Verzierungen in der Barockmusik - eine entbehrliche Zutat?
Vorbemerkung: Das Thema "Verzierungen" ist in der Barockmusik sowohl bei Tasteninstrumenten als auch bei Kammer-, Orchester- und Vokalmusik gleichermaßen von Bedeutung. Da es aber innerhalb des Forenbereichs "bis 1750" keinen Unterbereich für allgemeine Themen gibt, beginne ich mit diesem wichtigen Thema hier (wohl wissend, daß es thematische Überschneidungen geben wird).
Vor vielen Jahren hatte ich ein Schlüsselerlebnis: Ich hörte im Radio Bachs Goldbergvariationen, gespielt auf dem Klavier von Wilhelm Kempff. Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen - die Aria klang für mich wie ein banales Kinderlied. Was war da passiert? Ganz einfach: Kempff hatte nahezu sämtliche von Bach vorgeschriebenen Verzierungen weggelassen. Offenbar hielt er sie für eine entbehrliche Zutat, obwohl sie vom Komponisten akribisch genau notiert wurden.
Dieser Umgang mit Verzierungen ist auch heute noch bei Interpreten anzutreffen, die sich nicht unbedingt der historischen Aufführungspraxis verpflichtet fühlen. Verzierungen werden nicht als fester Bestandteil des Werks, als notierter Wille des Komponisten angesehen, sondern als "ad libitum" zu spielend, je nach Lust und Tagesform des Ausführenden. Leider besteht auch oft Unkenntnis über die genaue Ausführung der Verzierungen.
Welche Freiheiten hat ein Interpret von Barockmusik - kann er Verzierungen nach Belieben weglassen?
Fugato