Aktuelle Kinoempfehlungen

  • Ja, dieser Film ist wirklich ganz anders als seine Vorgänger, aber mit derselben Liebe zu den Figuren und derselben Genauigkeit und Kameraführung (grossartig: Gernot Roll) gemacht. Was die Erfahrung der magischen Stille angeht, muss das ein Resonanzphänomen mit dem Film sein. In ihm gibt es diese magische Stille und anachronistische Langsamkeit ja auch und die Natur spielt dabei eine ganz grosse Rolle. Die magischen Momente, wo Farbe in den Schwarz-weiss Film kommt, sind Naturphänomene in denen blaue Blumen (welche Symbolik!) auf den Feldern blühen. Ich war am Samstag im Kino und bin heute noch ganz ergriffen von den Bildern und den Menschen. Und auch von den Liedern, die ich irgendwie alle auswendig kannte, obschon sie sicher nicht mehr (oft) gesungen werden. Das muss sich im kollektiven Bewusstsein eingegraben haben. Überhaupt ist Reitz für mich ein Bewahrer des kollektiven Bewusstseins der Heimat und für jemanden wie mich, in dessen Familie seit Jahrhunderten in allen mir noch bekannten Generationen Menschen ausgewandert sind oder in andere Länder geheiratet haben, ist das Bewusstmachen und Mitleben dieser Emigrationssituation meiner Ur-Ur Urgrosseltern ein echtes Geschenk. Danke an Edgar Reitz und sein ganzes Team!!!!! Ich habe übrigens auch Proviant und eine Teekanne dabeigehabt- vier Stunden Kino scheint ja schon ziemlich heftig...... aber dann wünscht man, es würde nochmal so lange dauern und man dürfte noch erfahren, wie es denn weitergeht. In Braslilien und in Schabbach. Und ob die Nachfahren von Jakobinchen mit den drei Eltern vielleicht nach Deutschland zurückkehren...... Ich freue mich , wenn die die den Film noch sehen werden, etwas dazu schreiben mögen :fee:
    Für Franzosen scheint der Film in seiner epischen Breite nicht so einfach zu sein, es haben jedenfalls Etliche das Kino in der Mitte verlassen. Spannend wie viele frz. Anspieungen es gab und wie stark der Einfluss der frz. Revolution und napoleonischen Besatzung noch 1843 spûrbar gewesen sein muss.

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Bis gestern abend dachte ich gute Argumente dafür zu haben, 3D-Filme für überflüssig zu halten. Auf Comic-Verfilmungen, die auf hanebüchenen Drehbüchern basieren und in denen mir permanent irgendwas entegegen fliegt, kann ich gut verzichten. Blödsinn wird nicht dadurch besser, weil er einem in der Dreidimensionalität vorgeführt wird. Selbst die recht sorgfältige Hobbit-Verfilmung verlor nichts von ihrer zähen Sämigkeit, nur weil sie in 3D gezeigt wurde. Den 3D-Einsatz in Wim Wenders' Pina Bausch-Hommage fand ich hingegen halbwegs gelungen. Dennoch: Ich brauche diese Technologie nicht für einen Filmgenuss.

    Aber zurück zu gestern: Ich habe mir Alfonso Cuaróns "Gravity" in einem fürchterlichen Cinemaxx-Komplex in 3D angesehen. Und es war großartig! Eine wahnsinnige Choreographie, 600 Kilometer über der Erde getanzt, in teilweise minutenlangen kreisenden Einstellungen erzählt. Mal andächtig ruhig, dann wieder katastrophal rasant. Ein Film wie ein Ballett, dargeboten in drei Dimensionen, schwindelerregend plastisch. Kino ist in meinen Augen auch dafür da, sinnliche Erlebnisse zu erschaffen, die man sonst nie hätte. Das schafft "Gravity" über die kompletten 90 (endlich mal wieder nur 90!!) Minuten majestätisch. Und inhaltlich? Die Handlung könnte man in drei Sätzen wiedergeben. Der Interpretationsspielraum hingegen ist so groß wie der Raum, in dem der Film spielt. Abgesehen davon gibt es liebevolle Querverweise auf Klassiker wie "2001" oder "Barbarella". "Gravity" ist pures, destilliertes Kino, das daran gemahnt, zeitgleich unvergessliche Bilder erschaffen und Geschichten erzählen zu wollen.

    Ich prognostiziere sechs Oscars für "Gravity". Mindestens. ("12 Years A Slave" wird wahrscheinlich der große "Konkurrent" sein...)

    :wink:

    „Beim Minigolf lernte ich, wie man mit Anstand verliert.“ (Element of Crime)

  • Aber zurück zu gestern: Ich habe mir Alfonso Cuaróns "Gravity" in einem fürchterlichen Cinemaxx-Komplex in 3D angesehen. Und es war großartig! Eine wahnsinnige Choreographie, 600 Kilometer über der Erde getanzt, in teilweise minutenlangen kreisenden Einstellungen erzählt. Mal andächtig ruhig, dann wieder katastrophal rasant. Ein Film wie ein Ballett, dargeboten in drei Dimensionen, schwindelerregend plastisch. Kino ist in meinen Augen auch dafür da, sinnliche Erlebnisse zu erschaffen, die man sonst nie hätte. Das schafft "Gravity" über die kompletten 90 (endlich mal wieder nur 90!!) Minuten majestätisch. Und inhaltlich? Die Handlung könnte man in drei Sätzen wiedergeben. Der Interpretationsspielraum hingegen ist so groß wie der Raum, in dem der Film spielt. Abgesehen davon gibt es liebevolle Querverweise auf Klassiker wie "2001" oder "Barbarella". "Gravity" ist pures, destilliertes Kino, das daran gemahnt, zeitgleich unvergessliche Bilder erschaffen und Geschichten erzählen zu wollen.

    Ich bereue nicht, die Zeit für den Film investiert zu haben, und finde ihn ein bedeutsames Experiment. In den Bildern steckt große Kraft und, in der Tat, 'Weite'. Aber: ich finde, vieles von dieser Weite wurde verspielt durch (a) Geplapper und papierene "Die Moral von der Geschicht'"-Sätze, (b) den irgendwann einsetzenden Zwang, das Action-Genre bedienen zu müssen, (c) die mangelnd tiefe Psychologie (m. E. müsste die Figur der Astronautin noch viel 'verrückter' werden z. B., solches ist bei dem Hunde-Gejaule nur angedeutet) und damit einhergehend (d) die Grenzen von Sandra Bullock als Schauspielern [ich mag sie sehr und finde sie 'ganz gut', aber bei weitem nicht gut genug um diese "Der Mensch auf sich gestellt"-Figur auszuloten jenseits des Textes]... ich finde, es ist ein beeindruckender und teilweise guter, aber kein GROSSER Film geworden, wozu er das Potential hatte. Von daher bin ich doch eher enttäuscht gewesen. Mit "2001" kann "Gravity" es deshalb in meinen Augen geistig nicht aufnehmen.

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    Musica est exercitium metaphysices occultum nescientis se philosophari animi

  • Aber: ich finde, vieles von dieser Weite wurde verspielt durch (a) Geplapper und papierene "Die Moral von der Geschicht'"-Sätze, (b) den irgendwann einsetzenden Zwang, das Action-Genre bedienen zu müssen, (c) die mangelnd tiefe Psychologie (m. E. müsste die Figur der Astronautin noch viel 'verrückter' werden z. B., solches ist bei dem Hunde-Gejaule nur angedeutet) und damit einhergehend (d) die Grenzen von Sandra Bullock als Schauspielern [ich mag sie sehr und finde sie 'ganz gut', aber bei weitem nicht gut genug um diese "Der Mensch auf sich gestellt"-Figur auszuloten jenseits des Textes]... ich finde, es ist ein beeindruckender und teilweise guter, aber kein GROSSER Film geworden, wozu er das Potential hatte.


    Im Grunde ist es dem Film aber doch gelungen, als eierlegende Wollmilchsau erfolgreich zu sein. Er funktioniert als letzter Sommer-Blockbuster wunderbar, eben wegen der Mainstream-Erzählung. Sandra Bullock darf also nicht total abdrehen, ein paar Holzhammer-Sätze sind nötig und klar erkennt man den Action-Spannungsbogen. Aber bei Kosten von 105 Mio $ muss man wohl auf ein breites Publikum eingehen und dafür fand ich den Film gigantisch.
    Besonders optisch war das ja wirklich einmalig. In 2D habe ich vor allem über die herrliche Oberfläche der Erde gestaunt, das ist bei 3D in den Hintergrund getreten. Da waren dann die Entfernungen und die Bewegungsabläufe (Sandra Bullock am Greifarm :faint: ) umwerfend.
    :pop:

  • Mich hat ein Freund dahin mitgeschleppt. Gut, schöne Bilder und atemberaubende Turnübungen sind drin, aber die Geschichte ist haarsträubend dämlich, die Figuren sind eindimensional und die Dialoge/ Monologe zu oft vorhersehbar einschläfernd, andererseits manchmal auch peinlich seifig. Mich hat der Film enttäuscht, weil die sicher aufwendigen technischen Dinge für mich die Mängel nicht wettmachen konnten.
    Heike

    „Wahrscheinlich werden künftige Generationen sich erinnern, dass dieses Jahrhundert das ,Century of Recordings’ war, in dem die Menschen auf die seltsame Idee verfielen, man könne Musik in kleine Plastikteile einfrieren. Mich erinnert das an die Idee der Ägypter vom Leben nach dem Tod. Eine ungesunde Idee. Studiomusik ist eine Verirrung des 20. Jahrhunderts. Das wird verschwinden.“ (F. Rzewski, Komponist, in der FAZ vom 21.4.2012)

  • Gut, schöne Bilder und atemberaubende Turnübungen sind drin, aber die Geschichte ist haarsträubend dämlich, die Figuren sind eindimensional

    Liebe Heike,

    dämlich finde ich die Geschichte nicht. Sehr schlicht, in drei Sätzen zu erzählen, aber nicht dämlich. Deine Aussage ließ mich an ein Zitat vom großartigen Peter Greenaway denken: "Kino ist ein viel zu reichhaltiges Medium, um es den Geschichtenerzählern zu überlassen." (sinngemäß aus der Erinnerung zitiert)

    In diesem Sinne sehe ich Gravity als nichts anderes als eine sinnliche Erfahrung, ein Spürbarmachen von und ein Teilhabenlassen an Zuständen, die ich als Mensch real nie erleben werde. Sozusagen Kino als Simulationsmaschine. Natürlich liebe ich es auch, via Medium Film - in letzter Zeit eher per TV-Serie (z. B. Breaking Bad, Boardwalk Empire, The Walking Dead) - Geschichten erzählt zu bekommen. Aber Film kann und muss auch etwas anderes sein dürfen. Ein Gemälde von Yves Klein oder Mark Rothko "erzählt" zunächst auch nichts. Entweder mag man eintauchen in die ästhetische Gestaltungskraft anderer oder auch nicht.

    Und vielleicht "erzählt" diese beim genaueren Hinsehen sogar doch etwas? Ich finde, dass hinter dem visuellen Rausch (mich hat der Film berauscht und berührt) von Gravity mehr steckt, als man zunächst sieht. Es gibt doch die Aussage vieler Astronauten, nach der die Ehrfurcht vor und das Staunen über den Planeten Erde umso größer werden, desto weiter der Blickwinkel entfernt ist. Das bildet der Film großartig ab. Sehr schön finde ich auch das Ende: Der Mensch hat zwar den lebensfeindlichen Weltraum erobert, ist aber eigentlich ein Abkömmling jener, die aus dem Wasser über den Schlamm ans Land gekrochen sind. Und auch die "Embyro-Szene" ist mehr als eine bloße "2001"-Reminiszenz.

    :wink:
    C.

    „Beim Minigolf lernte ich, wie man mit Anstand verliert.“ (Element of Crime)

  • Zitat

    In diesem Sinne sehe ich Gravity als nichts anderes als eine sinnliche Erfahrung, ein Spürbarmachen von und ein Teilhabenlassen an Zuständen, die ich als Mensch real nie erleben werde


    Lieber Carsten,
    das kann ich nachvollziehen. Ebenso kann ich die Botschaften verstehen, die du ansprachst. Ich mags trotzdem nicht. Mir war das zu "groß", also zuviel Ethik, zuviel Pathos, zuviel Glück.... und wenn das dann noch so pompös daherkommt und sich mit Dialogen vermischt, die mir wehtun, dann leide ich.

    Ich sehe übrigens fast nie fern, also ich lebe "textlastig" (mit Büchern). Vielleicht liegts auch daran, dass mir der Film so weng gefiel, weil ich generell mehr Gewicht auf Text lege als auf Bilder. Und daran hatte ich sehr wenig Freude bei Gravity, was dann wiederum verhindert, dass diese "Simulationsmaschine" bei mir funktionieren würde. Zu viele Störungen...
    Heike

    „Wahrscheinlich werden künftige Generationen sich erinnern, dass dieses Jahrhundert das ,Century of Recordings’ war, in dem die Menschen auf die seltsame Idee verfielen, man könne Musik in kleine Plastikteile einfrieren. Mich erinnert das an die Idee der Ägypter vom Leben nach dem Tod. Eine ungesunde Idee. Studiomusik ist eine Verirrung des 20. Jahrhunderts. Das wird verschwinden.“ (F. Rzewski, Komponist, in der FAZ vom 21.4.2012)

  • Heute nachmittag gesehen: den fast vier Stunden dauernden Spielfilm Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht von Edgar Reitz. Selten war ich im Kino so beeindruckt. Der Film behandelt das Leben in einem Dorf im Hunsrück zu Beginn der 1840er-Jahre, als viele Deutsche - von Hunger und politischer Unterdrückung bedrängt - auswanderten. Im Vordergrund die Geschichte zweier Brüder. Großartiges Erzählkino in Schwarz-Weiß (abgesehen von Details: Münze, Mineral, Hufeisen, Deutschland-Fahne), das sich sehr viel Zeit läßt, das Leben im Dorf darzustellen, mit einer virtuosen Kameraführung. Eindringliche Bilder: schön, aber nicht beschönigend.

    "Großes Kino" im wörtlichen Sinn.

    :wink:

    PS: Sehe gerade, daß der Film hier bereits angesprochen wurde.

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Liebe Gurnemanz, ja ich war auch da..... :wink: Es freut mich dass wir denselben Eindruck vo ndiesem grossartigen Film haben. Ich hoffe, dass sich Andere davon nun anstecken lassen, der Film hat es mehr als verdient. Hat jemand schon Claude Lanzmanns neuen Film gesehen? "Le dernier des injustes" heisst er hier "Der Letzte der Nicht-Gerechten? Es handelt sich um ein langes Interview,ähnlich wie in Shoah, mit einem überlebenden Vorsitzenden des Judenrats, der nach dem Krieg geächtet wurde und dem Lanzmann Gerechtigkeit wiederfahren lassen möchte.
    :fee:

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Hat jemand schon Claude Lanzmanns neuen Film gesehen? "Le dernier des injustes" heisst er hier "Der Letzte der Nicht-Gerechten?

    Danke für den Hinweis, werde ich mir sicher anschauen - für mich eine Art Pflichtprogramm, zumal der Umstand, dass einer der Verfolgten des Naziregimes nach dem Krieg ziemlich unverblümt geächtet wurde, aus meiner Sicht eine Vielzahl von Fragen aufwirft. Warten wir mal ab.

  • Lieber Yukon, Lanzmanns Interviewpartner heisst Benjamin Murmelstein und musste sich nach dem Krieg dafür beschimpfen lassen bzw sich rechtfertigen, dass er noch am Leben war, während Millionen Anderer hingerichtet waren. Ein im Sinne von Yad Vaschem "Nicht Gerechter" .Er war Mitglied des Judenrats und sagte Lanzmann er habe als junger Mann damals doch einfach nur leben wollen, sonst nichts. Er hatte genausowenig eine Wahl wie Millionen anderer Juden, seine einzige Wahl war vielleicht sich zu weigern dem Judenrat anzugehören und dann auf der Stelle ermordet zu werden. Auch Marcel Reich-Ranicki hatte im Warschauer Ghetto nur diese eine Wahl. Eine der grössten Infamien des NS Völkermordes ist seine Wirkung noch über die Ermordeten hinaus zu den Überlebenden. Irgendwo habe ich sogar gelesen, die Besten seien sofort gestorben und nur die "Schlimmsten"(sprich Verrâter etc) hätten überlebt. Und selbst ohne diese Diffamierung: wenn man z.B. die Romane von Issac B Singer oder Autobiographien liest, wird ganz deutlich, dass die Überlebenden nicht nur unter dem Trauma des Erlebten sondern auch unter der Schuld zu leiden hatten, im Gegensatz zu Anderen noch da zu sein. Es schien für diese Menschen kein Leben danach zu geben zu dürfen, selbst wenn sie die Hölle überlebt hatten. Sie sind sozusagen zweimal "fast" ermordet worden und das empfinde ich zusammen mit Lanzmann als eine unglaubliche Infamie der Nachwirkung des NS Systems. Ich werde mir den Film auch ansehen, weil ich ihn wie du sehr wichtig finde. :fee:

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Liebe Feenkönigin, im Ergebnis, darf ich mitteilen, dass ich Deine Auffassung teile, insbesondere wenn Du schreibst "eine der grössten Infamien des NS Völkermordes ist seine Wirkung noch über die Ermordeten hinaus zu den Überlebenden." Man lese in diesem Zusammenhang z.B. die Berichte der Zwillingsüberlebenden, deren Geschwister ermordet wurden.

    Ich will die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen und wiederholt auf die auf der Seite des Fritz Bauer Instituts dokumentierten Tonbandprotokolle des 1. Frankfurter Auschwitzprozesses hinweisen, die Du hier finden kannst:

    http://www.auschwitz-prozess.de/

    Gruß

  • Blau ist eine warme Farbe
    (La vie d’Adèle – chapitres 1&2) - Gewinner der diesjährigen goldenen Palme in Cannes.

    Die wichtigste Hauptrolle in diesem Film scheint tatsächlich die Farbe Blau zu spielen. Die Macher des Films haben offensichtlich sehr großen Wert darauf gelegt, dass das Blau in nahezu jeder Einstellung irgendwie präsent ist: Es gibt überall blaue Kleidung, Türen, Wände, Autos, Accessoires, Bettwäsche - und natürlich: Emmas blaugefärbte Haare… Der Einsatz und die Bedeutung dieser Farbe in diesem Werk wird sicherlich noch Stoff für etliche Filmseminare abgeben.

    Erzählt wird die Liebesbeziehung zwischen der angehenden Lehrerin Adele (Adele Exarchopoulos) und der jungen Kunststudentin Emma (Léa Seydoux) in all ihren Phasen vom ersten vorsichtigen Herantasten bis hin zur endgültigen Trennung.

    Der dreistündige Film lebt eindeutig von den herausragenden Leistungen der beiden großartigen Schauspielerinnen, zumal in gefühlten neunzig Prozent aller Einstellungen die Kamera den beiden in Nah- und Großaufnahmen äußerst dicht auf die Pelle rückt.

    Leider zieht sich der Film besonders in seinem letzten Drittel, in dem das Auseinanderbrechen der Beziehung und die Trennung dargestellt werden, zu sehr in die Länge. Hier hätte nach meiner Meinung deutlich gekürzt werden müssen.

    Trotzdem halte ich den Film besonders wegen seiner famosen Darsteller für unbedingt empfehlenswert.

    Der beste Moment: Wenn sich die Mädels beim Sex gegenseitig auf den Po klatschen, macht es immer wunderbar Platsch! Großes Lob an die Geräuschemacher!

    Meine Meinung: :) :) :)

  • Guten Morgen.

    Blau ist eine warme Farbe
    (La vie d’Adèle – chapitres 1&2) - Gewinner der diesjährigen goldenen Palme in Cannes.

    Ehrlich gesagt, habe ich mich zu Tode beim Film gelangweilt. Eigentlich hat der Film wunderbare Bilder, gute Schauspieler und durchaus interessante Liebesgeschichte. Was mich nervt, ist die naturalistische Tendenz in letzter Zeit: "Passiert-Nix-Filme-mit-Überlänge". "Blau ist eine warme Farbe" trifft genau diese Tendenz. Mir fehlt einfach die Mühe und Anstrengung des Filmemachers, die das Geschehen und die Atmosphäre verdichtet und komprimiert und dadurch was Essentielles sucht und auch findet. Ungefähr ähnlich war auch "Es war einmal in Anatolien" von Nuri Bilge Ceylan. Der Film beobachtet ca. 12 Stunden lang Polizeiarbeit. Daraus wird ein knapp 3stundiger Film (obwohl dieser Film wesentlich interessanter, weil einfach die türkische Polizeiarbeit - diplomatisch ausgedruckt - "befremdend unreif und undemokratisch" war). Manche lieben solche langatmige Romanerzählung, mir ist zu wenig "Kino".

    Aber ich habe mich gefreut, wieder mal Léa Seydoux zu sehen. Sie ist mir schon sehr markant aufgefallen, leider nur zu kurze Auftritte bei "Midnight in Paris" und "Mission: Impossible – Phantom Protokoll".

    Schönen Tag.
    Penthesilea

    Auch Rom wurde nicht an einem Tag niedergebrannt - Douglas Adams

  • Langweilig fand ichs nicht, auch wegen der unzähligen kleinen Milieustudien, die an Rande mitliefen. Herrlich, die Jugendlichen, oder die beiden Familien. Aber vor allem wegen der beiden Hauptdarstellerinnen wars spannend - selbst ich als heterosexuelle Frau konnte mich kaum sattsehen an so viel Ausdruck. Allerdings hätte es von mir aus ein wenig weniger Rotz und Wasser sein können. Und die Sexszenen, mmh, das sah mir zu "geübt" aus, ich weiß nicht, wie ich es anders sagen soll.

    Noch so ein Film ist grad angelaufen, wo fast nix passiert, der mich aber noch viel mehr aus den Sesseln geflasht hat: "Only Lovers Left Alive". Na gut, naturalistisch ist der gar nicht, sondern eine zauberhaft dicht gewobene Unwirklichkeit.

    „Wahrscheinlich werden künftige Generationen sich erinnern, dass dieses Jahrhundert das ,Century of Recordings’ war, in dem die Menschen auf die seltsame Idee verfielen, man könne Musik in kleine Plastikteile einfrieren. Mich erinnert das an die Idee der Ägypter vom Leben nach dem Tod. Eine ungesunde Idee. Studiomusik ist eine Verirrung des 20. Jahrhunderts. Das wird verschwinden.“ (F. Rzewski, Komponist, in der FAZ vom 21.4.2012)


  • Aber ich habe mich gefreut, wieder mal Léa Seydoux zu sehen. Sie ist mir schon sehr markant aufgefallen, leider nur zu kurze Auftritte bei "Midnight in Paris" und "Mission: Impossible – Phantom Protokoll".


    Wenn Du mehr von Léa Seydoux sehen möchtest, kann ich Dir diese beiden Filme empfehlen:

     

    Beide Filme liefen im Wettbewerb der Berlinale 2012. In Les adieux à la Reine (Leb wohl meine Königin) spielt Léa Seydoux sogar Diane Kruger locker an die Wand. Schon damals hätte ich ihr den Bären für die beste Darstellerin von Herzen gegönnt, der dann aber an die kongolesische Schauspielerin Rachel Mwanza (War Witch) gegangen ist.

  • Inside Llewyn Davis

    Die Moral von der Geschicht' wäre: Folge lieber nur dann Deiner Berufung, wenn Du VIEL Verzweiflung und Demütigung aushalten kannst. Eine andere, komplexere: Kommunikation ist alles, und auf EINEN Weg (wenn er einem der einzig gangbare scheint, z. B. durch Musik) zu setzen, KANN falsch sein. Aber Moralen sind nicht das, weswegen man diesen Film - einen der traurigsten der Coen-Brüder) schaut. Sondern eine groteske Qualität so vieler Charaktere (John Goodman..) und ihres Hintergrunds (des Blicks auf die USA 1960), ein ausgezeichneter Hauptdarsteller fast wie ein moderner Buster Keaton, große Bilder und Stimmungen, ein Road-Movie-Drive und - Folkmusik. Ich kann's jedem nur empfehlen.

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    Musica est exercitium metaphysices occultum nescientis se philosophari animi

  • Das kann ich nur bestätigen

    Hallo!
    Inside "Lew N Davis" (what the fuck means N? John Goodman) ist ein ausgezeichnetes Werk.
    Vor allem einer der vielen Nebenhandlungen, die Beschreibung der New Yorker Village Folk Szene, ist prima gelungen, wenn auch überhöht dargestellt.
    Dylans Filmbiografie "No direction Home" konnte es nicht besser. Die Zopfpullover der Iren, die spiessigen Peter, Paul and Mary, (Justin Timberlake ist ein Genuss!) der damals bereits existierende Gutmensch, die Woody Allen abgeschauten "ach so sensiblen" New Yorker Intellektuellen, die dann so garnicht den Wutausbruch Llewyns verstanden.

    Dieser Film, ich finde ihn übrigens garnicht so traurig "The man who wasn't there" umso mehr oder gar "Barton Fink," belohnt wiederholtes Zuschauen, es gibt immer Neues zu entdecken. Und dabei wird er immer heiterer und zugleich trauriger. Er wird sozusagen kontrastreicher!
    Das kann man nicht von vielen Filmen behaupten.

    Gruß aus Kiel
    PS: Und eigentlich ist Llewyn ein ausgemachtes Arschloch, der es eben vermasselt hat.

    "Mann, Mann, Mann, hier ist was los!"

    (Schäffer)

  • Fack ju Göhte

    Was haltet ihr von dem Teil? Für mich ein Kultfilm.


    Hier zwei Clips zur Einstimmung. Sie dienen nur zur Werbung, im Film kommen sie nicht vor:

    http://www.youtube.com/watch?v=MjE49H7WhmM
    http://www.youtube.com/watch?v=0554j-lGQ4Q


    Hier ein Ausschnitt mit meiner neuen Angebeteten (Lena ist out):
    http://www.youtube.com/watch?v=uebxA9Lzyvw

    Auch ganz nett:
    http://www.youtube.com/watch?v=7VURMmV5x4Y

    Hier der offizielle Trailer:
    http://www.youtube.com/watch?v=_rJKHTjVaFk


    Die ZEIT schreibt folgendes dazu:
    http://www.zeit.de/2013/50/teenag…te-sprachkritik


    Thomas

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