik wandern, so werden für die restlichen 17 € Dinge finanziert, die ich zum allergrößten Teil nicht unterstützen möchte. Die horrenden Ausgaben für Fußballrechte sollte man getrost den privaten Sendern überlassen. Und ebenso Krimis und Quizspiele, die nichts mit einem Bildungsauftrag zu tun haben, der ja einer der Gründungszwecke war.

    Peter

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • 17,5 EUR gern zahlen, weil 0,5 EUR in etwas unterstützungswürdiges gehen, finde ich sehr großzügig!
    Aber man kann natürlich keine 5 EUR zahlen und sagen, bitte steckt das alles in klass. Musik und anspruchsvolle Fernsehspiele. ;)

    Ich sehe schon die Konflikte, auch wenn ich mit ihrer Lösung nicht glücklich bin. ARD und ZDF müssen "populäre" Sachen senden, weil sie einen bestimmten Publikumsanteil erreichen müssen, sonst verlieren sie ihre Daseinsberechtigung. Mir hat mal jemand erzählt, dass ohne Sport der Anteil der ö.r. bei den unter 40 (oder gar unter 50 oder 60)jährigen so vernachlässigbar wäre, dass sie dann nicht mehr behaupten könnten, der gesamten Bevölkerung etwas zu bieten. Sie würden dann tatsächlich zum Seniorenfernsehen.
    Und sie haben nicht nur einen Bildungs-, sondern auch einen allgemeinen Informationsauftrag und da gehört Profisport eben dazu. Ob in dem Maße wie momentan, ist natürlich eine andere Frage. Insbesondere wenn die reichen öffentlichen Anstalten dazu beitragen, dass die Verbände für die Übertragungsrechte noch höhere Summen verlangen können, also insgesamt noch mehr Geld in das unsäglich korrupte System der internat. Sportverbände (wovon FIFA nur das schlimmste Beispiel ist, IOC, IAAF usw. sind auch nicht viel besser) gepumpt wird als es sonst der Fall wäre.

    Aber dass jede Woche 20 oder wieviele Krimis (inkl. der Vorabendserien, die teils eher komödiantisch sind) gebracht werden müssen, damit Dulcolax und Coregatabs eine Werbepause haben, leuchtet nicht ein. 5 Krimis würden auch reichen, auf den restlichen Slots könnte man Zeug wiederholen oder was weiß ich. Oder eben kein durchgehendes Programm aller "dritten Programme", gab es bis in die 1980er nicht, soweit ich erinnere.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Steuern, also einkommensabhängig, wären wohl wirklich besser und "gerechter".

    Für Unterhaltung im ÖR bin ich schon, wenn das Niveau nicht zu weit runtergeht. Aber gegen Fußball, zumindestens in dieser Dominanz, bin ich auch. Habe nie verstanden, warum ausgerechnet Fußball in der Öffentlichkeit eine so große Rolle spielt, und viele interessantere Sportarten garnicht vorkommen.

    Ich schaue *nie* Privatsender. Das tue ich mir schon seit Jahren nicht mehr an.

    Ich höre (fast) täglich Radio. Fast immer Deutschlandfunk. Also im Prinzip auch so gut wie nie Klassik. Im Auto höre ich auch mal wdr5 oder wdr3. Zuhause wdr3 nur ganz selten. Ich sehe auch fast allabendlich TV (ÖR), wenn auch oft nur "nebenher". Im TV spielt Klassik bei mir auch nur eine untergeordnete Rolle. Gibt ja nicht so viel, außer ein wenig in arte und 3sat. Meist möchte ich auch selbst entscheiden, was ich gerade höre. Bevorzugt schaue ich Krimis. :jaja1: :versteck1:

    maticus

    Social media is the toilet of the internet. --- Lady Gaga

    Ich lieb‘ den Schlaf, doch mehr noch: Stein zu sein.
    Wenn ringsum nur Schande herrscht und nur Zerstören,
    so heißt mein Glück: nicht sehen und nicht hören.
    Drum leise, Freund, lass mich im Schlaf allein.
                       --- Michelangelo Buonarroti (dt. Nachdicht. J. Morgener)

  • 17,5 EUR gern zahlen, weil 0,5 EUR in etwas unterstützungswürdiges gehen, finde ich sehr großzügig!


    Ja, das ist so meine Art. :D

    Meist möchte ich auch selbst entscheiden, was ich gerade höre.

    Du hörst z.B. gerne diese Aufnahme:

    Die würde es womöglich nicht geben, wenn der WDR sie nicht aus Rundfunkgebühren mitfinanziert hätte, z.B. durch Bereitstellung eines Studios, der Aufnahmetechnik und des dafür notwendigen Personals.

    Auch wäre z.B. die Entwicklung der Alte-Musik-Szene in Deutschland anders verlaufen, wenn der WDR sie nicht über Jahrzehnte mit erheblichen Mitteln direkt und indirekt unterstützt hätte. Ebenso beim ehemaligen SWF und der Neuen Musik.

    Ich spreche das nur deshalb an, weil in diesem Forum der eine oder die andere angeblich an klassischer Musik (im weitesten Sinn) interessiert sein soll... ;)

    Natürlich läuft beim ÖR-Rundfunk vieles falsch, was Organisation, Gebührenerhebung, Programm betrifft. Aber man kann ja auch mal ein paar positive Dinge hervorheben. Und man sollte realistisch sein: eher wird der ÖR-Rundfunk ganz abgeschafft als dass es eine Reduzierung auf den sog. Bildungsauftrag geben wird. Und wenn stärker gespart wird, dann bleibt der Klassiksektor nicht verschont, ganz im Gegenteil.

    :wink:

    .

  • Ich schaue auch ganz gerne Krimis. Aber die meisten sind doch so schrottig, dass man sie kaum ansehen kann, daher habe ich das weitgehend aufgegeben. Warum macht man nicht statt 15 oder mehr Vorabendkrimis und 2-3 90minütigen Abendprogramm-Krimis pro Woche lieber 1-2 gute, dann gibt es alle paar Monate vielleicht mal einen richtig guten darunter?
    Sport gehört für mich schon dazu und ich bin dagegen, dass das komplett ins Pay-TV wandert. (Freilich muss ich bei exotischen Sachen, die mich interessieren, z.B. Crosslauf-EM vorgestern, jetzt schon aufs Internet ausweichen. Bei sowas erwarte ich natürlich gar nicht, dass es in ARD/ZDF kommt) Aber die ö.-r. müssten auch hier gegensteuern und eben nicht nur die ohnehin populärsten Sportarten bevorzugt bringen. Ich meine auch, dass das vor 25-30 Jahren (als ich als Teenager stärker sportinteressiert war) noch nicht so extrem gewesen wäre. Da lief mehr Handball, Basketball, Leichtathletik usw. im TV. Gerade wenn es erst einmal so bleibt, wie es ist, dass man kräftig einzahlen muss, muss dann auch eine entsprechende Gegenleistung kommen und nicht "Rote Rosen" und "McDoof vs. BurgerQueen" (was auch noch perfide Schleichwerbung für Läden ist, die die Gesundheitskosten jedes Jahr um ein paar Millionen in die Höhe treiben).

    Was fehlt, ist m.E. eine gnadenlose Analyse des ö.-r. Systems und in der Folge eine strenge Trennung zwischen der Radio-Grundversorgung, der Kulturförderung i.e.S., die Zwielicht weiter oben aufgezählt hat, und dem TV-Programm, das mit Abstand am meisten Geld verschlingt. Die ersten beiden Punkte können mehr oder minder so bleiben, das Fernsehen müsste m.E. radikal überarbeitet werden.

    Man hat doch klar den Eindruck, dass gerade weil durch die neuen Medien die jungen Leute en masse abwandern und das "klassische" Fernsehen zunehmend weniger wichtig wird, sich die Anstalten durch die äußerst großzügige Festsetzung der Gebühr (und die "Vereinfachung" als Haushaltsabgabe) ihre Mittel langfristig in komfortabler Höhe sichern wollen, egal welchen Mist sie bringen und egal, wie wichtig sie überhaupt noch für Information und Unterhaltung der Bevölkerung sind, vgl. mit Internetangeboten usw.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Die würde es womöglich nicht geben, wenn der WDR sie nicht aus Rundfunkgebühren mitfinanziert hätte, z.B. durch Bereitstellung eines Studios, der Aufnahmetechnik und des dafür notwendigen Personals.

    Wer sagt denn dass es ohne den ÖR keine entsprechende Alternative gäbe? Da diese Sender den Nischenplatz für klassische Musik beherrschen macht sich ja niemand anderes die Mühe hier aktiv zu werden. Das würde auch kommerziell keinen Sinn machen.

    Peter

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Ich würde daran erinnern wollen, dass hier eher eine Diskussion über die deutsche Kulturlandschaft in Verbindung mit Rundfunkgebühren geführt wird, die jedoch relativ wenig mit der Situation in der Schweiz zu tun hat. Die Schweizer brauchen nämlich nur die zig Milliarden Franken des "Migrosprozents" für ihre Kulturförderung. Das ist so viel, dass sich eine Stadt wie Bern, die in etwa so groß ist wie Paderborn, ein kulturelles Leben leisten kann, wie Köln es hat (mindestens!).

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Wer sagt denn dass es ohne den ÖR keine entsprechende Alternative gäbe? Da diese Sender den Nischenplatz für klassische Musik beherrschen macht sich ja niemand anderes die Mühe hier aktiv zu werden. Das würde auch kommerziell keinen Sinn machen.

    Peter

    Du meinst, ohne die Konkurrenz durch die Sender gäbe es Unternehmen, die sich mit Gewinnabsicht an cpo-Produktionen beteiligen würden? Das halte ich für extrem unwahrscheinlich.

    Ich vermute, ein Label wie cpo kann überhaupt nur existieren und (wahrscheinlich geringe) Gewinne einfahren, weil a) der Vertrieb der Tonträger über jpc organisiert wird, und vor allem b) ein Großteil der sonstigen Kosten auf andere abgewälzt wird. Diese anderen sind, wie man den Labelaufdrucken auf mindestens der Hälfte der cpo-CDs entnehmen kann, vor allem die deutschen Rundfunkanstalten, die Räume, Aufnahmetechnik und -techniker bereitstellen sowie gelegentlich auch die Musiker (mit)finanzieren oder gar stellen.

    Was passiert, wenn bei cpo keine Rundfunkanstalt koproduziert, können wir (i.e. der Vorstand von Capriccio) ausnahmsweise aus erster Hand am Beispiel der Aufnahmen mit norddeutscher Orgelmusik durch den Organisten Friedhelm Flamme berichten: Dieser muss, wenn er keinen anderen Förderer findet, die Benutzungsgebühr von Kirchen und Orgeln aus eigener Tasche blechen - cpo zahlt hier keinen Cent. Deshalb fördert unser Verein die nächste anstehende Aufnahme Flammes finanziell.

    Soviel werden kulturfördernde Stiftungen, Vereine und sonstige Institutionen allerdings kaum geben können, dass dadurch die Quasi-Bezuschussung von cpo durch die Rundfunkanstalten ersetzt werden könnte.

    :wink:

    .

  • Das ist so viel, dass sich eine Stadt wie Bern, die in etwa so groß ist wie Paderborn, ein kulturelles Leben leisten kann, wie Köln es hat (mindestens!).

    Also bitte :D . Ich war ja noch nie ein großer Fan der Stadt Köln, aber das stimmt wirklich nicht. Beispiel klassische Musik: Bern leistet sich ein einziges Symphonieorchester - in Köln gibt's drei, von denen zwei sicherlich ein höheres Renommée haben als das Berner. In puncto Spezialensembles (man denke z.B. an Concerto Köln) hat Köln ebenfalls mehr zu bieten. Die Kölner Philharmonie ist eines der führenden Konzerthäuser in Deutschland mit einem Gastierbetrieb, der denjenigen des Berner Kulturcasinos an Quantität und Qualität deutlich übertreffen dürfte. Das Berner Opernhaus ist von eher mittlerer Qualität, wovon ich mich bei einem Besuch mal selbst überzeugen durfte - nicht zu vergleichen mit dem Kölner (wenn dieses mal wieder eine richtige Spielstätte bekommt). Zudem ist - das passt wieder zum Thema - in Köln die größte deutsche Rundfunkanstalt mit einem enormen Etat beheimatet, der in Teilen auch dem Kölner Kulturleben zugute kommt, außerdem die größte deutsche Musikhochschule.

    Bern hat einige beeindruckende Museen und Ausstellungshallen, u.a. Kunstmuseum, Kunsthalle, Paul-Klee-Zentrum. Da kann Köln aber mühelos mehr als mithalten (und das ist ein Bereich, in dem ich mich ausnahmsweise wirklich mal auskenne). Köln ist zwar nicht mehr - wie bis in die 1980er Jahre - eine der weltweit wichtigsten Städte im Bereich der zeitgenössischen Kunst, aber immer noch eine der wichtigeren in Europa. Da wäre in der Schweiz eher Basel eine Vergleichsgröße, aber sicher nicht Bern. Dort gibt's zweifellos - wie in der ganzen Schweiz - eine Reihe hochrangiger privater Kunstsammlungen, von denen allerdings nicht jeder etwas hat...

    :wink:

    .

  • Also bitte . Ich war ja noch nie ein großer Fan der Stadt Köln, aber das stimmt wirklich nicht. Beispiel klassische Musik: Bern leistet sich ein einziges Symphonieorchester - in Köln gibt's drei,

    Ich sehe, da habe ich wohl den rheinischen Stolz verletzt! ;) :versteck1:
    Du wirst schon recht haben, und der Vergleich mit Köln mag etwas überzogen sein. Aber wenn man bedenkt, dass Bern nicht einmal 150000 Einwohner hat, ist die Vielfalt des kulturellen Lebens dort erstaunlich. In der Zeit, in der ich dort war, verging kein Monat, in welchem nicht höchstkarätige Stars der Klassikszene dort aufgetreten wären. Zudem ist Bern, wie auch andere Städte der Schweiz, ein wichtiges Zentrum für Jazzmusik (die Musikhochschule in Bern bietet eine Jazzausbildung auf hohem Niveau an). Jedenfalls fühlt sich Bern in vielen Belangen wie eine Millionenstadt an (schon dieses Gewusel auf dem Bahnhof, der mehr Bahnsteige hat als der Wiener Hauptbahnhof, ist für eine Stadt dieser Größenordnung ungewöhnlich). Und finanziert wird sehr vieles in der Schweiz über private Gelder, zuvorderst das eine % des Umsatzes, das die Genossenschaft Migros jedes Jahr als Kulturförderung zur Verfügung stellt. Die Migros ist eine allesdurchwuchernde Krake, wie man sich das andernorts kaum vorstellen kann. Denen gehört das halbe Land.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Aber wenn man bedenkt, dass Bern nicht einmal 150000 Einwohner hat, ist die Vielfalt des kulturellen Lebens dort erstaunlich.

    Also etwa vergleichbar mit Heidelberg, das ebenfalls über einen Hauptbahnhof mit mehreren Bahnsteigen verfügt, meines Wissens fünf. Vermutlich wird das aber nicht von den Rundfunkgebühren finanziert - und damit bin ich schon wieder weg.

    :versteck1: :tee1:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!