Weinberg, Mieczysław (1919-1996) - Ein Komponistenportrait

  • Die Zweite ist noch von Moser eingespielt worden (du hast die entsprechende CD ja selbst genannt; ich habe sie übrigens nicht, weiß aber, dass z. B. Matthias Oberg sie sehr schätzt).

    Stimmt. Das war meine Erstbegegnung mit Weinberg (und mit Boris Tschaikowski, dessen Sonate ich auch sehr mag) und war Liebe auf's erste Hören. Das ist ein sehr gut konstruiertes, abwechslungsreiches, sehr schönes Werk, in dem, wie so oft bei Weinberg, Anklänge jiddischer Klezmer-Melodien hörbar werden. Die Einspielung von Moser/Rivinius finde ich ausgezeichnet (- auch die der Sonaten von Schostakowitsch und Boris Tschaikowski.)

    Die Einspielung von Vasilieva kenne ich (noch) nicht.

    Dass es jetzt offenbar zu einer Entdeckung Weinbergs kommt, mehr Einspielungen erscheinen, Literatur veröffentlicht wird, sogar die Oper Passagiere aufgeführt wird, von der hoffendlich dann auch irgendwann ein Mitschnitt greiffbar wird, finde ich ausgezeichnet. Die Werke Weinbergs haben m.E. das Potential, aus der Geheimtip-Ecke herauszukommen: Schostakowitsch, dem Weinberg kaum nachsteht, geht gut, Jüdisches wie Klezmer geht gut, da müßte doch auch für Weinberg eine Marktlücke sein, die uns hoffentlich weitere Einspielungen und Aufführungen beschert.

    Je mehr ich von Weinberg kennenlerne, schärft das übrigens auch meinen Blick auf Schostakowitsch. Ihre Beziehung war sicherlich kein einseitiges Lehrer-Schüler-Verhältnis. Z.B. ist mir erst, nachdem ich mehr von Weinberg kennengelernt und eine Ahnung bekommen hatte, wie Weinberg Jiddisches thematisch verarbeitet, aufgefallen, dass Schostakowitsch z.B. auch im Prelude und Fuge Nr. 8 Jiddisches in Melodie und Rhythmus verarbeitet und auf eine Weise des Umgangs, die man ähnlich auch in einigen Werken Weinbergs findet, die neben Jiddischem formal auch Anleihen bei vorklassischer Musik machen.

    :wink: Matthias

  • Heute habe ich die Naxos-Einspielung der Cello-Sonaten gekauft - ich wohne glücklicherweise in der Nähe eines CD-Ladens, der selbst solch seltene CDs vorrätig hat. Neben den beiden Sonaten für Cello und Klavier sind zwei der vier Solo-Cello-Sonaten darauf eingespielt, nämlich die Nummern 1 und 3. Die Sonaten für Cello und Klavier, insbesondere die Zweite, habe ich inzwischen mehrmals gehört. Bei aller Vorsicht wegen meiner Unerfahrenheit in Sachen Kammermusik des 20. Jahrhunderts und wegen der bereits vielfach erfahrenen Flüchtigkeit von Ersteindrücken will ich es zunächst wie folgt formulieren: Wenn mir jemand nach einem Blind-Hören (d.h. ohne kenntnis des Komponistennamens) der zweiten Sonate jemand gesagt hätte, dass es sich um eines der besseren Kammermusikwerke Schostakowitschs handelt, so hätte ich es ihm sowohl vom Stil als auch von der Qualität her sofort abgenommen. Und nun hoffe ich, dass mir in diesem Thread keiner dieser unsäglchen Schostakowitsch-Vergleiche mehr unterkommt! Es wundert mich nicht, dass diese Werke für Weinberg-Verhältnisse bereits sehr häufig eingespielt worden sind. Inwiefern die Cello-Sonaten charakteristisch für Weinberg sind, kann ich nicht sagen, da ich bisher nur Orchestermusik von ihm kenne.

    Beste Grüße,
    Falstaff

  • Herzlichen Dank, liebe Renate, für den Hinweis!

    Konzertmitschnitte von Weinberg-Werken im Rahmen der Bregenzer Festspiele gibt es in Ö1 am 6., 11. und 20. August. Näheres hier Heute + demnächst im Radio


    Außerdem strahlt DeutschlandradioKultur am Sa., 07.08.2010 von 19.05-22.00 Uhr die Bregenzer Aufführung von Weinbergs Oper 'Die Passagierin' aus, worauf Sophia in diesem Thread bereits hingewiesen hat:

    Heute + demnächst im Radio

    :wink:
    Johannes

  • Ich habe bereits einen sehr schönen Mitschnitt der Oper "Die Passagierin". Bei Ö1 gab es während der Übertragung keine Störungen, so das die Aufnahme einwandfrei ist. Der ortsansässige WDR schafft es leider nicht immer störungsfrei zu senden.

    Wer an einem Mitschnitt interessiert ist darf sich gerne mit einer privaten Nachricht bei mir melden.

    Davidoff [Blockierte Grafik: http://www.smileygarden.de/smilie/Fantasy/67.gif]

    Verachtet mir die Meister nicht!

  • Weinbergs Streichquartette

    Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Ich gestehe, die Musik Weinbergs überhaupt nicht gekannt zu haben. Trotz meiner Befürchtung, dass mal wieder Musik vorgefunden wird, die ich als dahinplätschernd oder aufgesetzt empfinde, habe ich aufgrund dieses Fadens eine Streichquartett-CD von Weinberg gekauft. Und wie froh bin ich darüber!

    Besonders op. 130 ist ein wahrlich kraftvolles Werk, was bei der Opusnummer ja auch zu erwarten ist. Ich finde mich dabei in einer ähnlichen Atmosphäre wie in den Schostakowitschquartetten.
    Die anderen Quartetteinspielungen werde ich in der Hoffnung, meine Begeisterung über diese (meine) Neuentdeckung bestätigt zu finden, nun ebenfalls erwerben und freue mich, die Musik dieses Komponisten näher kennenzulernen.

    Danke für die Anregung,
    Uwe

    Wenn alle ein klein wenig verrückter wären, dann wäre die Welt nicht so durchgedreht.

  • RE: Weinbergs Streichquartette

    Hallo Uwe,

    es freut mich natürlich immer, wenn ich mit meinen Beiträgen jemandem eine gute Empfehlung geben konnte. Insofern ist deine Rückmeldung für mich sehr erfreulich.

    Besonders op. 130 ist ein wahrlich kraftvolles Werk, was bei der Opusnummer ja auch zu erwarten ist. Ich finde mich dabei in einer ähnlichen Atmosphäre wie in den Schostakowitschquartetten.

    Ich bin ja in meinem Eingangsbeitrag schon ansatzweise auf dieses Werk eingegangen: auch ich finde es ausgesprochen gut bzw. sehr bewegend. Wie erwähnt, ist das Stück autobiographisch geprägt in dem Sinne, dass Weinberg es seiner Schwester zum 60. Geburtstag, den sie aus bekannten Gründen nicht erleben konnte, gewidmet. Wenn die Musik am Ende allmählich verstummt, finde ich die Wirkung nach wie vor sehr erschütternd.

    Zitat

    Die anderen Quartetteinspielungen werde ich in der Hoffnung, meine Begeisterung bestätigt zu finden, nun ebenfalls erwerben und freue mich, die Musik dieses Komponisten näher kennenzulernen.

    Du wirst nicht weiter darüber verwundert sein, dass ich auch diese CDs nachdrücklich empfehle. Mittlerweile sind ja bereits vier Stück erschienen, die alle sehr hörenswert sind (das Quatuor Danel macht seine Sache m. E. ausgezeichnet!). Da ich einige der Werke, die noch kommen werden, bereits kenne, kann ich zudem schon jetzt darauf hinweisen, dass sich auch unter den CDs, die noch folgen werden, einige absolut hörenswerte Stücke befinden, etwa das in seiner Mischung aus Konzentration und Gelassenheit sehr gelungene und für Weinberg überhaupt ziemlich charakteristische Streichquartette Nr. 10 oder das 17. und letzte Quartett, das in seiner zumindest teilweise aufscheinenden augenzwinkernden Heiterkeit noch einmal neue Seiten des Komponisten aufzeigt.

    Viele Grüße
    Holger

  • RE: Weinbergs Streichquartette

    Trotz meiner Befürchtung, dass mal wieder Musik vorgefunden wird, die ich als dahinplätschernd oder aufgesetzt empfinde

    Was machst du denn für grauenerregende Entdeckungen?? Vielleicht solltest du deine Einstellung überprüfen ;+)

    :wink:
    Wulf

    "Gar nichts erlebt. Auch schön." (Mozart, Tagebuch 13. Juli 1770)

  • Hallo Wulf,

    ehrlich gesagt: ich mag nicht viel an Musik und höre deshalb bestimmt weniger als jeder andere hier. Das wenige, was ich mag, höre ich natürlich sehr häufig und intensiv. Umso erfreuter bin ich natürlich, wenn ich etwas Neues entdecke, was mir zusagt. Ich bin gespannt, ob sich dies bei Weinberg für mich bestätigt. Das bisher Gehörte erlaubt mir zumindest schon beim ersten Hören das innere Empfinden von Tiefe (Du erinnerst Dich?).

    Gruß,

    Uwe

    Wenn alle ein klein wenig verrückter wären, dann wäre die Welt nicht so durchgedreht.

  • Ja, lieber Uwe, ich erinnere mich. Du brauchst die empfundene Tiefe, die Dialektik, das Drama. All that stuff. :D

    "Gar nichts erlebt. Auch schön." (Mozart, Tagebuch 13. Juli 1770)

  • Ich habe gestern leider zu spät nur einen Teil der "Passagierin" (Beginnzeit in ORF 00.10, Ende 02.55 :boese:- die spinnen ja! ) der Bregenzer Aufführung im Fernsehen gesehen und war sehr beeindruckt von der intensiven Darstellung und der Klangschönheit dieser Oper. Hat das zufällig jemand aufgenommen??


    Die Bregenzer Festspiele liefern meist bald DVDs ihrer Produktionen und darauf ist zu hoffen. Unbedingte Empfehlung!

    :wink:
    Renate

    Unsre Freuden, unsre Leiden, alles eines Irrlichts Spiel... (Wilhelm Müller)

  • Eben habe ich entdeckt, dass 3Sat diese Übertragung wiederholt, zu wesentlich kundenfreundlicherer Zeit :D : 23.11. 02.05 - 04.50. Was uns wieder einmal den hohen Stellenwert der Kultur im Fernsehen zeigt!

    :wink:
    Renate

    Unsre Freuden, unsre Leiden, alles eines Irrlichts Spiel... (Wilhelm Müller)

  • Die Bregenzer Festspiele liefern meist bald DVDs ihrer Produktionen und darauf ist zu hoffen. Unbedingte Empfehlung!

    Liebe Renate,

    fast gibt's die schon:

    Ist aber Bluray und ich habe leider noch keine Ankündigung auf DVD gesehen. Michels diesbezügliche Frage wurde auch noch nicht beantwortet. :boese:

    Also weiter hoffen, oder Bluray am PC aktivieren.

    Viele Grüße,

    Melanie

    With music I know happiness (Kurtág)

  • Liebe Mela!

    Herzlichen Dank für Deine Info - ich werde am 23. mitschneiden (wenn mich die Technik nicht im Stich lässt).


    Liebe Grüße
    :wink:
    Renate

    Unsre Freuden, unsre Leiden, alles eines Irrlichts Spiel... (Wilhelm Müller)

  • Ist aber Bluray und ich habe leider noch keine Ankündigung auf DVD gesehen.

    Im heutigen jpc-Newsletter gibt's jetzt eine Ankündigung einer DVD-Fassung, hier (noch ohne Cover)

    Michel

    Es gibt kaum etwas Subversiveres als die Oper. Ich bin demütiger Diener gegenüber diesem Material, das voller Pfeffer steckt. Also: Provokation um der Werktreue willen. (Stefan Herheim)

  • Das ist aber das Cover der Bluray-Ausgabe, lieber Davidoff, das mela bereits weiter oben im Thread gepostet hatte. :rolleyes: :D
    Aber egal, das Cover ist zweitrangig, Hauptsache ist ja, daß die Oper mittlerweile auch im DVD-Format erhältlich ist. :sev:

    :wink:
    Johannes

  • Erneut gute Nachrichten in Sachen Weinberg:

    Nun sind auch die vier Sonaten für Violoncello solo wieder auf CD erhältlich, gespielt von Iossif Feigelson. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es sich dabei um die Aufnahmen handelt, die vor einigen Jahren auch schon mal auf Olympia-CDs greifbar waren; die Aufnahmedaten stimmen jedenfalls offenbar mit denen der Olympia-CDs überein. Hier die jpc-Links:

    Die zweite der beiden Olympia-CDs hatte ich vor einigen Jahren noch gebraucht erwerben können, die erste habe ich mir mal im Internet im mp3-Format heruntergeladen. Deshalb habe ich die entsprechende neue Naxos-CD auch gleich bestellt, wobei die Solosonate Nr. 1 noch in einigen anderen Einspielungen erhältlich ist, nicht aber die 24 Präudien für Solocello.

    Ähnlich wie die Sonaten für Bratsche solo, die ich gerade vor einer Woche mit großem Vergnügen einmal alle nacheinander komplett durchgehört habe, handelt es sich bei den Solosonaten für Cello um eher späte Werke. Solosonaten für Streichinstrumente haben Weinberg offenbar um 1960 zu interessieren begonnen; die erste Cellosolosonate, entstanden 1960, ist jedenfalls sein erstes derartiges Werk. Dann aber hat er sich mit solchen Solobesetzungen über Jahre hinweg recht intensiv beschäftigt. Ich meine, dass diese Art von Musik in ihrer ziemlich herben, konzentrierten Art seinem reifen Stil deutlich entgegenkommt. Die Stücke sind jedenfalls absolut hörenswert und ich kann diese CDs nur sehr empfehlen.

    Wie an anderer Stelle bereits erwähnt, hat sich CPO jetzt auch des Klavierwerks angenommen:

    Auf dieser CD spielt die junge Pianistin Jelisaweta Blumina seine Klaviersonate Nr. 1, ein frühes, verglichen mit nur wenige Jahre später entstandenen Werken wie der Klaviersonate Nr. 2 oder auch der Sinfonie Nr. 1 ziemlich modernes Werk (unter anderem mit einem interessanten glockenähnlichen Beginn), und die drei "Hefte für Kinder", letztere mittlerweile bereits mehrfach eingespielt. Es handelt sich hierbei um Kinderstücke, die in ihrer Art Schumann in Erinnerung rufen mögen. Diese Werke haben ihren eigenen Charme, ich finde sie sehr schön.

    Bluminas Interpretation gefällt mir sehr gut, Abstriche bei der Produktion gibt es allerdings für die für CPO in Teilen doch ungewöhnlich wenig sorgfältige Aufmachung. Insbesondere erstaunt mich, dass bei der Tracklist in keiner Form die drei Hefte für Kinder, die immerhin verschiedene Opuszahlen tragen, voneinander getrennt werden, sondern einfach alle 17 Titel hintereinander aufgelistet werden. So geht (unnötigerweise) Übersicht verloren. Das ändert aber natürlich nichts daran, dass ich auch diese CD gerne weiterempfehle.

    Viele Grüße
    Holger

  • Hallo Weinberg-Freunde,

    amazon bietet mir fast schon penetrant immer wieder dieses Buch an:

    Kennt das jemand? Taugt das was?

    Viele Grüße,

    Melanie

    With music I know happiness (Kurtág)

  • Streichquartett Nr. 5

    Mittlerweile sind ja bereits vier Stück erschienen, die alle sehr hörenswert sind (das Quatuor Danel macht seine Sache m. E. ausgezeichnet!).

    Gestern war das Quatuor Danel in Saarbrücken zu Gast und hat u.a. Weinbergs fünftes Streichquartett von 1945 aufgeführt. Meine erste Begegnung mit einem Werk Weinbergs. Ich war sehr beeindruckt. Fünf Sätze, die alle nicht nur eine Tempo-, sondern auch eine Typbezeichnung haben: Melodiya - Humoresque - Scherzo - Improvisation - Serenata. In Melodiya und Improvisation dominiert überaus expressive und intensive Melodik, Humoresque (mit Anklängen jiddischer Musik, wenn ich nicht irre) und Serenata sind ebenfalls analog gestaltet, bringen einen scheinbar leichten, aber doch abgründigen Tonfall ein. Das Scherzo erinnert doch sehr - sorry! - an Schostakowitsch-Prototypen, wobei dieser 1945 allerdings erst seine ersten beiden Quartette geschrieben hatte. Bemerkenswert, wie das in dieser Kammermusikreihe immer etwas verknöcherte Publikum sehr enthusiastisch auf das Werk reagierte und die Ankündigung einer Weinberg-Zugabe am Ende des Abends beklatschte. Wie Matthias oben zu Recht schreibt: Weinberg hat das Potential, aus der Geheimtip-Ecke herauszukommen (soweit ich das nach diesem ersten Erlebnis beurteilen kann).

    Das Quatuor Danel fand ich außergewöhnlich gut. Primgeiger Marc Danel gab vor der Weinberg-Aufführung einige Erläuterungen - sein verbaler Enthusiasmus wurde aber von seinem Spiel noch weit in den Schatten gestellt: ein solches Verschmelzen mit der Musik und eine solch frappierende Körpersprache während des Spiels habe ich noch selten gesehen. Seine drei Kollegen dagegen ganz diskrete Kammermusiker, vom Spiel her aber nicht weniger intensiv.

    Anfang April führt das Quatuor Danel in Utrecht neun Weinberg-Quartette an drei Abenden auf - falls zufällig jemand in der Nähe ist... Ich habe mir erstmal zwei von den Weinberg-CDs des Ensembles bestellt.


    Viele Grüße

    Bernd

    .

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