Wie antisemitisch darf ein Künstler sein?

  • Das machen die Muslime schon selber. Scharfmacher gibt es auf beiden Seiten. Ich empfehle mal bei einem der zahlreichen Infostände der Salafisten vorbeizuschauen. Die sagen einem dann was sie von unserer Gesellschaft im allgemeinen und dem Christentum im besonderen halten. Und die diversen Gruppierungen, welche den Dschihad predigen sind auch nicht geeignet Vertrauen gegenüber Muslimen aufzubauen. da brauchen sie sich nicht zu wundern wenn es Gegenreaktionen gibt.
    Eusebius

    "Die Muslime" gibt es nicht - genauso wenig wie "die Juden". Genau solche Aussagen wie die Deine meinte ich.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Dein ständiger Hinweis, Kundry sei eine semitische Figur ist da auch nicht besser. Wenn mir einer einen schlüssigen Beweis liefert der von Wagner selber stammt, in welchem er antisemitische Bezüge in seinem Werk zugibt, so lasse ich mich überzeugen. Bis dahin ist das für mich spekulativ.

    Überzeugen ist in diesem Fall sinnlos. Und ein juristischer oder naturwissenschaftlicher Beweis ist in ästhetischen Fragen alles andere als die Regel.
    Im Parsifal-Thread gibt es jedoch dafür ausreichend Hinweise, die nicht auf rein spekulativer Ebene sich abspielen, die man aber getrost ignorieren mag, wenn es das eigene Bild, dass man sich von Wagners Werk macht, zu sehr ankratzt. Nur dadurch verschwinden sie aber nicht.


    Ferner: Wagners Antisemitismus in seinem Werk ist m.E. nicht Produkt von unmittelbaren Intention/Gestaltungswillen, sondern eher unwilkürliches/nicht unmittelbar intendiertes Resultat von Idiosynkrasien bzw. Ekel gegen Juden.

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • "Die Muslime" gibt es nicht - genauso wenig wie "die Juden". Genau solche Aussagen wie die Deine meinte ich.

    Dann lies doch bitte mal was Du selber geschrieben hast, den Begriff hast Du hier eingeführt.


    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Ich bitte alle Beteiligten die Contenance zu wahren - und so nah beim Thema zu bleiben als möglich!

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Ja genau.


    Aber das ist hier nicht der Ort und das richtige Thema diese Fragen zu erörtern, und zudem ist es ein brisantes Thema mit hoher Emotionalität. Ich will mich zwar davor nicht drücken, würde das aber lieber an anderer Stelle weiterführen (z.B. PN) falls es dazu Bedarf geben sollte. Besonders begierig bin ich allerdings nicht.


    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Wenig überraschend. Es ist immer leichter, frühere Generationen zu verurteilen. Wenn dann Parallelen zur Jetztzeit gezogen werden, wird es halt schnell unbequem und emotional. Diesen Umstand sollte man aber bei der Diskussion des Threadthemas tunlichst in Erinnerung behalten.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Ich habe keine früheren Generationen verurteilt, sondern bin immer dafür eingetreten das Handeln der Menschen mit den Maßstäben zu beurteilen die zu ihrer Zeit galten. Der Ausgangspunkt der Diskussion der letzten Tage war ja der, dass Musik bestimmter Personen geächtet wird, weil diese zu ihrer Zeit Verbrechen begangen haben. Wenn ich das auf gegenwärtige Personen anwende sieht die Sache gleich anders aus, denn dann gelten die Bedingungen der Gegenwart, und auch die Erfahrungen die bis dato hinzugekommen sind. Daher muß man den gegenwärtigen Antisemitismus anders beurteilen als zur Zeit Wagners, weil wir jetzt wissen, was dabei herauskommen kann. Das ist keine Entschuldigung diskriminierenden Verhaltens, allenfalls eine Relativierung. Ich glaube nicht das Wagner sich hätte ausmalen können, zu was ein übersteigerter Antisemitismus führen kann.


    Und um es klar zu sagen: ich verabscheue jede Art von Diskriminierung, ganz gleich von wem und gegen wen. Das ist für mich ein zivilisatorischer Rückschritt, und vollkommen ungeeignet um miteinander zusammen zu leben. Erst Recht in einer sich immer stärker globalisierenden Umgebung.


    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Ich habe keine früheren Generationen verurteilt, sondern bin immer dafür eingetreten das Handeln der Menschen mit den Maßstäben zu beurteilen die zu ihrer Zeit galten. Der Ausgangspunkt der Diskussion der letzten Tage war ja der, dass Musik bestimmter Personen geächtet wird, weil diese zu ihrer Zeit Verbrechen begangen haben. Wenn ich das auf gegenwärtige Personen anwende sieht die Sache gleich anders aus, denn dann gelten die Bedingungen der Gegenwart, und auch die Erfahrungen die bis dato hinzugekommen sind. Daher muß man den gegenwärtigen Antisemitismus anders beurteilen als zur Zeit Wagners, weil wir jetzt wissen, was dabei herauskommen kann. Das ist keine Entschuldigung diskriminierenden Verhaltens, allenfalls eine Relativierung. Ich glaube nicht das Wagner sich hätte ausmalen können, zu was ein übersteigerter Antisemitismus führen kann.


    Und um es klar zu sagen: ich verabscheue jede Art von Diskriminierung, ganz gleich von wem und gegen wen. Das ist für mich ein zivilisatorischer Rückschritt, und vollkommen ungeeignet um miteinander zusammen zu leben. Erst Recht in einer sich immer stärker globalisierenden Umgebung.


    Eusebius

    Ausgangspunkt war ja eher das Gedankenexperiment Mauerblümchens, in welchem es darum ging, ob gewissen Auffassungen von relevanten Teilen der Bevölkerung entgegengetreten wurde. Und meine Antwort war eben die, dass es sich mit den Vorurteilen gegen Juden damals so verhielt wie mit den Vorurteilen gegen Muslime heute. Sie wurden sehr oft unwidersprochen toleriert.
    Ich kenne viele Muslime. Keiner von denen ist Islamist oder gar Salafist. Was können sie also für die Idiotien dieser Typen?

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Dein ständiger Hinweis, Kundry sei eine semitische Figur ist da auch nicht besser. Wenn mir einer einen schlüssigen Beweis liefert der von Wagner selber stammt, in welchem er antisemitische Bezüge in seinem Werk zugibt, so lasse ich mich überzeugen. Bis dahin ist das für mich spekulativ.


    Zu Kundry hat sich Wagner selbst geäußert:


    Zitat

    Wagner bezeichnete Kundry nämlich als eine 'Ahasvera', die weibliche Form des 'Ewigen Juden'.


    Quelle:


    "http://kult-online.uni-giessen.de/archiv/2009/ausgabe-21/rezensionen/darstellung-von-juden-auf-dem-europaeischen-sprech-und-musiktheater-1830-1940"

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • Was mich immer wieder ratlos zurücklässt, ist dieses ständige Betonen der „Wirkungsgeschichte“z.B. bei Wagner. „heikle Nummer“, „fragwürdige Ideologie“, „schwerer Schadenfür Generationen“ usw... um nur mal ein paar Bemerkungen rauszugreifen – die dannaber auch nicht konkretisiert werden. Es bleibt immer diffus… Wagner ist jetzt nur ein Beispiel, andere Komponisten wurden auch genannt.


    Ist das eine bestimmte Art von Tick oder eine moralischeFloskel, die standartmäßig immer aufs Tablett gebracht wird?

    Nein, das ist es nicht. Da Du meine Formulierungen zitierst: es drückt sich darin ein Unbehagen aus an dem, was diese Musik und der Text transportiert. Darin ist der Antisemitismus nur ein Teil-Aspekt, der symbolisch für Antiintellektualismus steht. Oder nennen wir es Anti-Modernismus, der sich dazu der avanciertesten kompositorischen Mittel bedient.
    Um mal das Kind beim Namen zu nennen: ich erkenne in diesen Werken keine Hoffnung, außer der auf Zerstörung des Bestehenden (Ring), keine Liebe, die eine Chance hat, sich zu verwirklichen außer im Tod (Tristan), keine Erlösung außer durch den Tod der Frau (Holländer)... um mal ein paar Beispiele zu nennen. Das kann man alles Realismus nennen. Aber dann kommt man sehr schnell in die Nähe der Ideologien, die den ständigen Kampf der Völker (später wird man "Rassen" sagen) zur einzigen tieferen Realität erklären.


    Vielleicht ist es die Abwesenheit von Sympathie für die Versuche, menschliches Leben menschlich zu gestalten, die mich an Wagners Mythen so ambivalent berührt.


    Was die Wirkungsgeschichte angeht, denke ich schon, daß dieses sich realistisch dünkende, in Kern und Wirlkung reaktionäre Denken durch seine vertonten Mythen und deren großen Erfolg schon eine Wirkung hatten.


    dazu kommt eine Art fragwürdiger Demokratisierung (oder Popularisierungß) des Musik-Denkens: die Leitmotive zu erkennen, ist (polemisch überspitzt) jedem Dödel möglich, der sich dann als großer Kenner fühlen kann, ohne die intellektuelle, geistie Seite der Musik in mindesten wahrzunehmen. (Stichwort Antiintellektualismus)


    (ich glaube nicht, daß man Wagners Kunst damit annähernd gerecht wird, aber es entspricht ein wenig seiner Konsequenz aus der Neunten, die "autonome" Instrumentalmusik und die darin sich verwirklichende Geistesfreiheit zurückzunehmen und zum beschränkenden Mythos zurückzukehren.)


    Mich interessiert das wirklich

    ich hoffe das.

    Und auch im Kulturbetrieb der DDR ist mir dieses ständige Betonender „Wirkungsgeschichte“ mit dem Werk an sich nie aufgefallen. Und Wagner (als Beispiel) wurde ja auch in der DDR gespielt.

    ich bin mir auch nicht sicher, ob im Zuge des in der DDR gepflegten Faschismus-Begriffs die Funktion des Antisemitismus (als Antikapitalimus für geistig Arme) für den Erfolg des Nationalsozialismus wirklich klar gesehen wurde.

    Welche Folgen der latente oder auch offen zur Schau gestellte Antisemitismus des 19. Jhds. im 20. Jhd. hatte, kann man Wagner m. E. jedenfalls nicht anlasten. Nicht als Einzelperson.

    Geht es darum, eine Einzelperson zu verurteilen? Mir nicht. Aber Zusammenhänge, die dazu auch noch auf so direkte privat-familiäre Weise bestehen, sind doch sichtbar.

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Mir scheint, hier wird wieder mal der Antisemitismus von Wagner - mal unabhängig davon, warum der bei ihm so ausgeprägt war, seiner Biografie nach zu urteilen war es schlicht Neid - stellvertretend aufs ganze deutsche Volk übertragen.


    Antisemitismus war zu keiner Zeit ein deutsches Phänomen, sondern ein europäisches. Und wenn man sich mal die Geschichte betrachtet, schneidet Deutschland im europäischen Vergleich dabei noch sehr gut ab. Wo gab es in denn in Deutschland zwischen 1800 und 1918 wirklich massive Judenfeindlichkeit? Die gab es nicht. Die Juden gehörten in Teilen zur Spitze der Gesellschaft in Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Juden fanden sich in Deutschland in höchsten Staatsämtern – ich erinnere an Rathenau und Warburg. Sie waren unter den Künstlern führend: Heine, Mendelssohn, Mahler u.v.v.a. Und btw Mahler wurde nicht in Deutschland „gemobbt“ sondern in Österreich-Ungarn. Denn gerade Österreich, wie auch Russland und Frankreich haben sich in Sachen Antisemitismus nicht gerade mit Ruhm bekleckert! Das waren die Hotspots des Antisemitismus in Europa – aber gewiss nicht das Deutschland der Kaiserzeit und Vorkaiserzeit.


    Und wenn man schon mit dem Musterland der Demokratie, den USA vergleich will: da schneiden wir im Kaiserreich und selbst bis 33 ja wohl deutlich besser ab. Man verfolge mal, wie in den USA bis weit in die 50er Jahre hinein mit der schwarzen Bevölkerung umgegangen wurde. Das war Apartheid und Rassenhass pur – wie er im Kaiserreich Deutschlands undenkbar gewesen wäre. Bitte wo sind die USA ein Vorbild gewesen, wie es heute immer dargestellt wird? Das war im Vergleich zu Deutschland ein Sumpf aus Korruption, organisiertem Verbrechen, Ämterschacherei und Unterdrückung von Armen und Minderheiten. Man beschäftige sich mal mit der amerikanischen Geschichte und vor allem der Innenpolitik – da gehen einem die Augen über. Angelsächsische Historiker sind heute nicht umsonst der Meinung, dass das Deutsche Kaiserreich der modernste, gerechteste, demokratischste und sozial fortschrittlichste Staat seiner Zeit war. Das es Antisemitismus auch gab steht außer Frage. Aber das war in der Zeit ja wohl ein Randphänomen - in Deutschland wohlgemerkt! In Österreich-Ungarn (da gerade, und da kam ja auch der Idiot her, der uns ins Unglück gestürzt hat) , Russland und auch Frankreich sah das doch etwas anders aus. Immerhin waren etliche Juden engste Freunde des deutschen Staatsoberhauptes, des Kaisers. Wieviele Schwarze waren denn zu der Zeit in den USA überhaupt in der Politik oder gingen beim Präsidenten ein und aus? Die konnten zu der Zeit doch froh sein, wenn Sie der Ku-Klux-Klan (eine amerikanische Massenbewegung!) nicht abgemurkst hat.


    Der große Bruch in der deutschen Geschichte, Kultur und im Umgang mit den Juden – der kam 33 – denn was dann folgte, das hatte mit dem Deutschland, das es davor gab, nichts gemein!

    Was heißt hier modern? Betonen Sie das Wort mal anders! Richard Strauss

  • es geht weniger um einen Vergleich, sondern um die Frage, ob und inwieweit Antisemitismus in Europa zur Zeit Wagners & Co von einem nicht ungwichtigen Bevölkerungsanteil in Frage gestellt wurde, wie in den USA z.B. Rassismus durch die Bürgerrechtsbewegung.


    Laut Heinrich August Winkler ("Der lange Weg nach Westen", Band 1, S. 321) wurde 1890 von liberalen Bürgern (u. a. dem Historiker Theodor Mommsen) ein "Verein zur Abwehr des Antisemitismus" gegründet. Dieser hatte aber nur ca. 18000 Mitglieder.


    (Siehe: "https://books.google.de/books?id=wwIHhy2N0nEC&pg=PA321&lpg=PA321&dq=%22verein+zur+abwehr+des+antisemitismus%22+winkler+westen&source=bl&ots=hQOs4DdHQg&sig=5vgBcN1R-tf5f3g2TUhS5ySn3pQ&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjBlZTvlJjKAhVBkQ8KHfkaBhIQ6AEIKDAC#v=onepage&q=%22verein%20zur%20abwehr%20des%20antisemitismus%22%20winkler%20westen&f=false" )


    An anderer Stelle schreibt Winkler (soweit ich mich erinnere, ich finde momentan die Stelle nicht mehr), dass im Kaiserreich "Antisemitenpetitionen" deutlich mehr Unterschriften erzielten als Petitionen gegen den Antisemitismus.

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • Auf die Gefahr hin, das ich mich wiederhole: Von weiteren Abirrungen vom Thema bitten wir abzusehen. Dazu ist das Thema Antisemitimus ein zu komplexes, dem kein Forum der Welt auch nur annäherungsweise gerecht werden kann. Und es wäre zu liebenswürdig, wenn moderative Hinweise beachtet würden.



    Für die Moderation:



    Caesar73

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Nein, das ist es nicht. Da Du meine Formulierungen zitierst: es drückt sich darin ein Unbehagen aus an dem, was diese Musik und der Text transportiert. Darin ist der Antisemitismus nur ein Teil-Aspekt, der symbolisch für Antiintellektualismus steht. Oder nennen wir es Anti-Modernismus, der sich dazu der avanciertesten kompositorischen Mittel bedient.
    Um mal das Kind beim Namen zu nennen: ich erkenne in diesen Werken keine Hoffnung, außer der auf Zerstörung des Bestehenden (Ring), keine Liebe, die eine Chance hat, sich zu verwirklichen außer im Tod (Tristan), keine Erlösung außer durch den Tod der Frau (Holländer)... um mal ein paar Beispiele zu nennen. Das kann man alles Realismus nennen. Aber dann kommt man sehr schnell in die Nähe der Ideologien, die den ständigen Kampf der Völker (später wird man "Rassen" sagen) zur einzigen tieferen Realität erklären.


    Ahhhh! Vielen Dank für die Antwort! Endlich mal eine, die sich auf meine ursprüngliche Frage bezieht.
    Ich verstehe, wie Du das oben Zitierte meinst. Und kann es sogar in Teilen nachvollziehen, was die die menschlichen Nuancen: keine Hoffnung etc. angeht.
    Ich gestehe aber, dass ich da anders ticke. Das ist mir alles zu verkopft und zu viel interpretiert. Das ist jetzt nicht böse oder abwertend gemeint. Verstehe mich da bitte nicht falsch - jeder Mensch ist einzigartig und denkt anders. Deine Art die Dinge zu denken ist Deine Art - die ich respektiere! Ich denke da anders darüber, weil ich eben denke wie ich denke... solche Gedanken wie Du Sie hast, plagen mich nicht im geringsten, z.B. kann ich Deine Meinung mit den Ideologien so gar nicht teilen! Aber gerade dieser Punkt erklärt mir natürlich einiges, was ich mich gefragt habe...
    Ich denke, es ist müßig sich diebzgl. weiter zu ereifern oder gar zu diskutieren - unser beider Gedanken-Universen, in denen jeder von uns lebt, scheinen sehr unterschiedlich zu sein und da auf einen friedlichen gemeinsamen Nenner zu kommen ist doch eher unwahrscheinlich.
    Trotzdem vielen Dank für Deine Antwort - die war sehr Erkenntnisreich!

    Was heißt hier modern? Betonen Sie das Wort mal anders! Richard Strauss

  • Das ist mir alles zu verkopft und zu viel interpretiert.


    Die Beispiele die Philmus genannt hat bedürfen aber doch gar keiner so weitschweifigen "Interpretation". Am Ende des "Ring" wird das Weltende mit einer äußerst euphorisch-rauschhaften Musik abgefeiert - das strahlt mE schon ein wenig makabre Untergangslüsternheit aus... :whistling:

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • Das ist mir alles zu verkopft und zu viel interpretiert.

    na dankeschön.
    Du kannst mir schon glauben, daß ich die bei Wagner überwiegend propagierte Hoffnungslosigkeit schon auch mit dem Gefühl spüre.
    Die Worte dafür zu finden, ist natürlich eine Sache des Kopfes.

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • na dankeschön.
    Du kannst mir schon glauben, daß ich die bei Wagner überwiegend propagierte Hoffnungslosigkeit schon auch mit dem Gefühl spüre.
    Die Worte dafür zu finden, ist natürlich eine Sache des Kopfes.

    Ich hatte schon geschrieben, dass Du mir das nicht übel nehmen sollst. MIR kommt es verkopft vor. Das Dir das nicht so vorkommt, ist mir auch klar! Aber wenn wir es mal nur aufs Gefühl beziehen: Dann muß Dich ja eigentlich dieselbe Hoffnungslosigkeit auch bei einer Shakespeare-Tragödie anspringen. Romeo und Julia zum Beispiel, auch eine hoffnungslose Liebesgeschichte genau wie Tristan und Isolde. Hast Du das Gefühl der Hoffnungslosigkeit auch?

    Was heißt hier modern? Betonen Sie das Wort mal anders! Richard Strauss

  • Um mal das Kind beim Namen zu nennen: ich erkenne in diesen Werken keine Hoffnung, außer der auf Zerstörung des Bestehenden (Ring

    Das hängt davon ab, aus welcher Perspektive man den Schluß der Götterdämmerung betrachtet. Zunächst ist ja mal der strahlende Des-Dur Schluß keineswegs trostlos, und das war auch von Wagner beabsichtigt. Der Ring enthält sehr viel Kritik am Kapitalismus und an Machtausübung. Durch den Untergang der Götter und ihrer Abkömmlinge wird gewissermaßen deren Ordnung beseitigt. Dadurch das den Rheintöchtern das Gold zurückgegeben wird ist die alte Ordnung wieder hergestellt. Man könnte das auch als Versöhnung mit der Natur beschreiben. Der Mensch hat sich an der Natur und der göttlichen Ordnung vergangen, und wird dafür gestraft. "Traulich und Treu ists nur in der Tiefe, falsch und feig was dort oben sich freut". Der Kommentar der Rheintöchter zum pompösen Einzug der Götter in Walhall entspricht genau dem Credo Wagners und seiner Kritik am Kapitalismus. Das er hingegen das Gold selber zu schätzen wusste, ist ein anderes Thema. Aber er wollte die ihm zur Verfügung gestellten Mittel ja auch in erster Linie zur Verwirklichung seiner Kunstauffassung einsetzen. Wir hätten sonst wohl keine Bayreuther Festspiele.


    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • An anderer Stelle schreibt Winkler (soweit ich mich erinnere, ich finde momentan die Stelle nicht mehr), dass im Kaiserreich "Antisemitenpetitionen" deutlich mehr Unterschriften erzielten als Petitionen gegen den Antisemitismus.

    Danke für den wichtigen Hinweis. Daraus könnte gefolgt werden, dass sich der Schaden durch Wagners ideologeme eher in Grenzen hält (was sie keinesfalls besser macht).
    Auch ohne Wagners Judenhass wären viele jüdischen Musiker rausgemobbt wurden, sowie es überhaupt keinen Grund gibt, selbstgerecht gegen USA zu polemisieren.


    Das hängt davon ab, aus welcher Perspektive man den Schluß der Götterdämmerung betrachtet. Zunächst ist ja mal der strahlende Des-Dur Schluß keineswegs trostlos, und das war auch von Wagner beabsichtigt.

    Das Scheitern wird ja musikalisch quasi "propagiert" (Philmus). .



    Der Ring enthält sehr viel Kritik am Kapitalismus und an Machtausübung. Durch den Untergang der Götter und ihrer Abkömmlinge wird gewissermaßen deren Ordnung beseitigt. Dadurch das den Rheintöchtern das Gold zurückgegeben wird ist die alte Ordnung wieder hergestellt. Man könnte das auch als Versöhnung mit der Natur beschreiben. Der Mensch hat sich an der Natur und der göttlichen Ordnung vergangen, und wird dafür gestraft. "Traulich und Treu ists nur in der Tiefe, falsch und feig was dort oben sich freut". Der Kommentar der Rheintöchter zum pompösen Einzug der Götter in Walhall entspricht genau dem Credo Wagners und seiner Kritik am Kapitalismus. Das er hingegen das Gold selber zu schätzen wusste, ist ein anderes Thema. Aber er wollte die ihm zur Verfügung gestellten Mittel ja auch in erster Linie zur Verwirklichung seiner Kunstauffassung einsetzen. Wir hätten sonst wohl keine Bayreuther Festspiele.

    Das Ideologische ist ja, dass die Ordnung, die wiederhergestellt wird, letztlich doch die gleiche bleibt, aus der das Verhängnis ja entsprungen ist. Insofern deutet der Schluss des Rings auf einen quasi ewig gleichförmigen, gleichsam blinden Kreislauf hin, einem Kontinuum ohne Perspektive von Negation bzw. Entspringen.


    Also das Ideologische im Ring zeigt sich, dass dieser geschlossene Kreislauf musikalisch am Schluss als sinnvoll verklärt wird, in dem er „mit einer äußerst euphorisch-rauschhaften Musik abgefeiert“ (EinTon) wird.


    Allerdings erschöpft sich der Ring nicht im Ideologischen, sondern es gibt Augenblicke von Durchbrechung des Banns. Neben der Klage der Rheintöchter gibt es z.B. auch die Figur des Siegmunds, der – seiner geliebten Zwillingsschwester wegen - sich weigert von der Wallhall-Welt korrumpieren zu lassen. Was Wagners geile Mucke betrifft, halte ich die großartige Todesverkündigung für den bewegensten Teil der Walküre, auch die quasi „expressionistischen“ Angstzustände Sieglindes............

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

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