Die Bassklarinette im Jazz - Musiker und Aufnahmen

  • Die Bassklarinette im Jazz - Musiker und Aufnahmen

    In den erdig-warmen Klang der Bassklarinette habe ich mich eigentlich nicht über den Jazz verliebt, sondern über die Kammermusik des 20. Jahrhunderts. Schönbergs Pierrot Lunaire, Bergs Kammerkonzert, vor allem aber spätere Werke für kleinere Besetzungen von Berio, Xenakis und anderen. Dann bin ich aber auch über Jazzmusiker gestolpert, die Bassklarinette spielen. Der späte Coltrane etwa, oder Michel Portal. Vor allem aber der großartige Eric Dolphy (dessen Instrument nach seinem frühen Tod wohl an Coltrane ging, meine ich jedenfalls irgendwo gelesen zu haben).

    Eine Frage also in die Jazzrunde: Wie haltet Ihr's mit der Bassklarinette? Welche Aufnahmen "muss" der Jazzfreund im Schrank stehen haben?


    Michel :wink:

    Es gibt kaum etwas Subversiveres als die Oper. Ich bin demütiger Diener gegenüber diesem Material, das voller Pfeffer steckt. Also: Provokation um der Werktreue willen. (Stefan Herheim)

  • Cher Michel,

    da wird man schon in Frankreich fündig. Louis Sclavis, Jahrgang 1953, spielt zwar eine ganze Reihe von Blasinstrumenten, benutzt die b-cl aber als seine Favoritin - im Gegensatz zu den meisten seiner Kollegen, die das sonore Gerät eher als Nebeninstrument neben dem Saxofon spielen. Sclavis ist der mit Abstand prominenteste Vertreter einer in den 80er Jahren rund um Lyon entstandenen Musikrichtung, die sich auf die Suche nach einer "Folklore Imaginaire" begab. Natürlich zollt er dem unerreichten Eric Dolphy angemessenen Tribut:



    Nicht unerwähnt bleiben darf der außerordentlich produktive und wandlungsfähige David Murray aus Kalifornien, dessen vitales und temperamentvolles Spiel stets beeindruckt, bei dem aber auch mitunter eine stilistische Beliebigkeit zu beklagen ist. Für seine Verhältnisse ausgesprochen klassisch und zahm wirkt er auf diesem schönen Balladenalbum:



    Wer die ECM-Ästhetik goutiert, wird kaum an dem britischen Multiinstrumentalisten John Surman vorbeikommen, bei dem die b-cl jedoch meist nur eines von vielen Instrumenten ist, die er erklingen läßt. Hier eines seiner erfolgreichsten Alben:



    Cheers,


    Lavine :wink:

    “I think God, in creating man, somewhat overestimated his ability."
    Oscar Wilde

  • Als Bassist habe ich irgendwie eine ganz besondere Liebe zu den tiefen Blasinstrumenten, so auch besonders zur Bassklarinette und so findet sich dazu in meiner Sammlung sehr viel, aber ich bräuchte Wochen, um das herauszusuchen.

    Es beginnt natürlich mit Eric Dolphy, der die Bassklarinette aus dem gelegentlichen Ensemble-Einsatz herausgeholte und zum Soloinstrument gemacht hat. Einige der Besten sind vielleicht heute ähnlich gut, aber solistisch/spielerisch ist das unübertroffen. Dolphy hat übrigens auch einige moderne "klassische" Werke aufgenommen, zum Teil, etwa von Gunter Schuller, auch für ihn extra geschriebene, nur leider ist davon nichts veröffentlicht. Der französische klassische Bassklarinettist, der alle wichtigen Dolphy-Bassklarinettensoli transkribiert und als Noten veröffentlicht hat, hält auch diese für unübertrofffen. Ich konnte etwas davon mal in einem Pariser Musikarchiv hören und wahrscheinlich hat er völlig recht.

    Welche Dolphy-Aufnahmen mit Bassklarinette mir als besonders wichtig erscheinen, muß ich noch etwas suchen. Absolut herausragend sicher z.B. sein langes Solo über "I feel like a motherless child". Aber mit Dolphy-Alben kann man nichts falsch machen.

    Herausregend gute Bassklarinettisten sind neben den schon genannten Michel Portal, Louis Sclavis und John Surman auch Gianluigi Trovesi, Carlo Actis Dato, James Carter, Don Byron, Ken Vandermark, Peter Brötzmann, Marty Ehrlich, Wollie Kaiser, der auch gerne und sogar noch mehr Kontrabassklarinette spielt, ...- das nur die, die mir gerade einfallen und deren Muik mir besonders gut gefällt. Von ihnen und von weiteren kann ich nur nach und nach mal was vorstellen. Ich muß heraussuchen, wo sie die Bassklarinette verwenden, denn für alle, wie auch für Dolphy selbst, ist die Bassklarinette nur eins unter der breiten Palette der von ihnen gespielten Holzblasinstrumente.

    Die gilt auch für David Murray. Er hat einen besonders schönen, warmen, sanften, doch dabei sehr vollen Klang und ein enorm breites Tonspektrum, z.B. durch Überblastechniken. Es gibt keinen, der auch in den extremsten, sehr hohen Lagen bis weit ins Sopransaxspektrum oder sehr tiefen Lagen noch solche Klangdifferrenzierungen bei auch in diesen lagen novch perfekter Intonation und vollem Schönem Klang hinbekommt. Mir fiel auch als erstes seine wunderschöne Scheibe "Ballads for Bass Clarinet ein, mit deren Empfehlung mir Lavine schon zuvorgekommen ist. Die halte ich auch für Pflichtprogramm für Bassklarinettenliebhaber. Er spielt hier eher traditionsorientiert, kann aber auch ganz anders und in seinen Soli hört man das auch. David Murray fing an in einer Musikerinitiative in Saint Louis, vergleichbar mit dem AACM in Chicago, kommt also vom Free Jazz, verarbeitet aber auch die ganze afro-amerikanische Jazz-Tradition bis zum Funk, zusätzlich aber auch Afrikanisches und Afro-Karibisches. Er ist jemand, dessen Ton man sowohl auf dem Tenor-Sax als auch auf der Bassklarinette sofort erkennt. Mir geht das bei aller Offenheit der Bezüge auch mit seinen Kompositionen und Arrangements so. Ich finde ihn daher kein bisschen beliebig. Die Einheit bildet vor allem ein (auch politischer) Afrozentrismus (seine Äußerungen über Obama sind, vorsichtig gesagt, nicht sehr freundlich und er lebt in Paris). Murray lehnt Jazz ohne oder nur mit schwachem Bezug hierauf scharf ab, spielt auch praktisch nur mit Schwarzen, mit den Greatful Deads oder Pierre Dörges dänischem New Jungle Orchestra hat er eine der wenigen Ausnahmen gemacht. Er ist einer der Musiker, von dem ich versuche, jede Aufnahme zu bekommen.

    Eine Ausnahme hat er auch gemacht in seinem Duo mit der in Berlin lebenden japanischen Pianistin Aki Takase mit überwiegendem Monk-Programm. Es gibt zwei sehr gute Duo-Scheiben der beiden und ich habe sie auch mehrmals in grandiosen Live-Auftritten erleben können. Diese ist für mich so eine Inselaufnahme:

    Auf der Bassklarinette ist er hier sehr schön in Blue Monk und Ellingtonia zu hören, ansonsten auf dem Tenorsax, auf dem ich ihn auch für einen der Stärksten halte. Dolphy ist er auch hier sehr verpflichtet in großen Intervallsprüngen, erweitert aber noch dessen Tonumfang.

    :wink: Matthias

  • Da passt man mal kurz nicht auf - und schon ist Matthias aus der Tiefe seines Plattenregals wieder hervor gestürmt! :D

    Klar, auch mein erster Gedanke galt Eric Dolphy. Im Coltrane-Umfeld tauchte auch Donald Garrett auf, über den ich aber nicht viel sagen kann. Mein zweiter Gedanke ging dann an den bereits vom Cheffe und Matthias genannten David Murray, einem langjährigen Stammgast des Festivals in Moers. Wie Matthias schon sagte: Von Murray gibt es unzählige tolle Aufnahmen, sowohl an der Bassklarinette als auch am Tenorsax. Matthias möge vieles davon bitte vorstellen. Ich beschränke mich erst einmal auf das, was ich als erstes überhaupt von Murray wahrgenommen und sehr gemocht habe:

     

    Eine von mir sehr geschätzte Jazzband ist die Brian Blade Fellowship, in der Myron Walden Bassklarinette spielt, obgleich er erheblich öfter zum Altsax greift.

    Marcus Miller, der E-Bassist, bläst übrigens auch immer wieder in die Bassklarinette. Das hat er z.B. auf Miles Davis' Tutu getan, praktiziert das aber auch heute noch immer wieder bei Live-Konzerten. Leider stehen Millers instrumentale Fertigkeiten und sein Gesamt-Geschmack, wie Musik denn interessant klingen möge, für mich persönlich in einem unguten Verhältnis. Ich rate immer wieder jedem, Miller anzuhören, weil er ein so bestaunenswerter Musiker ist. Gleichzeitig muss ich immer wieder davor warnen, wie das Endergebnis klingt. Komische Sache...

    Persönlich muss ich sagen, dass ich mit dem Klang des Instruments etwas auf Kriegsfuß stehe. Ich finde, es ermöglicht wunderbare Klangfarben, wenn es in Bläser-Sätze und Arrangements eingebettet wird. Als Solo-Instrument ist es mir etwas zu derb, zu ungelenk und zu hölzern. Ähnlich geht es mir mit dem Baritonsax. Das ist aber nur mein ganz subjektiver Geschmack und soll die Bewunderung für Ausübende an eben jenen Tieftröten keinesfalls schmälern.

    LG
    C.

    „Beim Minigolf lernte ich, wie man mit Anstand verliert.“ (Element of Crime)

  • Hallo Carsten, Marcus Miller höre ich natürlich auch als E-Bassisten, da ist er für mich nicht zu ignorieren, obwohl ich meistens nur 1 oder 2 Stücke pro CD mag, den Rest ziemlich furchtbar finde, live-Aufnahmen sind gelegentlich etwas besser. Als Bassklarinettisten finde ich ihn im Vergleich mit den hier schon genannten, dann aber auch relativ schwach, nicht weiter erwähnenswert.

    Donald Garrett ist da schon ein ganz anderes Kaliber, aber ich kenne kaum Aufnahmen, auf denen er zur Bassklarinette gegriffen hat. O schreck, da habe ich, glaube ich, auch kaum was, nur einige andere sehr gute Aufnahmen.

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    Jetzt komme ich aber zu einem Musiker, den ich mir oben zu nennen noch aufgehoben habe, denn er hat sich ganz der Bassklarinette verschriebenund spielt nichts anderes: Rudi Mahall.

    Mahall hat zunächst klassische Klarinette studiert, sich dabei auf Neue Musik spezialisiert und kam dann über die Freie Improvisationsszene zum Jazz.

    Er ist mir besonders vertraut, weil er hier in Berlin in einer Vielzahl von Projekten vor allem mit Aki Takase und Alexander von Schlippenbach und dem Jazz-Werkstatt-Umfeld besonders oft live zu erleben ist und man sollte ihn unbedingt live erleben. Der ganze große, schlachsige Mann tanzt regelrecht beim Improvisieren um seine Bassklarinette und steht für einen sehr humorvollen Umgang mit Musik und der Jazz-Tradition. Das verbindet ihn auch sehr mit Aki Takase. Sein Tonumfang ist ähnlich enorm weit bei sehr vollem Klang, wie der Murrays, aber rauher, wilder, schärfer angeblasen mit besonders angerissenen Tönen und heftigen Growls, wie sie vor allem in der alten Jazz-Tradition zu finden waren. Das auf die Bassklarinette zu übertragen, ist seine eigene Spezialität. Mit der Dolphy-Tradition tteilt er auch eine Vorliebe für große Intervallsprünge.

    Unter den vielen ausgezeichneten Aufnahmen mit Aki Takase möchte ich vor allem als "Unverzichtbare" ihr Duet for Dolphy nennen, in dem sie sich auch direkt mit der Musik Dolphys auseinandersetzen.

    Weitere ausgezeichnete Duo-CDs der beiden:

    Auf letzterer ist sher reizvoll zu hören, wie sie, die vom Free Jazz kommen, hier diese alten Standards verwandeln.

    Das machen sie auch auf einer Reihe von Aki Takase -Einspielungen, die mit etwas erweitertem Ensemble der ganz alten Jazz-Tradition gewidmet sind. Besonders herausragend finde ich ihre Auseinandersetzung mit Fats Waller, bei der auch der us-amerikanische Musikethnologe, Gitarrist, Banjo-Spieler, Sänger und durchgeknallte Voll-Freak Eugene Chadbourne mitwirkt:

    Diese ist der Musik W.C. Handys gewidmet, wieder mit ausgezeichneter Besetzung: Hardcore-Avantgardist Fred Frith W.C. Handy spielen zu hören, kling schon abgefahren:

    Bei allem großen Spaß, den sie hier auch selber haben, - ich habe sie mehrmals mit diesen Programmen live erleben können, ist das doch auch eine tiefgehende Auseinandersetzung mit diesen alten Traditionen, für die gerade Mahall mit seinen Growls ideal ist, dabei wurden sie damals im Original natürlich nicht auf der Bassklarinette gespielt.

    Weiter wirken sie auch zusammen in der Gruppe Aki and the good Boys mit Walter Gauchel (sax, fl) Johannes Fink (b) Heinrich Köbberling (dr) mit Kompositionen überwiegend von Aki Takase, aber auch von Mahall. Viel Humor und etwas Dadaismus spielen hier auch eine Rolle, wie überall, wo Mahall mitwirkt.

    Unter den vielen Projekten mit Takases Lebensgefährtem Alexander von Schlippenbach, so wirkt Mahall u.a. auch inzwischen im Globe Unity Orchestra mit, möchte ich vor allem diese Kompletteinspielung sämtlicher Monk-Kompositionen nennen, die sie mehrfach auch in Marathonnächten mit mehreren Pausen live aufgeführt haben, - ich war 2x dabei, - war grandios!

    mit dem fantastischen Trompeter Axel Dörner, dem ebenfalls exzellenten Jan Roder am Bass und Uli Jennessen (dr) + bei einigen Stücken als Gäste die Veteranen des deutschen Jazz Manfred Schoof (tp), Gerd Dudek (sax, cl). Dies ist so eine Box, die ich unbedingt empfehlen möchte und die jeden Cent mehr als wert ist. Es ist wohl das wichtigste, gelungenste Monk-Projekt seit den Monk-Aufnahmen Steve Lacys, bzw Lacy/Mal Waldron.

    Weitere Projekte des "Mr. Bass Clarinet" werde ich noch vorstellen. Denn jetzt muß ich ins Bett.

    :wink: Matthias

  • OK - das wird teuer :faint: . Aber bin ja selber schuld, wer stellt schon so unvorsichtige Fragen :D . Vielen Dank für die zahlreichen Anregungen!


    Noch eine Frage: Ich hätte jeden Eid geschworen, dass auch Coltrane gelegentlich Bassklarinette gespielt hat. Auf den Platten in unserem Schrank ist das nirgends verzeichnet... Wenn Bassklarinette beteiligt ist, dann von Eric Dolphy oder Pharoah Sanders geblasen. Bin ich auf dem Holzweg, oder sind die Plattencover unvollständig, oder muss ich bei Coltrane nachkaufen?

    Viele Grüße
    Michel

    Es gibt kaum etwas Subversiveres als die Oper. Ich bin demütiger Diener gegenüber diesem Material, das voller Pfeffer steckt. Also: Provokation um der Werktreue willen. (Stefan Herheim)

  • Ich hätte jeden Eid geschworen, dass auch Coltrane gelegentlich Bassklarinette gespielt hat. Auf den Platten in unserem Schrank ist das nirgends verzeichnet... Wenn Bassklarinette beteiligt ist, dann von Eric Dolphy oder Pharoah Sanders geblasen. Bin ich auf dem Holzweg, oder sind die Plattencover unvollständig, oder muss ich bei Coltrane nachkaufen?


    Meines Wissens hat Trane nur einmal bei Aufnahmen Bassklarinette geblasen - zuhause wird er das schon öfter mal getan haben. Die Session ist leider die einzige, die Impulse nie vervollständigt auf CD wiederveröffentlicht hat, ich selbst bin nur dank eines Schweizer Freundes rangekommen. Die LP Cosmic Music, die zur Hälfte Musik von Alice und von John enthielt, war die einzige auf Alice' eigenem Label CRC Records (Coltrane Recording Corporation) nach dem Tod ihres Mannes und wurde dann in den Impulse-Katalog übernommen, nachdem sie sich über den Vertrag geeinigt hatten. Die vielleicht seltenste Coltrane LP. Details hier, erste session: http://www.wildmusic-jazz.com/jcdisc66.htm#660202

    Im Zeifelsfall immer hier nachsehen: http://www.wildmusic-jazz.com/john_coltrane_discography.htm

  • Herbie Mann hat auch mal eine ganze LP nur mit Bassklarinette gemacht - swingt toll, fantastische Rhythmusgruppe mit Jimmy Rowles und Mel Lewis, Jack Sheldon bläst eine traumhafte Trompete, für die ich fünf Platten Chet Baker stehen lassen würde. Nichts weltbewegendes, aber eine sehr relaxte Platte, bei der man schlechte Laune verscheuchen kann. Auf dieser CD mit ein paar TV-Aufnahmen ergänzt, die beim selben Trip nach Kalifornien entstanden.

  • swingt toll, fantastische Rhythmusgruppe mit Jimmy Rowles und Mel Lewis, Jack Sheldon bläst eine traumhafte Trompete, für die ich fünf Platten Chet Baker stehen lassen würde.

    Sehe ich auch so, auch mehr als 5! Ich habe sie auf deinen Tip hin hervorgesucht und bin sie gerade noch am Hören. Aber Jack Sheldon ist es, der diese Aufnahme besonders wertvoll macht. Herbie Mann an der Bassklarinette ist schon sehr in Ordnung, bedenkt man das Aufnahmedatum Mitte der 50er, als die Bassklarinette im Jazz noch weitaus exotischer war, was sie heute nicht mehr ist, aber als Flötist hatte er dann doch eine andere Klasse.

    :wink: Matthias

  • Meines Wissens hat Trane nur einmal bei Aufnahmen Bassklarinette geblasen - zuhause wird er das schon öfter mal getan haben. Die Session ist leider die einzige, die Impulse nie vervollständigt auf CD wiederveröffentlicht hat, ich selbst bin nur dank eines Schweizer Freundes rangekommen. Die LP Cosmic Music, die zur Hälfte Musik von Alice und von John enthielt, war die einzige auf Alice' eigenem Label CRC Records (Coltrane Recording Corporation) nach dem Tod ihres Mannes und wurde dann in den Impulse-Katalog übernommen, nachdem sie sich über den Vertrag geeinigt hatten. Die vielleicht seltenste Coltrane LP. Details hier, erste session: http://www.wildmusic-jazz.com/jcdisc66.htm#660202


    Vielen Dank für die Details und den informativen Link. Ich bin mir jetzt relativ sicher, dass das mit Trane und der Bassklarinette eine Fieberfantasie meinerseits war :whistling: . Vermutlich habe ich die Geschichte, dass Coltrane nach Dolphys Tod dessen Instrument geerbt hat, weiter gesponnen. Ist die Story übrigens richtig? Irgendwo habe ich das aufgeschnappt, dass Dolphys Mutter dessen Flöte und Bassklarinette Coltrane geschenkt hat.


    Michel

    Es gibt kaum etwas Subversiveres als die Oper. Ich bin demütiger Diener gegenüber diesem Material, das voller Pfeffer steckt. Also: Provokation um der Werktreue willen. (Stefan Herheim)

  • Irgendwo habe ich das aufgeschnappt, dass Dolphys Mutter dessen Flöte und Bassklarinette Coltrane geschenkt hat.


    Das habe ich auch so in Erinnerung - bei der Flöte bin ich mir sicher, da gibt es sogar ein Foto, wo er sie auf der Couch griffbereit neben sich liegen hat. Bei der Bassklarinette müsste ich nachlesen, aber dazu fehlt mir momentan die Zeit.

  • Letztes jahr bin ich durch eine Radiosendung auf das Schweizer Quartett YumYumYum gestoßen - Marcel Lüscher spielt u.a. auch Bassklarinette, auf eine Art, die mir sehr gut gefällt. Er verleugnet seinen Dolphy-Einfluß nicht, hat aber seine eigene Art, wie auch die ganze Band - kann ich nur empfehlen.
    Hier die Website der Band: http://www.yumyumyum.net/

  • :wink:

    Gerade höre ich ein schönes Konzert eines Trios, bei dem auch eine Bassklarinette gespielt wird, neben Mundharmonika und Akkordeon. Gefällt mir gut, die Instrumentenkombination und die Musik.

    Gruß, Frank

    PS: Auch das Cover gefällt mir sehr ...

    Gruß, Frank

    Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu.

  • Ich habe gestern Teile der folgenden CD gehört

    - diese ECM-Querschnitte sind ganz nett, um einen ersten Eindruck von einem Musiker zu erhalten.

    Mein Eindruck ist etwas durchwachsen, wobei mir das, was Surman auf seiner Bassklarinette bläst, eigentlich gut gefällt. Bloß bei Portrait Of A Romantic von der Platte Private City begleitet er sich per overdubbing selbst am Synthesizer, und diese Begleitung ist soooooo nervig, wirklich peinlich, dass es mir den Spaß an dem eigentlich schönen Bassklarinettensolo verleidet hat.

    The Returning Exile aus der folgenden CD klang aber so aufregend, dass es mir Lust auf die ganze Platte gemacht hat.

    Schade, dass es die nur noch als Download zu geben scheint.


    Michel

    Es gibt kaum etwas Subversiveres als die Oper. Ich bin demütiger Diener gegenüber diesem Material, das voller Pfeffer steckt. Also: Provokation um der Werktreue willen. (Stefan Herheim)

  • The Returning Exile aus der folgenden CD klang aber so aufregend, dass es mir Lust auf die ganze Platte gemacht hat.

    Ja, die ist erstklassig. Wo John Surman viele seiner Aufnahmen mit Synthesizerklängen unterlegt, gefällt mir das hingegen gar nicht. Das machen er und Schlagzeuger Jack DeJohnette leider auch gelegentlich bei ihren Duo-Aufnahmen und -Auftritten. Ansonsten sind sie besonders gut geeignet, Surman vor allem an der Bassklarinette (und dem Baritonsax) intensiv in seinem Solospiel kenenzulernen. Klar, das ist schon ein ganz Großer. Ich mag besonders auch seine Aufnahmen mit der großen norwegischen Sängerin Karin Krog, mit der er seit Jahrzehnten zusammenarbeitet. Surman war immer besonders viel in Norwegen. Auch Jack DeJohnette hat ja lange in Oslo gelebt.

    :wink: Matthias

  • Lori Freedman

    Eine Musikerin, die in diesem Thread keinesfalls fehlen darf, ist Lori Freedman. In einer jüdisch-kanadischen Musikerfamilie gebohren, ist sie sowohl in der zeitgenössischen komponierten Musik, als auch in der frei improvisierten Musik, einschließlich der mit elekro-akustischen Instrumentarien, dem Creative Jazz und Free Jazz aktiv und macht außerdem Musik für Tanztheater und Schauspiel. An die 50 zeitgenössische Komponisten schrieben Werke für sie als Solistin. Zusammengearbeitet hat die Montreal-based Klarinettistin u.a. mit aus Canada John Oswald, Ana Sokolović, Bernard Falaise, Martin Tétreault, Jean Derome, René Lussier, Diane Labrosse und ihrer Langzeitpartnerin, der Pianistin Marilyn Lerner aus Toronto. International mit Toru Takemitsu, Iva Bittova, Helmut Lachenmann, Joëlle Léandre, Mauricio Kagel, Steve Lacy, George Lewis, Frances Marie Uitti, Misha Mengleberg, Evan Parker, Mark Dresser, Suzie Ibarra, Fred Frith, Ab Baars, Ig Henneman, Joe McPhee, Barry Guy, William Parker, Rohan de Saram, Benny Sluchin u.v.a.

    Ihr Können scheint grenzenlos, ihr Spiel kann sich von wildem agressiven Power-Free Jazz z.B. mit Ab Baars bis zu bei aller kompromißlosen Modernität und Orientierung am frotgeschrittensten Materialstand in Komposition und Freier Improvisation ausgesprochen lyrischer Musik bewegen und ist immer voller äußerst feiner Nuancen oft auch sehr humorvoll.

    Neben der Bassklarinette, ihrem Hauptinstrument, spielt sie auch viele andere Klarinetten, darunter auch die Kontrabassklarinette.

    Ich bin ja hier in Berlin mit Weltklassebassklarinettisten verwöhnt und kann oft Rudi Mahal oder Gebhard Ullmann, über den hier auch noch zu schreiben wäre, im Konzert hören. Aber als ich sie im letzten Jahr das erst mal live erlebte, mit dem Sextett der Amsterdamer Jazz-Bratschistin Ig Henneman, in dem auch Ab Baars und Marilyn Lerner spielen, hat mich ihr Spiel wirklich umgehauen (und auch das von ihrer Langzeitpartnerin nicht nur in der Musik Marilyn Lerner). In der Pause zwischen den Sets habe ich mich beim Rauchen mit beiden auch unterhalten können (als Raucher ist man im Vorteil) und lernte zwei äußerst sympathische Menschen mit einem guten trockenen Humor kennen.

    Ich liebe vor allem ihre Duo-Aufnahmen mit Marilyn Lerner. Dieses Duo "Queen Mab" besteht bereits seit Mitte der 90er und ist frei und voller Lyrik, Witz und Feinheit. Aufnahmen sind leider, besonders außerhalb Canadas, nur noch schwer zu bekommen. Ich habe selbst erst kaum welche. Lori Freedman arbeitet aber inzwischen auch sehr viel in Amsterdam, deswegen auch die vielen Kollaborationen mit einigen der bedeutensten holländischen Free Jazzern. So ist Queen Mab inzwischen auch zum Queen Mab Trio mit der Bratschistin Ig Henneman erweitert worden und deren beide CDs sind gut zu bekommen und kann ich ebenso nur allerwärmstens empfehlen. Gelegentlich treten sie auch als Ig Henneman Trio auf, oder im Ig Henneman Sextet.

    (Kann man günstiger direkt bei der Plattenfirma oder Ig Henneman bestellen.)

    Für die Bassklarinettenfreunde sind besonders interessant natürlich auch Lori Freedmans Solo-Scheiben, "Bridge" (2009) und "A Un Moment Donne"(2003)

    Diese enthält verschiedene Trios mit kanadischen MusikerInnen der freien Improvisation, mit René Lussier, Martin Tétreault, Jean Derome, Rainer Wiens, Nicolas Caloia, Danielle Palardy Roger und auch Verbindungen mit elektro-akustischer Improvisation (aber frei von doofen Synthie-Klängen).

    :wink: Matthias

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