John Dunstable (um 1385 - 1453)
John Dunstable (auch Dunstaple, wie v.a. M. Bent vorschlägt) wird zwischen 1380 und 1390 geboren, wahrscheinlich in Dunstable (Bedfordshire), und ist 1453 in London gestorben. Über sein Leben zwischen diesen Daten ist nur wenig bekannt.
Von Dunstables Grabinschrift wird überliefert, dass er dort als tua Musica princeps bezeichnet wird. Er ist nicht nur als Musiker, sondern auch Astronom und Mathematiker bekannt, offensichtlich ein sehr gebildeter Mann.
Sein Name findet sich auch auf einer astronomischen Abhandlung: Dies Buch gehört John Dunstable, Musiker des Duke of Bedford. Daraus lässt sich schließen, dass er in den Diensten von John of Lancaster, Duke of Bedford, steht, der auch eine Hofhapelle unterhält.
Dieser Duke of Bedford ist ein Sohn von König Henry IV. Nach dem Tod seines Bruders, des Königs Henry V., wird er von 1423 bis zu seinem Tod 1435 Regent im besetzten Nordfrankreich. Es ist anzunehmen, dass auch Dunstable in seiner Begleitung längere Zeit auf dem Kontinent verbringt.
Die Hofkapellen dieser Zeit dienen ihren Herrschaften auch zur repräsentativen Darstellung ihres Reichtums und ihrer Macht. Zudem genießen die Musiker eine gute Ausbildung an den Choralschulen, auch Trivium und Quadrivium gehören zum Lernstoff. Der Musiker an einer Hof- oder Kathedralkapelle ist in der ständischen Gesellschaft dem Stand eines Geistlichen zugehörig; in manchen Hof- oder Kathedralkapellen sind zumindest die “niederen Weihen” sogar Pflicht.
Diese Hofkapellen begleiten ihre Herrschaften auch bei Reisen oder zu großen Veranstaltungen. Vom Konzil in Konstanz (1414-1418) ist bekannt, dass sich dort auch viele Musiker als Begleitung ihrer Fürsten aufhielten. So ist es auch kein Wunder, dass sich neue Kompositionen an dieser “Börse” rasch verbreiten und in vielen Handschriften auf dem Kontinent auftauchen.
Neben und nach der Anstellung beim Duke of Bedford ist Dunstable in Diensten der Königin Johanna von Navarra, Witwe von Henry IV, und vermutlich auch noch am Hof von Humphrey Duke of Gloucester, des jüngsten Sohns von Henry IV.
John Dunstable stirbt an Heiligabend 1453 in London.
Von den Kompositionen Dunstables sind etwa 58 seiner geistlichen Werke erhalten, darunter 2 komplette Messen, Messteile, Motetten. Es gibt noch kein abgeschlossenes Werkverzeichnis; zum Gedenkjahr 1953 wurde ein Werkverzeichnis in Angriff genommen, das jedoch durch spätere Funde, Zu- und Abschreibungen überholt ist.
Die Werke Dunstables sind fast vollständig in Manuskripten des europäischen Festlands überliefert, aus England ist nur eines aus dem Old Hall Manuskript bekannt. Auch aufgrund dieser Überlieferungslage ist ein Gesamtwerkverzeichnis schwer herzustellen. Die Werke wurden vielfach kopiert, mal mit mal ohne Komponistenangabe oder mal mit dem richtigen, mal mit dem falschen. Dann wurden Codices auseinandergenommen, umgebunden, zerstört, mit anderen zusammengefügt, als Buchbindermakulatur gebraucht usw. Das heißt, es muss verglichen, Fehler erkannt und angemerkt, Stileigentümlichkeiten festgestellt werden. Zudem muss sich aus der Biographie ebenfalls eine Wahrscheinlichkeit ergeben, wie auch umgekehrt: ist es möglich, dass ein Werk hier auftaucht bzw. wieso ein Werk in einem Codex aus dieser Gegend gefunden wurde. Auch im Buxheimer Orgelbuch z.B. ist Dunstable mehrfach vertreten.
Dunstables Bedeutung liegt vor allem darin, dass er den Contenance angloise genannten englischen Nationalstil, den vollen Klang mit konsonanten Harmonien, der Vorliebe zur Parallelbewegung von Terzen und Sexten, mit der kontinentalen Tradition verbunden hat. Die MGG (CD-Version) schreibt dazu: In der Musik Dunstables … lässt sich verfolgen, wie der kontrapunktische Satz systematisch von dissonanten Synkopen gereinigt wird und die strukturellen Dissonanzen auf den vorbereiteten Vorhalt beschränkt werden. Damit kommt Dunstable zu einem ‘pankonsonanten’ Stil, in dem die dissonante Synkope zum vorbereiteten Vorhalt umgeformt ist und in dem sich keine weiteren strukturellen Dissonanzen mehr finden …” Auch Tinctoris weist darauf hin, dass es in dieser neuen Musik keine Dissonanzen nach dem damaligen Verständnis mehr gebe.
Darüber hinaus hat Dunstable, wie auch sein älterer Zeitgenosse Leonel Power, zur Entwicklung der zyklischen Tenormesse beigetragen.
Noch zu Dunstables Zeiten war es üblich, nicht ganze Messen, sondern nur Satzpaare wie Gloria/Credo zu komponieren. Erst Leonel Power und Dunstable haben begonnen, ganze Messzyklen zu komponieren, bei der sämtliche Sätze der Messe durch einen gemeinsamen, nicht zum Ordinarium gehörenden Cantus firmus verbunden sind. Grundlage des Cantus firmus kann ein Lied, eine Antiphon, eine Motette, ein Choral sein, meist ist die Messe dann auch danach benannt, z.B. Missa ex seculorum nach einem cantus planus, einem einstimmigen gregorianischen Choral.
Mit seinem Werk hatte Dunstable großen Einfluss auf kontinentale Musiker wie Dufay und Binchois sowie die ganze franko-flämische Schule, wie dies die zeitgenössischen Musiktheoretiker Tinctoris und Martin Le Franc in ihren Traktaten erwähnen.
Dunstable steht so am Übergang von der mittelalterlichen zur Rennaissancemusik. Die englische Wikipedia nennt ihn den wohl einflussreichsten englischen Komponisten aller Zeiten.
Quellen und Literatur:
MMG-CD , "http://en.wikipedia.org/wiki/John_Dunstable" engl. Wikipedia, sowie das Booklet der Hilliard-CD
Bernd Moorbach, Die Musikwelt des Mittelalters, Kassel 2004.
Bernd Moorbach, Die Musikwelt der Renaissance, Kassel 2006.
Geschichte der Musik, Sonderausgabe, Bd 2 und 3, Laaber 2010.
Hinzuweisen ist auf "http://en.wikipedia.org/wiki/Margaret_Bent" Margaret Bent, die umfassend wissenschaftlich über die frühe englische Musik und das Old Hall Ms. gearbeitet hat und auf deren Arbeiten sich viele Nachschlagewerke und CD-Booklets beziehen. Mir imponiert das sehr, dass jemand seine Energien und seine wissenschaftliche Neugier zur Erforschung eines Themas eingesetzt hat.
Discographien:
"http://www.medieval.org/emfaq/composers/dunstaple.html" "medieval.org"
"http://www.hoasm.org/IIIC/DunstableDiscography.html" HOASM]
Cds:
"http://www.jpc.de/jpcng/home/search?fastsearch=john%20Dunstable&rubric=classic&pd_orderby=score"
http://www.amazon.de/s/ref=nb_…=john+dunstaple&x=11&y=21
"http://www.google.de/search?q=john+dunstable&tbo=p&tbm=vid&source=vgc&hl=de&client=firefox-a&aq=f" Videos
besonders zu empfehlen ist hier das Video Veni Sancte Spiritus, wo zum Gesang auch die Noten gezeigt werden:
"http://www.youtube.com/watch?v=Z9trNNUsb20
oder das bekannte Quam pulchra est
"http://www.youtube.com/watch?v=EqRZ22mYjCg
Noten:
"http://icking-music-archive.org/ByComposer/Dunstable.php" WIMA
lg vom eifelplatz, Chris.
PS.Dieser Text basiert auf einem Beitrag, den ich im vorigen Jahr an anderer Stelle geschrieben und jetzt überarbeitet habe.