Georges Bizet: Sinfonie C-Dur
Georges Bizet, berühmt vor allem für die Oper „Carmen“ und was Orchesterwerke betrifft auch für die „Arlésienne“-Suiten, 1838 in Paris geboren, war Schüler am Pariser Konservatorium, als er im November 1855 mit gerade mal 17 Jahren eine Sinfonie in C-Dur komponierte, die allerdings zurückgehalten wurde, lange im Archiv des Instituts schlummerte und erst 1935 in Basel unter der Leitung von Felix von Weingartner zur Uraufführung kam.
Bizet hatte knapp vor der Komposition dieses Werks Charles Gounods 1. Sinfonie für zwei Klaviere arrangiert, mit der ihm eine Verwandtschaft attestiert wird. Ich meine mehr oder weniger deutliche Einflüsse der Wiener Klassik, der französischen Oper und auch Rossinis durchzuhören, vor allem aber finde ich das ist eine originelle, für sich stehende, eigenständige Sinfonie, so „singulär markant“ wie etwa Schuberts 5. Sinfonie, Prokofjews „Symphonie Classique“ oder Schostakowitschs 1. Sinfonie. Reclams Konzertführer (Ausgabe 2001) konstatiert dem Werk einen „südländisch eleganten Tonfall“.
Ich habe es mit der erdigen Aufnahme mit Leonard Bernstein und dem New York Philharmonic in den 80er Jahren noch von LP kennengelernt (CD Sony SMK 61830) und diese Aufnahme nun, animiert durch die am 11.2.2018 ausgestrahlte Ö1 Aufzeichnung eines Konzerts der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Alain Altinoglu von der Mozartwoche Salzburg 2018 auch mit diesem Werk, gerne wieder gehört. Aber wo war der Thread bei Capriccio dazu?
Das bei Bernstein knapp 28 Minuten lange Werk hat vier Sätze.
Meine Höreindrücke:
Beim 1. Satz (Allegro vivo), einem Sonatensatz mit Exposition, Durchführung und Reprise, meine ich schon deutlich die Vorbilder der Wiener Klassik durchzuhören, auch ein Schuss Rossini könnte drin stecken.
Das Adagio a-Moll des 2. Satzes ist wohl ein Oboen-Paradestück, mit der ausschwingenden großen Oboenmelodie (in Bernsteins Aufnahme gespielt von Harold Gomberg). Das ist für mich gesanglich wie in der italienischen Oper. Im Mittelteil fällt ein Fugato auf.
Das Menuett des 3. Satzes (Allegro vivace) kommt ausgelassen auftrumpfend daher, im ruhiger gehaltenen Trio wirken die bordunartigen Ansätze markant.
Beim Finale (noch einmal Allegro vivace) mag Bizet bereits den Chor der Gassenjungen aus der „Carmen“ antizipiert haben, das ist auf jeden Fall lebensbejahend positiv gestimmte, heitere Musik, ein idealer Kehraus.
Leonard Bernstein und sein New Yorker Orchester spielten Bizets Sinfonie C-Dur (es ist Bizets einzige vollendete Sinfonie, sie wird trotzdem auch oft Sinfonie Nr. 1 genannt) in Konzerten in der Philharmonic Hall am 23., 24., 25. und 26.5.1963 vor Charles Ives´ Decoration Day aus der Symphony „Holidays“ und vor Hector Berlioz´ Symphonie fantastique. Alle drei Werke wurden danach am 27.5.1963 im Manhattan Center (New York City) für Tonträger aufgenommen. Bernstein hat oft Konzerte mit Aufnahmen wie in diesem Fall verbunden.
Jetzt hat dieses wie ich finde erstaunlich inspirierte Jugendwerk Bizets hier auch seinen Thread.
Quellen: Reclams Konzertführer (Ausgabe 2001), CD Booklet zur Bernstein-Aufnahme, Begleitbuch zur New York Philharmonic Bernstein CD Box, wikipedia Georges Bizet.