J. S. Bach - Sechs Suiten für Violoncello Solo BWV 1007 - 1012

  • Ich finde, man kann keinen Anspruch darauf haben, von Menschen dargebotene Musik ohne Nebengeräusche hören zu können.
    Ganz einfach, denn alles andere wäre unmenschlich.


    das klingt höchst plausibel, aber der Anspruch richtet sich an eine Aufnahme, nicht an eine Aufführung, und da gibt es nun mal auch diese Auffassung:


    Zitat

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Ich finde, man kann keinen Anspruch darauf haben, von Menschen dargebotene Musik ohne Nebengeräusche hören zu können.
    Ganz einfach, denn alles andere wäre unmenschlich.


    In dem Punkt bin ich ganz bei Dir.
    ich finde aber auch legitim, wenn man den Wunsch hat (Anspruch klingt sehr unhöflich), der Aufnahmetechniker möge die Nebengeräusche möglichst gering ausfallen lassen.
    Auch wenn ich persönlich wie gesagt eher nichts gegen so Geräusche habe. Ich mag es auch, wenn ich bei Klarinetten leise die Klappen höre....

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • wir sind OT jetzt I know...

    ...aber in Leinsdorff`s "Macbeth"Aufn. v.`59 mein ich sogar, ab und an Rascheln von Notenpapier (und 1, 2mal Stühle-rücken) zu vernehmen :P
    Stört mich bei diesem hyper-fiebrigen sujet nicht die Bohne, fänd ich (z.B.) bei `ner Bruckner-Sinf. vermutl. ärgerlich - - - -


    n`Morgn :)

    Das TV gibt mehr 'Unterhaltung' aus, als es hat - in der bürgerl. Gesetzgebung nennt man das 'betrügerischen Bankrott' Werner Schneyder Es ging aus heiterem Himmel um Irgendwas. Ich passte da nicht rein. Die anderen aber auch nicht. FiDi über die Teilnahme an seiner ersten (und letzten) Talkshow

  • aber in Leinsdorff`s "Macbeth"Aufn. v.`59 mein ich sogar, ab und an Rascheln von Notenpapier (und 1, 2mal Stühle-rücken) zu vernehmen

    Ja klar, und auch wenn es nicht gefällt, so sollte doch klar sein, daß im Moment des Umblätterns die halbe Streicherbesetzung nicht spielt für ein paar Takte.
    Das ist einfach so.


    Dieses Umblättern ist für denjenigen, der dies am Abend in der Vorstelllung oder bei einer Aufnahme machen muß, übrigens purer Stress.
    Man darf nicht zu früh oder zu spät umblättern, und man muß auch schnellstmöglich selber wieder miteinsetzen.
    Das ganze sollte weiterhin möglichst geräuschlos stattfinden..... Aua!


    Ich habe sehr oft Praktikanten, welche zwar gut spielen können, aber beim Umblättern totale Versager sind.
    Man muß im absolut richtigen Moment umblättern, eventuell die Seite noch mal kurz zurechtzupfen, besonders bei neuem Notenmaterial.
    Und dann schnellstmöglich selber wieder einsteigen.
    Das sollte blitzschnell gehen und erfordert eine ziemliche Übung.


    Das alleine überfordert leider viele, die sich im Orchester nur um Ihre eigene Spielsituation kümmern.
    Es ist sowieso ein Thema für sich, wie man im Orchester zusammen arbeitet.
    Ein Profi-Orchester ist ein Arbeitsplatz mit seinen eigenen Regeln, und man kann total super spielen............und doch fällt man durchs Probejahr.
    Ganz einfach, weil man zu blind war, sich den Gepflogenheiten bewußt zu werden.
    Das reicht schon.


    Wir sitzen da alle wie die Sardinen, und eine gehörige Bereitschaft zum Miteinander gehört unbedingt dazu.
    Und das betrifft auch das professionelle Umblättern, und zwar ganz gehörig.
    Jeder, der als Cellist links sitzt am Pult, freut sich, wenn der Kollege rechts-das ist der Kollege, der umblättert, seinen Job beherrscht.


    Der Kollege links macht die ganzen Eintragungen in den Noten mit SEINEM Bleistift, der Kollege rechts hält dabei das Pult fest, damit der Kollege links diese Eintragungen sauber schreiben kann.
    Der BLEISTIFT sowie der RADIERGUMMI in bester Qualität sind dabei absolut notwendig.


    Der Kollege rechts ist damit beschäftigt, das Pult so festzuhalten, daß der Kollege alles sauber in die Noten reinschreiben kann.
    Und zwar NICHT so wie in Studentenorchestern einfach durchstreichen und fett drüberzuschreiben.


    Nein, in Profi-Orchestern ist es Sitte und Gebrauch, alles erst mal wegzuradieren und dann neu für die jeweilige Produktion einzuzeichnen.
    Jedenfalls ist das bei uns so üblich.


    Aber sowas lernt man nicht im Studium.


    Das war jetzt auch OT, macht damit, was Ihr wollt.

  • Bei den meisten älteren Orchesteraufnahmen, die ich kenne, sind Nebengeräusche durchgängig zu hören. Ein besonders schönes Beispiel ist Dvoraks Neunte mit dem Philharmonia Orchester unter Klemperer. Da wird die Exposition im ersten Satz wiederholt, was gar nicht selbstverständlich ist - und was hört man unmittelbar vor der Wiederholung: deutliches Zurückblättern der Noten auf die erste Seite. Es lässt sich nicht ganz eindeutig ausmachen, ob das nur vom Dirgenten kommt, oder auch aus dem Orchester, ich vermute, man hört beides. Jedenfalls ein Beleg dafür, dass die Aufnahme auch in dieser Passage in einem Stück entstanden ist und nicht geschnitten wurde, was gerade bei Wiederholungen oft naheliegt. Aufnahmen, auf denen man gar keine Nebengeräusche hört, traue ich deshalb nicht wirklich - da ist zu viel "Schwindel" (Klemperer über Zusammenschnitte) im Spiel. Selbst bei dem Wiedergabeperfektionisten Karajan gibt es immer wieder deutliche Nebengeräusche, z.B. in der Aufnahme des Prélude de l'après midi d'un Faune aus den Sechzigern. Entweder hat er die fertige Aufnahme doch nicht so minutiös nachkontrolliert, wie immer geschildert wird, oder er hat sich gedacht: ist doch gut gespielt, stört nicht, dass da irgendwann ein Instrument recht deutlich gegen den Notenständer stößt.


    Zurück zu den Bach-Suiten: in der Casals-Aufnahme wundert mich eigentlich, dass so wenig Nebengeräusche auffallen (es gibt sie aber). Denn Casals war dafür berüchtigt, dass er nicht nur sehr laut grunzte und stöhnte, sondern auch mit dem Instrument Geräusche erzeugte, die einen fürchten lassen, es wäre danach nicht mehr zu gebrauchen, oder jedenfalls der Fußboden sei nach dem Konzert völlig ramponiert (man höre z.B. mal die Aufnahmen mit Kempff aus dem Beethoven-Haus...). Aber nicht so in den Bach-Suiten. Da knistert zwar am Anfang das Schellack ganz ordentlich, doch auch das Geräusch verschwindet, wenn die Musik in Fahrt kommt. Für mich war und bleibt die Aufnahme immer das Beispiel, wie sich Musik von der blöden Materie löst. Sie hebt ab und lässt alle Beschränkungen der Technik - sei es nun des instrumentellen Spiels oder der Aufnahme - hinter sich. Wer sich da mit der Suche nach möglichen Störungen durch Nebengeräusche aufhält, verpasst das Erlebnis.


  • Mir ging es nur um den sog.Kammerton 440hz, der von vielen als Referenz angesehen wird.
    Und das habe ich mißverständlich beantwortet, denn natürlich gab es zu Barockzeiten noch viel tiefere Stimmungen.
    Übrigens nicht nur zu Barockzeiten:
    Es gilt als ziemlich sicher, daß z.B. Chopins Klavier sehr tief gestimmt war und man heute eigentlich seine Klavierwerke
    glatt einen halben Ton tiefer spielen müßte.


    Entschuldige, ich hatte das tatsächlich etwas falsch gelesen. Die Abweichung von 2-3Hz ist vermutlich absolut normal und eher die Regel? Zumal man ja sowieso meistens nach Gehör stimmt und das vermutlich auch die sinnigere Variante ist. Jedenfalls sehe ich beim einstimmen keinen mit irgendwelchen technischen Geräten hantieren...Ich mag tiefere Stimmungen in der Regel sehr viel lieber. Gibt es von Chopin eine Einspielung, die dies berücksichtigt? (Bin eigentlich absolut kein Fan von Tasteninstrumenten, aber kann ja noch werden)


    Zitat

    Kann man bei den unterschiedlichen Einspielungen als Cellist "hören" welcher Bogen benutzt wurde...?

    Ja, natürlich.
    Ein Barockbogen ist kürzer, wird etwas anders gehalten und hat wesentlich weniger Haare.Ich spiele selber des öfteren im Dienst einen Barockbogen bei Barockopern.
    Alle Streicher übrigens......Das hat sich so- nicht nur bei uns- eingebürgert.[/quote] Wobei ein zeitgenössisches stahlbesaitetes Cello mit einem Barockbogen zu bespielen dann wieder zu einem komplett anderen klanglichen Ergebnis fürhen muss, wie mit der Darmbesaitung. Ich habe/hatte ja eigentlich das Vorurteil, dass das klangliche Ergebnis nicht so toll wäre und man dabei eher einen vergleichsweise krächzenden und dünnen Ton bekäme. Wenn die Stahlbesaitung und der moderne Bogen für mich einen Vorteil haben, dann im voluminösen Klang...Aber ich kann auch nicht beurteilen, was die Stahlsaiten und was der Bogen davon ausmacht.


    Also ich weiß oft, dass ich Unterschiede höre, aber bin mir nicht sicher wodurch die Unterschiede entstehen...Darmbesaitung, Bogenführung + Technik, unterschiedliche Bögen etc...Prinzipiell kann ich mir gut vorstellen, dass wenn man mit dem Instrument wirklich vertraut ist: auch alles sofort hören kann...(Weiß ich auch eigentlich durch meinen Ex-Freund) Ich müsste mir vermutlich einfach mehr Beispiele aller möglichen Kombinationen anhören und diese bewusst vergleichen. D.h. modernes Cello vs. Barock-Cello mit Darmbesaitung...(Gut, das höre ich schon, aber ich glaube nicht, dass ich die Nuance Barock-Cello mit modernem Bogen oder modernes Cello mit Barockbogen richtig zuordnen könnte...Ich merke nur etwas ist anders)


    Aber man kann nicht vom hören einer Aufnahme schließen, welche Grifftechnik (Untergriff/Obergriff) jemand verwendet oder sind die auch i.d.R. an die verschiedenen Bögen gebunden...?

    Zitat


    Jaap ter Linden hat uns seinerzeit eingewiesen und Workshops gehalten.
    Er dirigiert ja auch, und vor ein paar Jahren haben wir Purcells "King Arthur" unter Ihm gespielt.


    Davon gibt es keine Aufnahme, oder? Ich habe exakt drei (William Christie, Gardiner (stark gekürzt) und Deller Consort) ...Ich finde auch nicht wirklich mehr und keine gefällt mir sehr gut...Komischerweise habe ich mich dann irgendwann mit der Deller Aufnahme arrangiert...

    Zitat


    Mit einem Barockbogen kann man ganz anders phrasieren, man spielt mit wesentlich weniger Druck.
    Vieles, was mit einem modernen Bogen schwierig oder auch anstrengend zu spielen ist, funktioniert mit einem Barockbogen plötzlich ganz leicht.
    Das eröffnet ganz andere Klang und Interpretationsmöglichkeiten.

    Wenn Du irgendwann länger Zeit hast, könntest Du mir evtl. mal ein Klangbeispiel geben mit und evtl. auch ohne Barockbogen? (Aber nur bei Zeit und Lust)



    Zitat


    Im Orchester spiele ich heute Puccini, morgen Wagner und übermorgen Purcell.
    Da hat man einfach nicht genug Ruhe, um sich völlig auf das andere Spielgefühl eines Barockbogens einzulassen.
    Solisten und Spezialisten haben die Zeit und die Ruhe, und man muß das wirklich auch völlig neu studieren.
    Der Workshop mit Jaap damals war schon klasse, aber natürlich nur ein Einstieg.


    Dafür gibt es ja Spezialisierungen und Barockorchester und Ensembles. Ich finde es wird eh' schon zu viel Repertoire Breite verlangt in einem Orchester, aber vielleicht macht es ja auch Spaß Puccini, Wagner und Purcell an 3 Tagen zu spielen, weil man weniger festgelegt ist. Für mich wäre das nix, da ich in meinem Interesse schon sehr auf die Barockzeit fixiert bin, aber es kann natürlich auch deutliche Vorteile haben, wenn man möglichst viele Stile, Epochen etc. sehr schätzt und als Streicher auch interpretieren will. Aber für einen Streicher im Dauereinsatz finde ich das schon fast Leistungssport...


    Zitat

    Ein wirklich barockes Cello mit nichtumsponnenen Darmsaiten, kürzerem Griffbrett, Barocksteg und natürlich ohne Stachel, so wie Jaap ter Linden es spielt, das wäre der nächste Schritt.
    Und ich bekäme da erst mal keinen einzigen geraden Ton heraus.
    Aber diesen Schritt gehe ich nicht, denn ich bin erstens gar kein großer Barock- Fan, und zweitens ist der Aufwand für mich viel zu groß und zu teuer.
    Ich bin ja kein Barock Spezialist und bediene alles zwischen Barock und Apocalyptica...


    Das macht auch wirklich nur Sinn, wenn man sich auf die Barockzeit spezialisieren möchte: Die Stahlbesaitung und die modernen Bögen sind bei heutigen Sinfonieorchestern auch wesentlich sinnvoller. Bei einem solchen Pensum würde das auch wirklich zu viel Zeit investieren . Ich finde es wird eh' schon zu wenig von Orchestermusikern verlangt. Man kann nicht auf 100 Bühnen tanzen.
    Da ich fast nur HIP höre..., bin ich natürlich Darmbesaitung sehr gewöhnt und immer überrascht wie voluminös ein modernes Cello so klingt. Allerdings bin ich durchaus für Interpretationsvielfalt und denke, dass die Cello-Suiten es verdienen mit möglichst verschiedenen Instrumenten und Interpretationsstilen eingespielt zu werden. Auch Vibrato kann meinetwegen eingesetzt werden, wenn es zur Auslegung des jeweiligen Interpreten passt und nicht quälendes Dauervibrato ist. Wichtig ist mir, dass ich erkenne, dass es eins gibt...Bei Bylsmer hatte ich z.B. schon den Eindruck, dass es eins gab, aber meinem Geschmack entgegengesetzt war.


    OT: Wie schwer die Umstellung auf Darmbesaitung ist, kann man sehr gut an der Kantateneinspielung von Harnoncourt hören. Die Streicher brauchen ein paar Jahre um sich zu finden, sind aber später durchaus nicht schlecht...BWV 18 bei Harnoncourt mit 4 Bratschen kann man kaum mit Pierlots Einspielung vergleichen: Da liegen Welten. Die Bratschen klingen bei Harnoncourt quietschend ohne Ende. Aber wenn man bei Harnoncourt sich BWV 163 "Lass dein Herz die Münze sein" anhört mit dem wunderbaren Celli-Duett, dann merkt man einen gewaltigen Unterschied. Bei Harnoncourts Cellisten gefällt mir später vor allem Christophe Coin.

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960)


  • das klingt höchst plausibel, aber der Anspruch richtet sich an eine Aufnahme, nicht an eine Aufführung, und da gibt es nun mal auch diese Auffassung:

    Ich möchte zu bedenken geben, daß bei einer Aufnahme unter Live-Charakter Nebengeräuscher nicht komplett zu verhindern sind. Daß eine CD ein "eigenes Produkt" darstellt, schließt nicht unbedingt die komplette Eliminierung von Atemgeräuschen usw. ein.


    Wer sich da mit der Suche nach möglichen Störungen durch Nebengeräusche aufhält, verpasst das Erlebnis.

    Eben.



    jd :wink:

    "Interpretation ist mein Gemüse."

    Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation."

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    jd

  • Eine CD- Studioaufnahme ist schon ein eigenständiges Produkt.


    Zum Beipiel ist meine eigene CD natürlich so geschnitten worden, daß eben keinerlei Umblättergeräusche zu hören sind.
    Am Aufnahmetag war es klirrend kalt draußen und der Saal überheizt.
    Dadurch haben die ganzen Holzverschalungen im Saal angefangen, laut und ständig zu knacken.
    Auch das wurde komplett eliminiert auf der Aufnahme.


    Es wurde auf jede Kleinigkeit geachtet, ein etwas zu frühes leises Aufsetzen meines Bogens genau so herausgeschnitten wie auch normale Spielfehler.
    Eigenartigerweise sind auch keine Schnaufer drauf, dabei spiele ich nicht geräuschlos.......
    Insoferne ist diese CD ein Kunstprodukt, welches so niemals im Konzert zu hören wäre.

  • Keine Ahnung, ob hörbar oder wie hörenswert, einfach der Vollständigkeit halber:


    Von Daniel Müller-Schott (1976 - )
    da war er junge 24 Jahre alt und noch mit Pferdeschwanz
    gibt es auch eine Einspielung der Bach-Solo-Cellosuiten



    Auf seiner Website einige lobende CD-Kritiken



    :wink:


    amamusica :pfeif:

    Ein Blümchen an einem wilden Wegrain, die Schale einer kleinen Muschel am Strand, die Feder eines Vogels -
    all das verkündet dir, daß der Schöpfer ein Künstler ist. (Tertullian)


    ...und immer wieder schaffen es die Menschen auch, Künstler zu sein.
    Nicht zuletzt mit so mancher Musik. Die muß gar nicht immer "große Kunst" sein, um das Herz zu berühren...




  • Liebe amamusica,


    die Aufnahme ist unbedingt hörenswert. Wenn man eine eher moderne Aufführung mag, gehört sie für mich mit zu den herausragende Einspielungen.


    Allerdings sollte man die Rezensionen nicht unbedingt wörtlich nehmen.


    VG Bernd

  • Oh, also auch mit Bach nicht schlecht, der Müller-Schott!
    Vielen Dank, Bernd!


    Bei dieser Gelegenheit noch ein Hinweis auf eine Variante für Bratsche, gespielt von Nils Mönkemeyer mit einem Barockbogen,
    hoffentlich ist ihm sein Instrument beim Fotoshooting nicht ins Meer gefallen
    Er spielt die ersten 3 Suiten = BWV 1007 - 1009




    :wink:


    amamusica :pfeif:

    Ein Blümchen an einem wilden Wegrain, die Schale einer kleinen Muschel am Strand, die Feder eines Vogels -
    all das verkündet dir, daß der Schöpfer ein Künstler ist. (Tertullian)


    ...und immer wieder schaffen es die Menschen auch, Künstler zu sein.
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  • Liebes Forum,


    ich habe mal eine ganz laienhafte, naive, ketzerische Frage, die aber nicht böse gemeint ist. Es geht mir primär um die Gavotte in der 6. Suite, aber im Zusammenhang damit auch um die gesamten sechs Suiten,


    Die beiden Gavotten bringt Gavriel Lipkind extrem zum Singen - alles ist im Fluss, man kann sich den Tanz da richtig vorstellen. Höre ich dagegen die Einspielung mit Rostropovich (und eigentlich auch alle anderen Einspielungen, die über Spotify greifbar sind), klingen die Gavotten wie mit dem Skalpell in ihre Einzelteile zerlegt und können ihren Ohrwurm-Charakter nicht mehr entfalten. Nur Queyras gestaltet das noch ähnlich IMHO.


    Die Frage des Laien ist "Warum?". Danke schon mal im Voraus!

    Helli

  • Die Frage des Laien ist "Warum?"

    Ich habe mir das angehört, und er ist einfach extremst klasse.
    Etwas anderes kann ich auch nicht beisteuern, das ist einfach extremst klasse gespielt.
    Rostros Einspielungen kamen ganz einfach zu spät.


    Lipkind ist eine ganz andere Klasse vor allem bezüglich der Bach-Suiten.
    Wie er das gemach hat und warum.........



    Ich kann mir nicht helfen, aber ich persönlich bin irgendwo in den 70er Jahren hängen geblieben und kann zu Bach gar nichts mehr sagen.

  • Hallo Helli


    ...


    Die Frage des Laien ist "Warum?". Danke schon mal im Voraus!


    Ich habe mir mal verschiedene Aufnahmen angehört. Endres z.B. spielt die Courante fast so schnell wie Lipkind, aber mit deutlichn Tempiwechsel. Wen-Sinn Yang wiederum spielt ähnlich "flüssig" wir Lipkind, aber wieder langsamer. ich könnte jetzt so weiter machen, aber das bringt nicht viel.


    Die Suiten bieten einen sehr großen Interpretationsspielraum. Wie zu seiner Zeit üblich hat Bach meines Wissens keine Tempi notiert. Diese ergaben sich aus den Bezeichnungen der einzelnen Stücke selbst. Die damaligen Musiker wussten halt, wie eine "Courante" gespielt werden sollte, im Gegensatz etwa zu einer "Sarabande". Dieses Wissen scheint heute verloren zu sein. Daher kann eigentlich jeder Cellist die Suiten innerhalb des vorgegebenen Notenraums so spielen, wie er meint, dass es richtig sei. Das führt dann dazu, dass fast jede Aufnahme anders klingt.


    Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die von Courante der 6. Suite imo zu den technisch eher schwierigeren Stücken der Suiten gehört. Da gibt es etliche Läufe, bei denen man sich vermutlich als Interpret schon mal die Finger verknoten kann. Ich habe manchmal den Eindruck, dass technisch nicht zweihunderprozentig sichere Interpreten dann auf Nummer sicher gehen. Aber das ist nun wirklich nur meine ganz laienhafte Meinung; ich spiele weder ein Instrument, noch kann ich Noten lesen und muss mich daher auf mein Gehör verlassen, und darauf, dass ich die Suiten seit vielen Jahren oft höre und mir einbilde, deshalb eine gewissen Erfahrung zu haben. Und ich will damit nicht unterstellen, dass Rostropovich etwa technisch unterbelichtet war. Vll kommt bei ihm gerade noch eine ganz bestimmte "romantische" Sicht auf die Suiten hinzu, die ihn dazu bringen, mehr Gefühl in die Interpretation einfließen zu lassen.


    Ergänzung: das Booklet zu der CD-Ausgabe ist sehr ausführlich, vor allem zu seiner interpretatorischen Sicht. Gestern war ich zu faul, es im Keller herauszusuchen. Hier ein link zu seiner HP mit Auszügen:


    "http://www.lipkind.info/results/s-single-voice-polyphony/s01"


    VG Bernd

  • Vielen Dank für den Tipp, Berenice!


    Hier zwei Artikel über die Cellosuiten:
    "http://www.uni-ak.ac.at/culture/wagner/articles/wag00-Cello.html"
    "http://www.koelnklavier.de/texte/komponisten/bachjs-bwv1007ff.html"


    Hier etwas über Yo Yo Ma und die Suiten:
    "http://www.dr-puschmann.de/de/musika/rock_world_besonderheiten/bach_cellosuiten_yo_yo_ma/txt00133.html"



    :wink1:


    amamusica

    Ein Blümchen an einem wilden Wegrain, die Schale einer kleinen Muschel am Strand, die Feder eines Vogels -
    all das verkündet dir, daß der Schöpfer ein Künstler ist. (Tertullian)


    ...und immer wieder schaffen es die Menschen auch, Künstler zu sein.
    Nicht zuletzt mit so mancher Musik. Die muß gar nicht immer "große Kunst" sein, um das Herz zu berühren...




  • Noch funktioniert der BR-Link, aber für alle Fälle gibt es auch hier noch einen Yo Yo Ma-Mitschnitt: Das Konzert von ihm bei BBC Proms in der Royal Albert Hall in London am 5.9.2015:
    "https://www.youtube.com/watch?v=Nu9MDqGhIak"


    Hatte früher die Cello-Suiten immer wieder mal etwas ein wenig gehört, aber nie komplett hintereinander weg ganz durch. Viele total bekannte Bach-Melodien gefunden! (was die Kenner natürlich eh längst wissen, aber manche entdecken Banalitäten erst spät ;) ) - jedenfalls richtig schön zu hören! Es muss eben "nur" der richtige Moment für einen sein :)
    Jetzt der 2015/16 - Yo Yo Ma, dann werde ich bei Gelegenheit auch in andere Interpreten reinhören, klingt es sicher interpretatorisch wieder ganz / recht anders
    Finde diesen Yo Yo Ma auf jeden Fall in sich sehr "stimmig" gespielt, gar nicht langsam-zäh, sehr schwungvoll, auch das Melodische und Tänzerische vieler Stücke kommt sehr schön rüber, also definitv kein intellektuell-dröges Cello-"Geschrubbe" ;)
    Man könnte ja mal vergleichen, wie sich Ma's Cello-Interpretationen mit der Zeit verändert haben, so ähnlich wie man das ja auch beim Gould und Goldberg macht. Finde, er sollte - nach dem Motto: Alle guten Dinge sind drei - jetzt nach all diesen Cello-Suiten komplett-Konzerten eine dritte Einspielung machen, bei der Spiel- und Interpretationserfahrung, die er inzwischen hat!


    Hier noch etwas zu Yo Yo Ma und seinen Cello-Suiten-Einspielungen:
    "http://www.dr-puschmann.de/de/musika/rock_world_besonderheiten/bach_cellosuiten_yo_yo_ma/txt00133.html"



    :wink1:


    amamusica

    Ein Blümchen an einem wilden Wegrain, die Schale einer kleinen Muschel am Strand, die Feder eines Vogels -
    all das verkündet dir, daß der Schöpfer ein Künstler ist. (Tertullian)


    ...und immer wieder schaffen es die Menschen auch, Künstler zu sein.
    Nicht zuletzt mit so mancher Musik. Die muß gar nicht immer "große Kunst" sein, um das Herz zu berühren...




  • Eifelplatz und Minuetto haben bei den Goldberg-Variationen eine japanische Saxophon-Variante gepostet, beim Hören landete ich schließlich bei einer Saxophon-Version der Cello-Suite Nr. 1 - apart, apart, mal was anderes! :D
    "https://www.youtube.com/watch?v=mbNG5UBMG50"


    :wink:


    amamusica

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  • liebe amamusica,
    ich hatte ja ein bisschen befürchtet, dass Du iwann bei dieser Einspielung landen könntest :versteck1: :D
    apart sicher, was anderes auch :|
    Gruß, minuetto :wink:

  • Eifelplatz und Minuetto haben bei den Goldberg-Variationen eine japanische Saxophon-Variante gepostet, beim Hören landete ich schließlich bei einer Saxophon-Version der Cello-Suite Nr. 1 - apart, apart, mal was anderes!

    liebe amamusica, ich habe inzwischen nicht mehr so viele Vorbehalte gegen Bearbeitungen von Bach-Werken - es gibt auch welche, die mir gefallen. Ich kann verstehen, dass MusikerInnen auch großartige Werke spielen und sich damit auseinandersetzen möchten, wenn sie nicht für ihr Instrument geschrieben wurden. Aber muss man das alles veröffentlichen? In die Schnipsel der Interpretation der Cello-Suiten hab ich mal reingehört und fand sie total langweilig, wusste auch nicht recht, um was es da geht.



    lg vom eifelplatz, Chris.

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